Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

Bild:
<< vorherige Seite

Knacker. Die Papageien. Sittiche.
ist, die drei übrigen aber wie runde Tröpfchen erscheinen. Der Flügel ist braun, die Außenfahne
der Schwingen aber tiefgrau, grüngelb gesäumt; der Schwanz ist mit Ausnahme der beiden blauen
Mittelfedern grün, in der Mitte jeder Feder gelb gebändert. Der Augenring ist gilblichweiß, der Schna-
bel hornfarben, der Fuß blaßbläulich. Das Weibchen unterscheidet sich durch etwas geringere Größe
und durch die verschiedene Färbung der Wachshaut. Diese ist nämlich bei ihm graugrün, während
sie bei dem Männchen hochblau erscheint. Den Jungen fehlen die tiefblauen Flecke an der Gurgel
und die regelmäßige Kopfzeichnung; ihr ganzer Scheitel ist fein gebändert. Sie legen aber bereits nach
acht Monaten das Kleid ihrer Alten an.

Shaw war der erste Naturforscher, welcher den Wellensittich kennen lernte und beschrieb,
Gould der erste Reisende, welcher uns über das Freileben Mittheilungen machte. Gegenwärtig
wissen wir, daß der Vogel in ungeheuern Scharen das ganze innere Australien und zwar hauptsächlich
die mit Gras bewachsenen Ebenen bewohnt, hier von den Grassamen sich nährend. Alle Beobachter,
welche das reizende Thier im Freien sahen, sind ebenso einstimmig in ihrem Lobe, wie die Liebhaber,
welche es nur im Käfige beobachten konnten.

Als Gould im Anfange des Dezember die Ebenen des Jnnern besuchte, sah er sich von Wellen-
sittichen umgeben und beschloß, längere Zeit an ein und derselben Stelle zu verweilen, um ihre Sitten
und Gewohnheiten zu beobachten. Sie erschienen in Flügen von zwanzig bis hundert Stücken in der
Nähe einer kleinen Lache, um sich zu tränken, und flogen von hier zu regelmäßigen Zeiten nach den
Ebenen hinaus, um dort die Grassämereien, ihre ausschließliche Nahrung, aufzunehmen. Am häu-
figsten kamen sie frühmorgens und abends vor dem Dunkelwerden zum Wasser. Während der größten
Tageshitze saßen sie bewegungslos unter den Blättern der Gummibäume, deren Höhlungen gerade
jetzt von brütenden Paaren bewohnt wurden. So lange sie sich auf den Bäumen ruhig hielten, waren
sie schwer zu entdecken; wenn sie aber zur Tränke gehen wollten, setzten sie sich frei und in Massen
auf die abgestorbenen Zweige der Gummibäume oder auf die zum Wasser hernieder hängen-
den Aeste.

Jhre Bewegungen sind wundervoll. Der Flug ist gerade und reißend schnell, falken- oder
schwalbenartig, dem anderer Papageien kaum ähnelnd, der Gang auf dem Boden verhältnißmäßig
gut, ihr Klettern im Gezweige wenigstens nicht ungeschickt. Jm Fluge lassen sie eine kreischende
Stimme vernehmen; im Sitzen unterhalten sie sich mit einem kosenden Gezwitscher, welches man
nur deswegen nicht Gesang nennen kann, weil die einzelnen Töne der lautgebenden Vögel sich mit
denen der unzähligen andern vermischen und hierdurch ein Wirrwarr von Tönen entsteht.

Auch während der Brutzeit halten sich die Wellenpapageien in Gesellschaften zusammen, obwohl
die einzelnen Paare unter diesen ihres treninnigen Zusammenhanges wegen leicht zu erkennen sind.
Das Nest steht in den Löchern und Spalten der Gummibäume und enthält im Dezember vier bis sechs
Eier von rein weißlicher Farbe und ziemlich rundlicher Gestalt. Ende Dezembers sind die Jungen
gewöhnlich ausgeflogen und im Stande, sich selbst zu versorgen. Sie sammeln sich dann in großen
Flügen, welche mit den ungepaarten Alten umherschweifen; denn diese schreiten, wenn man von dem
Benehmen der Gefangenen schließen darf, zu einer zweiten und dritten Brut.

