Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Fänger. Singvögel. Laubsänger.
ein, wenn auch nicht an demselben Orte, so doch in derselben Gegend. Die nordischen Arten brüten
bald nach ihrer Ankunft in der Heimat, einige zweimal im Laufe des Sommers, andere nur einmal.
Die Nester sind Kunstbauten; das Gelege besteht aus vier bis sieben äußerst zierlichen, feinschaligen
Eiern, welche auf weißem oder lichtrosenrothen Grunde dunkler gefleckt sind.

Der gemeinste unsrer Laubvögel (Phyllopneuste Trochilus) wird zum Unterschiede von den
Andern Weidenlaubsänger oder Weidenzeisig, Weidenblättchen und Weidenmücke,
sonst auch wohl Fitis oder Fiting, Schmittl, Wisperlein, Backöfelchen und Sommerkönig
genannt. Er ist, wie alle seine Sippschaftsverwandten, sehr gestreckt gebaut; der Fittig, in welchem
die dritte und vierte Schwinge die andern überragen, ist ziemlich lang, der Schwanz mittellang und
schwach ausgeschnitten, der Schnabel schwach, nur an der Wurzel etwas verbreitert, im übrigen
pfriemenförmig und an der Spitze seitlich zusammengedrückt. Das lockere Gefieder ist auf der Ober-

[Abbildung] Der Weidenlaubsänger (Phyllopueuste Trochilus).
seite olivengraugrün, auf der Unterseite weiß, an der Brust graugilblich überflogen; ein Augenbrauen-
streif ist gelblichweiß, ein Zügelstreifen tiefgrau; die Schwung- und Steuerfedern sind grau, grünlich
gesäumt, die Unterflügeldeckfedern hellgelb. Nach der Herbstmauser ist die Unterseite blaßgelb. Das
Auge ist braun, Schnabel und Füße sind hornfarbig. Die Länge beträgt 4 Zoll 11 Linien, die Breite
7 Zoll 4 Linien, die Fittiglänge 2 Zoll 5 Linien, die Schwanzlänge 2 Zoll. Die Geschlechter unter-
scheiden sich kaum merklich; die Jungen sind auf der Oberseite olivengrau, am Vorderhalse graugelb-
lichweiß, auf dem Bauche weiß, gelblich überflogen.

Von Nordskandinavien an nach Süden hin fehlt der Weidenlaubsänger nirgends in Europa, und
außerdem ist er über einen großen Theil von Nordasien, ja selbst über Nordamerika verbreitet. Jm
Winter wandert er bis Nordafrika und bis Jndien; die große Menge der von uns weggezogenen
bleibt aber schon im südlichen Europa. Er bewohnt die Ebene wie das Gebirge und, mit Ausnahme
des dunkleren Hochwaldes, jede Oertlichkeit, falls dieselbe nicht gänzlich baumlos ist. Die Weiden,

Die Fänger. Singvögel. Laubſänger.
ein, wenn auch nicht an demſelben Orte, ſo doch in derſelben Gegend. Die nordiſchen Arten brüten
bald nach ihrer Ankunft in der Heimat, einige zweimal im Laufe des Sommers, andere nur einmal.
Die Neſter ſind Kunſtbauten; das Gelege beſteht aus vier bis ſieben äußerſt zierlichen, feinſchaligen
Eiern, welche auf weißem oder lichtroſenrothen Grunde dunkler gefleckt ſind.

Der gemeinſte unſrer Laubvögel (Phyllopneuste Trochilus) wird zum Unterſchiede von den
Andern Weidenlaubſänger oder Weidenzeiſig, Weidenblättchen und Weidenmücke,
ſonſt auch wohl Fitis oder Fiting, Schmittl, Wiſperlein, Backöfelchen und Sommerkönig
genannt. Er iſt, wie alle ſeine Sippſchaftsverwandten, ſehr geſtreckt gebaut; der Fittig, in welchem
die dritte und vierte Schwinge die andern überragen, iſt ziemlich lang, der Schwanz mittellang und
ſchwach ausgeſchnitten, der Schnabel ſchwach, nur an der Wurzel etwas verbreitert, im übrigen
pfriemenförmig und an der Spitze ſeitlich zuſammengedrückt. Das lockere Gefieder iſt auf der Ober-

