Nähe des Menschen seinen Aufenthalt nimmt und sich ungescheut über oder neben den Hütten der Nubier und Sudahnesen umhertreibt. Sein Lied ist es, welches vor allen andern fesselt; denn der Grauvogel gehört unter die besten Sänger Nordostafrikas: unter den wenigen, welche wirklich mit unsern Sängern zu wetteifern suchen, kann sich kein einziger mit ihm messen. Der Gesang ist laut, wohlklingend und ziemlich reichhaltig; er erinnert in vieler Hinsicht an den unserer Drosseln, hat aber ein eigenthümliches Gepräge, welches man durch Worte eben nicht wiedergeben kann. Die Lockstimme klingt wie "Güb ga güb"; sie scheint beiden Geschlechtern gemeinsam zu sein. Jm Gezweig bewegt sich der Grauvogel mit großer Behendigkeit und Gewandtheit; auf dem Boden hüpft er immer noch geschickt umher; nur der Flug ist nicht besonders, denn er ist schwankend und flatternd. Vom frühen Morgen an bis zum späten Abend ist der Vogel ununterbrochen in Thätigkeit, immer lebendig und immer rastlos und, wie sein flotter Gesang bekundet, immer heiter. Während der augenblicklichen Ruhepausen richtet er sich stolz empor und erhebt dann auch von Zeit zu Zeit die hollenartig ver- längerten Federn seines Hinterhauptes, schaut ernsthaft in die Runde und hüpft gleich darauf weiter, rechts und links Blüthen und Blätter ins Auge fassend; denn von den einen wie von den andern sucht er den größten Theil seiner Nahrung ab. Wenn die Mimosen blühen, hält er sich vorzugsweise auf ihnen auf und nährt sich dann fast ausschließlich von den Käfern, welche sich in das Jnnere der kleinen gelben Blüthenröschen verbergen. Er weiß auch die verborgensten Käfer aus der Tiefe hervorzuziehen und bekommt zuweilen von dieser Arbeit in Folge des sich an den Seitenfedern anhäugenden Blüthenstaubs ein schwefelgelbes Gesicht, welches ihm ein sehr sonderbares Ansehen ver- leiht. Reben den Käfern liest er auch Raupen ab, und vorüberfliegenden Schmetterlingen jagt er auf weite Strecken nach. Zur Fruchtzeit frißt er Beeren.
Man sieht den Grauvogel paarweise oder in kleinen Familien, je nach der Jahreszeit. Die Paare halten treuinnig zusammen, und auch die Familien bleiben im engen Verbande. Nicht einmal die Brutzeit scheint ihre Eintracht zu stören; denn man findet oft mehrere Pärchen, wenn auch nicht auf demselben Baume, so doch in demselben Waldestheile oder in demselben Garten. Je nach der Heimatsgegend brütet das Pärchen früher oder später im Jahre. Jn den nördlichen Breiten fällt die Brutzeit in unsere Frühlingsmonate, im Sudahn in die ersten Wochen der Regenzeit, welche bekanntlich dort den Frühling bringt. Das Nest wird im dichten Gebüsch angelegt. Es ist einfach, dünn und durchsichtig, aber doch kunstvoll gebaut, äußerlich aus feinen Würzelchen, Hälmchen und dergleichen Stoffen, welche mit Spinnweben durchflochten sind, zusammengeschichtet, innen glatt und nett mit feinen Bastfasern ausgelegt. Die verhältnißmäßig kleinen Eier sind auf röthlichweißem Grunde überall mit dunkelbraunen und blaugrauen Flecken gezeichnet, welche gegen das Ende hin kranzartig zusammentreten. Weiteres über das Brutgeschäft habe ich nicht in Erfahrung bringen können.
