in geringer Entfernung von dem Neste förmlich Wache, und es umkreist jeden herannahenden Feind mit ängstlichem Geschrei. Das Weibchen nimmt bei großer Gefahr auch wohl zu Verstellungskünsten seine Zuflucht. Gewöhnlich brütet der Steinschmätzer nur einmal im Jahre und zwar im Mai; doch kommt es ausnahmsweise vor, daß in einem Sommer auch zwei Bruten gemacht werden. Die aus- geflogenen Jungen verweilen bis zu dem Wegzuge bei den Alten und treten mit diesen gemeinschaftlich ihre Reise an. Sie verschwinden Ende September und kehren im März wieder zurück.
Für die Gefangenschaft eignet der Steinschmätzer sich nicht. Er ist so wild, daß er sich gewöhn- lich bald den Kopf einstößt und läßt sich, wenn er Dies nicht thun kann, nur schwer an das Futter gewöhnen. Jedenfalls bezahlt er nie die Mühe, welche man anwenden muß, wenn man ihn am Leben erhalten will.
Cabanis hat mehrere, vorherrschend schwarz gefärbte Glieder der Familie Rennschmätzer (Dromolaea) genannt und gibt zu ihrer Kennzeichnung an, daß sie sich von den Steinschmätzern durch längeren, am Grunde breiteren, nach der Spitze hin stärkeren, mehr zusammengedrückten Schnabel mit stark gebogener, hakenförmiger Spitze, sowie durch ihre langen und spitzen Flügel unterscheiden. Wir wollen die Selbständigkeit dieser Sippschaft gelten lassen, obwohl das Leben der hierher gehörigen Arten dem der Steinschmätzer im Wesentlichen ähnelt.
Jch habe auf meinen Reisen mehrere Rennschmätzer kennen gelernt und mich mit einem von ihnen besonders befreundet; ihn will ich zur Beschreibung wählen.
Der Trauersteinschmätzer (Dromolaea leucura), wie ich ihn nenne, ist ein verhältnißmäßig großer Vogel von 71/4 Zoll Länge, 11 2/3 Zoll Breite, 3 2/3 Zoll Fittig- und 23/4 Zoll Schwanzlänge. Das Gefieder ist mit Ausnahme des bis auf die Endbinde blendend weißen Schwanzes und seiner oberen und unteren Deckfedern gleichmäßig tiefschwarz, schwach glänzend; die Schwingen sind an der Wurzel hellaschgrau, gegen die Spitze hin schwarz; die Endbinde des Schwanzes nimmt zwei Fünftel der Gesammtlänge der beiden Mittelfedern ein und verschmälert sich bei den übrigen bis auf drei Linien. Das Weibchen ähnelt dem Männchen; die dunkeln Theile des Gefieders sind aber nicht schwarz, sondern rußbraun. Die Jungen ähneln den Alten und zwar die Männchen dem Vater, die Weibchen der Mutter; nur sind ihre Farben etwas unscheinbarer.
Der Name des Trauersteinschmätzers darf bei einer Aufzählung der Charaktervögel Südeuropas und insbesondere Spaniens nicht fehlen. Er ist dem Süden unseres Erdtheils eigenthümlich und paßt zu den Gebirgen, wie die Steine selbst, aus denen die Felsen bestehen. Er zieht dunkles Gestein dem helleren vor; denn er weiß, daß er diesem angehört.
Wer das grüne Deutschland nicht verlassen hat, kann sich schwerlich einen Begriff der spanischen Gebirge machen. Sie sind schön, herrlich in ihrer Art, aber mit denen des Nordens nicht zu ver- gleichen. Gar selten bedacht sie der lebendige Wald, niemals begrünt sie die frische Matte; nur das Himmelslicht legt seinen Farbenmantel, nur die Ferne ihren Duft auf dieselben; nur die Steine selbst malen sie. Aber ihre Gestalt ist immer ausdrucksvoll; die einzelnen Theile sind, der schauerlichen Wildheit und entsetzlichen Oede ungeachtet, prachtvoll in ihrer Art.