[Abbildung] Der Weidenlaubſänger (Phyllopueuste Trochilus).
ſeite olivengraugrün, auf der Unterſeite weiß, an der Bruſt graugilblich überflogen; ein Augenbrauen-
ſtreif iſt gelblichweiß, ein Zügelſtreifen tiefgrau; die Schwung- und Steuerfedern ſind grau, grünlich
geſäumt, die Unterflügeldeckfedern hellgelb. Nach der Herbſtmauſer iſt die Unterſeite blaßgelb. Das
Auge iſt braun, Schnabel und Füße ſind hornfarbig. Die Länge beträgt 4 Zoll 11 Linien, die Breite
7 Zoll 4 Linien, die Fittiglänge 2 Zoll 5 Linien, die Schwanzlänge 2 Zoll. Die Geſchlechter unter-
ſcheiden ſich kaum merklich; die Jungen ſind auf der Oberſeite olivengrau, am Vorderhalſe graugelb-
lichweiß, auf dem Bauche weiß, gelblich überflogen.

Von Nordſkandinavien an nach Süden hin fehlt der Weidenlaubſänger nirgends in Europa, und
außerdem iſt er über einen großen Theil von Nordaſien, ja ſelbſt über Nordamerika verbreitet. Jm
Winter wandert er bis Nordafrika und bis Jndien; die große Menge der von uns weggezogenen
bleibt aber ſchon im ſüdlichen Europa. Er bewohnt die Ebene wie das Gebirge und, mit Ausnahme
des dunkleren Hochwaldes, jede Oertlichkeit, falls dieſelbe nicht gänzlich baumlos iſt. Die Weiden,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0906" n="858"/><fw place="top" type="header">Die Fänger. Singvögel. Laub&#x017F;änger.</fw><lb/>
ein, wenn auch nicht an dem&#x017F;elben Orte, &#x017F;o doch in der&#x017F;elben Gegend. Die nordi&#x017F;chen Arten brüten<lb/>
bald nach ihrer Ankunft in der Heimat, einige zweimal im Laufe des Sommers, andere nur einmal.<lb/>
Die Ne&#x017F;ter &#x017F;ind Kun&#x017F;tbauten; das Gelege be&#x017F;teht aus vier bis &#x017F;ieben äußer&#x017F;t zierlichen, fein&#x017F;chaligen<lb/>
Eiern, welche auf weißem oder lichtro&#x017F;enrothen Grunde dunkler gefleckt &#x017F;ind.</p><lb/>
          <p>Der gemein&#x017F;te un&#x017F;rer Laubvögel (<hi rendition="#aq">Phyllopneuste Trochilus</hi>) wird zum Unter&#x017F;chiede von den<lb/>
Andern <hi rendition="#g">Weidenlaub&#x017F;änger</hi> oder <hi rendition="#g">Weidenzei&#x017F;ig, Weidenblättchen</hi> und <hi rendition="#g">Weidenmücke,</hi><lb/>
&#x017F;on&#x017F;t auch wohl <hi rendition="#g">Fitis</hi> oder <hi rendition="#g">Fiting, Schmittl, Wi&#x017F;perlein, Backöfelchen</hi> und <hi rendition="#g">Sommerkönig</hi><lb/>
genannt. Er i&#x017F;t, wie alle &#x017F;eine Sipp&#x017F;chaftsverwandten, &#x017F;ehr ge&#x017F;treckt gebaut; der Fittig, in welchem<lb/>
die dritte und vierte Schwinge die andern überragen, i&#x017F;t ziemlich lang, der Schwanz mittellang und<lb/>
&#x017F;chwach ausge&#x017F;chnitten, der Schnabel &#x017F;chwach, nur an der Wurzel etwas verbreitert, im übrigen<lb/>
pfriemenförmig und an der Spitze &#x017F;eitlich zu&#x017F;ammengedrückt. Das lockere Gefieder i&#x017F;t auf der Ober-<lb/><figure><head><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der Weidenlaub&#x017F;änger</hi> (<hi rendition="#aq">Phyllopueuste Trochilus</hi>).</hi></head></figure><lb/>
&#x017F;eite olivengraugrün, auf der Unter&#x017F;eite weiß, an der Bru&#x017F;t graugilblich überflogen; ein Augenbrauen-<lb/>
&#x017F;treif i&#x017F;t gelblichweiß, ein Zügel&#x017F;treifen tiefgrau; die Schwung- und Steuerfedern &#x017F;ind grau, grünlich<lb/>
ge&#x017F;äumt, die Unterflügeldeckfedern hellgelb. Nach der Herb&#x017F;tmau&#x017F;er i&#x017F;t die Unter&#x017F;eite blaßgelb. Das<lb/>
