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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Flötenspieler. Wiesenpieper.

Die Pieper (Anthi) sind als ein Uebergangsglied von den Sängern zu den Lerchen anzusehen
und wurden früher geradezu den letzteren zugezählt. Sie unterscheiden sich aber in ihrer Lebensweise
vielfach von den Lerchen und gehören unzweifelhaft den Sängern an. Jhre Kennzeichen sind ein
schlanker Leib, mittelmäßig lange Flügel, in denen die dritte und vierte Schwinge die längsten sind
und die Oberarmfedern eine bedeutende Länge erreichen, ein mittellanger Schwanz, schlank-
läufige Füße mit schwachen Zehen, aber großen Nägeln, deren eine, die hinterste, wie bei den Lerchen
sich spornartig verlängert, und ein dünner, gerader, an der Wurzel schmaler, pfriemenförmiger
Schnabel, mit eingezogenem Rande und einem seichten Einschnitt vor der sehr wenig abwärts gesenkten
Spitze des Oberschnabels. Das glatt anliegende Gefieder ist erd- oder grasfarbig. Beide Geschlechter
sind wenig von einander verschieden, und auch die Jungen tragen nur ausnahmsweise ein von ihren
Eltern abweichendes Gefieder.

Die Familie ist reich an Arten und über die ganze Erde verbreitet. Schon unser Europa
beherbergt eine namhafte Anzahl; aber auch in Asien und in Amerika sind sie zahlreich vertreten.
Jhr Aufenthaltsort ist verschieden; denn die einen bevorzugen das Gebirge, die andern die Ebene,
diese trockene, jene feuchte Oertlichkeiten; einzelne leben auch im Walde. Alle Arten bringen den
größten Theil ihres Lebens auf der Erde zu, und mehrere lassen sich nur zeitweilig auf Bäume nieder.
Sie sind bewegliche, muntere, hurtige Vögel, welche rasch umherlaufen und zwar schrittweise, nicht
hüpfend. Jhr Gang ist leicht und zierlich; der Leib wird dabei wagrecht getragen und vielfach bewegt;
außerdem wippen sie oft sanft mit dem Schwanze. Der Flug ist gut, schnell, leicht und bogig, wenn
es gilt, größere Strecken zu durchmessen, flatternd und schwebend, wenn sie die Lust zum Singen in die
Höhe treibt. Auch im übrigen sind die Pieper als wohlbegabte Vögel zu betrachten; denn scharf-
sinnig und klug sind sie alle. Jhre Lockstimme ist ein piepender Laut, daher der Name Pieper, ihr
Gesang ist einfach, aber angenehm. Kerbthiere und namentlich Käfer, Motten, Fliegen, Hafte, Schna-
ken, Blattläuse bilden die hauptsächliche, nicht aber die ausschließliche Nahrung; einzelne verzehren
auch Spinnen, Würmer und kleine Wasserthierchen, einige nehmen, neueren Beobachtungen
zufolge, sogar feine Sämereien zu sich. Sie lesen immer vom Boden ab und jagen nur ausnahms-
weise einer vorüberfliegenden Beute im Fluge nach. Die Nester werden auf dem Boden angelegt, der
Hauptsache nach aus dürren Grashalmen und Graswurzeln, welche mit andern Pflanzenstoffen locker
verbunden und innen mit Wolle und Haaren ausgefüttert werden. Die Eier zeigen auf düsterfarbigem
Grunde eine sanfte, verfließende Zeichnung, welche aus Punkten, Flecken und Strichelchen zusammen-
gesetzt ist. Das Weibchen scheint allein zu brüten; beide Geschlechter aber lieben ihre Brut im hohen
Grade. Die meisten nisten mehr als einmal im Jahre.

