gleichen, auf welchem ein breiter Stiel senkrecht steht. Der letztere ist angeleimt und muß das eigent- liche Nest halten und tragen. Weiche Federn, welche ebenfalls angekleistert wurden, betten die etwa 21/2 Zoll im Durchmesser haltende Nestmulde aus; auf ihr liegen die zwei Eier oder die beiden Jungen. Der Zwergsegler gebraucht aber noch eine besondere Vorsicht, um zu verhüten, daß Eier oder Junge aus dem Neste fallen oder aus ihm geschleudert werden. Bei heftigem Winde wird selbstverständlich das große Blatt mit Macht bewegt, und dabei würden die kleinen Jungen oder mindestens die Eier unfehl- bar aus dem flachen Neste geworfen werden. Dem kommt der kluge Vogel zuvor, indem er die Eier, und die Jungen ebenfalls, mit seinem Speichel festleimt. Besonders auffallend war mir, daß die walzenförmigen, weißen, 8 Linien langen Eier nicht der Länge nach im Neste lagen, sondern mit der einen Spitze aufgeleimt waren. Jch fand ziemlich große Junge, welche noch festgekittet waren, ver- muthe aber, daß diese Vorsichtsmaßregel unnöthig wird, sobald die Jungen das Dunenkleid angelegt haben und im Stande sind, sich selbst festzukrallen.
Jn ganz ähnlicher Weise baut und brütet der Palmensegler (Cypselus palmarum) Südasiens. Die ausführlichen Mittheilungen über das Brutgeschäft desselben, welche wir Bernstein und Jerdon verdanken, waren damals aber noch nicht veröffentlicht worden und andere Beobachtungen mir nicht bekannt. Meine Entdeckung erfüllte mich deshalb mit dem allerhöchsten Staunen.
Europa wird von zwei Seglerarten bewohnt, welche beide auch in Deutschland vorkommen, die eine aller Orten, die andere in den südlicheren Gebirgsgegenden. Beide haben in ihrem Wesen die größte Aehnlichkeit mit einander und halten sich in Südeuropa auch gern gemeinschaftlich zusammen. Der Mauer- oder Thurmsegler, Mauerhäkler, die Mauer-, Thurm-, Stein-, Geier-, Feuer- und Spyrschwalbe (Cypselus apus) ist 63/4 bis 7 Zoll lang und 151/2 Zoll breit; der Fittig mißt 61/2, der Schwanz 3 Zoll. Das Gefieder ist mit Ausnahme der weißen Kehle rußschwarz; das Auge ist dunkelbraun; Schnabel und Füße sind schwarz. Junge Vögel sind etwas bleicher gefärbt, als die alten.
Der Mauersegler ist es, welchen wir vom ersten Mai an bis zum August unter gellendem Geschrei durch die Straßen unserer Städte jagen oder die Spitzen alter Kirchthürme umfliegen sehen. Der Vogel ist weit verbreitet. Jch fand ihn von der Domkirche Drontheims an bis zu der von Malaga, in allen Ländern Europas, welche ich kennen gelernt habe. Andere Beobachter trafen ihn in dem größten Theile Mittelasiens an. Auf seinem Zuge durchstreift er ganz Afrika: man hat ihn aus den südlichsten Ländern Afrikas erhalten. Er trifft mit merkwürdiger Regelmäßigkeit bei uns ein, gewöhnlich am ersten oder zweiten Mai, und verweilt hier höchstens bis zum ersten August. Diejenigen, welche man später sieht, sind solche, welche im hohen Norden brüteten, durch schlechtes Wetter in ihrem Brutgeschäft gestört wurden und ihrer noch unselbständigen Kinder wegen einige Tage länger im Lande ihrer Heimat verweilen mußten. Solche Nachzügler sah ich noch Ende Augusts in Deutschland und auf dem Doverfjeld. Jn Spanien erscheint der Mauersegler mit gleicher Regelmäßigkeit wie bei uns und verläßt das Land ebenso früh, als er von Deutschland scheidet. Jm Jnnern Afrikas kommt er schon wenige Tage nach seinem Wegzuge an: ich sah ihn bereits am 3. August das Minaret der Moschee Charthums umfliegen. Sein Zug hat jedoch viel Eigenthümliches. Jn Oberegypten sieht man den merkwürdigen Vogel, welcher zuweilen erst am Vorgebirge der guten Hoffnung Ruhe findet, in manchen Jahren bereits im Februar und März in großer Anzahl, und gar nicht unmöglich ist es, daß in gewissen Jahren hier schon viele überwintern. Zu meinem nicht geringen Erstaunen aber sah ich auch während unseres Aufenthaltes in Malaga zwischen dem 13. und 28. Oktober noch eine Menge Mauersegler die Kirchthürme umfliegen. Es waren, wie ich zu glauben geneigt bin, solche, welche von Afrika aus zurückgeschwärmt waren; denn nach den eingezogenen Erkundigungen soll der Mauersegler auch die Südspitze Spaniens genau zu derselben Zeit verlassen, wie die mittleren und nördlichen Theile des Landes, in denen wir vom 1. August ab nur noch einige Tage lang wenige Nachzügler beobachteten. Jn Jndien kommt der Vogel, nach Jerdon, nur während der Regenzeit als Wintergast vor.
