Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Fänger. Singvögel. Drosseln.

Als die eigentliche Heimat der Wachholderdrossel hat man die großen Birkenwaldungen des
Nordens anzusehen; sie sind wenigstens fast immer die Brutplätze der Alten. Diejenigen Krammts-
vögel, welche bei uns gebrütet haben, sind allerdings auch in Eichen- und Kiefernwaldungen nistend
angetroffen worden; es scheint jedoch, daß sie sich hier nur in Ermanglung der ihnen so zusagenden
Birkenbestände angesiedelt haben. Die Zugscharen erscheinen bei uns im Spätherbst, vertheilen sich
über ganz Mitteleuropa, streifen vielleicht auch, obschon selten bis in die südlichen Länder dieses Erd-
theils hinab. Jn Afrika ist der Krammtsvogel meines Wissens noch nicht beobachtet worden:
Rüppell behauptet zwar das Gegentheil; ich aber habe gerechten Grund, seine Angabe zu bezweifeln.

Die Rothdrossel endlich (Turdus iliacus), welche auch Wein-, Winter-, Berg-, Haide-,
Blut-
und Buntdrossel, Zippe und Ziemer, Weißlich, Winesel, Gererle, Bitter,
Böhmle
und Bäuerling genannt wird, ist 81/2 Zoll lang, 131/2 Zoll breit; ihr Fittig mißt 41/2, ihr
Schwanz 3 1/6 Zoll. Das Gefieder der Oberseite ist olivengrünbraun, das der Unterseite weißlich, an
den Brustseiten hochrostroth, am Halse gelblich, überall mit dunkelbraunen, dreieckigen und runden Längs-
flecken gezeichnet. Das Weibchen ist blässer als das Männchen. Bei den Jungen ist der grünlich-
braune Oberkörper gelb gefleckt, und die Unterflügeldeckfedern sind rostroth. Das Auge ist kaffee-
braun, der Schnabel schwarz, am Grunde des Unterschnabels horngelb, der Fuß röthlich.

Auch die Rothdrossel bewohnt als Brutvogel den hohen Norden Europas und nistet nur aus-
nahmsweise in südlicheren Breiten. Sie erscheint mit dem Krammtsvogel bei uns zu Lande und
wandert bis Nordafrika, obwohl die große Mehrzahl bereits im Süden Europas für die Winterzeit
Herberge nimmt. Jn Asien ist sie ebenfalls gefunden worden, sie scheint jedoch östlich von Jrkutzk
nicht vorzukommen.

Auf allen Hochgebirgen Nord- und Mitteleuropas, und vorzugsweise auf den Steinhalden, in
deren Nähe Buschwerk steht, lebt die Ringdrossel oder Ringamsel, sonst auch Schild-, Rost-,
Schneedrossel,
oder Dianen-, Erd-, Strauch-, Berg-, Meer- und Seeamsel, Stick-
und Stabziemer genannt (Turdus torquatus). Sie ist 10 Zoll lang, 16 Zoll breit; ihr Fittig
mißt gegen 51/2, ihr Schwanz etwas über 4 Zoll. Das Gefieder des Männchens ist, bis auf ein breites,
halbmondförmiges, weißes Brustband, auf mattschwarzem Grunde mit lichten, halbmondförmigen Flecken
gezeichnet, welche durch die Federränder gebildet werden; die Schwingen und Flügeldeckfedern sind
graulich überlaufen und bräunlichgrau gesäumt; die Schwanzfedern sind einfarbig rußschwarz; das
äußerste Paar derselben ist durch ein schmales, feines, weißgraues Säumchen geziert. Das Weibchen
ist düsterfarbiger, mehr graulich, alle Federsäume sind breiter, und das Brustband ist nur angedeutet:
es sieht nicht weiß, sondern schmuziggrau aus. Das Jugendkleid der Ringamsel erinnert an die
Tracht der Wachholderdroffel, ist aber dunkler, wie verräuchert; die Federn der Oberseite sind tief-
braun, lichter gerandet und theilweise mit weißlich rostgelben Schaftflecken geziert; Kehle und Gurgel
sind lichtrostgelb, seitlich dunkler in die Länge gefleckt; die Brust ist auf rostfarbenem Grunde mit
runden, der Bauch auf lichtgraugelbem mit halbmondförmigen Flecken besetzt. Das Auge ist braun,
der Schnabel schwarz, der Unterkiefer am Grunde aber rothgelb; der Fuß ist schwarzbraun.