Nach Beendigung des Brutgeschäftes treten die Scharen ihre Wanderung an. Sie ziehen regel-
mäßig von Süden nach Norden und kehren erst dann wieder nach ihrem Brutort zurück, wenn die
Grassamen reif sind. Jn ganz Südaustralien erscheinen sie im Frühling, unserm Herbst also, mit
gleicher Regelmäßigkeit wie unsere Zugvögel. Die Eingeborenen behaupten, daß sie zuweilen in
Gegenden sich zeigen, in denen man sie früher nicht gesehen hatte, und Dies ist bei ihrer Bewegungs-
fähigkeit recht wohl zu glauben.

Noch vor wenigen Jahren kamen die Wellenpapageien nur sehr vereinzelt zu uns; gegenwärtig
bringt fast jedes Schiff Hunderte von ihnen mit nach Europa herüber. Die Gefangenen werden in
Australien gesellschaftsweise in sehr kleine Käfige gesteckt, deren Sitzstangen wie Treppenstusen hinter

Knacker. Die Papageien. Sittiche.
iſt, die drei übrigen aber wie runde Tröpfchen erſcheinen. Der Flügel iſt braun, die Außenfahne
der Schwingen aber tiefgrau, grüngelb geſäumt; der Schwanz iſt mit Ausnahme der beiden blauen
Mittelfedern grün, in der Mitte jeder Feder gelb gebändert. Der Augenring iſt gilblichweiß, der Schna-
bel hornfarben, der Fuß blaßbläulich. Das Weibchen unterſcheidet ſich durch etwas geringere Größe
und durch die verſchiedene Färbung der Wachshaut. Dieſe iſt nämlich bei ihm graugrün, während
ſie bei dem Männchen hochblau erſcheint. Den Jungen fehlen die tiefblauen Flecke an der Gurgel
und die regelmäßige Kopfzeichnung; ihr ganzer Scheitel iſt fein gebändert. Sie legen aber bereits nach
acht Monaten das Kleid ihrer Alten an.

Shaw war der erſte Naturforſcher, welcher den Wellenſittich kennen lernte und beſchrieb,
Gould der erſte Reiſende, welcher uns über das Freileben Mittheilungen machte. Gegenwärtig
wiſſen wir, daß der Vogel in ungeheuern Scharen das ganze innere Auſtralien und zwar hauptſächlich
die mit Gras bewachſenen Ebenen bewohnt, hier von den Grasſamen ſich nährend. Alle Beobachter,
welche das reizende Thier im Freien ſahen, ſind ebenſo einſtimmig in ihrem Lobe, wie die Liebhaber,
welche es nur im Käfige beobachten konnten.

Als Gould im Anfange des Dezember die Ebenen des Jnnern beſuchte, ſah er ſich von Wellen-
ſittichen umgeben und beſchloß, längere Zeit an ein und derſelben Stelle zu verweilen, um ihre Sitten
und Gewohnheiten zu beobachten. Sie erſchienen in Flügen von zwanzig bis hundert Stücken in der
Nähe einer kleinen Lache, um ſich zu tränken, und flogen von hier zu regelmäßigen Zeiten nach den
Ebenen hinaus, um dort die Grasſämereien, ihre ausſchließliche Nahrung, aufzunehmen. Am häu-
figſten kamen ſie frühmorgens und abends vor dem Dunkelwerden zum Waſſer. Während der größten
Tageshitze ſaßen ſie bewegungslos unter den Blättern der Gummibäume, deren Höhlungen gerade
jetzt von brütenden Paaren bewohnt wurden. So lange ſie ſich auf den Bäumen ruhig hielten, waren
ſie ſchwer zu entdecken; wenn ſie aber zur Tränke gehen wollten, ſetzten ſie ſich frei und in Maſſen
auf die abgeſtorbenen Zweige der Gummibäume oder auf die zum Waſſer hernieder hängen-
den Aeſte.

