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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Fänger. Singvögel. Fliegenschnäpper.
Höhe, suchten sodann die Spitzen der höchsten Bäume zu gemeinsamer Ruhe und ließen nunmehr
wiederum ihre kurz abgebrochenen, aber geschwätzig vorgetragenen Töne vernehmen.



Die Fliegenschnäpper (Myiagrae), eine zweite Familie, welche den Gleicherländern der alten
Welt angehört, kennzeichnet sich durch zierlichen Leibesbau, mittellange Flügel, in denen die vierten
und fünften Schwingen die längsten sind, ziemlich langen Schwanz, dessen mittlere Fahnen sich bei den
Männchen einiger Arten bedeutend verlängern, verhältnißmäßig langen, sehr niedergedrückten, am
Grunde breiten, auf der Firste fast geraden, hakig übergebogenen und gezahnten Schnabel, kurze und
schwache Füße und ein reiches, in angenehmen Farben prangendes Gefieder, welches in der Schnabel-
gegend zu Borsten umgewandelt ist. Alle hierher gehörigen Vögel zeichnen sich vortheilhaft
durch ihre Rastlosigkeit und Lebendigkeit aus; einige von ihnen beleben die Waldungen in der
anmuthigsten Weise. Sie sind sehr viel in Bewegung, sitzen hoch auf hervorragenden Aesten der
Bäume, schauen vonhieraus nach Käfern umher, fliegen denselben auch wohl gewandt nach, fangen
sie und kehren sodann nach ihrem Sitzplatze zurück. Ebenso durchkriechen sie aber auch jagend das
Gezweig. Jhre Stimme ist angenehm, obwohl man auch bei ihnen von Gesang nicht recht
sprechen kann.

Die prachtvollsten Arten der Familie sind in einer besondern Gruppe vereinigt worden, welcher
man den Namen Paradiesschnäpper (Terpsiphone) gegeben hat. Jhr Leibesbau zeigt im Allge-
meinen das Gepräge der Familie; der Schwanz aber ist sehr lang und keilförmig: beim Männchen
überragen die beiden mittleren Schwanzfedern die übrigen um das Doppelte an Länge.

Jn Jndien lebt der Königsschnäpper (Terpsiphone paradisei), ein prachtvoller Vogel von
2 Fuß Länge, wovon freilich 15 oder 16 Zoll auf die mittleren Schwanzfedern kommen, während die
übrigen Schwanzfedern höchstens 5 Zoll messen, und 4 Zoll Fittiglänge. Er ist je nach dem
Geschlecht sehr verschieden gefärbt. Bei dem alten Männchen sind Kopf und Haube, Hals und
Brust glänzend grünlichschwarz, alle übrigen Federn aber weiß, einzelne jedoch schwarz geschaftet; die
Hand- und Armschwingen sind schwarz, ihre Außenfahnen und die Spitze der inneren weiß. Von
ihm unterscheidet sich das Weibchen hauptsächlich durch die kürzeren Schwanzfedern. Beim jungen
Männchen sind Kopf, Hals und Brust glänzend schwarz; der Bauch ist weiß, das Gefieder im übrigen
nußbraun. Jhm ähnelt das junge Weibchen, nur daß auch bei ihm die mittleren Schwanzfedern
kürzer sind. Bei den eben dem Neste entflogenen Jungen sind der Vorderhals, die Brust, der obere
Theil des Bauches und die Seiten aschgrau. Das Auge ist tiefbraun, das Augenlid wie der Schnabel
kobaldblau, der Fuß lavendelblau.

