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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Fänger. Singvögel. Schmätzer.
und der Unterbrust mehr oder weniger aschgrau, am Bauche weißlich, auf den Flügeln weiß gefleckt;
die Schwanz- und Bürzelfedern sind, mit Ausnahme der beiden mittleren dunkelbraunen, gelblichrost-
roth. Bei dem Weibchen und dem einjährigen Männchen ist die Hauptfärbung ein gleichmäßiges Tief-
grau; bei den Jungen ist das Grau schwärzlich gewellt. Die Länge beträgt 6, die Breite 10, die
Fittiglänge 3 1/3 , die Schwanzlänge 21/2 Zoll.

Man darf behaupten, daß es bei uns zu Lande keinen Menschen gibt, welcher nicht Gelegen-
heit gehabt hat, einen Hausrothschwanz zu sehen und also auch, ihn kennen zu lernen. Jn
Deutschland gibt es keine Gegend, keine Oertlichkeit, keine Ortschaft, sie sei groß oder klein, in welcher
dieser vielbeliebte Vogel nicht in jedem Sommer verweilt. Er gehört zum Gehöft des Landmanns
oder zum Hause des Städters, wie der Sperling, wie die Schwalbe zu ihnen gehört; denn er trägt
seinen Namen Hausrothschwanz bei uns zu Lande wenigstens mit vollem Rechte. Ausnahmsweise nur
wählt er sich einen Wohnsitz, welcher von den Wohnungen entfernt ist: eine Felsenwand, eine Stein-
mauer, das felsige Ufer eines Gebirgsbaches, wo er mit Stelzen und Wasserschmätzern den Aufent-
halt theilt; so geschieht es in Spanien, so auf dem Riesengebirge. Besonders häufig ist er in gebir-
gigen Gegenden, zumal da, wo Felsen vorwalten, und dadurch gerade bekundet er seine Schmätzer-
natur. Jn den Alpen ist er, laut Tschudi, überall zu finden. Er gehört "zu den wenigen Gebirgs-
thieren, welche dem Menschen vertraulich folgen. Man sieht ihn oft mitten im Schnee auf Fels-
blöcken sitzen und ohne Scheu den Wanderer erwarten, und wenn im Herbste die Herden schon lange
zu Thal gezogen sind, fliegt er noch munter um die verlassenen Hütten". Jn Tiefebenen oder
Marschländern kommt er weit seltener vor. Nach Norden hinauf verbreitet er sich nicht weit, aber
auch im Süden und namentlich in Spanien ist er während des Sommers keineswegs häufig; er
bewohnt hier nicht die Gebäude, sondern fast nur, nach meinen Beobachtungen darf ich sagen aus-
schließlich,
Felsenwände. Dies ändert sich freilich im Winter; denn für diese Zeit bilden Südeuropa
und wiederum Spanien insbesondere die Herberge der von der Kälte verscheuchten Rothschwänzchen.
Dann wimmelt es in den Gebirgen von diesen Vögeln, und wo nur ein einigermaßen versprechendes
Plätzchen sich findet, ist es gewiß auch bald besetzt. Bis gegen den März hin währt das Leben in der
Fremde, dann wird es stiller und öder in den südlichen Gebirgen; denn Alt und Jung zieht jubelnd
wieder der lieben Heimat zu.

