einen mittellangen Schwanz und niedrige Füße, vor Allem aber durch ihren langen gänseartigen Hals von gleichmäßiger Stärke, welcher sich ohne Absatz an den länglichen Kopf anschließt und spärlich mit weißlichen, flaumenartigen Borsten bedeckt ist. Der Schnabel ist verhältnißmäßig schwach und gestreckt. Das Gesieder ist großfedrig, aber nach dem Alter sehr verschieden. Bei jungen Vögeln sind alle Federn länger und schmäler, als bei alten und namentlich die Federn der Halskrause eigen- thümlich gebildet. Es ist auffallend genug, daß selbst berühmte Vogelkundige diesen Unterschied noch nicht kennen oder wenigstens noch nicht zu kennen scheinen, und deshalb möge auch ihnen bemerkt sein, daß junge Gänsegeier an ihren langen und flatternden, alte hingegen an ihren kurzen, zerschlissenen und haarartigen Krausen oder Nackenbandfedern mit untrüglicher Sicherheit zu erkennen sind. Für meine übrigen Leser will ich hinzufügen, daß auch hinsichtlich der Färbung eine mehr oder minder große Umänderung des Gefieders stattfindet, namentlich auch an den Federn der Krause,
[Abbildung]
Der fahle Gänsegeier (Gyps fulvus).
welche bei jungen Vögeln regelmäßig dunkelfahlbraun, bei alten aber eben so regelmäßig weiß oder gilblichweiß gefärbt sind.
Die Gänsegeier sind über alle drei Erdtheile der alten Welt verbreitet. Jn Europa lebt höchst wahrscheinlich nur eine Art, der fahle Gänsegeier (Gyps fulvus;), ein Vogel von 41 Zoll Länge und 99 Zoll Breite, dessen Fittig 26 Zoll und dessen Schwanz 111/2 Zoll mißt. Das Gesieder ist sehr gleichmäßig lichtfahlbraun, auf der Unterseite dunkler, als auf der Oberseite. Jede einzelne Feder ist lichter geschäftet. Die breiten, weiß gesäumten großen Flügeldeckfedern bilden eine lichte Binde auf der Oberseite. Die Schwingen erster Ordnung und die Steuerfedern sind schwarz, die Schwingen zweiter Ordnung graubraun, auf der Außenfahne breit fahl gerandet. Das Auge ist lichtbraun, die Wachshaut dunkelbleigrau, der Schnabel rostfarben, der Fuß lichtbräunlichgrau. Bei
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Königsgeier. Gänſegeier.
einen mittellangen Schwanz und niedrige Füße, vor Allem aber durch ihren langen gänſeartigen Hals von gleichmäßiger Stärke, welcher ſich ohne Abſatz an den länglichen Kopf anſchließt und ſpärlich mit weißlichen, flaumenartigen Borſten bedeckt iſt. Der Schnabel iſt verhältnißmäßig ſchwach und geſtreckt. Das Geſieder iſt großfedrig, aber nach dem Alter ſehr verſchieden. Bei jungen Vögeln ſind alle Federn länger und ſchmäler, als bei alten und namentlich die Federn der Halskrauſe eigen- thümlich gebildet. Es iſt auffallend genug, daß ſelbſt berühmte Vogelkundige dieſen Unterſchied noch nicht kennen oder wenigſtens noch nicht zu kennen ſcheinen, und deshalb möge auch ihnen bemerkt ſein, daß junge Gänſegeier an ihren langen und flatternden, alte hingegen an ihren kurzen, zerſchliſſenen und haarartigen Krauſen oder Nackenbandfedern mit untrüglicher Sicherheit zu erkennen ſind. Für meine übrigen Leſer will ich hinzufügen, daß auch hinſichtlich der Färbung eine mehr oder minder große Umänderung des Gefieders ſtattfindet, namentlich auch an den Federn der Krauſe,
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Der fahle Gänſegeier (Gypſ fulvuſ).
welche bei jungen Vögeln regelmäßig dunkelfahlbraun, bei alten aber eben ſo regelmäßig weiß oder gilblichweiß gefärbt ſind.