Zwerg- und Mauerſegler.
gleichen, auf welchem ein breiter Stiel ſenkrecht ſteht. Der letztere iſt angeleimt und muß das eigent- liche Neſt halten und tragen. Weiche Federn, welche ebenfalls angekleiſtert wurden, betten die etwa 2½ Zoll im Durchmeſſer haltende Neſtmulde aus; auf ihr liegen die zwei Eier oder die beiden Jungen. Der Zwergſegler gebraucht aber noch eine beſondere Vorſicht, um zu verhüten, daß Eier oder Junge aus dem Neſte fallen oder aus ihm geſchleudert werden. Bei heftigem Winde wird ſelbſtverſtändlich das große Blatt mit Macht bewegt, und dabei würden die kleinen Jungen oder mindeſtens die Eier unfehl- bar aus dem flachen Neſte geworfen werden. Dem kommt der kluge Vogel zuvor, indem er die Eier, und die Jungen ebenfalls, mit ſeinem Speichel feſtleimt. Beſonders auffallend war mir, daß die walzenförmigen, weißen, 8 Linien langen Eier nicht der Länge nach im Neſte lagen, ſondern mit der einen Spitze aufgeleimt waren. Jch fand ziemlich große Junge, welche noch feſtgekittet waren, ver- muthe aber, daß dieſe Vorſichtsmaßregel unnöthig wird, ſobald die Jungen das Dunenkleid angelegt haben und im Stande ſind, ſich ſelbſt feſtzukrallen.
Jn ganz ähnlicher Weiſe baut und brütet der Palmenſegler (Cypselus palmarum) Südaſiens. Die ausführlichen Mittheilungen über das Brutgeſchäft deſſelben, welche wir Bernſtein und Jerdon verdanken, waren damals aber noch nicht veröffentlicht worden und andere Beobachtungen mir nicht bekannt. Meine Entdeckung erfüllte mich deshalb mit dem allerhöchſten Staunen.
Europa wird von zwei Seglerarten bewohnt, welche beide auch in Deutſchland vorkommen, die eine aller Orten, die andere in den ſüdlicheren Gebirgsgegenden. Beide haben in ihrem Weſen die größte Aehnlichkeit mit einander und halten ſich in Südeuropa auch gern gemeinſchaftlich zuſammen. Der Mauer- oder Thurmſegler, Mauerhäkler, die Mauer-, Thurm-, Stein-, Geier-, Feuer- und Spyrſchwalbe (Cypselus apus) iſt 6¾ bis 7 Zoll lang und 15½ Zoll breit; der Fittig mißt 6½, der Schwanz 3 Zoll. Das Gefieder iſt mit Ausnahme der weißen Kehle rußſchwarz; das Auge iſt dunkelbraun; Schnabel und Füße ſind ſchwarz. Junge Vögel ſind etwas bleicher gefärbt, als die alten.
