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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Rauchschwalbe.

Hinsichtlich der Fortpflanzung unterscheiden sich die verschiedenen Arten der Familie. Die
meisten fertigen sich ein kunstvolles Nest, dessen äußere Wandung Lehmklümpchen sind, welche mit
dem klebrigen Speichel zusammengekleistert wurden; andere graben sich mühvoll Löcher in das harte
Erdreich steil abfallender Wände, erweitern diese in der Tiefe backofenförmig und legen hier das
eigentliche Nest an, welches der Hauptsache nach aus zusammengetragenen und wirr übereinander
geschichteten Federn besteht. Ein Nest wird, wenn es so lange aushält, jahrelang benutzt. Das
Gelege enthält vier bis sechs Eier, welche vom Weibchen allein bebrütet werden. Die meisten
Arten dürften mehr als einmal brüten, wie die bei uns lebenden es thun.

Dank ihrer Gewandtheit im Fluge und ihrer großen Vorsicht entgehen die Schwalben vielen
Feinden, welche das Kleingeflügel im Allgemeinen bedrohen. Doch gibt es in allen Erdtheilen Falken-
arten, welche auch die schnellsten Schwalben zu fangen wissen, und außerdem stellen Katzen, Marder,
Wiesel, Ratten und Mäuse der Brut und den noch ungeschickten Jungen nach. Der Mensch befehdet
die nützlichen und in den meisten Ländern geheiligten Vögel nur dann, wenn Roheit und Gemein-
heit Erkenntniß oder edle Gesinnung überwiegt. Leider gibt es nicht blos in Spanien und
Jtalien, sondern auch in Deutschland Bubenjäger, denen wohl Götzenbilder, nicht aber Schwalben
heilig sind.

Für die Gefangenschaft eignen die Schwalben sich nicht. Einzelne können dahin gebracht
werden, Ersatzfutter in einer ihnen unnatürlichen Weise zu sich zu nehmen und dadurch ihr Leben zu
fristen; sie aber sind als seltene Ausnahmen anzusehen. Die Schwalbe verlangt, um zu leben, vor
allem die unbeschränkteste Freiheit.



Unsere Rauch-, Land- oder Bauernschwalbe vertritt in Mitteleuropa die Sippe der Edel-
schwalben
(Cecropis). Sie kennzeichnen ein sehr gestreckter, aber muskelkräftiger Leib, ein kurzer
Hals, ein breiter und flacher Kopf mit breitem, kaum merklich gekrümmten Schnabel, lange Flügel,
welche jedoch in der Ruhe von dem tief gegabelten Schwanze weit überragt werden, ziemlich lange
Füße mit vollkommen getrennten Zehen und ein lockeres, auf der Oberseite prächtig metallisch glän-
zendes Gefieder.

Die Rauchschwalbe (Cecropis rustica) ist etwa 7 Zoll lang und 12 Zoll breit; der Fittig mißt
41/2 Zoll, der Schwanz 31/4 Zoll. Die Oberseite ist blauschwarz, metallisch glänzend; Stirn und
Kehle sind hochkastanienbraun, ein breiter Gürtel auf dem Kropfe ist schwarz, der übrige Unterkörper
licht rostgelb; die fünf äußersten Steuerfedern zeigen rundliche, weiße Flecken auf der Jnnenfahne.
Beim Weibchen sind alle Farben blässer als beim Männchen, bei jungen Vögeln sehr matt.

So lange man die Schwalben unseres Vaterlandes allein in Betracht zieht, wird man die Rauch-
schwalbe kaum mit einer andern verwechseln können; schwieriger aber hält es, sie von ihren nächsten
Verwandten zu unterscheiden. Jhr eigentlicher Wohnkreis ist nicht eben groß. Sie sindet sich als
Brutvogel in ganz Europa, mit Ausnahme des höchsten Nordens, und ebenso in Nordasien, wird aber
schon in Nordafrika ersetzt durch die ihr sehr ähnliche Rost schwalbe (Cecropis cahirica oder Ceeropis
Boissoneauti
), welche namentlich in Egypten sehr häufig ist und nicht wandert, wie die Rauchschwalbe,
von dieser vielmehr überflogen wird, wenn sie der Reisedrang von uns wegtreibt oder zu uns zurück-
führt. Auch die Hausschwalbe Nordamerikas (Cecropis americana), oder deren südliche Vertreterin,
die Rothschwalbe (Cecropis rufa), stehen ihr nahe, und selbst die Schwalbe der Jnseln des stillen
Meeres (Cecropis neoxena) hat mit ihr, abgesehen von der geringen Größe, viel Aehnlichkeit.

Eine ausführlichere Schilderung unserer Rauchschwalbe lehrt uns ihr und ihrer Verwandten Leben
genügend kennen; denn im Wesentlichen gleichen sich alle Edelschwalben der Erde. Sie sind es, welche

Rauchſchwalbe.

