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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Fänger. Singvögel. Schmätzer.
den Waldungen des blauen Flusses begegnet. Jn der Heimat erscheint er zu Ende Aprils oder
Anfangs Mai und verweilt hier höchstens bis Ende Septembers. Er wählt sich weniger die kahlen
Felsenwände zu seinem Wohnsitze aus, sondern lieber, wie auch A. von Homeyer sehr richtig sagt,
"die weiten steinigten Thalmulden, welche mit einigen alten Bäumen bestanden sind". Hier hält er sich
zwischen den Bäumen auf und treibt sich ebensoviel auf diesen, als auf den Felsen umher.

Sein Betragen ähnelt dem unserer Rothschwänze, mit denen er überhaupt die größte Aehn-
lichkeit hat. Auch er ist ein vorsichtiger, kluger, lebhafter und gewandter Vogel, welcher selten
lange an ein und demselben Orte verweilt, sondern sich den ganzen Tag über in seinem
Gebiete umhertreibt und nur auf seinen Lieblingssitzen einige Zeit verweilt. Mit der Gewandtheit
des Steinschmätzers läuft er über den Boden dahin, wie dieser oder wie der Rothschwanz macht er
seine Bücklinge, wie der eine oder der andere tänzelt er über Felsen und größere Steine weg. Der
Flug ist sehr leicht und schön, wenig bogig, vor dem Niedersitzen schwebend und kreisend, sonst eilfertig
eine gerade Richtung verfolgend; er ist gewandt genug, um es dem Vogel zu gestatten, fliegende Kerb-
thiere wegzuschnappen. Die Lockstimme ist ein schnalzendes "Tack tack" und ähnelt ebenso dem gleichen
Laut der Amsel, wie dem des Steinschmätzers; der Ausdruck des Schrecks oder der Angst ist ein leises,
oft wiederholtes "Uit uit". Der Gesang ist vortrefflich, reich und abwechselnd, laut und volltönend,
an den Gesang des Waldrothschwänzchens vielfach erinnernd. Daher kommt es denn auch, daß
gerade der Steinröthel viele Freunde gefunden und sehr oft im Käfig gehalten wird. "Unter allen
für die Stube geeigneten Vögeln, welche wir hier zu Lande besitzen", schreibt Graf Gourcy meinem
Vater, "behauptet der Steinröthel den ersten Rang. Seine Stimme ist flötend, angenehm laut, ohne
jemals in der Stube dem Ohre beschwerlich zu fallen, und ertönt beinahe das ganze Jahr. Jst der
Vogel abgerichtet, so pfeift er seine Lieder mit außerordentlich angenehmem Tone und läßt gewöhn-
lich zur Abwechslung seinen schönen, wilden Gesang hören, wobei er durch seine große Zahmheit und
sein äußerst kirres Wesen erfreut. Jst er aber wild gefangen, so singt er noch weit schöner und
manchfaltiger; denn er besitzt die Nachahmungsgabe im höchsten Grade und könnte mit vollem Rechte
auch Spottvogel heißen. So trägt ein altes Männchen, welches ich besitze, außer seinem eigenen
Gesang, der aus mehreren zusammengezogenen, etwas rauhen Halstönen und einigen schön flötenden,
dem Gesange der Amsel etwas ähnlichen Strophen besteht, noch den des Edelfinken in zwei Schlägen,
den des Pirols, des Rothkehlchens, der Amsel, der Wachtel, mehrere Strophen des Grasmückengesangs
und Nachtigallenschlags, ebenso auch den Ruf des Rebhuhns oder das Krähen des Haushahns und
zwar dies Alles bis zur größten Täuschung vor. Mein jüngerer, auch wild gefangener Steinröthel
singt denselben natürlichen Gesang, doch mit einer Strophe mehr und wechselt mit dem der Amsel,
Singdrossel, Feld- und Waldlerche, des Wiesenjägers und der Nachtigall, so auch mit dem Ruse des
Rebhuhns. So vollkommen wie der Alte hat er aber diese Gesänge nicht inne, sondern er trägt sie
nur strophenweise vor. Auch mein aufgezogener Steinröthel ahmt viele Vögelgesänge nach, ist aber kein
so fleißiger Sänger, wie die Wildfänge, eine Bemerkung, welche ich schon bei mehreren Vögeln dieser
Art gemacht habe."

