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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Nestor. Adlerpapagei.
wenigstens an, weil man den Schnabel oft mit Erde beschmuzt gefunden hat. Jn der That kann man
sich auch recht wohl vorstellen, daß der Vogel dieses sonderbare Werkzeug in der angegebenen Weise
zu verwenden versteht. Nach der Versicherung einiger Beobachter soll er auch Honig saugen, obgleich seine
Zunge nicht wie bei den Loris in eine Bürste endigt, sondern an der unteren Seite nur ein schmales
nagelartiges Hornblättchen besitzt, welches mit der Zungenspitze zusammen aussieht, wie ein Finger
mit dem Nagel. Die hartschaligen Nüsse, welche andere Papageien bekanntermaßen sehr lieben,
werden von dem Nestor verschmäht; es scheint, als sei der Schnabel zum Zertrümmern fester Nuß-
schalen nicht fest genug.

Gould sah einen gefangenen Nestor bei Major Anderson in Sidney und erfuhr, daß der
Vogel wie die meisten seiner Verwandten den Verlust seiner Freiheit wohl verträgt. Er war ein zu-
friedener, angenehmer und belustigender Gast, durchaus geeignet, die Beachtung des Forschers auf sich
zu ziehen. Jn seinem Gebahren wich er auffallend von anderen Papageien ab. Sein Gebieter hielt
ihn nicht im Käfig, sondern ließ ihn frei in der Hausflur umherlaufen.

Von einem anderen gefangenen Nestor erzählt man, daß er eine besondere Vorliebe für Grün-
zeug an den Tag legte, namentlich auf Salatblätter und andere saftigen Pflanzentheile erpicht war.

Die Stimme ist ein rauhes, quakendes und schnarrendes Getön, welches zuweilen lebhaft an
Hundegebell erinnert.

Ueber die Fortpflanzung wird gesagt, daß er in einer Baumhöhle vier Eier lege.

Die Jagd soll keine Schwierigkeiten haben und der Fang mit Schlingen leicht bewerkstelligt
werden können.



Nicht minder merkwürdig als der Nestor ist ein ihm zunächst verwandter Vogel, welchen wir
Adlerpapagei nennen wollen (Dasyptilus Pecquetii). Er gehört offenbar in dieselbe Horde,
zeichnet sich aber durch sehr auffallende Gestaltung und Befiederung aus. Jn gewisser Hinsicht
erinnert er an die Raubvögel, und man muß einem englischen Schriftsteller, welcher behauptet, daß
von zehn Beschauern ihrer neun den Vogel nicht für einen Papagei, sondern für einen Adler halten
würden, wohl Recht geben. Gegenwärtig ist erst ein einziger Adlerpapagei nach Europa gekommen.
Man kann nicht einmal das Vaterland mit Sicherheit angeben; Gould behauptet, daß der Adler-
papagei auf Formosa lebe, wo sonst gar keine Papageien vorkommen; wahrscheinlicher aber ist, daß
Neuguinea oder Sulawatti seine Heimat ist; erstere Jnsel gibt Rosenberg mit Bestimmtheit als
den Wohnsitz des Vogels an. Ob er hier wirklich so einzeln gefunden wird, als es den Anschein hat,
steht dahin; bekanntlich harren jene Gegenden noch ihrer Durchforscher.