Hinſichtlich der Fortpflanzung unterſcheiden ſich die verſchiedenen Arten der Familie. Die
meiſten fertigen ſich ein kunſtvolles Neſt, deſſen äußere Wandung Lehmklümpchen ſind, welche mit
dem klebrigen Speichel zuſammengekleiſtert wurden; andere graben ſich mühvoll Löcher in das harte
Erdreich ſteil abfallender Wände, erweitern dieſe in der Tiefe backofenförmig und legen hier das
eigentliche Neſt an, welches der Hauptſache nach aus zuſammengetragenen und wirr übereinander
geſchichteten Federn beſteht. Ein Neſt wird, wenn es ſo lange aushält, jahrelang benutzt. Das
Gelege enthält vier bis ſechs Eier, welche vom Weibchen allein bebrütet werden. Die meiſten
Arten dürften mehr als einmal brüten, wie die bei uns lebenden es thun.

Dank ihrer Gewandtheit im Fluge und ihrer großen Vorſicht entgehen die Schwalben vielen
Feinden, welche das Kleingeflügel im Allgemeinen bedrohen. Doch gibt es in allen Erdtheilen Falken-
arten, welche auch die ſchnellſten Schwalben zu fangen wiſſen, und außerdem ſtellen Katzen, Marder,
Wieſel, Ratten und Mäuſe der Brut und den noch ungeſchickten Jungen nach. Der Menſch befehdet
die nützlichen und in den meiſten Ländern geheiligten Vögel nur dann, wenn Roheit und Gemein-
heit Erkenntniß oder edle Geſinnung überwiegt. Leider gibt es nicht blos in Spanien und
Jtalien, ſondern auch in Deutſchland Bubenjäger, denen wohl Götzenbilder, nicht aber Schwalben
heilig ſind.

Für die Gefangenſchaft eignen die Schwalben ſich nicht. Einzelne können dahin gebracht
werden, Erſatzfutter in einer ihnen unnatürlichen Weiſe zu ſich zu nehmen und dadurch ihr Leben zu
friſten; ſie aber ſind als ſeltene Ausnahmen anzuſehen. Die Schwalbe verlangt, um zu leben, vor
allem die unbeſchränkteſte Freiheit.



Unſere Rauch-, Land- oder Bauernſchwalbe vertritt in Mitteleuropa die Sippe der Edel-
ſchwalben
(Cecropis). Sie kennzeichnen ein ſehr geſtreckter, aber muskelkräftiger Leib, ein kurzer
Hals, ein breiter und flacher Kopf mit breitem, kaum merklich gekrümmten Schnabel, lange Flügel,
welche jedoch in der Ruhe von dem tief gegabelten Schwanze weit überragt werden, ziemlich lange
Füße mit vollkommen getrennten Zehen und ein lockeres, auf der Oberſeite prächtig metalliſch glän-
zendes Gefieder.

Die Rauchſchwalbe (Cecropis rustica) iſt etwa 7 Zoll lang und 12 Zoll breit; der Fittig mißt
4½ Zoll, der Schwanz 3¼ Zoll. Die Oberſeite iſt blauſchwarz, metalliſch glänzend; Stirn und
Kehle ſind hochkaſtanienbraun, ein breiter Gürtel auf dem Kropfe iſt ſchwarz, der übrige Unterkörper
licht roſtgelb; die fünf äußerſten Steuerfedern zeigen rundliche, weiße Flecken auf der Jnnenfahne.
Beim Weibchen ſind alle Farben bläſſer als beim Männchen, bei jungen Vögeln ſehr matt.

So lange man die Schwalben unſeres Vaterlandes allein in Betracht zieht, wird man die Rauch-
ſchwalbe kaum mit einer andern verwechſeln können; ſchwieriger aber hält es, ſie von ihren nächſten
Verwandten zu unterſcheiden. Jhr eigentlicher Wohnkreis iſt nicht eben groß. Sie ſindet ſich als
Brutvogel in ganz Europa, mit Ausnahme des höchſten Nordens, und ebenſo in Nordaſien, wird aber
ſchon in Nordafrika erſetzt durch die ihr ſehr ähnliche Roſt ſchwalbe (Cecropis cahirica oder Ceeropis
Boissoneauti
), welche namentlich in Egypten ſehr häufig iſt und nicht wandert, wie die Rauchſchwalbe,
von dieſer vielmehr überflogen wird, wenn ſie der Reiſedrang von uns wegtreibt oder zu uns zurück-
führt. Auch die Hausſchwalbe Nordamerikas (Cecropis americana), oder deren ſüdliche Vertreterin,
die Rothſchwalbe (Cecropis rufa), ſtehen ihr nahe, und ſelbſt die Schwalbe der Jnſeln des ſtillen
Meeres (Cecropis neoxena) hat mit ihr, abgeſehen von der geringen Größe, viel Aehnlichkeit.

