verdienen. Außer den Menschen haben die schönen Vögel wenig Feinde, die schwächeren Arten, wenn sie erwachsen sind, solche wohl nur in den größeren Verwandten. Den Eiern und den Jungen mögen kletternde Raubsäugethiere zuweilen verderblich werden; doch ist Dies nur eine Vermuthung, nicht eine durch Erfahrung bestätigte Thatsache.
Dagegen sind die Edelfalken seit altersgrauer Zeit von den Menschen benutzt worden und werden es in mehreren Ländern Asiens und Afrikas noch heutigen Tages. Sie sind die Falken unserer Dichter, diejenigen, welche zur Baize abgerichtet worden. Lenz hat alles hierauf Bezügliche so über- sichtlich und gedrungen zusammengestellt, daß ich nichts Besseres zu thun weiß, als ihn anstatt meiner diesen Gegenstand besprechen zu lassen:
"Die Kunst, Falken zur Baize abzurichten, ist uralt. Schon ums Jahr 400 vor Chr. fand sie Ktesias bei den Jndern; ums Jahr 75 nach Chr. jagten die Thracier mit Falken; ums Jahr 330 nach Chr. nennt Julius Firmicus Maternus aus Sicilien nutritores accipitrum, falconum cetera- rumque avium, quae ad aucupia pertinent. -- Ums Jahr 480 nach Chr. muß die Falkenbaize von Römern noch wenig betrieben worden sein, denn Sidonius Apollinaris rühmt in jener Zeit des römischen Kaisers Avitus Sohn Hecdicius, daß er der Erste gewesen, der in seiner Gegend die Falkenbaize eingeführt. -- Bald darauf verbreitete sich aber die Liebhaberei dafür schon so weit, daß Jagdfalken und Jagdhunde im Jahre 506 auf der Kirchenversammlung zu Agda den Geistlichen verboten wurden. Dieses Verbot half nichts und wurde eben so vergeblich im Jahre 517 zu Epaon und 585 zu Macon wiederholt. -- Jm achten Jahrhundert schrieb König Ethelbert an Bonifaz, Erzbischof zu Mainz, um ein paar Falken, mit welchen Kraniche gebaizt werden sollten. -- Ums Jahr 800 gab Karl der Große über die zur Jagd abgerichteten Habichte, Falken und Sperber folgendes Gesetz, welches später ins Deutsche übersetzt also lautet: "Wer einen Habich stilet oder vahet der den Kranich vahet der soll im einen als gütten geben als yener was und sechs Schilling und drei Schilling um einen Valcken der die Vogel fahet in den lüfften. -- Wer einen Sperber oder ander Vogel die auf der Hand treyt, wer die stilt oder schlecht der geb einen als gütten als yener was und einen schilling." -- Kaiser Friedrich Bar- barossa richtete selbst Falken, Pferde und Hunde ab. -- Darauf hielt sich, wie Bandollus erzählt, Raynald, Markgraf zu Este, Sohn des Barthold, mit großen Kosten gegen 150 Jagdfalken. -- Kaiser Heinrich VI., Sohn Friedrich Barbarossa's, war, wie Collenuccio schreibt, ebenfalls ein großer Lieb- haber der Falkonierkunst. -- Kaiser Friedrich II. war selbst der geschickteste und leidenschaftlichste Falkonier seiner Zeit, und schrieb ein Buch de arte venandi cum avibus, welches aber erst im Jahre 1596, und zwar zu Augsburg, gedruckt ward. Die Handschrift war mit Anmerkungen von Friedrich's Sohn, Man- fred, König von Sicilien, versehen. -- Philipp August, König von Frankreich, dem bei der Belagerung von Akkon ein wunderschöner Falk wegflog, bot den Türken für dessen Rückgabe vergeblich tausend Gold- stücke. -- Ums Jahr 1270 schrieb Demetrius, wahrscheinlich Arzt des griechischen Kaisers Michael Paläologus, in griechischer Sprache ein Buch über die Falknerei; es wurde im Jahre 1612 zu Paris gedruckt. -- Ueber die Begeisterung, mit welcher auch die Damen jener Zeiten die Falknerei trieben, gibt de la Curne de Sainte Palaye, Paris, 1759, Auskunft. -- Jn Preußen errichtete der Hochmeister Konrad von Jungingen im Jahre 1396 eine eigne Falkenschule. -- Eduard III. von England setzte den Tod auf den Diebstahl eines Habichts und ließ Jeden, der ein Habichtsnest ausnahm, auf ein Jahr und einen Tag ins Gefängniß setzen. -- Als Bajazet in der Schlacht bei Nikopolis im Jahr 1396 den Herzog von Nevers und viele französische Edelleute gefangen genommen, schlug er jedes für die- selben gebotne Lösegeld aus. Als ihm aber statt des Geldes zwölf weiße Falken, welche der Herzog von Burgund schickte, geboten wurden, gab er dafür sogleich den Herzog und alle gefangenen Franzosen frei. -- Franz I. von Frankreich hatte einen Oberfalkenmeister, unter welchem 15 Edelleute und 50 Falkoniere standen. Die Zahl seiner Falken betrug 300. -- Kaiser Karl V. übergab die Jnsel Malta den Johannitern unter der Bedingungen zur Lehn, daß sie jährlich einen weißen Falken liefern sollten. -- Nachdem den Geistlichen die Falknerei endlich erfolgreich verboten war, behaupteten doch die Barone das Recht, ihre Falken während des Gottesdienstes auf den Altar zu setzen." --
Edelfalk. Falkenbaize.