Wenn man die saftige, grüne Ebene verläßt, in welcher ein silberner Wasserfaden, hundertfach gestaut und hundertfach zertheilt, das ergiebige Land zur blühenden "Vega" umwandelt, und dem Gebirge zuschreitet, tritt man, wie in Egyptenland, urplötzlich in eine Wüste hinaus. Man gelangt vielleicht noch in den "Campo", in welchem die in gerader Reihe gepflanzten hundertjährigen Oel- bäume ""die Unsterblichen"" stehen; aber diese sind wahrlich nicht geeignet, den Eindruck der Oede zu schwächen, welchen das vorliegende Land erregte. Auch die Oelbäume bleiben dahinten; der Fuß tritt auf harten Kiesboden, den nur hier und da ein Pflänzchen zu durchbrechen wagte, ein Pflänzchen, welches die heiße Sonne schon nach wenigen Tagen versengte. Vor den Augen des Wanderers liegt
Die Fänger. Singvögel. Schmätzer.
in geringer Entfernung von dem Neſte förmlich Wache, und es umkreiſt jeden herannahenden Feind mit ängſtlichem Geſchrei. Das Weibchen nimmt bei großer Gefahr auch wohl zu Verſtellungskünſten ſeine Zuflucht. Gewöhnlich brütet der Steinſchmätzer nur einmal im Jahre und zwar im Mai; doch kommt es ausnahmsweiſe vor, daß in einem Sommer auch zwei Bruten gemacht werden. Die aus- geflogenen Jungen verweilen bis zu dem Wegzuge bei den Alten und treten mit dieſen gemeinſchaftlich ihre Reiſe an. Sie verſchwinden Ende September und kehren im März wieder zurück.
Für die Gefangenſchaft eignet der Steinſchmätzer ſich nicht. Er iſt ſo wild, daß er ſich gewöhn- lich bald den Kopf einſtößt und läßt ſich, wenn er Dies nicht thun kann, nur ſchwer an das Futter gewöhnen. Jedenfalls bezahlt er nie die Mühe, welche man anwenden muß, wenn man ihn am Leben erhalten will.
Cabanis hat mehrere, vorherrſchend ſchwarz gefärbte Glieder der Familie Rennſchmätzer (Dromolaea) genannt und gibt zu ihrer Kennzeichnung an, daß ſie ſich von den Steinſchmätzern durch längeren, am Grunde breiteren, nach der Spitze hin ſtärkeren, mehr zuſammengedrückten Schnabel mit ſtark gebogener, hakenförmiger Spitze, ſowie durch ihre langen und ſpitzen Flügel unterſcheiden. Wir wollen die Selbſtändigkeit dieſer Sippſchaft gelten laſſen, obwohl das Leben der hierher gehörigen Arten dem der Steinſchmätzer im Weſentlichen ähnelt.
Jch habe auf meinen Reiſen mehrere Rennſchmätzer kennen gelernt und mich mit einem von ihnen beſonders befreundet; ihn will ich zur Beſchreibung wählen.
Der Trauerſteinſchmätzer (Dromolaea leucura), wie ich ihn nenne, iſt ein verhältnißmäßig großer Vogel von 7¼ Zoll Länge, 11⅔ Zoll Breite, 3⅔ Zoll Fittig- und 2¾ Zoll Schwanzlänge. Das Gefieder iſt mit Ausnahme des bis auf die Endbinde blendend weißen Schwanzes und ſeiner oberen und unteren Deckfedern gleichmäßig tiefſchwarz, ſchwach glänzend; die Schwingen ſind an der Wurzel hellaſchgrau, gegen die Spitze hin ſchwarz; die Endbinde des Schwanzes nimmt zwei Fünftel der Geſammtlänge der beiden Mittelfedern ein und verſchmälert ſich bei den übrigen bis auf drei Linien. Das Weibchen ähnelt dem Männchen; die dunkeln Theile des Gefieders ſind aber nicht ſchwarz, ſondern rußbraun. Die Jungen ähneln den Alten und zwar die Männchen dem Vater, die Weibchen der Mutter; nur ſind ihre Farben etwas unſcheinbarer.