Eine ausführlichere Schilderung unſerer Rauchſchwalbe lehrt uns ihr und ihrer Verwandten Leben
genügend kennen; denn im Weſentlichen gleichen ſich alle Edelſchwalben der Erde. Sie ſind es, welche

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[629/0665] Rauchſchwalbe. Hinſichtlich der Fortpflanzung unterſcheiden ſich die verſchiedenen Arten der Familie. Die meiſten fertigen ſich ein kunſtvolles Neſt, deſſen äußere Wandung Lehmklümpchen ſind, welche mit dem klebrigen Speichel zuſammengekleiſtert wurden; andere graben ſich mühvoll Löcher in das harte Erdreich ſteil abfallender Wände, erweitern dieſe in der Tiefe backofenförmig und legen hier das eigentliche Neſt an, welches der Hauptſache nach aus zuſammengetragenen und wirr übereinander geſchichteten Federn beſteht. Ein Neſt wird, wenn es ſo lange aushält, jahrelang benutzt. Das Gelege enthält vier bis ſechs Eier, welche vom Weibchen allein bebrütet werden. Die meiſten Arten dürften mehr als einmal brüten, wie die bei uns lebenden es thun. Dank ihrer Gewandtheit im Fluge und ihrer großen Vorſicht entgehen die Schwalben vielen Feinden, welche das Kleingeflügel im Allgemeinen bedrohen. Doch gibt es in allen Erdtheilen Falken- arten, welche auch die ſchnellſten Schwalben zu fangen wiſſen, und außerdem ſtellen Katzen, Marder, Wieſel, Ratten und Mäuſe der Brut und den noch ungeſchickten Jungen nach. Der Menſch befehdet die nützlichen und in den meiſten Ländern geheiligten Vögel nur dann, wenn Roheit und Gemein- heit Erkenntniß oder edle Geſinnung überwiegt. Leider gibt es nicht blos in Spanien und Jtalien, ſondern auch in Deutſchland Bubenjäger, denen wohl Götzenbilder, nicht aber Schwalben heilig ſind. Für die Gefangenſchaft eignen die Schwalben ſich nicht. Einzelne können dahin gebracht werden, Erſatzfutter in einer ihnen unnatürlichen Weiſe zu ſich zu nehmen und dadurch ihr Leben zu friſten; ſie aber ſind als ſeltene Ausnahmen anzuſehen. Die Schwalbe verlangt, um zu leben, vor allem die unbeſchränkteſte Freiheit. Unſere Rauch-, Land- oder Bauernſchwalbe vertritt in Mitteleuropa die Sippe der Edel- ſchwalben (Cecropis). Sie kennzeichnen ein ſehr geſtreckter, aber muskelkräftiger Leib, ein kurzer Hals, ein breiter und flacher Kopf mit breitem, kaum merklich gekrümmten Schnabel, lange Flügel, welche jedoch in der Ruhe von dem tief gegabelten Schwanze weit überragt werden, ziemlich lange Füße mit vollkommen getrennten Zehen und ein lockeres, auf der Oberſeite prächtig metalliſch glän- zendes Gefieder. Die Rauchſchwalbe (Cecropis rustica) iſt etwa 7 Zoll lang und 12 Zoll breit; der Fittig mißt 4½ Zoll, der Schwanz 3¼ Zoll. Die Oberſeite iſt blauſchwarz, metalliſch glänzend; Stirn und Kehle ſind hochkaſtanienbraun, ein breiter Gürtel auf dem Kropfe iſt ſchwarz, der übrige Unterkörper licht roſtgelb; die fünf äußerſten Steuerfedern zeigen rundliche, weiße Flecken auf der Jnnenfahne. Beim Weibchen ſind alle Farben bläſſer als beim Männchen, bei jungen Vögeln ſehr matt. So lange man die Schwalben unſeres Vaterlandes allein in Betracht zieht, wird man die Rauch- ſchwalbe kaum mit einer andern verwechſeln können; ſchwieriger aber hält es, ſie von ihren nächſten Verwandten zu unterſcheiden. Jhr eigentlicher Wohnkreis iſt nicht eben groß. Sie ſindet ſich als Brutvogel in ganz Europa, mit Ausnahme des höchſten Nordens, und ebenſo in Nordaſien, wird aber ſchon in Nordafrika erſetzt durch die ihr ſehr ähnliche Roſt ſchwalbe (Cecropis cahirica oder Ceeropis Boissoneauti), welche namentlich in Egypten ſehr häufig iſt und nicht wandert, wie die Rauchſchwalbe, von dieſer vielmehr überflogen wird, wenn ſie der Reiſedrang von uns wegtreibt oder zu uns zurück- führt. Auch die Hausſchwalbe Nordamerikas (Cecropis americana), oder deren ſüdliche Vertreterin, die Rothſchwalbe (Cecropis rufa), ſtehen ihr nahe, und ſelbſt die Schwalbe der Jnſeln des ſtillen Meeres (Cecropis neoxena) hat mit ihr, abgeſehen von der geringen Größe, viel Aehnlichkeit. Eine ausführlichere Schilderung unſerer Rauchſchwalbe lehrt uns ihr und ihrer Verwandten Leben genügend kennen; denn im Weſentlichen gleichen ſich alle Edelſchwalben der Erde. Sie ſind es, welche

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 629. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/665>, abgerufen am 22.11.2024.