verdienen. Außer den Menſchen haben die ſchönen Vögel wenig Feinde, die ſchwächeren Arten, wenn ſie erwachſen ſind, ſolche wohl nur in den größeren Verwandten. Den Eiern und den Jungen mögen kletternde Raubſäugethiere zuweilen verderblich werden; doch iſt Dies nur eine Vermuthung, nicht eine durch Erfahrung beſtätigte Thatſache.
Dagegen ſind die Edelfalken ſeit altersgrauer Zeit von den Menſchen benutzt worden und werden es in mehreren Ländern Aſiens und Afrikas noch heutigen Tages. Sie ſind die Falken unſerer Dichter, diejenigen, welche zur Baize abgerichtet worden. Lenz hat alles hierauf Bezügliche ſo über- ſichtlich und gedrungen zuſammengeſtellt, daß ich nichts Beſſeres zu thun weiß, als ihn anſtatt meiner dieſen Gegenſtand beſprechen zu laſſen:
„Die Kunſt, Falken zur Baize abzurichten, iſt uralt. Schon ums Jahr 400 vor Chr. fand ſie Kteſias bei den Jndern; ums Jahr 75 nach Chr. jagten die Thracier mit Falken; ums Jahr 330 nach Chr. nennt Julius Firmicus Maternus aus Sicilien nutritores accipitrum, falconum cetera- rumque avium, quae ad aucupia pertinent. — Ums Jahr 480 nach Chr. muß die Falkenbaize von Römern noch wenig betrieben worden ſein, denn Sidonius Apollinaris rühmt in jener Zeit des römiſchen Kaiſers Avitus Sohn Hecdicius, daß er der Erſte geweſen, der in ſeiner Gegend die Falkenbaize eingeführt. — Bald darauf verbreitete ſich aber die Liebhaberei dafür ſchon ſo weit, daß Jagdfalken und Jagdhunde im Jahre 506 auf der Kirchenverſammlung zu Agda den Geiſtlichen verboten wurden. Dieſes Verbot half nichts und wurde eben ſo vergeblich im Jahre 517 zu Epaon und 585 zu Mâcon wiederholt. — Jm achten Jahrhundert ſchrieb König Ethelbert an Bonifaz, Erzbiſchof zu Mainz, um ein paar Falken, mit welchen Kraniche gebaizt werden ſollten. — Ums Jahr 800 gab Karl der Große über die zur Jagd abgerichteten Habichte, Falken und Sperber folgendes Geſetz, welches ſpäter ins Deutſche überſetzt alſo lautet: „Wer einen Habich ſtilet oder vahet der den Kranich vahet der ſoll im einen als gütten geben als yener was und ſechs Schilling und drei Schilling um einen Valcken der die Vogel fahet in den lüfften. — Wer einen Sperber oder ander Vogel die auf der Hand treyt, wer die ſtilt oder ſchlecht der geb einen als gütten als yener was und einen ſchilling.‟ — Kaiſer Friedrich Bar- baroſſa richtete ſelbſt Falken, Pferde und Hunde ab. — Darauf hielt ſich, wie Bandollus erzählt, Raynald, Markgraf zu Eſte, Sohn des Barthold, mit großen Koſten gegen 150 Jagdfalken. — Kaiſer Heinrich VI., Sohn Friedrich Barbaroſſa’s, war, wie Collenuccio ſchreibt, ebenfalls ein großer Lieb- haber der Falkonierkunſt. — Kaiſer Friedrich II. war ſelbſt der geſchickteſte und leidenſchaftlichſte Falkonier ſeiner Zeit, und ſchrieb ein Buch de arte venandi cum avibus, welches aber erſt im Jahre 1596, und zwar zu Augsburg, gedruckt ward. Die Handſchrift war mit Anmerkungen von Friedrich’s Sohn, Man- fred, König von Sicilien, verſehen. — Philipp Auguſt, König von Frankreich, dem bei der Belagerung von Akkon ein wunderſchöner Falk wegflog, bot den Türken