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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Knacker. Rabenvögel. Pisangfresser.

Die Mäusevögel (Colii) bilden die zweite Horde, welche nur aus einer einzigen Sippe besteht.
Es läßt sich nicht leugnen, daß die hierher gehörigen Vögel mit den Pisangfressern noch große
Aehnlichkeit zeigen; demungeachtet bekunden sie ein sehr eigenthümliches Gepräge, und Dies ist auch der
Grund, weshalb sie von den verschiedenen Naturforschern bald hier-, bald dorthin gestellt worden sind.
Linne zählte sie zu den Finken, und viele nach ihm kommende Forscher folgten ihm darin, während
andere gar keine bestimmte Stellung im System finden zu können meinten; erst Swainson wies
ihnen den Platz an, welchen sie gegenwärtig ziemlich unbestritten einnehmen.

Alle bis jetzt bekannten Arten der Sippe ähneln sich sehr. Jhr Leib ist lang gestreckt, fast
walzenförmig, sehr muskelig, um nicht zu sagen fleischig. Der Schwanz ist fast noch einmal so lang,
als der Leib; die Flügel sind kurz und stark gerundet, die Füße kurzläufig, aber langzehig. Der
Schnabel ist kurz, dick, gewölbt, von der Wurzel an gebogen, an der Spitze etwas zusammengedrückt,
der Oberschnabel mit schwachem Haken über den unteren herabgekrümmt. Zu den besonderen Eigen-
thümlichkeiten gehört die Bildung der Füße und die Beschaffenheit des Gesieders. Bei ersteren können
nämlich alle vier Zehen nach vorn gerichtet oder die beiden seitlichen nach hinten gewendet werden; das
letztere ist, soweit es den Leib bekleidet, außerordentlich fein und zerschlissen, so daß die Federn den
Haaren der Säugethiere ähneln. Dagegen sind die langen Schwanzfedern wiederum durch ihre auf-
fallende Steifheit bemerkenswerth. Jede einzelne von den zwölf Federn des Schwanzes besitzt einen
sehr starken Schaft mit zwei ziemlich gleich breiten oder richtiger gleich schmalen Fahnen, deren Fasern
ebenfalls sehr kräftig sind. Die mittleren Schwanzfedern sind wenigstens viermal so lang, als die
äußeren, wodurch eine Abstufung entsteht, wie sie in der ganzen Klasse kaum noch einmal vorkommt.
Die Flügel sind kurz und sehr stark abgestumpft, die vierte Schwinge ist die längste, mit der fünften
und sechsten aber fast gleich lang. Ein schwer zu bestimmendes Fahlgrau, welches bald mehr, bald
weniger in das Röthliche oder Aschfarbene spielt, ist vorherrschend, der Name Mäusevogel also auch
in dieser Hinsicht gut gewählt.

Während meiner Reise in Afrika habe ich zwei verschiedene Arten dieser sonderbaren Vögel kennen
gelernt, den Wiriwa (Colius senegalensis) und den weißwangigen Mäusevogel (C. leucotis).
Bei ersterem ist die Stirn falb, ein aus zerschlissenen Federn bestehender Busch braungrau, der Hinter-
kopf, wie die Seiten des Halfes röthlichgelb, der übrige Oberkörper blaugrau, die Kehle hellfalb,
Vorderhals und Brust graublau, fahl gewölkt, der Bauch rostfarben, der Schnabel an der Wurzel
röthlich, an der Spitze schwarz, der Fuß korallenroth. Das Auge ist rothbraun, ein nackter Ring um
dasselbe lackroth. Bei dem weißwangigen Mäusevogel ist das ganze Gefieder mäusegrau, fein
gesperbert, die Unterseite fahlgrau, die Kehle aschgrau, die Stirn grauschwarz, die Wange lichtgraugelb.
Die Fahnen des Schwanzes sind breiter als bei dem Wiriwa. Das Auge ist lichtblau, der Ober-
schnabel bläulich, der Unterschnabel aber röthlich hornfarben, der Fuß korallenroth. Jn der Größe
kommen sich beide Arten ziemlich gleich. Die Länge beträgt 13 bis 131/2, die Breite 11 bis 111/2 Zoll;
der Fittig mißt 33/4 Zoll, der Schwanz 9 bis 91/2 Zoll.