Kerbthiere aller Art und im Herbst Beeren, zumal Weinbeeren, sowie auch Früchte sind die
Nahrung des Steinröthels. Die Kerfe liest er größtentheils vom Boden ab, ohne jedoch hier nach
Drosselart mit dem Schnabel zu wühlen. Die fliegenden fängt er, wie der Rothschwanz, im Fluge
weg und jagt ihnen dabei oft auf weithin nach. Wahrscheinlich verschmäht er auch Gewürm und
Schnecken nicht.

Bald nach Ankunft in der Heimat schreitet auch das Steinröthelpaar zur Fortpflanzung. Das
Männchen singt jetzt eifriger als je und tanzt außerdem, wie A. von Homeyer beobachtete, "in aufrechter
Haltung mit ausgebreiteten, auf dem Boden schnurrenden Flügeln und Schwanz, die Rückenfedern
weit gelockert, den Kopf hinten überwerfend, mit weitgeöffnetem Schnabel und oft halb geschlossenen
Augen" zur Freude und Belustigung des Weibchens. Das Nest wird in möglichst unzugänglichen
Mauer- und Felsenspalten, in Steinhaufen, unter Baumwurzeln oder selbst im dichten Gestrüpp

Die Fänger. Singvögel. Schmätzer.
den Waldungen des blauen Fluſſes begegnet. Jn der Heimat erſcheint er zu Ende Aprils oder
Anfangs Mai und verweilt hier höchſtens bis Ende Septembers. Er wählt ſich weniger die kahlen
Felſenwände zu ſeinem Wohnſitze aus, ſondern lieber, wie auch A. von Homeyer ſehr richtig ſagt,
„die weiten ſteinigten Thalmulden, welche mit einigen alten Bäumen beſtanden ſind‟. Hier hält er ſich
zwiſchen den Bäumen auf und treibt ſich ebenſoviel auf dieſen, als auf den Felſen umher.

Sein Betragen ähnelt dem unſerer Rothſchwänze, mit denen er überhaupt die größte Aehn-
lichkeit hat. Auch er iſt ein vorſichtiger, kluger, lebhafter und gewandter Vogel, welcher ſelten
lange an ein und demſelben Orte verweilt, ſondern ſich den ganzen Tag über in ſeinem
Gebiete umhertreibt und nur auf ſeinen Lieblingsſitzen einige Zeit verweilt. Mit der Gewandtheit
des Steinſchmätzers läuft er über den Boden dahin, wie dieſer oder wie der Rothſchwanz macht er
ſeine Bücklinge, wie der eine oder der andere tänzelt er über Felſen und größere Steine weg. Der
Flug iſt ſehr leicht und ſchön, wenig bogig, vor dem Niederſitzen ſchwebend und kreiſend, ſonſt eilfertig
eine gerade Richtung verfolgend; er iſt gewandt genug, um es dem Vogel zu geſtatten, fliegende Kerb-
thiere wegzuſchnappen. Die Lockſtimme iſt ein ſchnalzendes „Tack tack‟ und ähnelt ebenſo dem gleichen
Laut der Amſel, wie dem des Steinſchmätzers; der Ausdruck des Schrecks oder der Angſt iſt ein leiſes,
oft wiederholtes „Uit uit‟. Der Geſang iſt vortrefflich, reich und abwechſelnd, laut und volltönend,
an den Geſang des Waldrothſchwänzchens vielfach erinnernd. Daher kommt es denn auch, daß
gerade der Steinröthel viele Freunde gefunden und ſehr oft im Käfig gehalten wird. „Unter allen
für die Stube geeigneten Vögeln, welche wir hier zu Lande beſitzen‟, ſchreibt Graf Gourcy meinem
Vater, „behauptet der Steinröthel den erſten Rang. Seine Stimme iſt flötend, angenehm laut, ohne
jemals in der Stube dem Ohre beſchwerlich zu fallen, und ertönt beinahe das ganze Jahr. Jſt der
Vogel abgerichtet, ſo pfeift er ſeine Lieder mit außerordentlich angenehmem Tone und läßt gewöhn-
lich zur Abwechslung ſeinen ſchönen, wilden Geſang hören, wobei er durch ſeine große Zahmheit und
ſein äußerſt kirres Weſen erfreut. Jſt er aber wild gefangen, ſo ſingt er noch weit ſchöner und
manchfaltiger; denn er beſitzt die Nachahmungsgabe im höchſten Grade und könnte mit vollem Rechte
auch Spottvogel heißen. So trägt ein altes Männchen, welches ich beſitze, außer ſeinem eigenen
Geſang, der aus mehreren zuſammengezogenen, etwas rauhen Halstönen und einigen ſchön flötenden,
dem Geſange der Amſel etwas ähnlichen Strophen beſteht, noch den des Edelfinken in zwei Schlägen,
den des Pirols, des Rothkehlchens, der Amſel, der Wachtel, mehrere Strophen des Grasmückengeſangs
und Nachtigallenſchlags, ebenſo auch den Ruf des Rebhuhns oder das Krähen des Haushahns und
zwar dies Alles bis zur größten Täuſchung vor. Mein jüngerer, auch wild gefangener Steinröthel
ſingt denſelben natürlichen Geſang, doch mit einer Strophe mehr und wechſelt mit dem der Amſel,
Singdroſſel, Feld- und Waldlerche, des Wieſenjägers und der Nachtigall, ſo auch mit dem Ruſe des
Rebhuhns. So vollkommen wie der Alte hat er aber dieſe Geſänge nicht inne, ſondern er trägt ſie
nur ſtrophenweiſe vor. Auch mein aufgezogener Steinröthel ahmt viele Vögelgeſänge nach, iſt aber kein
ſo fleißiger Sänger, wie die Wildfänge, eine Bemerkung, welche ich ſchon bei mehreren Vögeln dieſer
Art gemacht habe.‟