für deſſen Rückgabe vergeblich tauſend Gold- ſtücke. — Ums Jahr 1270 ſchrieb Demetrius, wahrſcheinlich Arzt des griechiſchen Kaiſers Michaël Paläologus, in griechiſcher Sprache ein Buch über die Falknerei; es wurde im Jahre 1612 zu Paris gedruckt. — Ueber die Begeiſterung, mit welcher auch die Damen jener Zeiten die Falknerei trieben, gibt de la Curne de Sainte Palaye, Paris, 1759, Auskunft. — Jn Preußen errichtete der Hochmeiſter Konrad von Jungingen im Jahre 1396 eine eigne Falkenſchule. — Eduard III. von England ſetzte den Tod auf den Diebſtahl eines Habichts und ließ Jeden, der ein Habichtsneſt ausnahm, auf ein Jahr und einen Tag ins Gefängniß ſetzen. — Als Bajazet in der Schlacht bei Nikopolis im Jahr 1396 den Herzog von Nevers und viele franzöſiſche Edelleute gefangen genommen, ſchlug er jedes für die- ſelben gebotne Löſegeld aus. Als ihm aber ſtatt des Geldes zwölf weiße Falken, welche der Herzog von Burgund ſchickte, geboten wurden, gab er dafür ſogleich den Herzog und alle gefangenen Franzoſen frei. — Franz I. von Frankreich hatte einen Oberfalkenmeiſter, unter welchem 15 Edelleute und 50 Falkoniere ſtanden. Die Zahl ſeiner Falken betrug 300. — Kaiſer Karl V. übergab die Jnſel Malta den Johannitern unter der Bedingungen zur Lehn, daß ſie jährlich einen weißen Falken liefern ſollten. — Nachdem den Geiſtlichen die Falknerei endlich erfolgreich verboten war, behaupteten doch die Barone das Recht, ihre Falken während des Gottesdienſtes auf den Altar zu ſetzen.‟ —
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[409/0437]
Edelfalk. Falkenbaize.
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wenn ſie erwachſen ſind, ſolche wohl nur in den größeren Verwandten. Den Eiern und den Jungen
mögen kletternde Raubſäugethiere zuweilen verderblich werden; doch iſt Dies nur eine Vermuthung,
nicht eine durch Erfahrung beſtätigte Thatſache.
Dagegen ſind die Edelfalken ſeit altersgrauer Zeit von den Menſchen benutzt worden und werden
es in mehreren Ländern Aſiens und Afrikas noch heutigen Tages. Sie ſind die Falken unſerer
Dichter, diejenigen, welche zur Baize abgerichtet worden. Lenz hat alles hierauf Bezügliche ſo über-
ſichtlich und gedrungen zuſammengeſtellt, daß ich nichts Beſſeres zu thun weiß, als ihn anſtatt meiner
dieſen Gegenſtand beſprechen zu laſſen:
„Die Kunſt, Falken zur Baize abzurichten, iſt uralt. Schon ums Jahr 400 vor Chr. fand ſie
Kteſias bei den Jndern; ums Jahr 75 nach Chr. jagten die Thracier mit Falken; ums Jahr 330
nach Chr. nennt Julius Firmicus Maternus aus Sicilien nutritores accipitrum, falconum cetera-
rumque avium, quae ad aucupia pertinent. — Ums Jahr 480 nach Chr. muß die Falkenbaize von
Römern noch wenig betrieben worden ſein, denn Sidonius Apollinaris rühmt in jener Zeit des
römiſchen Kaiſers Avitus Sohn Hecdicius, daß er der Erſte geweſen, der in ſeiner Gegend die Falkenbaize
eingeführt. — Bald darauf verbreitete ſich aber die Liebhaberei dafür ſchon ſo weit, daß Jagdfalken
und Jagdhunde im Jahre 506 auf der Kirchenverſammlung zu Agda den Geiſtlichen verboten wurden.