Auge i&#x017F;t braun, Schnabel und Füße &#x017F;ind hornfarbig. Die Länge beträgt 4 Zoll 11 Linien, die Breite<lb/>
7 Zoll 4 Linien, die Fittiglänge 2 Zoll 5 Linien, die Schwanzlänge 2 Zoll. Die Ge&#x017F;chlechter unter-<lb/>
&#x017F;cheiden &#x017F;ich kaum merklich; die Jungen &#x017F;ind auf der Ober&#x017F;eite olivengrau, am Vorderhal&#x017F;e graugelb-<lb/>
lichweiß, auf dem Bauche weiß, gelblich überflogen.</p><lb/>
          <p>Von Nord&#x017F;kandinavien an nach Süden hin fehlt der Weidenlaub&#x017F;änger nirgends in Europa, und<lb/>
außerdem i&#x017F;t er über einen großen Theil von Norda&#x017F;ien, ja &#x017F;elb&#x017F;t über Nordamerika verbreitet. Jm<lb/>
Winter wandert er bis Nordafrika und bis Jndien; die große Menge der von uns weggezogenen<lb/>
bleibt aber &#x017F;chon im &#x017F;üdlichen Europa. Er bewohnt die Ebene wie das Gebirge und, mit Ausnahme<lb/>
des dunkleren Hochwaldes, jede Oertlichkeit, falls die&#x017F;elbe nicht gänzlich baumlos i&#x017F;t. Die Weiden,<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[858/0906] Die Fänger. Singvögel. Laubſänger. ein, wenn auch nicht an demſelben Orte, ſo doch in derſelben Gegend. Die nordiſchen Arten brüten bald nach ihrer Ankunft in der Heimat, einige zweimal im Laufe des Sommers, andere nur einmal. Die Neſter ſind Kunſtbauten; das Gelege beſteht aus vier bis ſieben äußerſt zierlichen, feinſchaligen Eiern, welche auf weißem oder lichtroſenrothen Grunde dunkler gefleckt ſind. Der gemeinſte unſrer Laubvögel (Phyllopneuste Trochilus) wird zum Unterſchiede von den Andern Weidenlaubſänger oder Weidenzeiſig, Weidenblättchen und Weidenmücke, ſonſt auch wohl Fitis oder Fiting, Schmittl, Wiſperlein, Backöfelchen und Sommerkönig genannt. Er iſt, wie alle ſeine Sippſchaftsverwandten, ſehr geſtreckt gebaut; der Fittig, in welchem die dritte und vierte Schwinge die andern überragen, iſt ziemlich lang, der Schwanz mittellang und ſchwach ausgeſchnitten, der Schnabel ſchwach, nur an der Wurzel etwas verbreitert, im übrigen pfriemenförmig und an der Spitze ſeitlich zuſammengedrückt. Das lockere Gefieder iſt auf der Ober- [Abbildung Der Weidenlaubſänger (Phyllopueuste Trochilus).] ſeite olivengraugrün, auf der Unterſeite weiß, an der Bruſt graugilblich überflogen; ein Augenbrauen- ſtreif iſt gelblichweiß, ein Zügelſtreifen tiefgrau; die Schwung- und Steuerfedern ſind grau, grünlich geſäumt, die Unterflügeldeckfedern hellgelb. Nach der Herbſtmauſer iſt die Unterſeite blaßgelb. Das Auge iſt braun, Schnabel und Füße ſind hornfarbig. Die Länge beträgt 4 Zoll 11 Linien, die Breite 7 Zoll 4 Linien, die Fittiglänge 2 Zoll 5 Linien, die Schwanzlänge 2 Zoll. Die Geſchlechter unter- ſcheiden ſich kaum merklich; die Jungen ſind auf der Oberſeite olivengrau, am Vorderhalſe graugelb- lichweiß, auf dem Bauche weiß, gelblich überflogen. Von Nordſkandinavien an nach Süden hin fehlt der Weidenlaubſänger nirgends in Europa, und außerdem iſt er über einen großen Theil von Nordaſien, ja ſelbſt über Nordamerika verbreitet. Jm Winter wandert er bis Nordafrika und bis Jndien; die große Menge der von uns weggezogenen bleibt aber ſchon im ſüdlichen Europa. Er bewohnt die Ebene wie das Gebirge und, mit Ausnahme des dunkleren Hochwaldes, jede Oertlichkeit, falls dieſelbe nicht gänzlich baumlos iſt. Die Weiden,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/906
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 858. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/906>, abgerufen am 18.05.2024.