Der Adlerpapagei ist ein Vogel von 20 Zoll Leibeslänge, wovon 6 Zoll auf den Schwanz ge-
rechnet werden müssen. Die Fittiglänge beträgt 101/2 Zoll, der Oberschnabel längs der Firste ge-
messen 17 Zoll. Bezeichnend ist der gestreckte Schnabel, dessen unterer Theil von dem oberen nicht
so weit überragt wird, als bei dem Nestor, und außerdem die Befiederung des Kopfes, welcher aus
wenigen steifen Borsten und sehr dünn stehenden Federn mit steifen harten Schäften besteht. Die
Zügel und die Wangen erscheinen fast nackt, Schwingen und Schwanz sind wie bei dem Nestor ge-
staltet, doch ist der Letztere verhältnißmäßig länger und abgerundeter. Die Färbung des Gefieders ist ein
glänzendes Schwarz, welches auf Kehle, Kopf und Brust ins Grauliche schimmert, weil hier die
Federn fahlbraun gesäumt sind. Die Flügeldeckfedern längs des Handgelenks, die ersten Deckfedern
der Schwingen zweiter Ordnung, die Flügeldeckfedern der Unterseite, die fünf ersten Schwingen
zweiter Ordnung an der Außenfahne, die Achselfedern, Bauch und Steiß sind schön scharlachroth,
welche Färbung auf den untern Schwanzdecken düsterer wird. Die Oberschwanzdeckfedern haben
düsterrothe Endsäume, der Schnabel ist schwarz, die Füße sind dunkelbraun.

Ungeachtet der Seltenheit des Adlerpapageis ist unsere Abbildung nach einem lebenden Vogel
gezeichnet, welcher in der berühmten Thiersammlung des Lord Derby eine zeitlang gehalten wurde.



Neſtor. Adlerpapagei.
wenigſtens an, weil man den Schnabel oft mit Erde beſchmuzt gefunden hat. Jn der That kann man
ſich auch recht wohl vorſtellen, daß der Vogel dieſes ſonderbare Werkzeug in der angegebenen Weiſe
zu verwenden verſteht. Nach der Verſicherung einiger Beobachter ſoll er auch Honig ſaugen, obgleich ſeine
Zunge nicht wie bei den Loris in eine Bürſte endigt, ſondern an der unteren Seite nur ein ſchmales
nagelartiges Hornblättchen beſitzt, welches mit der Zungenſpitze zuſammen ausſieht, wie ein Finger
mit dem Nagel. Die hartſchaligen Nüſſe, welche andere Papageien bekanntermaßen ſehr lieben,
werden von dem Neſtor verſchmäht; es ſcheint, als ſei der Schnabel zum Zertrümmern feſter Nuß-
ſchalen nicht feſt genug.

Gould ſah einen gefangenen Neſtor bei Major Anderſon in Sidney und erfuhr, daß der
Vogel wie die meiſten ſeiner Verwandten den Verluſt ſeiner Freiheit wohl verträgt. Er war ein zu-
friedener, angenehmer und beluſtigender Gaſt, durchaus geeignet, die Beachtung des Forſchers auf ſich
zu ziehen. Jn ſeinem Gebahren wich er auffallend von anderen Papageien ab. Sein Gebieter hielt
ihn nicht im Käfig, ſondern ließ ihn frei in der Hausflur umherlaufen.

Von einem anderen gefangenen Neſtor erzählt man, daß er eine beſondere Vorliebe für Grün-
zeug an den Tag legte, namentlich auf Salatblätter und andere ſaftigen Pflanzentheile erpicht war.

Die Stimme iſt ein rauhes, quakendes und ſchnarrendes Getön, welches zuweilen lebhaft an
Hundegebell erinnert.

Ueber die Fortpflanzung wird geſagt, daß er in einer Baumhöhle vier Eier lege.

Die Jagd ſoll keine Schwierigkeiten haben und der Fang mit Schlingen leicht bewerkſtelligt
werden können.



Nicht minder merkwürdig als der Neſtor iſt ein ihm zunächſt verwandter Vogel, welchen wir
Adlerpapagei nennen wollen (Dasyptilus Pecquetii). Er gehört offenbar in dieſelbe Horde,
zeichnet ſich aber durch ſehr auffallende Geſtaltung und Befiederung aus. Jn gewiſſer Hinſicht
erinnert er an die Raubvögel, und man muß einem engliſchen Schriftſteller, welcher behauptet, daß
von zehn Beſchauern ihrer neun den Vogel nicht für einen Papagei, ſondern für einen Adler halten
würden, wohl Recht geben. Gegenwärtig iſt erſt ein einziger Adlerpapagei nach Europa gekommen.
Man kann nicht einmal das Vaterland mit Sicherheit angeben; Gould behauptet, daß der Adler-
papagei auf Formoſa lebe, wo ſonſt gar keine Papageien vorkommen; wahrſcheinlicher aber iſt, daß
Neuguinea oder Sulawatti ſeine Heimat iſt; erſtere Jnſel gibt Roſenberg mit Beſtimmtheit als
den Wohnſitz des Vogels an. Ob er hier wirklich ſo einzeln gefunden wird, als es den Anſchein hat,
ſteht dahin; bekanntlich harren jene Gegenden noch ihrer Durchforſcher.