Dieſes Verbot half nichts und wurde eben ſo vergeblich im Jahre 517 zu Epaon und 585 zu Mâcon
wiederholt. — Jm achten Jahrhundert ſchrieb König Ethelbert an Bonifaz, Erzbiſchof zu Mainz, um
ein paar Falken, mit welchen Kraniche gebaizt werden ſollten. — Ums Jahr 800 gab Karl der Große
über die zur Jagd abgerichteten Habichte, Falken und Sperber folgendes Geſetz, welches ſpäter ins
Deutſche überſetzt alſo lautet: „Wer einen Habich ſtilet oder vahet der den Kranich vahet der ſoll im
einen als gütten geben als yener was und ſechs Schilling und drei Schilling um einen Valcken der die
Vogel fahet in den lüfften. — Wer einen Sperber oder ander Vogel die auf der Hand treyt, wer die
ſtilt oder ſchlecht der geb einen als gütten als yener was und einen ſchilling.‟ — Kaiſer Friedrich Bar-
baroſſa richtete ſelbſt Falken, Pferde und Hunde ab. — Darauf hielt ſich, wie Bandollus erzählt,
Raynald, Markgraf zu Eſte, Sohn des Barthold, mit großen Koſten gegen 150 Jagdfalken. — Kaiſer
Heinrich VI., Sohn Friedrich Barbaroſſa’s, war, wie Collenuccio ſchreibt, ebenfalls ein großer Lieb-
haber der Falkonierkunſt. — Kaiſer Friedrich II. war ſelbſt der geſchickteſte und leidenſchaftlichſte Falkonier
ſeiner Zeit, und ſchrieb ein Buch de arte venandi cum avibus, welches aber erſt im Jahre 1596, und
zwar zu Augsburg, gedruckt ward. Die Handſchrift war mit Anmerkungen von Friedrich’s Sohn, Man-
fred, König von Sicilien, verſehen. — Philipp Auguſt, König von Frankreich, dem bei der Belagerung
von Akkon ein wunderſchöner Falk wegflog, bot den Türken für deſſen Rückgabe vergeblich tauſend Gold-
ſtücke. — Ums Jahr 1270 ſchrieb Demetrius, wahrſcheinlich Arzt des griechiſchen Kaiſers Michaël
Paläologus, in griechiſcher Sprache ein Buch über die Falknerei; es wurde im Jahre 1612 zu Paris
gedruckt. — Ueber die Begeiſterung, mit welcher auch die Damen jener Zeiten die Falknerei trieben,
gibt de la Curne de Sainte Palaye, Paris, 1759, Auskunft. — Jn Preußen errichtete der Hochmeiſter
Konrad von Jungingen im Jahre 1396 eine eigne Falkenſchule. — Eduard III. von England ſetzte den
Tod auf den Diebſtahl eines Habichts und ließ Jeden, der ein Habichtsneſt ausnahm, auf ein Jahr
und einen Tag ins Gefängniß ſetzen. — Als Bajazet in der Schlacht bei Nikopolis im Jahr 1396
den Herzog von Nevers und viele franzöſiſche Edelleute gefangen genommen, ſchlug er jedes für die-
ſelben gebotne Löſegeld aus. Als ihm aber ſtatt des Geldes zwölf weiße Falken, welche der Herzog
von Burgund ſchickte, geboten wurden, gab er dafür ſogleich den Herzog und alle gefangenen Franzoſen
frei. — Franz I. von Frankreich hatte einen Oberfalkenmeiſter, unter welchem 15 Edelleute und 50
Falkoniere ſtanden. Die Zahl ſeiner Falken betrug 300. — Kaiſer Karl V. übergab die Jnſel Malta
den Johannitern unter der Bedingungen zur Lehn, daß ſie jährlich einen weißen Falken liefern ſollten. —
Nachdem den Geiſtlichen die Falknerei endlich erfolgreich verboten war, behaupteten doch die Barone
das Recht, ihre Falken während des Gottesdienſtes auf den Altar zu ſetzen.‟ —
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/437>, abgerufen am 22.11.2024.
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