Der Mauerſegler iſt es, welchen wir vom erſten Mai an bis zum Auguſt unter gellendem Geſchrei durch die Straßen unſerer Städte jagen oder die Spitzen alter Kirchthürme umfliegen ſehen. Der Vogel iſt weit verbreitet. Jch fand ihn von der Domkirche Drontheims an bis zu der von Malaga, in allen Ländern Europas, welche ich kennen gelernt habe. Andere Beobachter trafen ihn in dem größten Theile Mittelaſiens an. Auf ſeinem Zuge durchſtreift er ganz Afrika: man hat ihn aus den ſüdlichſten Ländern Afrikas erhalten. Er trifft mit merkwürdiger Regelmäßigkeit bei uns ein, gewöhnlich am erſten oder zweiten Mai, und verweilt hier höchſtens bis zum erſten Auguſt. Diejenigen, welche man ſpäter ſieht, ſind ſolche, welche im hohen Norden brüteten, durch ſchlechtes Wetter in ihrem Brutgeſchäft geſtört wurden und ihrer noch unſelbſtändigen Kinder wegen einige Tage länger im Lande ihrer Heimat verweilen mußten. Solche Nachzügler ſah ich noch Ende Auguſts in Deutſchland und auf dem Doverfjeld. Jn Spanien erſcheint der Mauerſegler mit gleicher Regelmäßigkeit wie bei uns und verläßt das Land ebenſo früh, als er von Deutſchland ſcheidet. Jm Jnnern Afrikas kommt er ſchon wenige Tage nach ſeinem Wegzuge an: ich ſah ihn bereits am 3. Auguſt das Minaret der Moſchee Charthums umfliegen. Sein Zug hat jedoch viel Eigenthümliches. Jn Oberegypten ſieht man den merkwürdigen Vogel, welcher zuweilen erſt am Vorgebirge der guten Hoffnung Ruhe findet, in manchen Jahren bereits im Februar und März in großer Anzahl, und gar nicht unmöglich iſt es, daß in gewiſſen Jahren hier ſchon viele überwintern. Zu meinem nicht geringen Erſtaunen aber ſah ich auch während unſeres Aufenthaltes in Malaga zwiſchen dem 13. und 28. Oktober noch eine Menge Mauerſegler die Kirchthürme umfliegen. Es waren, wie ich zu glauben geneigt bin, ſolche, welche von Afrika aus zurückgeſchwärmt waren; denn nach den eingezogenen Erkundigungen ſoll der Mauerſegler auch die Südſpitze Spaniens genau zu derſelben Zeit verlaſſen, wie die mittleren und nördlichen Theile des Landes, in denen wir vom 1. Auguſt ab nur noch einige Tage lang wenige Nachzügler beobachteten. Jn Jndien kommt der Vogel, nach Jerdon, nur während der Regenzeit als Wintergaſt vor.
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[655/0693]
Zwerg- und Mauerſegler.
gleichen, auf welchem ein breiter Stiel ſenkrecht ſteht. Der letztere iſt angeleimt und muß das eigent-
liche Neſt halten und tragen. Weiche Federn, welche ebenfalls angekleiſtert wurden, betten die etwa
2½ Zoll im Durchmeſſer haltende Neſtmulde aus; auf ihr liegen die zwei Eier oder die beiden Jungen.
Der Zwergſegler gebraucht aber noch eine beſondere Vorſicht, um zu verhüten, daß Eier oder Junge
aus dem Neſte fallen oder aus ihm geſchleudert werden. Bei heftigem Winde wird ſelbſtverſtändlich das
große Blatt mit Macht bewegt, und dabei würden die kleinen Jungen oder mindeſtens die Eier unfehl-
bar aus dem flachen Neſte geworfen werden. Dem kommt der kluge Vogel zuvor, indem er die Eier,
und die Jungen ebenfalls, mit ſeinem Speichel feſtleimt. Beſonders auffallend war mir, daß die
walzenförmigen, weißen, 8 Linien langen Eier nicht der Länge nach im Neſte lagen, ſondern mit der
einen Spitze aufgeleimt waren. Jch fand ziemlich große Junge, welche noch feſtgekittet waren, ver-
muthe aber, daß dieſe Vorſichtsmaßregel unnöthig wird, ſobald die Jungen das Dunenkleid angelegt
haben und im Stande ſind, ſich ſelbſt feſtzukrallen.
Jn ganz ähnlicher Weiſe baut und brütet der Palmenſegler (Cypselus palmarum) Südaſiens.