Der Adlerpapagei iſt ein Vogel von 20 Zoll Leibeslänge, wovon 6 Zoll auf den Schwanz ge-
rechnet werden müſſen. Die Fittiglänge beträgt 10½ Zoll, der Oberſchnabel längs der Firſte ge-
meſſen 17 Zoll. Bezeichnend iſt der geſtreckte Schnabel, deſſen unterer Theil von dem oberen nicht
ſo weit überragt wird, als bei dem Neſtor, und außerdem die Befiederung des Kopfes, welcher aus
wenigen ſteifen Borſten und ſehr dünn ſtehenden Federn mit ſteifen harten Schäften beſteht. Die
Zügel und die Wangen erſcheinen faſt nackt, Schwingen und Schwanz ſind wie bei dem Neſtor ge-
ſtaltet, doch iſt der Letztere verhältnißmäßig länger und abgerundeter. Die Färbung des Gefieders iſt ein
glänzendes Schwarz, welches auf Kehle, Kopf und Bruſt ins Grauliche ſchimmert, weil hier die
Federn fahlbraun geſäumt ſind. Die Flügeldeckfedern längs des Handgelenks, die erſten Deckfedern
der Schwingen zweiter Ordnung, die Flügeldeckfedern der Unterſeite, die fünf erſten Schwingen
zweiter Ordnung an der Außenfahne, die Achſelfedern, Bauch und Steiß ſind ſchön ſcharlachroth,
welche Färbung auf den untern Schwanzdecken düſterer wird. Die Oberſchwanzdeckfedern haben
düſterrothe Endſäume, der Schnabel iſt ſchwarz, die Füße ſind dunkelbraun.

Ungeachtet der Seltenheit des Adlerpapageis iſt unſere Abbildung nach einem lebenden Vogel
gezeichnet, welcher in der berühmten Thierſammlung des Lord Derby eine zeitlang gehalten wurde.