Die Mäusevögel sind, wie es scheint, auf Afrika beschränkt; denn die Angabe älterer Schriftsteller,
daß sie auch in Jndien gefunden werden, bedarf wohl noch der Bestätigung. Sie bewohnen Mittel-
und Südafrika, fehlen aber im Norden gänzlich, obwohl dort ihre Lieblingsbäume recht gut gedeihen;
erst wenn man in die baumreiche Steppe eingetreten ist, begegnet man ihren Flügen. Jn den eigent-
lichen Urwaldungen sind sie stellenweise sehr häufig und in den innerafrikanischen Städten ebensowohl,
wie in den Ortschaften des Kaplandes regelmäßige Erscheinungen. Einzelne Arten scheinen hinsicht-
lich ihrer Verbreitung beschränkt zu sein, andere verbreiten sich von der West- bis zur Ostküste und
vom 16. Grad nördlicher Breite bis zum Vorgebirge der guten Hoffnung. Alle Arten aber finden
sich nur da, wo es Bäume oder Gebüsche gibt, welche anderen Vögeln im buchstäblichen Sinne des
Worts undurchdringlich sind.

Hinsichtlich der Lebensweise stimmen alle Mäusevögel so überein, daß es gewiß nicht fehlerhaft
ist, die über die einzelnen Arten überhaupt gemachten Beobachtungen zusammenzufassen. Le Vaillant

Die Knacker. Rabenvögel. Piſangfreſſer.

Die Mäuſevögel (Colii) bilden die zweite Horde, welche nur aus einer einzigen Sippe beſteht.
Es läßt ſich nicht leugnen, daß die hierher gehörigen Vögel mit den Piſangfreſſern noch große
Aehnlichkeit zeigen; demungeachtet bekunden ſie ein ſehr eigenthümliches Gepräge, und Dies iſt auch der
Grund, weshalb ſie von den verſchiedenen Naturforſchern bald hier-, bald dorthin geſtellt worden ſind.
Linné zählte ſie zu den Finken, und viele nach ihm kommende Forſcher folgten ihm darin, während
andere gar keine beſtimmte Stellung im Syſtem finden zu können meinten; erſt Swainſon wies
ihnen den Platz an, welchen ſie gegenwärtig ziemlich unbeſtritten einnehmen.

Alle bis jetzt bekannten Arten der Sippe ähneln ſich ſehr. Jhr Leib iſt lang geſtreckt, faſt
walzenförmig, ſehr muskelig, um nicht zu ſagen fleiſchig. Der Schwanz iſt faſt noch einmal ſo lang,
als der Leib; die Flügel ſind kurz und ſtark gerundet, die Füße kurzläufig, aber langzehig. Der
Schnabel iſt kurz, dick, gewölbt, von der Wurzel an gebogen, an der Spitze etwas zuſammengedrückt,
der Oberſchnabel mit ſchwachem Haken über den unteren herabgekrümmt. Zu den beſonderen Eigen-
thümlichkeiten gehört die Bildung der Füße und die Beſchaffenheit des Geſieders. Bei erſteren können
nämlich alle vier Zehen nach vorn gerichtet oder die beiden ſeitlichen nach hinten gewendet werden; das
letztere iſt, ſoweit es den Leib bekleidet, außerordentlich fein und zerſchliſſen, ſo daß die Federn den
Haaren der Säugethiere ähneln. Dagegen ſind die langen Schwanzfedern wiederum durch ihre auf-
fallende Steifheit bemerkenswerth. Jede einzelne von den zwölf Federn des Schwanzes beſitzt einen
ſehr ſtarken Schaft mit zwei ziemlich gleich breiten oder richtiger gleich ſchmalen Fahnen, deren Faſern
ebenfalls ſehr kräftig ſind. Die mittleren Schwanzfedern ſind wenigſtens viermal ſo lang, als die
äußeren, wodurch eine Abſtufung entſteht, wie ſie in der ganzen Klaſſe kaum noch einmal vorkommt.
Die Flügel ſind kurz und ſehr ſtark abgeſtumpft, die vierte Schwinge iſt die längſte, mit der fünften
und ſechsten aber faſt gleich lang. Ein ſchwer zu beſtimmendes Fahlgrau, welches bald mehr, bald
weniger in das Röthliche oder Aſchfarbene ſpielt, iſt vorherrſchend, der Name Mäuſevogel alſo auch
in dieſer Hinſicht gut gewählt.