Die Ringamsel ist nur Gebirgsvogel und findet sich deshalb am häufigsten in unsern Hochge-
birgen, seltener schon im Mittelgebirge. Jn Skandinavien ist sie ebenso gemein wie in der Schweiz.
Auf ihrem Zuge durchstreift sie alle von Skandinavien südlich gelegenen Länder Europas und dehnt
ihre Reise bis zum Atlas aus.

Man betrachtet die Ringamsel oft als die nächste Verwandte unserer gewöhnlichen Amsel, hat sie
auch zum Vertreter einer eigenen Sippe erhoben und dieser den Namen Thoracocincla gegeben.
Das Eine wie das Andere scheint mir ungerechtfertigt zu sein, da sich unser Vogel in seiner Gestalt
durchaus nicht von andern Drosseln unterscheidet und diesen auch in der Lebensweise vollständig ähnelt.
Doch kann man sie als ein Verbindungsglied ansehen zwischen den Drosseln und der Amsel.

Die Fänger. Singvögel. Droſſeln.

Als die eigentliche Heimat der Wachholderdroſſel hat man die großen Birkenwaldungen des
Nordens anzuſehen; ſie ſind wenigſtens faſt immer die Brutplätze der Alten. Diejenigen Krammts-
vögel, welche bei uns gebrütet haben, ſind allerdings auch in Eichen- und Kiefernwaldungen niſtend
angetroffen worden; es ſcheint jedoch, daß ſie ſich hier nur in Ermanglung der ihnen ſo zuſagenden
Birkenbeſtände angeſiedelt haben. Die Zugſcharen erſcheinen bei uns im Spätherbſt, vertheilen ſich
über ganz Mitteleuropa, ſtreifen vielleicht auch, obſchon ſelten bis in die ſüdlichen Länder dieſes Erd-
theils hinab. Jn Afrika iſt der Krammtsvogel meines Wiſſens noch nicht beobachtet worden:
Rüppell behauptet zwar das Gegentheil; ich aber habe gerechten Grund, ſeine Angabe zu bezweifeln.

Die Rothdroſſel endlich (Turdus iliacus), welche auch Wein-, Winter-, Berg-, Haide-,
Blut-
und Buntdroſſel, Zippe und Ziemer, Weißlich, Wineſel, Gererle, Bitter,
Böhmle
und Bäuerling genannt wird, iſt 8½ Zoll lang, 13½ Zoll breit; ihr Fittig mißt 4½, ihr
Schwanz 3⅙ Zoll. Das Gefieder der Oberſeite iſt olivengrünbraun, das der Unterſeite weißlich, an
den Bruſtſeiten hochroſtroth, am Halſe gelblich, überall mit dunkelbraunen, dreieckigen und runden Längs-
flecken gezeichnet. Das Weibchen iſt bläſſer als das Männchen. Bei den Jungen iſt der grünlich-
braune Oberkörper gelb gefleckt, und die Unterflügeldeckfedern ſind roſtroth. Das Auge iſt kaffee-
braun, der Schnabel ſchwarz, am Grunde des Unterſchnabels horngelb, der Fuß röthlich.

Auch die Rothdroſſel bewohnt als Brutvogel den hohen Norden Europas und niſtet nur aus-
nahmsweiſe in ſüdlicheren Breiten. Sie erſcheint mit dem Krammtsvogel bei uns zu Lande und
wandert bis Nordafrika, obwohl die große Mehrzahl bereits im Süden Europas für die Winterzeit
Herberge nimmt. Jn Aſien iſt ſie ebenfalls gefunden worden, ſie ſcheint jedoch öſtlich von Jrkutzk
nicht vorzukommen.