Der Wiesenpieper (Anthus pratensis), welcher auch Wiesen-, Piep-, Sumpf-, Wasser-,
Stein-, Kraut-, Spieß-, Grillenlerche, Hüster, Pasperling
und Gixer genannt wird, ist
auf der Oberseite grünlich olivenbraun, braunschwarz gefleckt, auf der Brust lichtrostgelb, dunkelbraun
in die Länge gefleckt, an der Kehle und am Bauche weißlich; über dem Auge verläuft ein gelblichweißer
Streifen; die Schwingen sind braunschwarz, lichter gesäumt, die Flügeldeckfedern schmuzigolivengrün
gekantet, wodurch auf dem Flügel zwei weißliche Streifen entstehen; die Steuerfedern sind braun-
schwarz, olivengrün gesäumt; das äußerste Paar zeigt am Ende einen großen, weißen Keilfleck. Das
Auge ist dunkelbraun, der Schnabel horngrau, der Fuß röthlichhornfarben. Die Länge beträgt 6 Zoll,
die Breite 91/2, die Fittiglänge 2 5/6 , die Schwanzlänge 21/4 Zoll. Das Weibchen ist etwas kleiner.

Ob man berechtigt ist, alle Wiesenpieper Europas zu ein und derselben Art zu rechnen und die
vielfachen Abweichungen, welche man gefunden hat, nur als Unterarten anzusehen oder ob wenigstens
einige derselben auf Artselbständigkeit Anspruch machen dürfen, steht dahin.

Man hat den Wiesenpieper in der ganzen Nordhälfte Europas, vom kalten Gürtel an bis nach
Mitteleuropa, sowie im größten Theile Nordasiens als Brutvogel gefunden und während des Winters
in allen südlichen Ländern Europas, in Nordwestasien und in Nordafrika beobachtet. Bei uns

Flötenſpieler. Wieſenpieper.

Die Pieper (Anthi) ſind als ein Uebergangsglied von den Sängern zu den Lerchen anzuſehen
und wurden früher geradezu den letzteren zugezählt. Sie unterſcheiden ſich aber in ihrer Lebensweiſe
vielfach von den Lerchen und gehören unzweifelhaft den Sängern an. Jhre Kennzeichen ſind ein
ſchlanker Leib, mittelmäßig lange Flügel, in denen die dritte und vierte Schwinge die längſten ſind
und die Oberarmfedern eine bedeutende Länge erreichen, ein mittellanger Schwanz, ſchlank-
läufige Füße mit ſchwachen Zehen, aber großen Nägeln, deren eine, die hinterſte, wie bei den Lerchen
ſich ſpornartig verlängert, und ein dünner, gerader, an der Wurzel ſchmaler, pfriemenförmiger
Schnabel, mit eingezogenem Rande und einem ſeichten Einſchnitt vor der ſehr wenig abwärts geſenkten
Spitze des Oberſchnabels. Das glatt anliegende Gefieder iſt erd- oder grasfarbig. Beide Geſchlechter
ſind wenig von einander verſchieden, und auch die Jungen tragen nur ausnahmsweiſe ein von ihren
Eltern abweichendes Gefieder.

Die Familie iſt reich an Arten und über die ganze Erde verbreitet. Schon unſer Europa
beherbergt eine namhafte Anzahl; aber auch in Aſien und in Amerika ſind ſie zahlreich vertreten.
Jhr Aufenthaltsort iſt verſchieden; denn die einen bevorzugen das Gebirge, die andern die Ebene,
dieſe trockene, jene feuchte Oertlichkeiten; einzelne leben auch im Walde. Alle Arten bringen den
größten Theil ihres Lebens auf der Erde zu, und mehrere laſſen ſich nur zeitweilig auf Bäume nieder.
Sie ſind bewegliche, muntere, hurtige Vögel, welche raſch umherlaufen und zwar ſchrittweiſe, nicht
hüpfend. Jhr Gang iſt leicht und zierlich; der Leib wird dabei wagrecht getragen und vielfach bewegt;
außerdem wippen ſie oft ſanft mit dem Schwanze. Der Flug iſt gut, ſchnell, leicht und bogig, wenn
es gilt, größere Strecken zu durchmeſſen, flatternd und ſchwebend, wenn ſie die Luſt zum Singen in die
Höhe treibt. Auch im übrigen ſind die Pieper als wohlbegabte Vögel zu betrachten; denn ſcharf-
ſinnig und klug ſind ſie alle. Jhre Lockſtimme iſt ein piepender Laut, daher der Name Pieper, ihr
Geſang iſt einfach, aber angenehm. Kerbthiere und namentlich Käfer, Motten, Fliegen, Hafte, Schna-
ken, Blattläuſe bilden die hauptſächliche, nicht aber die ausſchließliche Nahrung; einzelne verzehren
auch Spinnen, Würmer und kleine Waſſerthierchen, einige nehmen, neueren Beobachtungen
zufolge, ſogar feine Sämereien zu ſich. Sie leſen immer vom Boden ab und jagen nur ausnahms-
weiſe einer vorüberfliegenden Beute im Fluge nach. Die Neſter werden auf dem Boden angelegt, der
Hauptſache nach aus dürren Grashalmen und Graswurzeln, welche mit andern Pflanzenſtoffen locker
verbunden und innen mit Wolle und Haaren ausgefüttert werden. Die Eier zeigen auf düſterfarbigem
Grunde eine ſanfte, verfließende Zeichnung, welche aus Punkten, Flecken und Strichelchen zuſammen-
geſetzt iſt. Das Weibchen ſcheint allein zu brüten; beide Geſchlechter aber lieben ihre Brut im hohen
Grade. Die meiſten niſten mehr als einmal im Jahre.