Der Name des Trauerſteinſchmätzers darf bei einer Aufzählung der Charaktervögel Südeuropas und insbeſondere Spaniens nicht fehlen. Er iſt dem Süden unſeres Erdtheils eigenthümlich und paßt zu den Gebirgen, wie die Steine ſelbſt, aus denen die Felſen beſtehen. Er zieht dunkles Geſtein dem helleren vor; denn er weiß, daß er dieſem angehört.
Wer das grüne Deutſchland nicht verlaſſen hat, kann ſich ſchwerlich einen Begriff der ſpaniſchen Gebirge machen. Sie ſind ſchön, herrlich in ihrer Art, aber mit denen des Nordens nicht zu ver- gleichen. Gar ſelten bedacht ſie der lebendige Wald, niemals begrünt ſie die friſche Matte; nur das Himmelslicht legt ſeinen Farbenmantel, nur die Ferne ihren Duft auf dieſelben; nur die Steine ſelbſt malen ſie. Aber ihre Geſtalt iſt immer ausdrucksvoll; die einzelnen Theile ſind, der ſchauerlichen Wildheit und entſetzlichen Oede ungeachtet, prachtvoll in ihrer Art.
Wenn man die ſaftige, grüne Ebene verläßt, in welcher ein ſilberner Waſſerfaden, hundertfach geſtaut und hundertfach zertheilt, das ergiebige Land zur blühenden „Vega‟ umwandelt, und dem Gebirge zuſchreitet, tritt man, wie in Egyptenland, urplötzlich in eine Wüſte hinaus. Man gelangt vielleicht noch in den „Campo‟, in welchem die in gerader Reihe gepflanzten hundertjährigen Oel- bäume „„die Unſterblichen‟‟ ſtehen; aber dieſe ſind wahrlich nicht geeignet, den Eindruck der Oede zu ſchwächen, welchen das vorliegende Land erregte. Auch die Oelbäume bleiben dahinten; der Fuß tritt auf harten Kiesboden, den nur hier und da ein Pflänzchen zu durchbrechen wagte, ein Pflänzchen, welches die heiße Sonne ſchon nach wenigen Tagen verſengte. Vor den Augen des Wanderers liegt
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[786/0830]
Die Fänger. Singvögel. Schmätzer.
in geringer Entfernung von dem Neſte förmlich Wache, und es umkreiſt jeden herannahenden Feind
mit ängſtlichem Geſchrei. Das Weibchen nimmt bei großer Gefahr auch wohl zu Verſtellungskünſten
ſeine Zuflucht. Gewöhnlich brütet der Steinſchmätzer nur einmal im Jahre und zwar im Mai; doch
kommt es ausnahmsweiſe vor, daß in einem Sommer auch zwei Bruten gemacht werden. Die aus-
geflogenen Jungen verweilen bis zu dem Wegzuge bei den Alten und treten mit dieſen gemeinſchaftlich
ihre Reiſe an. Sie verſchwinden Ende September und kehren im März wieder zurück.
Für die Gefangenſchaft eignet der Steinſchmätzer ſich nicht. Er iſt ſo wild, daß er ſich gewöhn-
lich bald den Kopf einſtößt und läßt ſich, wenn er Dies nicht thun kann, nur ſchwer an das Futter
gewöhnen. Jedenfalls bezahlt er nie die Mühe, welche man anwenden muß, wenn man ihn am
Leben erhalten will.
Cabanis hat mehrere, vorherrſchend ſchwarz gefärbte Glieder der Familie Rennſchmätzer
(Dromolaea) genannt und gibt zu ihrer Kennzeichnung an, daß ſie ſich von den Steinſchmätzern durch
längeren, am Grunde breiteren, nach der Spitze hin ſtärkeren, mehr zuſammengedrückten Schnabel mit
ſtark gebogener, hakenförmiger Spitze, ſowie durch ihre langen und ſpitzen Flügel unterſcheiden. Wir
wollen die Selbſtändigkeit dieſer Sippſchaft gelten laſſen, obwohl das Leben der hierher gehörigen
Arten dem der Steinſchmätzer im Weſentlichen ähnelt.