Jhre Bewegungen ſind wundervoll. Der Flug iſt gerade und reißend ſchnell, falken- oder
ſchwalbenartig, dem anderer Papageien kaum ähnelnd, der Gang auf dem Boden verhältnißmäßig
gut, ihr Klettern im Gezweige wenigſtens nicht ungeſchickt. Jm Fluge laſſen ſie eine kreiſchende
Stimme vernehmen; im Sitzen unterhalten ſie ſich mit einem koſenden Gezwitſcher, welches man
nur deswegen nicht Geſang nennen kann, weil die einzelnen Töne der lautgebenden Vögel ſich mit
denen der unzähligen andern vermiſchen und hierdurch ein Wirrwarr von Tönen entſteht.

Auch während der Brutzeit halten ſich die Wellenpapageien in Geſellſchaften zuſammen, obwohl
die einzelnen Paare unter dieſen ihres treninnigen Zuſammenhanges wegen leicht zu erkennen ſind.
Das Neſt ſteht in den Löchern und Spalten der Gummibäume und enthält im Dezember vier bis ſechs
Eier von rein weißlicher Farbe und ziemlich rundlicher Geſtalt. Ende Dezembers ſind die Jungen
gewöhnlich ausgeflogen und im Stande, ſich ſelbſt zu verſorgen. Sie ſammeln ſich dann in großen
Flügen, welche mit den ungepaarten Alten umherſchweifen; denn dieſe ſchreiten, wenn man von dem
Benehmen der Gefangenen ſchließen darf, zu einer zweiten und dritten Brut.

Nach Beendigung des Brutgeſchäftes treten die Scharen ihre Wanderung an. Sie ziehen regel-
mäßig von Süden nach Norden und kehren erſt dann wieder nach ihrem Brutort zurück, wenn die
Grasſamen reif ſind. Jn ganz Südauſtralien erſcheinen ſie im Frühling, unſerm Herbſt alſo, mit
gleicher Regelmäßigkeit wie unſere Zugvögel. Die Eingeborenen behaupten, daß ſie zuweilen in
Gegenden ſich zeigen, in denen man ſie früher nicht geſehen hatte, und Dies iſt bei ihrer Bewegungs-
fähigkeit recht wohl zu glauben.

Noch vor wenigen Jahren kamen die Wellenpapageien nur ſehr vereinzelt zu uns; gegenwärtig
bringt faſt jedes Schiff Hunderte von ihnen mit nach Europa herüber. Die Gefangenen werden in
Auſtralien geſellſchaftsweiſe in ſehr kleine Käfige geſteckt, deren Sitzſtangen wie Treppenſtuſen hinter