Der Wieſenpieper (Anthus pratensis), welcher auch Wieſen-, Piep-, Sumpf-, Waſſer-,
Stein-, Kraut-, Spieß-, Grillenlerche, Hüſter, Paſperling
und Gixer genannt wird, iſt
auf der Oberſeite grünlich olivenbraun, braunſchwarz gefleckt, auf der Bruſt lichtroſtgelb, dunkelbraun
in die Länge gefleckt, an der Kehle und am Bauche weißlich; über dem Auge verläuft ein gelblichweißer
Streifen; die Schwingen ſind braunſchwarz, lichter geſäumt, die Flügeldeckfedern ſchmuzigolivengrün
gekantet, wodurch auf dem Flügel zwei weißliche Streifen entſtehen; die Steuerfedern ſind braun-
ſchwarz, olivengrün geſäumt; das äußerſte Paar zeigt am Ende einen großen, weißen Keilfleck. Das
Auge iſt dunkelbraun, der Schnabel horngrau, der Fuß röthlichhornfarben. Die Länge beträgt 6 Zoll,
die Breite 9½, die Fittiglänge 2⅚, die Schwanzlänge 2¼ Zoll. Das Weibchen iſt etwas kleiner.

Ob man berechtigt iſt, alle Wieſenpieper Europas zu ein und derſelben Art zu rechnen und die
vielfachen Abweichungen, welche man gefunden hat, nur als Unterarten anzuſehen oder ob wenigſtens
einige derſelben auf Artſelbſtändigkeit Anſpruch machen dürfen, ſteht dahin.

Man hat den Wieſenpieper in der ganzen Nordhälfte Europas, vom kalten Gürtel an bis nach
Mitteleuropa, ſowie im größten Theile Nordaſiens als Brutvogel gefunden und während des Winters
in allen ſüdlichen Ländern Europas, in Nordweſtaſien und in Nordafrika beobachtet. Bei uns