Auf allen Hochgebirgen Nord- und Mitteleuropas, und vorzugsweiſe auf den Steinhalden, in
deren Nähe Buſchwerk ſteht, lebt die Ringdroſſel oder Ringamſel, ſonſt auch Schild-, Roſt-,
Schneedroſſel,
oder Dianen-, Erd-, Strauch-, Berg-, Meer- und Seeamſel, Stick-
und Stabziemer genannt (Turdus torquatus). Sie iſt 10 Zoll lang, 16 Zoll breit; ihr Fittig
mißt gegen 5½, ihr Schwanz etwas über 4 Zoll. Das Gefieder des Männchens iſt, bis auf ein breites,
halbmondförmiges, weißes Bruſtband, auf mattſchwarzem Grunde mit lichten, halbmondförmigen Flecken
gezeichnet, welche durch die Federränder gebildet werden; die Schwingen und Flügeldeckfedern ſind
graulich überlaufen und bräunlichgrau geſäumt; die Schwanzfedern ſind einfarbig rußſchwarz; das
äußerſte Paar derſelben iſt durch ein ſchmales, feines, weißgraues Säumchen geziert. Das Weibchen
iſt düſterfarbiger, mehr graulich, alle Federſäume ſind breiter, und das Bruſtband iſt nur angedeutet:
es ſieht nicht weiß, ſondern ſchmuziggrau aus. Das Jugendkleid der Ringamſel erinnert an die
Tracht der Wachholderdroffel, iſt aber dunkler, wie verräuchert; die Federn der Oberſeite ſind tief-
braun, lichter gerandet und theilweiſe mit weißlich roſtgelben Schaftflecken geziert; Kehle und Gurgel
ſind lichtroſtgelb, ſeitlich dunkler in die Länge gefleckt; die Bruſt iſt auf roſtfarbenem Grunde mit
runden, der Bauch auf lichtgraugelbem mit halbmondförmigen Flecken beſetzt. Das Auge iſt braun,
der Schnabel ſchwarz, der Unterkiefer am Grunde aber rothgelb; der Fuß iſt ſchwarzbraun.

Die Ringamſel iſt nur Gebirgsvogel und findet ſich deshalb am häufigſten in unſern Hochge-
birgen, ſeltener ſchon im Mittelgebirge. Jn Skandinavien iſt ſie ebenſo gemein wie in der Schweiz.
Auf ihrem Zuge durchſtreift ſie alle von Skandinavien ſüdlich gelegenen Länder Europas und dehnt
ihre Reiſe bis zum Atlas aus.