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0092" n="76"/><fw place="top" type="header">Knacker. Die Papageien. Sittiche.</fw><lb/>
i&#x017F;t, die drei übrigen aber wie runde Tröpfchen er&#x017F;cheinen. Der Flügel i&#x017F;t braun, die Außenfahne<lb/>
der Schwingen aber tiefgrau, grüngelb ge&#x017F;äumt; der Schwanz i&#x017F;t mit Ausnahme der beiden blauen<lb/>
Mittelfedern grün, in der Mitte jeder Feder gelb gebändert. Der Augenring i&#x017F;t gilblichweiß, der Schna-<lb/>
bel hornfarben, der Fuß blaßbläulich. Das Weibchen unter&#x017F;cheidet &#x017F;ich durch etwas geringere Größe<lb/>
und durch die ver&#x017F;chiedene Färbung der Wachshaut. Die&#x017F;e i&#x017F;t nämlich bei ihm graugrün, während<lb/>
&#x017F;ie bei dem Männchen hochblau er&#x017F;cheint. Den Jungen fehlen die tiefblauen Flecke an der Gurgel<lb/>
und die regelmäßige Kopfzeichnung; ihr ganzer Scheitel i&#x017F;t fein gebändert. Sie legen aber bereits nach<lb/>
acht Monaten das Kleid ihrer Alten an.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">Shaw</hi> war der er&#x017F;te Naturfor&#x017F;cher, welcher den Wellen&#x017F;ittich kennen lernte und be&#x017F;chrieb,<lb/><hi rendition="#g">Gould</hi> der er&#x017F;te Rei&#x017F;ende, welcher uns über das Freileben Mittheilungen machte. Gegenwärtig<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;en wir, daß der Vogel in ungeheuern Scharen das ganze innere Au&#x017F;tralien und zwar haupt&#x017F;ächlich<lb/>
die mit Gras bewach&#x017F;enen Ebenen bewohnt, hier von den Gras&#x017F;amen &#x017F;ich nährend. Alle Beobachter,<lb/>
welche das reizende Thier im Freien &#x017F;ahen, &#x017F;ind eben&#x017F;o ein&#x017F;timmig in ihrem Lobe, wie die Liebhaber,<lb/>
welche es nur im Käfige beobachten konnten.</p><lb/>
          <p>Als <hi rendition="#g">Gould</hi> im Anfange des Dezember die Ebenen des Jnnern be&#x017F;uchte, &#x017F;ah er &#x017F;ich von Wellen-<lb/>
&#x017F;ittichen umgeben und be&#x017F;chloß, längere Zeit an ein und der&#x017F;elben Stelle zu verweilen, um ihre Sitten<lb/>
und Gewohnheiten zu beobachten. Sie er&#x017F;chienen in Flügen von zwanzig bis hundert Stücken in der<lb/>
Nähe einer kleinen Lache, um &#x017F;ich zu tränken, und flogen von hier zu regelmäßigen Zeiten nach den<lb/>
Ebenen hinaus, um dort die Gras&#x017F;ämereien, ihre aus&#x017F;chließliche Nahrung, aufzunehmen. Am häu-<lb/>
fig&#x017F;ten kamen &#x017F;ie frühmorgens und abends vor dem Dunkelwerden zum Wa&#x017F;&#x017F;er. Während der größten<lb/>
Tageshitze &#x017F;aßen &#x017F;ie bewegungslos unter den Blättern der Gummibäume, deren Höhlungen gerade<lb/>
jetzt von brütenden Paaren bewohnt wurden. So lange &#x017F;ie &#x017F;ich auf den Bäumen ruhig hielten, waren<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;chwer zu entdecken; wenn &#x017F;ie aber zur Tränke gehen wollten, &#x017F;etzten &#x017F;ie &#x017F;ich frei und in Ma&#x017F;&#x017F;en<lb/>
auf die abge&#x017F;torbenen Zweige der Gummibäume oder auf die zum Wa&#x017F;&#x017F;er hernieder hängen-<lb/>
den Ae&#x017F;te.</p><lb/>
          <p>Jhre Bewegungen &#x017F;ind wundervoll. Der Flug i&#x017F;t gerade und reißend &#x017F;chnell, falken- oder<lb/>
&#x017F;chwalbenartig, dem anderer Papageien kaum ähnelnd, der Gang auf dem Boden verhältnißmäßig<lb/>
gut, ihr Klettern im Gezweige wenig&#x017F;tens nicht unge&#x017F;chickt. Jm Fluge la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ie eine krei&#x017F;chende<lb/>