Bei uns zu Lande treffen die Hausrothschwänze im letzten Drittel des März ein, in Süddeutsch-
land schon etwas früher. Auch sie reisen einzeln während der Nachtzeit, die Männchen früher, die
Weibchen einige Tage später, wie man schließen darf, so eilig als möglich. Sofort nach der Ankunft
in der Heimat nimmt das Männchen auf derselben Dachfirste, welche sein Lieblingsaufenthalt war,
wieder seinen Stand, und nunmehr beginnt sein reges, lebendiges Sommertreiben. Der Hausroth-
schwanz ist, wie alle Glieder seiner Familie, ein ungemein regsamer, thätiger, munterer, unruhiger und
flüchtiger Vogel. Er ist vom frühesten Morgen an, d. h. ehe der Tag noch graut, bis zum späten
Abend und zwar lange nach Sonnenuntergang noch wach und in Bewegung. Sein Lied gehört zu
den ersten Gesängen, welche man an einem Frühlingsmorgen vernimmt, seine einfache Weise erklingt
noch nach der Dämmerung des Abends. Jn seinen Bewegungen hat er mit den Erdsängern wenig,
mit den Steinschmätzern sehr viel gemein. Er ist außerordentlich hurtig und gewandt, hüpft und
fliegt mit gleicher Leichtigkeit und bückt sich oder wippt wenigstens mit dem Schwanze bei jeder Veran-
lassung, auch wohl ohne eine solche. Seine Haltung im Sitzen ist eine aufgerichtete, welche ihm ein keckes
Ausehen verleiht; sein Hüpfen geschieht mit großen Sprüngen, ruckweise oder mit kurzen Unterbrechungen;
sein Flug führt ihn, wie Naumann sagt, "fast hüpfend oder schußweis schnurrend, auf weite Strecken
aber in einer unregelmäßigen, aus größeren und kleineren Bogen bestehenden Schlangenlinie fort.
Er weiß sich meisterhaft zu überpurzeln, zu schwenken, mit Schnelligkeit aus der Höhe herabzustürzen und
schnurrend wieder hinaufzuschwingen." Seine Flugfertigkeit ist so groß, daß er nach Fliegenfängerart
Beute machen, d. h. fliegende Kerbthiere bequem einholen und sicher wegschnappen kann. Die Sinne
und namentlich Gesicht und Gehör sind vorzüglich; sein Verstand ist keineswegs gering. Er ist klug

Die Fänger. Singvögel. Schmätzer.
und der Unterbruſt mehr oder weniger aſchgrau, am Bauche weißlich, auf den Flügeln weiß gefleckt;
die Schwanz- und Bürzelfedern ſind, mit Ausnahme der beiden mittleren dunkelbraunen, gelblichroſt-
roth. Bei dem Weibchen und dem einjährigen Männchen iſt die Hauptfärbung ein gleichmäßiges Tief-
grau; bei den Jungen iſt das Grau ſchwärzlich gewellt. Die Länge beträgt 6, die Breite 10, die
Fittiglänge 3⅓, die Schwanzlänge 2½ Zoll.

Man darf behaupten, daß es bei uns zu Lande keinen Menſchen gibt, welcher nicht Gelegen-
heit gehabt hat, einen Hausrothſchwanz zu ſehen und alſo auch, ihn kennen zu lernen. Jn
Deutſchland gibt es keine Gegend, keine Oertlichkeit, keine Ortſchaft, ſie ſei groß oder klein, in welcher
dieſer vielbeliebte Vogel nicht in jedem Sommer verweilt. Er gehört zum Gehöft des Landmanns
oder zum Hauſe des Städters, wie der Sperling, wie die Schwalbe zu ihnen gehört; denn er trägt
ſeinen Namen Hausrothſchwanz bei uns zu Lande wenigſtens mit vollem Rechte. Ausnahmsweiſe nur
wählt er ſich einen Wohnſitz, welcher von den Wohnungen entfernt iſt: eine Felſenwand, eine Stein-
mauer, das felſige Ufer eines Gebirgsbaches, wo er mit Stelzen und Waſſerſchmätzern den Aufent-
halt theilt; ſo geſchieht es in Spanien, ſo auf dem Rieſengebirge. Beſonders häufig iſt er in gebir-
gigen Gegenden, zumal da, wo Felſen vorwalten, und dadurch gerade bekundet er ſeine Schmätzer-
natur. Jn den Alpen iſt er, laut Tſchudi, überall zu finden. Er gehört „zu den wenigen Gebirgs-
thieren, welche dem Menſchen vertraulich folgen. Man ſieht ihn oft mitten im Schnee auf Fels-
blöcken ſitzen und ohne Scheu den Wanderer erwarten, und wenn im Herbſte die Herden ſchon lange
zu Thal gezogen ſind, fliegt er noch munter um die verlaſſenen Hütten‟. Jn Tiefebenen oder
Marſchländern kommt er weit ſeltener vor. Nach Norden hinauf verbreitet er ſich nicht weit, aber
auch im Süden und namentlich in Spanien iſt er während des Sommers keineswegs häufig; er
bewohnt hier nicht die Gebäude, ſondern faſt nur, nach meinen Beobachtungen darf ich ſagen aus-
ſchließlich,
Felſenwände. Dies ändert ſich freilich im Winter; denn für dieſe Zeit bilden Südeuropa
und wiederum Spanien insbeſondere die Herberge der von der Kälte verſcheuchten Rothſchwänzchen.
Dann wimmelt es in den Gebirgen von dieſen Vögeln, und wo nur ein einigermaßen verſprechendes
Plätzchen ſich findet, iſt es gewiß auch bald beſetzt. Bis gegen den März hin währt das Leben in der
Fremde, dann wird es ſtiller und öder in den ſüdlichen Gebirgen; denn Alt und Jung zieht jubelnd
wieder der lieben Heimat zu.