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[47/0061] Neſtor. Adlerpapagei. wenigſtens an, weil man den Schnabel oft mit Erde beſchmuzt gefunden hat. Jn der That kann man ſich auch recht wohl vorſtellen, daß der Vogel dieſes ſonderbare Werkzeug in der angegebenen Weiſe zu verwenden verſteht. Nach der Verſicherung einiger Beobachter ſoll er auch Honig ſaugen, obgleich ſeine Zunge nicht wie bei den Loris in eine Bürſte endigt, ſondern an der unteren Seite nur ein ſchmales nagelartiges Hornblättchen beſitzt, welches mit der Zungenſpitze zuſammen ausſieht, wie ein Finger mit dem Nagel. Die hartſchaligen Nüſſe, welche andere Papageien bekanntermaßen ſehr lieben, werden von dem Neſtor verſchmäht; es ſcheint, als ſei der Schnabel zum Zertrümmern feſter Nuß- ſchalen nicht feſt genug. Gould ſah einen gefangenen Neſtor bei Major Anderſon in Sidney und erfuhr, daß der Vogel wie die meiſten ſeiner Verwandten den Verluſt ſeiner Freiheit wohl verträgt. Er war ein zu- friedener, angenehmer und beluſtigender Gaſt, durchaus geeignet, die Beachtung des Forſchers auf ſich zu ziehen. Jn ſeinem Gebahren wich er auffallend von anderen Papageien ab. Sein Gebieter hielt ihn nicht im Käfig, ſondern ließ ihn frei in der Hausflur umherlaufen. Von einem anderen gefangenen Neſtor erzählt man, daß er eine beſondere Vorliebe für Grün- zeug an den Tag legte, namentlich auf Salatblätter und andere ſaftigen Pflanzentheile erpicht war. Die Stimme iſt ein rauhes, quakendes und ſchnarrendes Getön, welches zuweilen lebhaft an Hundegebell erinnert. Ueber die Fortpflanzung wird geſagt, daß er in einer Baumhöhle vier Eier lege. Die Jagd ſoll keine Schwierigkeiten haben und der Fang mit Schlingen leicht bewerkſtelligt werden können. Nicht minder merkwürdig als der Neſtor iſt ein ihm zunächſt verwandter Vogel, welchen wir Adlerpapagei nennen wollen (Dasyptilus Pecquetii). Er gehört offenbar in dieſelbe Horde, zeichnet ſich aber durch ſehr auffallende Geſtaltung und Befiederung aus. Jn gewiſſer Hinſicht erinnert er an die Raubvögel, und man muß einem engliſchen Schriftſteller, welcher behauptet, daß von zehn Beſchauern ihrer neun den Vogel nicht für einen Papagei, ſondern für einen Adler halten würden, wohl Recht geben. Gegenwärtig iſt erſt ein einziger Adlerpapagei nach Europa gekommen. Man kann nicht einmal das Vaterland mit Sicherheit angeben; Gould behauptet, daß der Adler- papagei auf Formoſa lebe, wo ſonſt gar keine Papageien vorkommen; wahrſcheinlicher aber iſt, daß Neuguinea oder Sulawatti ſeine Heimat iſt; erſtere Jnſel gibt Roſenberg mit Beſtimmtheit als den Wohnſitz des Vogels an. Ob er hier wirklich ſo einzeln gefunden wird, als es den Anſchein hat, ſteht dahin; bekanntlich harren jene Gegenden noch ihrer Durchforſcher. Der Adlerpapagei iſt ein Vogel von 20 Zoll Leibeslänge, wovon 6 Zoll auf den Schwanz ge- rechnet werden müſſen. Die Fittiglänge beträgt 10½ Zoll, der Oberſchnabel längs der Firſte ge- meſſen 17 Zoll. Bezeichnend iſt der geſtreckte Schnabel, deſſen unterer Theil von dem oberen nicht ſo weit überragt wird, als bei dem Neſtor, und außerdem die Befiederung des Kopfes, welcher aus wenigen ſteifen Borſten und ſehr dünn ſtehenden Federn mit ſteifen harten Schäften beſteht. Die Zügel und die Wangen erſcheinen faſt nackt, Schwingen und Schwanz ſind wie bei dem Neſtor ge- ſtaltet, doch iſt der Letztere verhältnißmäßig länger und abgerundeter. Die Färbung des Gefieders iſt ein glänzendes Schwarz, welches auf Kehle, Kopf und Bruſt ins Grauliche ſchimmert, weil hier die Federn fahlbraun geſäumt ſind. Die Flügeldeckfedern längs des Handgelenks, die erſten Deckfedern der Schwingen zweiter Ordnung, die Flügeldeckfedern der Unterſeite, die fünf erſten Schwingen zweiter Ordnung an der Außenfahne, die Achſelfedern, Bauch und Steiß ſind ſchön ſcharlachroth, welche Färbung auf den untern Schwanzdecken düſterer wird. Die Oberſchwanzdeckfedern haben düſterrothe Endſäume, der Schnabel iſt ſchwarz, die Füße ſind dunkelbraun. Ungeachtet der Seltenheit des Adlerpapageis iſt unſere Abbildung nach einem lebenden Vogel gezeichnet, welcher in der berühmten Thierſammlung des Lord Derby eine zeitlang gehalten wurde.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/61>, abgerufen am 23.11.2024.