Während meiner Reiſe in Afrika habe ich zwei verſchiedene Arten dieſer ſonderbaren Vögel kennen
gelernt, den Wiriwa (Colius senegalensis) und den weißwangigen Mäuſevogel (C. leucotis).
Bei erſterem iſt die Stirn falb, ein aus zerſchliſſenen Federn beſtehender Buſch braungrau, der Hinter-
kopf, wie die Seiten des Halfes röthlichgelb, der übrige Oberkörper blaugrau, die Kehle hellfalb,
Vorderhals und Bruſt graublau, fahl gewölkt, der Bauch roſtfarben, der Schnabel an der Wurzel
röthlich, an der Spitze ſchwarz, der Fuß korallenroth. Das Auge iſt rothbraun, ein nackter Ring um
daſſelbe lackroth. Bei dem weißwangigen Mäuſevogel iſt das ganze Gefieder mäuſegrau, fein
geſperbert, die Unterſeite fahlgrau, die Kehle aſchgrau, die Stirn grauſchwarz, die Wange lichtgraugelb.
Die Fahnen des Schwanzes ſind breiter als bei dem Wiriwa. Das Auge iſt lichtblau, der Ober-
ſchnabel bläulich, der Unterſchnabel aber röthlich hornfarben, der Fuß korallenroth. Jn der Größe
kommen ſich beide Arten ziemlich gleich. Die Länge beträgt 13 bis 13½, die Breite 11 bis 11½ Zoll;
der Fittig mißt 3¾ Zoll, der Schwanz 9 bis 9½ Zoll.

Die Mäuſevögel ſind, wie es ſcheint, auf Afrika beſchränkt; denn die Angabe älterer Schriftſteller,
daß ſie auch in Jndien gefunden werden, bedarf wohl noch der Beſtätigung. Sie bewohnen Mittel-
und Südafrika, fehlen aber im Norden gänzlich, obwohl dort ihre Lieblingsbäume recht gut gedeihen;
erſt wenn man in die baumreiche Steppe eingetreten iſt, begegnet man ihren Flügen. Jn den eigent-
lichen Urwaldungen ſind ſie ſtellenweiſe ſehr häufig und in den innerafrikaniſchen Städten ebenſowohl,
wie in den Ortſchaften des Kaplandes regelmäßige Erſcheinungen. Einzelne Arten ſcheinen hinſicht-
lich ihrer Verbreitung beſchränkt zu ſein, andere verbreiten ſich von der Weſt- bis zur Oſtküſte und
vom 16. Grad nördlicher Breite bis zum Vorgebirge der guten Hoffnung. Alle Arten aber finden
ſich nur da, wo es Bäume oder Gebüſche gibt, welche anderen Vögeln im buchſtäblichen Sinne des
Worts undurchdringlich ſind.

Hinſichtlich der Lebensweiſe ſtimmen alle Mäuſevögel ſo überein, daß es gewiß nicht fehlerhaft
iſt, die über die einzelnen Arten überhaupt gemachten Beobachtungen zuſammenzufaſſen. Le Vaillant