Die Nordafrikaner sind viel zu faul und gleichgiltig, als daß sie den Grauvogel fangen und für den Käfig eingewöhnen sollten. Jn Jndien dagegen werden Verwandte oft gezähmt und hoch geschätzt, aber nicht wegen ihres Gesanges, denn von einem solchen wissen die Beschreiber Nichts zu berichten, -- sondern wegen ihrer Kampfesluft. Auf Ceylon ist es ein gewöhnliches Vergnügen der Eingebornen, den "Bulbul" (Pycnonotus haemorrhous) kämpfeu zu lassen. Zu diesem Zweck nimmt man die jungen Männchen, sobald man sie unterscheiden kann, aus dem Neste, bindet sie an einen Faden fest und lehrt sie, jederzeit auf die Hand ihres Wärters zurückzukommen. Nachdem sie abgerichtet worden sind, bringt man die Kämpfer zusammen. Jeder einzelne wird auch jetzt an einer Schnur gefesselt, damit man ihn rechtzeitig zurückziehen kann; denn die streitlustigen Vögel kämpfen mit solchem Muth und Eifer, daß einer den andern tödten würde, wenn man sie sich selbst überlassen wollte.
Grauvogel.
Nähe des Menſchen ſeinen Aufenthalt nimmt und ſich ungeſcheut über oder neben den Hütten der Nubier und Sudahneſen umhertreibt. Sein Lied iſt es, welches vor allen andern feſſelt; denn der Grauvogel gehört unter die beſten Sänger Nordoſtafrikas: unter den wenigen, welche wirklich mit unſern Sängern zu wetteifern ſuchen, kann ſich kein einziger mit ihm meſſen. Der Geſang iſt laut, wohlklingend und ziemlich reichhaltig; er erinnert in vieler Hinſicht an den unſerer Droſſeln, hat aber ein eigenthümliches Gepräge, welches man durch Worte eben nicht wiedergeben kann. Die Lockſtimme klingt wie „Güb ga güb‟; ſie ſcheint beiden Geſchlechtern gemeinſam zu ſein. Jm Gezweig bewegt ſich der Grauvogel mit großer Behendigkeit und Gewandtheit; auf dem Boden hüpft er immer noch geſchickt umher; nur der Flug iſt nicht beſonders, denn er iſt ſchwankend und flatternd. Vom frühen Morgen an bis zum ſpäten Abend iſt der Vogel ununterbrochen in Thätigkeit, immer lebendig und immer raſtlos und, wie ſein flotter Geſang bekundet, immer heiter. Während der augenblicklichen Ruhepauſen richtet er ſich ſtolz empor und erhebt dann auch von Zeit zu Zeit die hollenartig ver- längerten Federn ſeines Hinterhauptes, ſchaut ernſthaft in die Runde und hüpft gleich darauf weiter, rechts und links Blüthen und Blätter ins Auge faſſend; denn von den einen wie von den andern ſucht er den größten Theil ſeiner Nahrung ab. Wenn die Mimoſen blühen, hält er ſich vorzugsweiſe auf ihnen auf und nährt ſich dann faſt ausſchließlich von den Käfern, welche ſich in das Jnnere der kleinen gelben Blüthenröschen verbergen. Er weiß auch die verborgenſten Käfer aus der Tiefe hervorzuziehen und bekommt zuweilen von dieſer Arbeit in Folge des ſich an den Seitenfedern anhäugenden Blüthenſtaubs ein ſchwefelgelbes Geſicht, welches ihm ein ſehr ſonderbares Anſehen ver- leiht. Reben den Käfern lieſt er auch Raupen ab, und vorüberfliegenden Schmetterlingen jagt er auf weite Strecken nach. Zur Fruchtzeit frißt er Beeren.