Der Königsschnäpper findet sich in ganz Jndien, von Ceylon oder dem äußersten Süden an bis
zum Fuße des Himalaya, wird aber nach Osten hin durch eine andere Art vertreten. Er ist ein
Standvogel der Wälder, welcher nur zuweilen auf die Büsche des offenen Landes herauskommt, obwohl
er weitere Ausflüge nicht gerade scheut. So beobachtete Jerdon, daß einer auf ein in der Bai von
Bengalen segelndes Schiff geflogen kam und sich hier drei Tage lang aufhielt, von einem hohen Sitz-
orte im Takelwerk aus Kerbthiere fangend. Derselbe Forscher gibt an, daß der Königsschnäpper die
Höhe meidet und sich im Gebirge höchstens bis zu 2000 Fuß über dem Meere findet. Rastlos und
unruhig streift er über Tags im Walde hin und her, von Zweig zu Zweig, von Baum zu Baum
fliegend. Kerbthiere mancherlei Art bilden seine Nahrung; ihnen jagt er nach Art unserer Fliegen-
fänger nach. Zum Boden kommt er höchst selten herab, obwohl Dies beobachtet worden ist. Er fliegt
von einem Zweige aus dem Kerbthiere nach, kehrt zu seiner Warte zurück und breitet nach jedem Aus-
fluge seinen langen Schwanz in anmuthiger Weise aus. Sein Flug ist wellenförmig, und der Vogel
nimmt sich dabei des langen, nachflatternden Schwanzes wegen sonderbar aus. Einen eigentlichen

Die Fänger. Singvögel. Fliegenſchnäpper.
Höhe, ſuchten ſodann die Spitzen der höchſten Bäume zu gemeinſamer Ruhe und ließen nunmehr
wiederum ihre kurz abgebrochenen, aber geſchwätzig vorgetragenen Töne vernehmen.



Die Fliegenſchnäpper (Myiagrae), eine zweite Familie, welche den Gleicherländern der alten
Welt angehört, kennzeichnet ſich durch zierlichen Leibesbau, mittellange Flügel, in denen die vierten
und fünften Schwingen die längſten ſind, ziemlich langen Schwanz, deſſen mittlere Fahnen ſich bei den
Männchen einiger Arten bedeutend verlängern, verhältnißmäßig langen, ſehr niedergedrückten, am
Grunde breiten, auf der Firſte faſt geraden, hakig übergebogenen und gezahnten Schnabel, kurze und
ſchwache Füße und ein reiches, in angenehmen Farben prangendes Gefieder, welches in der Schnabel-
gegend zu Borſten umgewandelt iſt. Alle hierher gehörigen Vögel zeichnen ſich vortheilhaft
durch ihre Raſtloſigkeit und Lebendigkeit aus; einige von ihnen beleben die Waldungen in der
anmuthigſten Weiſe. Sie ſind ſehr viel in Bewegung, ſitzen hoch auf hervorragenden Aeſten der
Bäume, ſchauen vonhieraus nach Käfern umher, fliegen denſelben auch wohl gewandt nach, fangen
ſie und kehren ſodann nach ihrem Sitzplatze zurück. Ebenſo durchkriechen ſie aber auch jagend das
Gezweig. Jhre Stimme iſt angenehm, obwohl man auch bei ihnen von Geſang nicht recht
ſprechen kann.

Die prachtvollſten Arten der Familie ſind in einer beſondern Gruppe vereinigt worden, welcher
man den Namen Paradiesſchnäpper (Terpsiphone) gegeben hat. Jhr Leibesbau zeigt im Allge-
meinen das Gepräge der Familie; der Schwanz aber iſt ſehr lang und keilförmig: beim Männchen
überragen die beiden mittleren Schwanzfedern die übrigen um das Doppelte an Länge.