Kerbthiere aller Art und im Herbſt Beeren, zumal Weinbeeren, ſowie auch Früchte ſind die
Nahrung des Steinröthels. Die Kerfe lieſt er größtentheils vom Boden ab, ohne jedoch hier nach
Droſſelart mit dem Schnabel zu wühlen. Die fliegenden fängt er, wie der Rothſchwanz, im Fluge
weg und jagt ihnen dabei oft auf weithin nach. Wahrſcheinlich verſchmäht er auch Gewürm und
Schnecken nicht.

Bald nach Ankunft in der Heimat ſchreitet auch das Steinröthelpaar zur Fortpflanzung. Das
Männchen ſingt jetzt eifriger als je und tanzt außerdem, wie A. von Homeyer beobachtete, „in aufrechter
Haltung mit ausgebreiteten, auf dem Boden ſchnurrenden Flügeln und Schwanz, die Rückenfedern
weit gelockert, den Kopf hinten überwerfend, mit weitgeöffnetem Schnabel und oft halb geſchloſſenen
Augen‟ zur Freude und Beluſtigung des Weibchens. Das Neſt wird in möglichſt unzugänglichen
Mauer- und Felſenſpalten, in Steinhaufen, unter Baumwurzeln oder ſelbſt im dichten Geſtrüpp