Man ſieht den Grauvogel paarweiſe oder in kleinen Familien, je nach der Jahreszeit. Die Paare halten treuinnig zuſammen, und auch die Familien bleiben im engen Verbande. Nicht einmal die Brutzeit ſcheint ihre Eintracht zu ſtören; denn man findet oft mehrere Pärchen, wenn auch nicht auf demſelben Baume, ſo doch in demſelben Waldestheile oder in demſelben Garten. Je nach der Heimatsgegend brütet das Pärchen früher oder ſpäter im Jahre. Jn den nördlichen Breiten fällt die Brutzeit in unſere Frühlingsmonate, im Sudahn in die erſten Wochen der Regenzeit, welche bekanntlich dort den Frühling bringt. Das Neſt wird im dichten Gebüſch angelegt. Es iſt einfach, dünn und durchſichtig, aber doch kunſtvoll gebaut, äußerlich aus feinen Würzelchen, Hälmchen und dergleichen Stoffen, welche mit Spinnweben durchflochten ſind, zuſammengeſchichtet, innen glatt und nett mit feinen Baſtfaſern ausgelegt. Die verhältnißmäßig kleinen Eier ſind auf röthlichweißem Grunde überall mit dunkelbraunen und blaugrauen Flecken gezeichnet, welche gegen das Ende hin kranzartig zuſammentreten. Weiteres über das Brutgeſchäft habe ich nicht in Erfahrung bringen können.
Die Nordafrikaner ſind viel zu faul und gleichgiltig, als daß ſie den Grauvogel fangen und für den Käfig eingewöhnen ſollten. Jn Jndien dagegen werden Verwandte oft gezähmt und hoch geſchätzt, aber nicht wegen ihres Geſanges, denn von einem ſolchen wiſſen die Beſchreiber Nichts zu berichten, — ſondern wegen ihrer Kampfesluft. Auf Ceylon iſt es ein gewöhnliches Vergnügen der Eingebornen, den „Bulbul‟ (Pycnonotus haemorrhous) kämpfeu zu laſſen. Zu dieſem Zweck nimmt man die jungen Männchen, ſobald man ſie unterſcheiden kann, aus dem Neſte, bindet ſie an einen Faden feſt und lehrt ſie, jederzeit auf die Hand ihres Wärters zurückzukommen. Nachdem ſie abgerichtet worden ſind, bringt man die Kämpfer zuſammen. Jeder einzelne wird auch jetzt an einer Schnur gefeſſelt, damit man ihn rechtzeitig zurückziehen kann; denn die ſtreitluſtigen Vögel kämpfen mit ſolchem Muth und Eifer, daß einer den andern tödten würde, wenn man ſie ſich ſelbſt überlaſſen wollte.
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[813/0859]
Grauvogel.
Nähe des Menſchen ſeinen Aufenthalt nimmt und ſich ungeſcheut über oder neben den Hütten der
Nubier und Sudahneſen umhertreibt. Sein Lied iſt es, welches vor allen andern feſſelt; denn der
Grauvogel gehört unter die beſten Sänger Nordoſtafrikas: unter den wenigen, welche wirklich mit
unſern Sängern zu wetteifern ſuchen, kann ſich kein einziger mit ihm meſſen. Der Geſang iſt laut,
wohlklingend und ziemlich reichhaltig; er erinnert in vieler Hinſicht an den unſerer Droſſeln, hat aber
ein eigenthümliches Gepräge, welches man durch Worte eben nicht wiedergeben kann. Die Lockſtimme
klingt wie „Güb ga güb‟; ſie ſcheint beiden Geſchlechtern gemeinſam zu ſein. Jm Gezweig bewegt
ſich der Grauvogel mit großer Behendigkeit und Gewandtheit; auf dem Boden hüpft er immer noch
geſchickt umher; nur der Flug iſt nicht beſonders, denn er iſt ſchwankend und flatternd. Vom frühen
Morgen an bis zum ſpäten Abend iſt der Vogel ununterbrochen in Thätigkeit, immer lebendig und
immer raſtlos und, wie ſein flotter Geſang bekundet, immer heiter. Während der augenblicklichen
Ruhepauſen richtet er ſich ſtolz empor und erhebt dann auch von Zeit zu Zeit die hollenartig ver-
längerten Federn ſeines Hinterhauptes, ſchaut ernſthaft in die Runde und hüpft gleich darauf weiter,
rechts und links Blüthen und Blätter ins Auge faſſend; denn von den einen wie von den andern
ſucht er den größten Theil ſeiner Nahrung ab. Wenn die Mimoſen blühen, hält er ſich vorzugsweiſe
auf ihnen auf und nährt ſich dann faſt ausſchließlich von den Käfern, welche ſich in das Jnnere der
kleinen gelben Blüthenröschen verbergen. Er weiß auch die verborgenſten Käfer aus der Tiefe
hervorzuziehen und bekommt zuweilen von dieſer Arbeit in Folge des ſich an den Seitenfedern
anhäugenden Blüthenſtaubs ein ſchwefelgelbes Geſicht, welches ihm ein ſehr ſonderbares Anſehen ver-
leiht. Reben den Käfern lieſt er auch Raupen ab, und vorüberfliegenden Schmetterlingen jagt er
auf weite Strecken nach. Zur Fruchtzeit frißt er Beeren.