Man betrachtet die Ringamſel oft als die nächſte Verwandte unſerer gewöhnlichen Amſel, hat ſie
auch zum Vertreter einer eigenen Sippe erhoben und dieſer den Namen Thoracocincla gegeben.
Das Eine wie das Andere ſcheint mir ungerechtfertigt zu ſein, da ſich unſer Vogel in ſeiner Geſtalt
durchaus nicht von andern Droſſeln unterſcheidet und dieſen auch in der Lebensweiſe vollſtändig ähnelt.
Doch kann man ſie als ein Verbindungsglied anſehen zwiſchen den Droſſeln und der Amſel.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0842" n="798"/>
          <fw place="top" type="header">Die Fänger. Singvögel. Dro&#x017F;&#x017F;eln.</fw><lb/>
          <p>Als die eigentliche Heimat der Wachholderdro&#x017F;&#x017F;el hat man die großen Birkenwaldungen des<lb/>
Nordens anzu&#x017F;ehen; &#x017F;ie &#x017F;ind wenig&#x017F;tens fa&#x017F;t immer die Brutplätze der Alten. Diejenigen Krammts-<lb/>
vögel, welche bei uns gebrütet haben, &#x017F;ind allerdings auch in Eichen- und Kiefernwaldungen ni&#x017F;tend<lb/>
angetroffen worden; es &#x017F;cheint jedoch, daß &#x017F;ie &#x017F;ich hier nur in Ermanglung der ihnen &#x017F;o zu&#x017F;agenden<lb/>
Birkenbe&#x017F;tände ange&#x017F;iedelt haben. Die Zug&#x017F;charen er&#x017F;cheinen bei uns im Spätherb&#x017F;t, vertheilen &#x017F;ich<lb/>
über ganz Mitteleuropa, &#x017F;treifen vielleicht auch, ob&#x017F;chon &#x017F;elten bis in die &#x017F;üdlichen Länder die&#x017F;es Erd-<lb/>
theils hinab. Jn Afrika i&#x017F;t der Krammtsvogel meines Wi&#x017F;&#x017F;ens noch nicht beobachtet worden:<lb/><hi rendition="#g">Rüppell</hi> behauptet zwar das Gegentheil; ich aber habe gerechten Grund, &#x017F;eine Angabe zu bezweifeln.</p><lb/>
          <p>Die <hi rendition="#g">Rothdro&#x017F;&#x017F;el</hi> endlich (<hi rendition="#aq">Turdus iliacus</hi>), welche auch <hi rendition="#g">Wein-, Winter-, Berg-, Haide-,<lb/>
Blut-</hi> und <hi rendition="#g">Buntdro&#x017F;&#x017F;el, Zippe</hi> und <hi rendition="#g">Ziemer, Weißlich, Wine&#x017F;el, Gererle, Bitter,<lb/>
Böhmle</hi> und <hi rendition="#g">Bäuerling</hi> genannt wird, i&#x017F;t 8½ Zoll lang, 13½ Zoll breit; ihr Fittig mißt 4½, ihr<lb/>
Schwanz 3&#x2159; Zoll. Das Gefieder der Ober&#x017F;eite i&#x017F;t olivengrünbraun, das der Unter&#x017F;eite weißlich, an<lb/>
den Bru&#x017F;t&#x017F;eiten hochro&#x017F;troth, am Hal&#x017F;e gelblich, überall mit dunkelbraunen, dreieckigen und runden Längs-<lb/>
flecken gezeichnet. Das Weibchen i&#x017F;t blä&#x017F;&#x017F;er als das Männchen. Bei den Jungen i&#x017F;t der grünlich-<lb/>
braune Oberkörper gelb gefleckt, und die Unterflügeldeckfedern &#x017F;ind ro&#x017F;troth. Das Auge i&#x017F;t kaffee-<lb/>
braun, der Schnabel &#x017F;chwarz, am Grunde des Unter&#x017F;chnabels horngelb, der Fuß röthlich.</p><lb/>
          <p>Auch die Rothdro&#x017F;&#x017F;el bewohnt als Brutvogel den hohen Norden Europas und ni&#x017F;tet nur aus-<lb/>
nahmswei&#x017F;e in &#x017F;üdlicheren Breiten. Sie er&#x017F;cheint mit dem Krammtsvogel bei uns zu Lande und<lb/>
wandert bis Nordafrika, obwohl die große Mehrzahl bereits im Süden Europas für die Winterzeit<lb/>
Herberge nimmt. Jn A&#x017F;ien i&#x017F;t &#x017F;ie ebenfalls gefunden worden, &#x017F;ie &#x017F;cheint jedoch ö&#x017F;tlich von Jrkutzk<lb/>
nicht vorzukommen.</p><lb/>
          <p>Auf allen Hochgebirgen Nord- und Mitteleuropas, und vorzugswei&#x017F;e auf den Steinhalden, in<lb/>
deren Nähe Bu&#x017F;chwerk &#x017F;teht, lebt die <hi rendition="#g">Ringdro&#x017F;&#x017F;el</hi> oder <hi rendition="#g">Ringam&#x017F;el,</hi> &#x017F;on&#x017F;t auch <hi rendition="#g">Schild-, Ro&#x017F;t-,<lb/>