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[889/0937] Flötenſpieler. Wieſenpieper. Die Pieper (Anthi) ſind als ein Uebergangsglied von den Sängern zu den Lerchen anzuſehen und wurden früher geradezu den letzteren zugezählt. Sie unterſcheiden ſich aber in ihrer Lebensweiſe vielfach von den Lerchen und gehören unzweifelhaft den Sängern an. Jhre Kennzeichen ſind ein ſchlanker Leib, mittelmäßig lange Flügel, in denen die dritte und vierte Schwinge die längſten ſind und die Oberarmfedern eine bedeutende Länge erreichen, ein mittellanger Schwanz, ſchlank- läufige Füße mit ſchwachen Zehen, aber großen Nägeln, deren eine, die hinterſte, wie bei den Lerchen ſich ſpornartig verlängert, und ein dünner, gerader, an der Wurzel ſchmaler, pfriemenförmiger Schnabel, mit eingezogenem Rande und einem ſeichten Einſchnitt vor der ſehr wenig abwärts geſenkten Spitze des Oberſchnabels. Das glatt anliegende Gefieder iſt erd- oder grasfarbig. Beide Geſchlechter ſind wenig von einander verſchieden, und auch die Jungen tragen nur ausnahmsweiſe ein von ihren Eltern abweichendes Gefieder. Die Familie iſt reich an Arten und über die ganze Erde verbreitet. Schon unſer Europa beherbergt eine namhafte Anzahl; aber auch in Aſien und in Amerika ſind ſie zahlreich vertreten. Jhr Aufenthaltsort iſt verſchieden; denn die einen bevorzugen das Gebirge, die andern die Ebene, dieſe trockene, jene feuchte Oertlichkeiten; einzelne leben auch im Walde. Alle Arten bringen den größten Theil ihres Lebens auf der Erde zu, und mehrere laſſen ſich nur zeitweilig auf Bäume nieder. Sie ſind bewegliche, muntere, hurtige Vögel, welche raſch umherlaufen und zwar ſchrittweiſe, nicht hüpfend. Jhr Gang iſt leicht und zierlich; der Leib wird dabei wagrecht getragen und vielfach bewegt; außerdem wippen ſie oft ſanft mit dem Schwanze. Der Flug iſt gut, ſchnell, leicht und bogig, wenn es gilt, größere Strecken zu durchmeſſen, flatternd und ſchwebend, wenn ſie die Luſt zum Singen in die Höhe treibt. Auch im übrigen ſind die Pieper als wohlbegabte Vögel zu betrachten; denn ſcharf- ſinnig und klug ſind ſie alle. Jhre Lockſtimme iſt ein piepender Laut, daher der Name Pieper, ihr Geſang iſt einfach, aber angenehm. Kerbthiere und namentlich Käfer, Motten, Fliegen, Hafte, Schna- ken, Blattläuſe bilden die hauptſächliche, nicht aber die ausſchließliche Nahrung; einzelne verzehren auch Spinnen, Würmer und kleine Waſſerthierchen, einige nehmen, neueren Beobachtungen zufolge, ſogar feine Sämereien zu ſich. Sie leſen immer vom Boden ab und jagen nur ausnahms- weiſe einer vorüberfliegenden Beute im Fluge nach. Die Neſter werden auf dem Boden angelegt, der Hauptſache nach aus dürren Grashalmen und Graswurzeln, welche mit andern Pflanzenſtoffen locker verbunden und innen mit Wolle und Haaren ausgefüttert werden. Die Eier zeigen auf düſterfarbigem Grunde eine ſanfte, verfließende Zeichnung, welche aus Punkten, Flecken und Strichelchen zuſammen- geſetzt iſt. Das Weibchen ſcheint allein zu brüten; beide Geſchlechter aber lieben ihre Brut im hohen Grade. Die meiſten niſten mehr als einmal im Jahre. Der Wieſenpieper (Anthus pratensis), welcher auch Wieſen-, Piep-, Sumpf-, Waſſer-, Stein-, Kraut-, Spieß-, Grillenlerche, Hüſter, Paſperling und Gixer genannt wird, iſt auf der Oberſeite grünlich olivenbraun, braunſchwarz gefleckt, auf der Bruſt lichtroſtgelb, dunkelbraun in die Länge gefleckt, an der Kehle und am Bauche weißlich; über dem Auge verläuft ein gelblichweißer Streifen; die Schwingen ſind braunſchwarz, lichter geſäumt, die Flügeldeckfedern ſchmuzigolivengrün gekantet, wodurch auf dem Flügel zwei weißliche Streifen entſtehen; die Steuerfedern ſind braun- ſchwarz, olivengrün geſäumt; das äußerſte Paar zeigt am Ende einen großen, weißen Keilfleck. Das Auge iſt dunkelbraun, der Schnabel horngrau, der Fuß röthlichhornfarben. Die Länge beträgt 6 Zoll, die Breite 9½, die Fittiglänge 2⅚, die Schwanzlänge 2¼ Zoll. Das Weibchen iſt etwas kleiner. Ob man berechtigt iſt, alle Wieſenpieper Europas zu ein und derſelben Art zu rechnen und die vielfachen Abweichungen, welche man gefunden hat, nur als Unterarten anzuſehen oder ob wenigſtens einige derſelben auf Artſelbſtändigkeit Anſpruch machen dürfen, ſteht dahin. Man hat den Wieſenpieper in der ganzen Nordhälfte Europas, vom kalten Gürtel an bis nach Mitteleuropa, ſowie im größten Theile Nordaſiens als Brutvogel gefunden und während des Winters in allen ſüdlichen Ländern Europas, in Nordweſtaſien und in Nordafrika beobachtet. Bei uns

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 889. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/937>, abgerufen am 22.11.2024.