Die ausführlichen Mittheilungen über das Brutgeſchäft deſſelben, welche wir Bernſtein und Jerdon
verdanken, waren damals aber noch nicht veröffentlicht worden und andere Beobachtungen mir nicht
bekannt. Meine Entdeckung erfüllte mich deshalb mit dem allerhöchſten Staunen.
Europa wird von zwei Seglerarten bewohnt, welche beide auch in Deutſchland vorkommen, die
eine aller Orten, die andere in den ſüdlicheren Gebirgsgegenden. Beide haben in ihrem Weſen die
größte Aehnlichkeit mit einander und halten ſich in Südeuropa auch gern gemeinſchaftlich zuſammen.
Der Mauer- oder Thurmſegler, Mauerhäkler, die Mauer-, Thurm-, Stein-, Geier-,
Feuer- und Spyrſchwalbe (Cypselus apus) iſt 6¾ bis 7 Zoll lang und 15½ Zoll breit; der
Fittig mißt 6½, der Schwanz 3 Zoll. Das Gefieder iſt mit Ausnahme der weißen Kehle rußſchwarz;
das Auge iſt dunkelbraun; Schnabel und Füße ſind ſchwarz. Junge Vögel ſind etwas bleicher gefärbt,
als die alten.
Der Mauerſegler iſt es, welchen wir vom erſten Mai an bis zum Auguſt unter gellendem
Geſchrei durch die Straßen unſerer Städte jagen oder die Spitzen alter Kirchthürme umfliegen ſehen.
Der Vogel iſt weit verbreitet. Jch fand ihn von der Domkirche Drontheims an bis zu der von
Malaga, in allen Ländern Europas, welche ich kennen gelernt habe. Andere Beobachter trafen ihn
in dem größten Theile Mittelaſiens an. Auf ſeinem Zuge durchſtreift er ganz Afrika: man hat ihn
aus den ſüdlichſten Ländern Afrikas erhalten. Er trifft mit merkwürdiger Regelmäßigkeit bei uns ein,
gewöhnlich am erſten oder zweiten Mai, und verweilt hier höchſtens bis zum erſten Auguſt. Diejenigen,
welche man ſpäter ſieht, ſind ſolche, welche im hohen Norden brüteten, durch ſchlechtes Wetter in ihrem
Brutgeſchäft geſtört wurden und ihrer noch unſelbſtändigen Kinder wegen einige Tage länger im Lande
ihrer Heimat verweilen mußten. Solche Nachzügler ſah ich noch Ende Auguſts in Deutſchland und
auf dem Doverfjeld. Jn Spanien erſcheint der Mauerſegler mit gleicher Regelmäßigkeit wie bei uns
und verläßt das Land ebenſo früh, als er von Deutſchland ſcheidet. Jm Jnnern Afrikas kommt er
ſchon wenige Tage nach ſeinem Wegzuge an: ich ſah ihn bereits am 3. Auguſt das Minaret der
Moſchee Charthums umfliegen. Sein Zug hat jedoch viel Eigenthümliches. Jn Oberegypten ſieht
man den merkwürdigen Vogel, welcher zuweilen erſt am Vorgebirge der guten Hoffnung Ruhe findet,
in manchen Jahren bereits im Februar und März in großer Anzahl, und gar nicht unmöglich iſt es,
daß in gewiſſen Jahren hier ſchon viele überwintern. Zu meinem nicht geringen Erſtaunen aber ſah
ich auch während unſeres Aufenthaltes in Malaga zwiſchen dem 13. und 28. Oktober noch eine Menge
Mauerſegler die Kirchthürme umfliegen. Es waren, wie ich zu glauben geneigt bin, ſolche, welche von
Afrika aus zurückgeſchwärmt waren; denn nach den eingezogenen Erkundigungen ſoll der Mauerſegler
auch die Südſpitze Spaniens genau zu derſelben Zeit verlaſſen, wie die mittleren und nördlichen Theile
des Landes, in denen wir vom 1. Auguſt ab nur noch einige Tage lang wenige Nachzügler beobachteten.
Jn Jndien kommt der Vogel, nach Jerdon, nur während der Regenzeit als Wintergaſt vor.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 655. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/693>, abgerufen am 22.11.2024.
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