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[396/0424] Die Knacker. Rabenvögel. Piſangfreſſer. Die Mäuſevögel (Colii) bilden die zweite Horde, welche nur aus einer einzigen Sippe beſteht. Es läßt ſich nicht leugnen, daß die hierher gehörigen Vögel mit den Piſangfreſſern noch große Aehnlichkeit zeigen; demungeachtet bekunden ſie ein ſehr eigenthümliches Gepräge, und Dies iſt auch der Grund, weshalb ſie von den verſchiedenen Naturforſchern bald hier-, bald dorthin geſtellt worden ſind. Linné zählte ſie zu den Finken, und viele nach ihm kommende Forſcher folgten ihm darin, während andere gar keine beſtimmte Stellung im Syſtem finden zu können meinten; erſt Swainſon wies ihnen den Platz an, welchen ſie gegenwärtig ziemlich unbeſtritten einnehmen. Alle bis jetzt bekannten Arten der Sippe ähneln ſich ſehr. Jhr Leib iſt lang geſtreckt, faſt walzenförmig, ſehr muskelig, um nicht zu ſagen fleiſchig. Der Schwanz iſt faſt noch einmal ſo lang, als der Leib; die Flügel ſind kurz und ſtark gerundet, die Füße kurzläufig, aber langzehig. Der Schnabel iſt kurz, dick, gewölbt, von der Wurzel an gebogen, an der Spitze etwas zuſammengedrückt, der Oberſchnabel mit ſchwachem Haken über den unteren herabgekrümmt. Zu den beſonderen Eigen- thümlichkeiten gehört die Bildung der Füße und die Beſchaffenheit des Geſieders. Bei erſteren können nämlich alle vier Zehen nach vorn gerichtet oder die beiden ſeitlichen nach hinten gewendet werden; das letztere iſt, ſoweit es den Leib bekleidet, außerordentlich fein und zerſchliſſen, ſo daß die Federn den Haaren der Säugethiere ähneln. Dagegen ſind die langen Schwanzfedern wiederum durch ihre auf- fallende Steifheit bemerkenswerth. Jede einzelne von den zwölf Federn des Schwanzes beſitzt einen ſehr ſtarken Schaft mit zwei ziemlich gleich breiten oder richtiger gleich ſchmalen Fahnen, deren Faſern ebenfalls ſehr kräftig ſind. Die mittleren Schwanzfedern ſind wenigſtens viermal ſo lang, als die äußeren, wodurch eine Abſtufung entſteht, wie ſie in der ganzen Klaſſe kaum noch einmal vorkommt. Die Flügel ſind kurz und ſehr ſtark abgeſtumpft, die vierte Schwinge iſt die längſte, mit der fünften und ſechsten aber faſt gleich lang. Ein ſchwer zu beſtimmendes Fahlgrau, welches bald mehr, bald weniger in das Röthliche oder Aſchfarbene ſpielt, iſt vorherrſchend, der Name Mäuſevogel alſo auch in dieſer Hinſicht gut gewählt. Während meiner Reiſe in Afrika habe ich zwei verſchiedene Arten dieſer ſonderbaren Vögel kennen gelernt, den Wiriwa (Colius senegalensis) und den weißwangigen Mäuſevogel (C. leucotis). Bei erſterem iſt die Stirn falb, ein aus zerſchliſſenen Federn beſtehender Buſch braungrau, der Hinter- kopf, wie die Seiten des Halfes röthlichgelb, der übrige Oberkörper blaugrau, die Kehle hellfalb, Vorderhals und Bruſt graublau, fahl gewölkt, der Bauch roſtfarben, der Schnabel an der Wurzel röthlich, an der Spitze ſchwarz, der Fuß korallenroth. Das Auge iſt rothbraun, ein nackter Ring um daſſelbe lackroth. Bei dem weißwangigen Mäuſevogel iſt das ganze Gefieder mäuſegrau, fein geſperbert, die Unterſeite fahlgrau, die Kehle aſchgrau, die Stirn grauſchwarz, die Wange lichtgraugelb. Die Fahnen des Schwanzes ſind breiter als bei dem Wiriwa. Das Auge iſt lichtblau, der Ober- ſchnabel bläulich, der Unterſchnabel aber röthlich hornfarben, der Fuß korallenroth. Jn der Größe kommen ſich beide Arten ziemlich gleich. Die Länge beträgt 13 bis 13½, die Breite 11 bis 11½ Zoll; der Fittig mißt 3¾ Zoll, der Schwanz 9 bis 9½ Zoll. Die Mäuſevögel ſind, wie es ſcheint, auf Afrika beſchränkt; denn die Angabe älterer Schriftſteller, daß ſie auch in Jndien gefunden werden, bedarf wohl noch der Beſtätigung. Sie bewohnen Mittel- und Südafrika, fehlen aber im Norden gänzlich, obwohl dort ihre Lieblingsbäume recht gut gedeihen; erſt wenn man in die baumreiche Steppe eingetreten iſt, begegnet man ihren Flügen. Jn den eigent- lichen Urwaldungen ſind ſie ſtellenweiſe ſehr häufig und in den innerafrikaniſchen Städten ebenſowohl, wie in den Ortſchaften des Kaplandes regelmäßige Erſcheinungen. Einzelne Arten ſcheinen hinſicht- lich ihrer Verbreitung beſchränkt zu ſein, andere verbreiten ſich von der Weſt- bis zur Oſtküſte und vom 16. Grad nördlicher Breite bis zum Vorgebirge der guten Hoffnung. Alle Arten aber finden ſich nur da, wo es Bäume oder Gebüſche gibt, welche anderen Vögeln im buchſtäblichen Sinne des Worts undurchdringlich ſind. Hinſichtlich der Lebensweiſe ſtimmen alle Mäuſevögel ſo überein, daß es gewiß nicht fehlerhaft iſt, die über die einzelnen Arten überhaupt gemachten Beobachtungen zuſammenzufaſſen. Le Vaillant

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/424>, abgerufen am 22.11.2024.