Die Gänſegeier ſind über alle drei Erdtheile der alten Welt verbreitet. Jn Europa lebt höchſt wahrſcheinlich nur eine Art, der fahle Gänſegeier (Gypſ fulvuſ;), ein Vogel von 41 Zoll Länge und 99 Zoll Breite, deſſen Fittig 26 Zoll und deſſen Schwanz 11½ Zoll mißt. Das Geſieder iſt ſehr gleichmäßig lichtfahlbraun, auf der Unterſeite dunkler, als auf der Oberſeite. Jede einzelne Feder iſt lichter geſchäftet. Die breiten, weiß geſäumten großen Flügeldeckfedern bilden eine lichte Binde auf der Oberſeite. Die Schwingen erſter Ordnung und die Steuerfedern ſind ſchwarz, die Schwingen zweiter Ordnung graubraun, auf der Außenfahne breit fahl gerandet. Das Auge iſt lichtbraun, die Wachshaut dunkelbleigrau, der Schnabel roſtfarben, der Fuß lichtbräunlichgrau. Bei
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Königsgeier. Gänſegeier.
einen mittellangen Schwanz und niedrige Füße, vor Allem aber durch ihren langen gänſeartigen Hals
von gleichmäßiger Stärke, welcher ſich ohne Abſatz an den länglichen Kopf anſchließt und ſpärlich mit
weißlichen, flaumenartigen Borſten bedeckt iſt. Der Schnabel iſt verhältnißmäßig ſchwach und
geſtreckt. Das Geſieder iſt großfedrig, aber nach dem Alter ſehr verſchieden. Bei jungen Vögeln
ſind alle Federn länger und ſchmäler, als bei alten und namentlich die Federn der Halskrauſe eigen-
thümlich gebildet. Es iſt auffallend genug, daß ſelbſt berühmte Vogelkundige dieſen Unterſchied
noch nicht kennen oder wenigſtens noch nicht zu kennen ſcheinen, und deshalb möge auch ihnen bemerkt
ſein, daß junge Gänſegeier an ihren langen und flatternden, alte hingegen an ihren kurzen,
zerſchliſſenen und haarartigen Krauſen oder Nackenbandfedern mit untrüglicher Sicherheit zu erkennen
ſind. Für meine übrigen Leſer will ich hinzufügen, daß auch hinſichtlich der Färbung eine mehr oder
minder große Umänderung des Gefieders ſtattfindet, namentlich auch an den Federn der Krauſe,
[Abbildung Der fahle Gänſegeier (Gypſ fulvuſ).]
welche bei jungen Vögeln regelmäßig dunkelfahlbraun, bei alten aber eben ſo regelmäßig weiß oder
gilblichweiß gefärbt ſind.
Die Gänſegeier ſind über alle drei Erdtheile der alten Welt verbreitet. Jn Europa lebt höchſt
wahrſcheinlich nur eine Art, der fahle Gänſegeier (Gypſ fulvuſ;), ein Vogel von 41 Zoll Länge
und 99 Zoll Breite, deſſen Fittig 26 Zoll und deſſen Schwanz 11½ Zoll mißt. Das Geſieder iſt
ſehr gleichmäßig lichtfahlbraun, auf der Unterſeite dunkler, als auf der Oberſeite. Jede einzelne
Feder iſt lichter geſchäftet. Die breiten, weiß geſäumten großen Flügeldeckfedern bilden eine lichte
Binde auf der Oberſeite. Die Schwingen erſter Ordnung und die Steuerfedern ſind ſchwarz, die
Schwingen zweiter Ordnung graubraun, auf der Außenfahne breit fahl gerandet. Das Auge iſt
lichtbraun, die Wachshaut dunkelbleigrau, der Schnabel roſtfarben, der Fuß lichtbräunlichgrau. Bei
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 563. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/595>, abgerufen am 22.11.2024.
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