Schneedro&#x017F;&#x017F;el,</hi> oder <hi rendition="#g">Dianen-, Erd-, Strauch-, Berg-, Meer-</hi> und <hi rendition="#g">Seeam&#x017F;el, Stick-</hi><lb/>
und <hi rendition="#g">Stabziemer</hi> genannt (<hi rendition="#aq">Turdus torquatus</hi>). Sie i&#x017F;t 10 Zoll lang, 16 Zoll breit; ihr Fittig<lb/>
mißt gegen 5½, ihr Schwanz etwas über 4 Zoll. Das Gefieder des Männchens i&#x017F;t, bis auf ein breites,<lb/>
halbmondförmiges, weißes Bru&#x017F;tband, auf matt&#x017F;chwarzem Grunde mit lichten, halbmondförmigen Flecken<lb/>
gezeichnet, welche durch die Federränder gebildet werden; die Schwingen und Flügeldeckfedern &#x017F;ind<lb/>
graulich überlaufen und bräunlichgrau ge&#x017F;äumt; die Schwanzfedern &#x017F;ind einfarbig ruß&#x017F;chwarz; das<lb/>
äußer&#x017F;te Paar der&#x017F;elben i&#x017F;t durch ein &#x017F;chmales, feines, weißgraues Säumchen geziert. Das Weibchen<lb/>
i&#x017F;t dü&#x017F;terfarbiger, mehr graulich, alle Feder&#x017F;äume &#x017F;ind breiter, und das Bru&#x017F;tband i&#x017F;t nur angedeutet:<lb/>
es &#x017F;ieht nicht weiß, &#x017F;ondern &#x017F;chmuziggrau aus. Das Jugendkleid der Ringam&#x017F;el erinnert an die<lb/>
Tracht der Wachholderdroffel, i&#x017F;t aber dunkler, wie verräuchert; die Federn der Ober&#x017F;eite &#x017F;ind tief-<lb/>
braun, lichter gerandet und theilwei&#x017F;e mit weißlich ro&#x017F;tgelben Schaftflecken geziert; Kehle und Gurgel<lb/>
&#x017F;ind lichtro&#x017F;tgelb, &#x017F;eitlich dunkler in die Länge gefleckt; die Bru&#x017F;t i&#x017F;t auf ro&#x017F;tfarbenem Grunde mit<lb/>
runden, der Bauch auf lichtgraugelbem mit halbmondförmigen Flecken be&#x017F;etzt. Das Auge i&#x017F;t braun,<lb/>
der Schnabel &#x017F;chwarz, der Unterkiefer am Grunde aber rothgelb; der Fuß i&#x017F;t &#x017F;chwarzbraun.</p><lb/>
          <p>Die Ringam&#x017F;el i&#x017F;t nur Gebirgsvogel und findet &#x017F;ich deshalb am häufig&#x017F;ten in un&#x017F;ern Hochge-<lb/>
birgen, &#x017F;eltener &#x017F;chon im Mittelgebirge. Jn Skandinavien i&#x017F;t &#x017F;ie eben&#x017F;o gemein wie in der Schweiz.<lb/>
Auf ihrem Zuge durch&#x017F;treift &#x017F;ie alle von Skandinavien &#x017F;üdlich gelegenen Länder Europas und dehnt<lb/>
ihre Rei&#x017F;e bis zum Atlas aus.</p><lb/>
          <p>Man betrachtet die Ringam&#x017F;el oft als die näch&#x017F;te Verwandte un&#x017F;erer gewöhnlichen Am&#x017F;el, hat &#x017F;ie<lb/>
auch zum Vertreter einer eigenen Sippe erhoben und die&#x017F;er den Namen <hi rendition="#aq">Thoracocincla</hi> gegeben.<lb/>
Das Eine wie das Andere &#x017F;cheint mir ungerechtfertigt zu &#x017F;ein, da &#x017F;ich un&#x017F;er Vogel in &#x017F;einer Ge&#x017F;talt<lb/>
durchaus nicht von andern Dro&#x017F;&#x017F;eln unter&#x017F;cheidet und die&#x017F;en auch in der Lebenswei&#x017F;e voll&#x017F;tändig ähnelt.<lb/>
Doch kann man &#x017F;ie als ein Verbindungsglied an&#x017F;ehen zwi&#x017F;chen den Dro&#x017F;&#x017F;eln und der <hi rendition="#g">Am&#x017F;el.</hi></p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[798/0842] Die Fänger. Singvögel. Droſſeln. Als die eigentliche Heimat der Wachholderdroſſel hat man die großen Birkenwaldungen des Nordens anzuſehen; ſie ſind wenigſtens faſt immer die Brutplätze der Alten. Diejenigen Krammts- vögel, welche bei uns gebrütet haben, ſind allerdings auch in Eichen- und Kiefernwaldungen niſtend angetroffen worden; es ſcheint jedoch, daß ſie ſich hier nur in Ermanglung der ihnen ſo zuſagenden Birkenbeſtände angeſiedelt haben. Die Zugſcharen erſcheinen bei uns im Spätherbſt, vertheilen ſich über ganz Mitteleuropa, ſtreifen vielleicht auch, obſchon ſelten bis in die ſüdlichen Länder dieſes Erd- theils hinab. Jn Afrika iſt der Krammtsvogel meines Wiſſens noch nicht beobachtet worden: Rüppell behauptet zwar das