Jn Jndien lebt der Königsſchnäpper (Terpsiphone paradisei), ein prachtvoller Vogel von
2 Fuß Länge, wovon freilich 15 oder 16 Zoll auf die mittleren Schwanzfedern kommen, während die
übrigen Schwanzfedern höchſtens 5 Zoll meſſen, und 4 Zoll Fittiglänge. Er iſt je nach dem
Geſchlecht ſehr verſchieden gefärbt. Bei dem alten Männchen ſind Kopf und Haube, Hals und
Bruſt glänzend grünlichſchwarz, alle übrigen Federn aber weiß, einzelne jedoch ſchwarz geſchaftet; die
Hand- und Armſchwingen ſind ſchwarz, ihre Außenfahnen und die Spitze der inneren weiß. Von
ihm unterſcheidet ſich das Weibchen hauptſächlich durch die kürzeren Schwanzfedern. Beim jungen
Männchen ſind Kopf, Hals und Bruſt glänzend ſchwarz; der Bauch iſt weiß, das Gefieder im übrigen
nußbraun. Jhm ähnelt das junge Weibchen, nur daß auch bei ihm die mittleren Schwanzfedern
kürzer ſind. Bei den eben dem Neſte entflogenen Jungen ſind der Vorderhals, die Bruſt, der obere
Theil des Bauches und die Seiten aſchgrau. Das Auge iſt tiefbraun, das Augenlid wie der Schnabel
kobaldblau, der Fuß lavendelblau.

Der Königsſchnäpper findet ſich in ganz Jndien, von Ceylon oder dem äußerſten Süden an bis
zum Fuße des Himalaya, wird aber nach Oſten hin durch eine andere Art vertreten. Er iſt ein
Standvogel der Wälder, welcher nur zuweilen auf die Büſche des offenen Landes herauskommt, obwohl
er weitere Ausflüge nicht gerade ſcheut. So beobachtete Jerdon, daß einer auf ein in der Bai von
Bengalen ſegelndes Schiff geflogen kam und ſich hier drei Tage lang aufhielt, von einem hohen Sitz-
orte im Takelwerk aus Kerbthiere fangend. Derſelbe Forſcher gibt an, daß der Königsſchnäpper die
Höhe meidet und ſich im Gebirge höchſtens bis zu 2000 Fuß über dem Meere findet. Raſtlos und
unruhig ſtreift er über Tags im Walde hin und her, von Zweig zu Zweig, von Baum zu Baum
fliegend. Kerbthiere mancherlei Art bilden ſeine Nahrung; ihnen jagt er nach Art unſerer Fliegen-
fänger nach. Zum Boden kommt er höchſt ſelten herab, obwohl Dies beobachtet worden iſt. Er fliegt
von einem Zweige aus dem Kerbthiere nach, kehrt zu ſeiner Warte zurück und breitet nach jedem Aus-
fluge ſeinen langen Schwanz in anmuthiger Weiſe aus. Sein Flug iſt wellenförmig, und der Vogel
nimmt ſich dabei des langen, nachflatternden Schwanzes wegen ſonderbar aus. Einen eigentlichen