Jch habe auf meinen Reiſen mehrere Rennſchmätzer kennen gelernt und mich mit einem von
ihnen beſonders befreundet; ihn will ich zur Beſchreibung wählen.
Der Trauerſteinſchmätzer (Dromolaea leucura), wie ich ihn nenne, iſt ein verhältnißmäßig
großer Vogel von 7¼ Zoll Länge, 11⅔ Zoll Breite, 3⅔ Zoll Fittig- und 2¾ Zoll Schwanzlänge.
Das Gefieder iſt mit Ausnahme des bis auf die Endbinde blendend weißen Schwanzes und ſeiner
oberen und unteren Deckfedern gleichmäßig tiefſchwarz, ſchwach glänzend; die Schwingen ſind an der
Wurzel hellaſchgrau, gegen die Spitze hin ſchwarz; die Endbinde des Schwanzes nimmt zwei Fünftel
der Geſammtlänge der beiden Mittelfedern ein und verſchmälert ſich bei den übrigen bis auf drei
Linien. Das Weibchen ähnelt dem Männchen; die dunkeln Theile des Gefieders ſind aber nicht
ſchwarz, ſondern rußbraun. Die Jungen ähneln den Alten und zwar die Männchen dem Vater, die
Weibchen der Mutter; nur ſind ihre Farben etwas unſcheinbarer.
Der Name des Trauerſteinſchmätzers darf bei einer Aufzählung der Charaktervögel Südeuropas
und insbeſondere Spaniens nicht fehlen. Er iſt dem Süden unſeres Erdtheils eigenthümlich und
paßt zu den Gebirgen, wie die Steine ſelbſt, aus denen die Felſen beſtehen. Er zieht dunkles Geſtein
dem helleren vor; denn er weiß, daß er dieſem angehört.
Wer das grüne Deutſchland nicht verlaſſen hat, kann ſich ſchwerlich einen Begriff der ſpaniſchen
Gebirge machen. Sie ſind ſchön, herrlich in ihrer Art, aber mit denen des Nordens nicht zu ver-
gleichen. Gar ſelten bedacht ſie der lebendige Wald, niemals begrünt ſie die friſche Matte; nur das
Himmelslicht legt ſeinen Farbenmantel, nur die Ferne ihren Duft auf dieſelben; nur die Steine ſelbſt
malen ſie. Aber ihre Geſtalt iſt immer ausdrucksvoll; die einzelnen Theile ſind, der ſchauerlichen
Wildheit und entſetzlichen Oede ungeachtet, prachtvoll in ihrer Art.
Wenn man die ſaftige, grüne Ebene verläßt, in welcher ein ſilberner Waſſerfaden, hundertfach
geſtaut und hundertfach zertheilt, das ergiebige Land zur blühenden „Vega‟ umwandelt, und dem
Gebirge zuſchreitet, tritt man, wie in Egyptenland, urplötzlich in eine Wüſte hinaus. Man gelangt
vielleicht noch in den „Campo‟, in welchem die in gerader Reihe gepflanzten hundertjährigen Oel-
bäume „„die Unſterblichen‟‟ ſtehen; aber dieſe ſind wahrlich nicht geeignet, den Eindruck der Oede
zu ſchwächen, welchen das vorliegende Land erregte. Auch die Oelbäume bleiben dahinten; der Fuß
tritt auf harten Kiesboden, den nur hier und da ein Pflänzchen zu durchbrechen wagte, ein Pflänzchen,
welches die heiße Sonne ſchon nach wenigen Tagen verſengte. Vor den Augen des Wanderers liegt
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 786. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/830>, abgerufen am 22.11.2024.
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