Gegentheil; ich aber habe gerechten Grund, ſeine Angabe zu bezweifeln. Die Rothdroſſel endlich (Turdus iliacus), welche auch Wein-, Winter-, Berg-, Haide-, Blut- und Buntdroſſel, Zippe und Ziemer, Weißlich, Wineſel, Gererle, Bitter, Böhmle und Bäuerling genannt wird, iſt 8½ Zoll lang, 13½ Zoll breit; ihr Fittig mißt 4½, ihr Schwanz 3⅙ Zoll. Das Gefieder der Oberſeite iſt olivengrünbraun, das der Unterſeite weißlich, an den Bruſtſeiten hochroſtroth, am Halſe gelblich, überall mit dunkelbraunen, dreieckigen und runden Längs- flecken gezeichnet. Das Weibchen iſt bläſſer als das Männchen. Bei den Jungen iſt der grünlich- braune Oberkörper gelb gefleckt, und die Unterflügeldeckfedern ſind roſtroth. Das Auge iſt kaffee- braun, der Schnabel ſchwarz, am Grunde des Unterſchnabels horngelb, der Fuß röthlich. Auch die Rothdroſſel bewohnt als Brutvogel den hohen Norden Europas und niſtet nur aus- nahmsweiſe in ſüdlicheren Breiten. Sie erſcheint mit dem Krammtsvogel bei uns zu Lande und wandert bis Nordafrika, obwohl die große Mehrzahl bereits im Süden Europas für die Winterzeit Herberge nimmt. Jn Aſien iſt ſie ebenfalls gefunden worden, ſie ſcheint jedoch öſtlich von Jrkutzk nicht vorzukommen. Auf allen Hochgebirgen Nord- und Mitteleuropas, und vorzugsweiſe auf den Steinhalden, in deren Nähe Buſchwerk ſteht, lebt die Ringdroſſel oder Ringamſel, ſonſt auch Schild-, Roſt-, Schneedroſſel, oder Dianen-, Erd-, Strauch-, Berg-, Meer- und Seeamſel, Stick- und Stabziemer genannt (Turdus torquatus). Sie iſt 10 Zoll lang, 16 Zoll breit; ihr Fittig mißt gegen 5½, ihr Schwanz etwas über 4 Zoll. Das Gefieder des Männchens iſt, bis auf ein breites, halbmondförmiges, weißes Bruſtband, auf mattſchwarzem Grunde mit lichten, halbmondförmigen Flecken gezeichnet, welche durch die Federränder gebildet werden; die Schwingen und Flügeldeckfedern ſind graulich überlaufen und bräunlichgrau geſäumt; die Schwanzfedern ſind einfarbig rußſchwarz; das äußerſte Paar derſelben iſt durch ein ſchmales, feines, weißgraues Säumchen geziert. Das Weibchen iſt düſterfarbiger, mehr graulich, alle Federſäume ſind breiter, und das Bruſtband iſt nur angedeutet: es ſieht nicht weiß, ſondern ſchmuziggrau aus. Das Jugendkleid der Ringamſel erinnert an die Tracht der Wachholderdroffel, iſt aber dunkler, wie verräuchert; die Federn der Oberſeite ſind tief- braun, lichter gerandet und theilweiſe mit weißlich roſtgelben Schaftflecken geziert; Kehle und Gurgel ſind lichtroſtgelb, ſeitlich dunkler in die Länge gefleckt; die Bruſt iſt auf roſtfarbenem Grunde mit runden, der Bauch auf lichtgraugelbem mit halbmondförmigen Flecken beſetzt. Das Auge iſt braun, der Schnabel ſchwarz, der Unterkiefer am Grunde aber rothgelb; der Fuß iſt ſchwarzbraun. Die Ringamſel iſt nur Gebirgsvogel und findet ſich deshalb am häufigſten in unſern Hochge- birgen, ſeltener ſchon im Mittelgebirge. Jn Skandinavien iſt ſie ebenſo gemein wie in der Schweiz. Auf ihrem Zuge durchſtreift ſie alle von Skandinavien ſüdlich gelegenen Länder Europas und dehnt ihre Reiſe bis zum Atlas aus. Man betrachtet die Ringamſel oft als die nächſte Verwandte unſerer gewöhnlichen Amſel, hat ſie auch zum Vertreter einer eigenen Sippe erhoben und dieſer den Namen Thoracocincla gegeben. Das Eine wie das Andere ſcheint mir ungerechtfertigt zu ſein, da ſich unſer Vogel in ſeiner Geſtalt durchaus nicht von andern Droſſeln unterſcheidet und dieſen auch in der Lebensweiſe vollſtändig ähnelt. Doch kann man ſie als ein Verbindungsglied anſehen zwiſchen den Droſſeln und der Amſel.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/842
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 798. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/842>, abgerufen am 18.05.2024.