Stimme vernehmen; im Sitzen unterhalten &#x017F;ie &#x017F;ich mit einem ko&#x017F;enden Gezwit&#x017F;cher, welches man<lb/>
nur deswegen nicht Ge&#x017F;ang nennen kann, weil die einzelnen Töne der lautgebenden Vögel &#x017F;ich mit<lb/>
denen der unzähligen andern vermi&#x017F;chen und hierdurch ein Wirrwarr von Tönen ent&#x017F;teht.</p><lb/>
          <p>Auch während der Brutzeit halten &#x017F;ich die Wellenpapageien in Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften zu&#x017F;ammen, obwohl<lb/>
die einzelnen Paare unter die&#x017F;en ihres treninnigen Zu&#x017F;ammenhanges wegen leicht zu erkennen &#x017F;ind.<lb/>
Das Ne&#x017F;t &#x017F;teht in den Löchern und Spalten der Gummibäume und enthält im Dezember vier bis &#x017F;echs<lb/>
Eier von rein weißlicher Farbe und ziemlich rundlicher Ge&#x017F;talt. Ende Dezembers &#x017F;ind die Jungen<lb/>
gewöhnlich ausgeflogen und im Stande, &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zu ver&#x017F;orgen. Sie &#x017F;ammeln &#x017F;ich dann in großen<lb/>
Flügen, welche mit den ungepaarten Alten umher&#x017F;chweifen; denn die&#x017F;e &#x017F;chreiten, wenn man von dem<lb/>
Benehmen der Gefangenen &#x017F;chließen darf, zu einer zweiten und dritten Brut.</p><lb/>
          <p>Nach Beendigung des Brutge&#x017F;chäftes treten die Scharen ihre Wanderung an. Sie ziehen regel-<lb/>
mäßig von Süden nach Norden und kehren er&#x017F;t dann wieder nach ihrem Brutort zurück, wenn die<lb/>
Gras&#x017F;amen reif &#x017F;ind. Jn ganz Südau&#x017F;tralien er&#x017F;cheinen &#x017F;ie im Frühling, un&#x017F;erm Herb&#x017F;t al&#x017F;o, mit<lb/>
gleicher Regelmäßigkeit wie un&#x017F;ere Zugvögel. Die Eingeborenen behaupten, daß &#x017F;ie zuweilen in<lb/>
Gegenden &#x017F;ich zeigen, in denen man &#x017F;ie früher nicht ge&#x017F;ehen hatte, und Dies i&#x017F;t bei ihrer Bewegungs-<lb/>
fähigkeit recht wohl zu glauben.</p><lb/>
          <p>Noch vor wenigen Jahren kamen die Wellenpapageien nur &#x017F;ehr vereinzelt zu uns; gegenwärtig<lb/>
bringt fa&#x017F;t jedes Schiff Hunderte von ihnen mit nach Europa herüber. Die Gefangenen werden in<lb/>
Au&#x017F;tralien ge&#x017F;ell&#x017F;chaftswei&#x017F;e in &#x017F;ehr kleine Käfige ge&#x017F;teckt, deren Sitz&#x017F;tangen wie Treppen&#x017F;tu&#x017F;en hinter<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[76/0092] Knacker. Die Papageien. Sittiche. iſt, die drei übrigen aber wie runde Tröpfchen erſcheinen. Der Flügel iſt braun, die Außenfahne der Schwingen aber tiefgrau, grüngelb geſäumt; der Schwanz iſt mit Ausnahme der beiden blauen Mittelfedern grün, in der Mitte jeder Feder gelb gebändert. Der Augenring iſt gilblichweiß, der Schna- bel hornfarben, der Fuß blaßbläulich. Das Weibchen unterſcheidet ſich durch etwas geringere Größe und durch die verſchiedene Färbung der Wachshaut. Dieſe iſt nämlich bei ihm graugrün, während ſie bei dem Männchen hochblau erſcheint. Den Jungen fehlen die tiefblauen Flecke an der Gurgel und die regelmäßige Kopfzeichnung; ihr ganzer Scheitel iſt fein gebändert. Sie legen aber bereits nach acht Monaten das Kleid ihrer Alten an. Shaw war der erſte Naturforſcher, welcher den Wellenſittich kennen lernte und beſchrieb, Gould der erſte Reiſende, welcher uns über das Freileben Mittheilungen machte. Gegenwärtig wiſſen wir, daß der Vogel