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[728/0770] Die Fänger. Singvögel. Fliegenſchnäpper. Höhe, ſuchten ſodann die Spitzen der höchſten Bäume zu gemeinſamer Ruhe und ließen nunmehr wiederum ihre kurz abgebrochenen, aber geſchwätzig vorgetragenen Töne vernehmen. Die Fliegenſchnäpper (Myiagrae), eine zweite Familie, welche den Gleicherländern der alten Welt angehört, kennzeichnet ſich durch zierlichen Leibesbau, mittellange Flügel, in denen die vierten und fünften Schwingen die längſten ſind, ziemlich langen Schwanz, deſſen mittlere Fahnen ſich bei den Männchen einiger Arten bedeutend verlängern, verhältnißmäßig langen, ſehr niedergedrückten, am Grunde breiten, auf der Firſte faſt geraden, hakig übergebogenen und gezahnten Schnabel, kurze und ſchwache Füße und ein reiches, in angenehmen Farben prangendes Gefieder, welches in der Schnabel- gegend zu Borſten umgewandelt iſt. Alle hierher gehörigen Vögel zeichnen ſich vortheilhaft durch ihre Raſtloſigkeit und Lebendigkeit aus; einige von ihnen beleben die Waldungen in der anmuthigſten Weiſe. Sie ſind ſehr viel in Bewegung, ſitzen hoch auf hervorragenden Aeſten der Bäume, ſchauen vonhieraus nach Käfern umher, fliegen denſelben auch wohl gewandt nach, fangen ſie und kehren ſodann nach ihrem Sitzplatze zurück. Ebenſo durchkriechen ſie aber auch jagend das Gezweig. Jhre Stimme iſt angenehm, obwohl man auch bei ihnen von Geſang nicht recht ſprechen kann. Die prachtvollſten Arten der Familie ſind in einer beſondern Gruppe vereinigt worden, welcher man den Namen Paradiesſchnäpper (Terpsiphone) gegeben hat. Jhr Leibesbau zeigt im Allge- meinen das Gepräge der Familie; der Schwanz aber iſt ſehr lang und keilförmig: beim Männchen überragen die beiden mittleren Schwanzfedern die übrigen um das Doppelte an Länge. Jn Jndien lebt der Königsſchnäpper (Terpsiphone paradisei), ein prachtvoller Vogel von 2 Fuß Länge, wovon freilich 15 oder 16 Zoll auf die mittleren Schwanzfedern kommen, während die übrigen Schwanzfedern höchſtens 5 Zoll meſſen, und 4 Zoll Fittiglänge. Er iſt je nach dem Geſchlecht ſehr verſchieden gefärbt. Bei dem alten Männchen ſind Kopf und Haube, Hals und Bruſt glänzend grünlichſchwarz, alle übrigen Federn aber weiß, einzelne jedoch ſchwarz geſchaftet; die Hand- und Armſchwingen ſind ſchwarz, ihre Außenfahnen und die Spitze der inneren weiß. Von ihm unterſcheidet ſich das Weibchen hauptſächlich durch die kürzeren Schwanzfedern. Beim jungen Männchen ſind Kopf, Hals und Bruſt glänzend ſchwarz; der Bauch iſt weiß, das Gefieder im übrigen nußbraun. Jhm ähnelt das junge Weibchen, nur daß auch bei ihm die mittleren Schwanzfedern kürzer ſind. Bei den eben dem Neſte entflogenen Jungen ſind der Vorderhals, die Bruſt, der obere Theil des Bauches und die Seiten aſchgrau. Das Auge iſt tiefbraun, das Augenlid wie der Schnabel kobaldblau, der Fuß lavendelblau. Der Königsſchnäpper findet ſich in ganz Jndien, von Ceylon oder dem äußerſten Süden an bis zum Fuße des Himalaya, wird aber nach Oſten hin durch eine andere Art vertreten. Er iſt ein Standvogel der Wälder, welcher nur zuweilen auf die Büſche des offenen Landes herauskommt, obwohl er weitere Ausflüge nicht gerade ſcheut. So beobachtete Jerdon, daß einer auf ein in der Bai von Bengalen ſegelndes Schiff geflogen kam und ſich hier drei Tage lang aufhielt, von einem hohen Sitz- orte im Takelwerk aus Kerbthiere fangend. Derſelbe Forſcher gibt an, daß der Königsſchnäpper die Höhe meidet und ſich im Gebirge höchſtens bis zu 2000 Fuß über dem Meere findet. Raſtlos und unruhig ſtreift er über Tags im Walde hin und her, von Zweig zu Zweig, von Baum zu Baum fliegend. Kerbthiere mancherlei Art bilden ſeine Nahrung; ihnen jagt er nach Art unſerer Fliegen- fänger nach. Zum Boden kommt er höchſt ſelten herab, obwohl Dies beobachtet worden iſt. Er fliegt von einem Zweige aus dem Kerbthiere nach, kehrt zu ſeiner Warte zurück und breitet nach jedem Aus- fluge ſeinen langen Schwanz in anmuthiger Weiſe aus. Sein Flug iſt wellenförmig, und der Vogel nimmt ſich dabei des langen, nachflatternden Schwanzes wegen ſonderbar aus. Einen eigentlichen

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 728. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/770>, abgerufen am 22.11.2024.