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[790/0834] Die Fänger. Singvögel. Schmätzer. den Waldungen des blauen Fluſſes begegnet. Jn der Heimat erſcheint er zu Ende Aprils oder Anfangs Mai und verweilt hier höchſtens bis Ende Septembers. Er wählt ſich weniger die kahlen Felſenwände zu ſeinem Wohnſitze aus, ſondern lieber, wie auch A. von Homeyer ſehr richtig ſagt, „die weiten ſteinigten Thalmulden, welche mit einigen alten Bäumen beſtanden ſind‟. Hier hält er ſich zwiſchen den Bäumen auf und treibt ſich ebenſoviel auf dieſen, als auf den Felſen umher. Sein Betragen ähnelt dem unſerer Rothſchwänze, mit denen er überhaupt die größte Aehn- lichkeit hat. Auch er iſt ein vorſichtiger, kluger, lebhafter und gewandter Vogel, welcher ſelten lange an ein und demſelben Orte verweilt, ſondern ſich den ganzen Tag über in ſeinem Gebiete umhertreibt und nur auf ſeinen Lieblingsſitzen einige Zeit verweilt. Mit der Gewandtheit des Steinſchmätzers läuft er über den Boden dahin, wie dieſer oder wie der Rothſchwanz macht er ſeine Bücklinge, wie der eine oder der andere tänzelt er über Felſen und größere Steine weg. Der Flug iſt ſehr leicht und ſchön, wenig bogig, vor dem Niederſitzen ſchwebend und kreiſend, ſonſt eilfertig eine gerade Richtung verfolgend; er iſt gewandt genug, um es dem Vogel zu geſtatten, fliegende Kerb- thiere wegzuſchnappen. Die Lockſtimme iſt ein ſchnalzendes „Tack tack‟ und ähnelt ebenſo dem gleichen Laut der Amſel, wie dem des Steinſchmätzers; der Ausdruck des Schrecks oder der Angſt iſt ein leiſes, oft wiederholtes „Uit uit‟. Der Geſang iſt vortrefflich, reich und abwechſelnd, laut und volltönend, an den Geſang des Waldrothſchwänzchens vielfach erinnernd. Daher kommt es denn auch, daß gerade der Steinröthel viele Freunde gefunden und ſehr oft im Käfig gehalten wird. „Unter allen für die Stube geeigneten Vögeln, welche wir hier zu Lande beſitzen‟, ſchreibt Graf Gourcy meinem Vater, „behauptet der Steinröthel den erſten Rang. Seine Stimme iſt flötend, angenehm laut, ohne jemals in der Stube dem Ohre beſchwerlich zu fallen, und ertönt beinahe das ganze Jahr. Jſt der Vogel abgerichtet, ſo pfeift er ſeine Lieder mit außerordentlich angenehmem Tone und läßt gewöhn- lich zur Abwechslung ſeinen ſchönen, wilden Geſang hören, wobei er durch ſeine große Zahmheit und ſein äußerſt kirres Weſen erfreut. Jſt er aber wild gefangen, ſo ſingt er noch weit ſchöner und manchfaltiger; denn er beſitzt die Nachahmungsgabe im höchſten Grade und könnte mit vollem Rechte auch Spottvogel heißen. So trägt ein altes Männchen, welches ich beſitze, außer ſeinem eigenen Geſang, der aus mehreren zuſammengezogenen, etwas rauhen Halstönen und einigen ſchön flötenden, dem Geſange der Amſel etwas ähnlichen Strophen beſteht, noch den des Edelfinken in zwei Schlägen, den des Pirols, des Rothkehlchens, der Amſel, der Wachtel, mehrere Strophen des Grasmückengeſangs und Nachtigallenſchlags, ebenſo auch den Ruf des Rebhuhns oder das Krähen des Haushahns und zwar dies Alles bis zur größten Täuſchung vor. Mein jüngerer, auch wild gefangener Steinröthel ſingt denſelben natürlichen Geſang, doch mit einer Strophe mehr und wechſelt mit dem der Amſel, Singdroſſel, Feld- und Waldlerche, des Wieſenjägers und der Nachtigall, ſo auch mit dem Ruſe des Rebhuhns. So vollkommen wie der Alte hat er aber dieſe Geſänge nicht inne, ſondern er trägt ſie nur ſtrophenweiſe vor. Auch mein aufgezogener Steinröthel ahmt viele Vögelgeſänge nach, iſt aber kein ſo fleißiger Sänger, wie die Wildfänge, eine Bemerkung, welche ich ſchon bei mehreren Vögeln dieſer Art gemacht habe.‟ Kerbthiere aller Art und im Herbſt Beeren, zumal Weinbeeren, ſowie auch Früchte ſind die Nahrung des Steinröthels. Die Kerfe lieſt er größtentheils vom Boden ab, ohne jedoch hier nach Droſſelart mit dem Schnabel zu wühlen. Die fliegenden fängt er, wie der Rothſchwanz, im Fluge weg und jagt ihnen dabei oft auf weithin nach. Wahrſcheinlich verſchmäht er auch Gewürm und Schnecken nicht. Bald nach Ankunft in der Heimat ſchreitet auch das Steinröthelpaar zur Fortpflanzung. Das Männchen ſingt jetzt eifriger als je und tanzt außerdem, wie A. von Homeyer beobachtete, „in aufrechter Haltung mit ausgebreiteten, auf dem Boden ſchnurrenden Flügeln und Schwanz, die Rückenfedern weit gelockert, den Kopf hinten überwerfend, mit weitgeöffnetem Schnabel und oft halb geſchloſſenen Augen‟ zur Freude und Beluſtigung des Weibchens. Das Neſt wird in möglichſt unzugänglichen Mauer- und Felſenſpalten, in Steinhaufen, unter Baumwurzeln oder ſelbſt im dichten Geſtrüpp

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 790. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/834>, abgerufen am 22.11.2024.