in ungeheuern Scharen das ganze innere Auſtralien und zwar hauptſächlich die mit Gras bewachſenen Ebenen bewohnt, hier von den Grasſamen ſich nährend. Alle Beobachter, welche das reizende Thier im Freien ſahen, ſind ebenſo einſtimmig in ihrem Lobe, wie die Liebhaber, welche es nur im Käfige beobachten konnten. Als Gould im Anfange des Dezember die Ebenen des Jnnern beſuchte, ſah er ſich von Wellen- ſittichen umgeben und beſchloß, längere Zeit an ein und derſelben Stelle zu verweilen, um ihre Sitten und Gewohnheiten zu beobachten. Sie erſchienen in Flügen von zwanzig bis hundert Stücken in der Nähe einer kleinen Lache, um ſich zu tränken, und flogen von hier zu regelmäßigen Zeiten nach den Ebenen hinaus, um dort die Grasſämereien, ihre ausſchließliche Nahrung, aufzunehmen. Am häu- figſten kamen ſie frühmorgens und abends vor dem Dunkelwerden zum Waſſer. Während der größten Tageshitze ſaßen ſie bewegungslos unter den Blättern der Gummibäume, deren Höhlungen gerade jetzt von brütenden Paaren bewohnt wurden. So lange ſie ſich auf den Bäumen ruhig hielten, waren ſie ſchwer zu entdecken; wenn ſie aber zur Tränke gehen wollten, ſetzten ſie ſich frei und in Maſſen auf die abgeſtorbenen Zweige der Gummibäume oder auf die zum Waſſer hernieder hängen- den Aeſte. Jhre Bewegungen ſind wundervoll. Der Flug iſt gerade und reißend ſchnell, falken- oder ſchwalbenartig, dem anderer Papageien kaum ähnelnd, der Gang auf dem Boden verhältnißmäßig gut, ihr Klettern im Gezweige wenigſtens nicht ungeſchickt. Jm Fluge laſſen ſie eine kreiſchende Stimme vernehmen; im Sitzen unterhalten ſie ſich mit einem koſenden Gezwitſcher, welches man nur deswegen nicht Geſang nennen kann, weil die einzelnen Töne der lautgebenden Vögel ſich mit denen der unzähligen andern vermiſchen und hierdurch ein Wirrwarr von Tönen entſteht. Auch während der Brutzeit halten ſich die Wellenpapageien in Geſellſchaften zuſammen, obwohl die einzelnen Paare unter dieſen ihres treninnigen Zuſammenhanges wegen leicht zu erkennen ſind. Das Neſt ſteht in den Löchern und Spalten der Gummibäume und enthält im Dezember vier bis ſechs Eier von rein weißlicher Farbe und ziemlich rundlicher Geſtalt. Ende Dezembers ſind die Jungen gewöhnlich ausgeflogen und im Stande, ſich ſelbſt zu verſorgen. Sie ſammeln ſich dann in großen Flügen, welche mit den ungepaarten Alten umherſchweifen; denn dieſe ſchreiten, wenn man von dem Benehmen der Gefangenen ſchließen darf, zu einer zweiten und dritten Brut. Nach Beendigung des Brutgeſchäftes treten die Scharen ihre Wanderung an. Sie ziehen regel- mäßig von Süden nach Norden und kehren erſt dann wieder nach ihrem Brutort zurück, wenn die Grasſamen reif ſind. Jn ganz Südauſtralien erſcheinen ſie im Frühling, unſerm Herbſt alſo, mit gleicher Regelmäßigkeit wie unſere Zugvögel. Die Eingeborenen behaupten, daß ſie zuweilen in Gegenden ſich zeigen, in denen man ſie früher nicht geſehen hatte, und Dies iſt bei ihrer Bewegungs- fähigkeit recht wohl zu glauben. Noch vor wenigen Jahren kamen die Wellenpapageien nur ſehr vereinzelt zu uns; gegenwärtig bringt faſt jedes Schiff Hunderte von ihnen mit nach Europa herüber. Die Gefangenen werden in Auſtralien geſellſchaftsweiſe in ſehr kleine Käfige geſteckt, deren Sitzſtangen wie Treppenſtuſen hinter

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/92
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/92>, abgerufen am 05.05.2024.