Man ſieht den Grauvogel paarweiſe oder in kleinen Familien, je nach der Jahreszeit. Die
Paare halten treuinnig zuſammen, und auch die Familien bleiben im engen Verbande. Nicht einmal
die Brutzeit ſcheint ihre Eintracht zu ſtören; denn man findet oft mehrere Pärchen, wenn auch nicht
auf demſelben Baume, ſo doch in demſelben Waldestheile oder in demſelben Garten. Je nach der
Heimatsgegend brütet das Pärchen früher oder ſpäter im Jahre. Jn den nördlichen Breiten fällt die
Brutzeit in unſere Frühlingsmonate, im Sudahn in die erſten Wochen der Regenzeit, welche bekanntlich
dort den Frühling bringt. Das Neſt wird im dichten Gebüſch angelegt. Es iſt einfach, dünn und
durchſichtig, aber doch kunſtvoll gebaut, äußerlich aus feinen Würzelchen, Hälmchen und dergleichen
Stoffen, welche mit Spinnweben durchflochten ſind, zuſammengeſchichtet, innen glatt und nett mit
feinen Baſtfaſern ausgelegt. Die verhältnißmäßig kleinen Eier ſind auf röthlichweißem Grunde
überall mit dunkelbraunen und blaugrauen Flecken gezeichnet, welche gegen das Ende hin kranzartig
zuſammentreten. Weiteres über das Brutgeſchäft habe ich nicht in Erfahrung bringen können.
Die Nordafrikaner ſind viel zu faul und gleichgiltig, als daß ſie den Grauvogel fangen und für
den Käfig eingewöhnen ſollten. Jn Jndien dagegen werden Verwandte oft gezähmt und hoch geſchätzt,
aber nicht wegen ihres Geſanges, denn von einem ſolchen wiſſen die Beſchreiber Nichts zu berichten, —
ſondern wegen ihrer Kampfesluft. Auf Ceylon iſt es ein gewöhnliches Vergnügen der Eingebornen,
den „Bulbul‟ (Pycnonotus haemorrhous) kämpfeu zu laſſen. Zu dieſem Zweck nimmt man die jungen
Männchen, ſobald man ſie unterſcheiden kann, aus dem Neſte, bindet ſie an einen Faden feſt und
lehrt ſie, jederzeit auf die Hand ihres Wärters zurückzukommen. Nachdem ſie abgerichtet worden
ſind, bringt man die Kämpfer zuſammen. Jeder einzelne wird auch jetzt an einer Schnur gefeſſelt,
damit man ihn rechtzeitig zurückziehen kann; denn die ſtreitluſtigen Vögel kämpfen mit ſolchem Muth
und Eifer, daß einer den andern tödten würde, wenn man ſie ſich ſelbſt überlaſſen wollte.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 813. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/859>, abgerufen am 16.02.2025.
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