Bei uns zu Lande treffen die Hausrothſchwänze im letzten Drittel des März ein, in Süddeutſch-
land ſchon etwas früher. Auch ſie reiſen einzeln während der Nachtzeit, die Männchen früher, die
Weibchen einige Tage ſpäter, wie man ſchließen darf, ſo eilig als möglich. Sofort nach der Ankunft
in der Heimat nimmt das Männchen auf derſelben Dachfirſte, welche ſein Lieblingsaufenthalt war,
wieder ſeinen Stand, und nunmehr beginnt ſein reges, lebendiges Sommertreiben. Der Hausroth-
ſchwanz iſt, wie alle Glieder ſeiner Familie, ein ungemein regſamer, thätiger, munterer, unruhiger und
flüchtiger Vogel. Er iſt vom früheſten Morgen an, d. h. ehe der Tag noch graut, bis zum ſpäten
Abend und zwar lange nach Sonnenuntergang noch wach und in Bewegung. Sein Lied gehört zu
den erſten Geſängen, welche man an einem Frühlingsmorgen vernimmt, ſeine einfache Weiſe erklingt
noch nach der Dämmerung des Abends. Jn ſeinen Bewegungen hat er mit den Erdſängern wenig,
mit den Steinſchmätzern ſehr viel gemein. Er iſt außerordentlich hurtig und gewandt, hüpft und
fliegt mit gleicher Leichtigkeit und bückt ſich oder wippt wenigſtens mit dem Schwanze bei jeder Veran-
laſſung, auch wohl ohne eine ſolche. Seine Haltung im Sitzen iſt eine aufgerichtete, welche ihm ein keckes
Auſehen verleiht; ſein Hüpfen geſchieht mit großen Sprüngen, ruckweiſe oder mit kurzen Unterbrechungen;
ſein Flug führt ihn, wie Naumann ſagt, „faſt hüpfend oder ſchußweis ſchnurrend, auf weite Strecken
aber in einer unregelmäßigen, aus größeren und kleineren Bogen beſtehenden Schlangenlinie fort.
Er weiß ſich meiſterhaft zu überpurzeln, zu ſchwenken, mit Schnelligkeit aus der Höhe herabzuſtürzen und
ſchnurrend wieder hinaufzuſchwingen.‟ Seine Flugfertigkeit iſt ſo groß, daß er nach Fliegenfängerart
Beute machen, d. h. fliegende Kerbthiere bequem einholen und ſicher wegſchnappen kann. Die Sinne
und namentlich Geſicht und Gehör ſind vorzüglich; ſein Verſtand iſt keineswegs gering. Er iſt klug

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[776/0820] Die Fänger. Singvögel. Schmätzer. und der Unterbruſt mehr oder weniger aſchgrau, am Bauche weißlich, auf den Flügeln weiß gefleckt; die Schwanz- und Bürzelfedern ſind, mit Ausnahme der beiden mittleren dunkelbraunen, gelblichroſt- roth. Bei dem Weibchen und dem einjährigen Männchen iſt die Hauptfärbung ein gleichmäßiges Tief- grau; bei den Jungen iſt das Grau ſchwärzlich gewellt. Die Länge beträgt 6, die Breite 10, die Fittiglänge 3⅓, die Schwanzlänge 2½ Zoll. Man darf behaupten, daß es bei uns zu Lande keinen Menſchen gibt, welcher nicht Gelegen- heit gehabt hat, einen Hausrothſchwanz zu ſehen und alſo auch, ihn kennen zu lernen. Jn Deutſchland gibt es keine Gegend, keine Oertlichkeit, keine Ortſchaft, ſie ſei groß oder klein, in welcher dieſer vielbeliebte Vogel nicht in jedem Sommer verweilt. Er gehört zum Gehöft des Landmanns oder zum Hauſe des Städters, wie der Sperling, wie die Schwalbe zu ihnen gehört; denn er trägt ſeinen Namen Hausrothſchwanz bei uns zu Lande wenigſtens mit vollem Rechte. Ausnahmsweiſe nur wählt er ſich einen Wohnſitz, welcher von den Wohnungen entfernt iſt: eine Felſenwand, eine Stein- mauer, das felſige Ufer eines Gebirgsbaches, wo er mit Stelzen und Waſſerſchmätzern den Aufent- halt theilt; ſo geſchieht es in Spanien, ſo auf dem Rieſengebirge. Beſonders häufig iſt er in gebir- gigen Gegenden, zumal da, wo Felſen vorwalten, und dadurch gerade bekundet er ſeine Schmätzer- natur. Jn den Alpen iſt er, laut Tſchudi, überall zu finden. Er gehört „zu den wenigen Gebirgs- thieren, welche dem Menſchen vertraulich folgen. Man ſieht ihn oft mitten im Schnee auf Fels- blöcken ſitzen und ohne Scheu den Wanderer erwarten, und wenn im Herbſte die Herden ſchon lange zu Thal gezogen ſind, fliegt er noch munter um die verlaſſenen Hütten‟. Jn Tiefebenen oder Marſchländern kommt er weit ſeltener vor. Nach Norden hinauf verbreitet er ſich nicht weit, aber auch im Süden und namentlich in Spanien iſt er während des Sommers keineswegs häufig; er bewohnt hier nicht die Gebäude, ſondern faſt nur, nach meinen Beobachtungen darf ich ſagen aus- ſchließlich, Felſenwände. Dies ändert ſich freilich im Winter; denn für dieſe Zeit bilden Südeuropa und wiederum Spanien insbeſondere die Herberge der von der Kälte verſcheuchten Rothſchwänzchen. Dann wimmelt es in den Gebirgen von dieſen Vögeln, und wo nur ein einigermaßen verſprechendes Plätzchen ſich findet, iſt es gewiß auch bald beſetzt. Bis gegen den März hin währt das Leben in der Fremde, dann wird es ſtiller und öder in den ſüdlichen Gebirgen; denn Alt und Jung zieht jubelnd wieder der lieben Heimat zu. Bei uns zu Lande treffen die Hausrothſchwänze im letzten Drittel des März ein, in Süddeutſch- land ſchon etwas früher. Auch ſie reiſen einzeln während der Nachtzeit, die Männchen früher, die Weibchen einige Tage ſpäter, wie man ſchließen darf, ſo eilig als möglich. Sofort nach der Ankunft in der Heimat nimmt das Männchen auf derſelben Dachfirſte, welche ſein Lieblingsaufenthalt war, wieder ſeinen Stand, und nunmehr beginnt ſein reges, lebendiges Sommertreiben. Der Hausroth- ſchwanz iſt, wie alle Glieder ſeiner Familie, ein ungemein regſamer, thätiger, munterer, unruhiger und flüchtiger Vogel. Er iſt vom früheſten Morgen an, d. h. ehe der Tag noch graut, bis zum ſpäten Abend und zwar lange nach Sonnenuntergang noch wach und in Bewegung. Sein Lied gehört zu den erſten Geſängen, welche man an einem Frühlingsmorgen vernimmt, ſeine einfache Weiſe erklingt noch nach der Dämmerung des Abends. Jn ſeinen Bewegungen hat er mit den Erdſängern wenig, mit den Steinſchmätzern ſehr viel gemein. Er iſt außerordentlich hurtig und gewandt, hüpft und fliegt mit gleicher Leichtigkeit und bückt ſich oder wippt wenigſtens mit dem Schwanze bei jeder Veran- laſſung, auch wohl ohne eine ſolche. Seine Haltung im Sitzen iſt eine aufgerichtete, welche ihm ein keckes Auſehen verleiht; ſein Hüpfen geſchieht mit großen Sprüngen, ruckweiſe oder mit kurzen Unterbrechungen; ſein Flug führt ihn, wie Naumann ſagt, „faſt hüpfend oder ſchußweis ſchnurrend, auf weite Strecken aber in einer unregelmäßigen, aus größeren und kleineren Bogen beſtehenden Schlangenlinie fort. Er weiß ſich meiſterhaft zu überpurzeln, zu ſchwenken, mit Schnelligkeit aus der Höhe herabzuſtürzen und ſchnurrend wieder hinaufzuſchwingen.‟ Seine Flugfertigkeit iſt ſo groß, daß er nach Fliegenfängerart Beute machen, d. h. fliegende Kerbthiere bequem einholen und ſicher wegſchnappen kann. Die Sinne und namentlich Geſicht und Gehör ſind vorzüglich; ſein Verſtand iſt keineswegs gering. Er iſt klug

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 776. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/820>, abgerufen am 22.05.2024.