Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Knacker. Rabenvögel. Raben.
anmuthigerer Weise, als sie, sei es durch ihre gewandten Bewegungen auf und über dem Boden, oder
sei es durch ihre laut schallenden Flötentöne, welche sie im Sitzen, wie im Fliegen hören lassen." Sie
fliegen meist in Gesellschaften zu vier bis sechs Stück, wahrscheinlich in Familien, aus den beiden
Eltern und ihren Kindern bestehend. Jhre Nester werden aus Reißig aufgebaut und mit Gräsern
und andern passenden Stoffen ausgefüllt; sie ähneln denen unserer Krähen am meisten. Das
Gelege besteht aus drei bis vier Eiern. Die Jungen, welche von beiden Eltern aufgefüttert und sehr
muthig vertheidigt werden, erhalten schon nach der ersten Mauser das ausgefärbte Kleid.

Es genügt, wenn ich die Vertreter zweier Sippen der Horde hier ausführlicher bespreche.

Der Flötenvogel (Gymnorhina tibicen), welcher in den letzten Jahren ein Bewohner aller
Thiergärten geworden ist, kommt einer Saatkrähe an Größe ungefähr gleich. Seine Länge beträgt
161/2 Zoll. Das Gefieder ist der Hauptsache nach schwarz, auf Nacken, Unterrücken, den oberen und

[Abbildung] Der Flötenvogel (Gymnorhina tibicen).
unteren Schwanzdeckfedern und den vorderen Flügeldeckfedern aber weiß. Das Auge ist röthlichnuß-
braun, der Schnabel bräunlichaschgrau, der Fuß schwarz.

Nach Gould ist der Flötenvogel in Neusüdwales sehr häufig, wahrscheinlich aber auch nur in
diesem Theile Australiens einheimisch. Er ist ein augenfälliger und muthiger Vogel, welcher die
Gefilde sehr zu schmücken weiß, da, wo man ihn nicht verfolgt oder vertreibt, in die Gärten der An-
siedler hereinkommt, bei einiger Hegung sogar die Wohnungen besucht und den ihm gewährten Schutz
durch größte Zutraulichkeit erwiedert. Sein buntes Gefieder erfreut das Auge, sein eigenthümlicher
Morgengesang das Ohr. Gould versichert, daß es ihm unmöglich sei, die eigenthümlichen Laute des
Flötenvogels zu beschreiben, und ich meinestheils muß damit vollständig übereinstimmen.

Helle, offene Gegenden, welche mit Baumgruppen bewachsen sind, bilden seine bevorzugten Wohn-
sitze; deshalb zieht er das Jnnere des Landes der Küste vor. Die Nahrung besteht hauptsächlich aus

Die Knacker. Rabenvögel. Raben.
anmuthigerer Weiſe, als ſie, ſei es durch ihre gewandten Bewegungen auf und über dem Boden, oder
ſei es durch ihre laut ſchallenden Flötentöne, welche ſie im Sitzen, wie im Fliegen hören laſſen.‟ Sie
fliegen meiſt in Geſellſchaften zu vier bis ſechs Stück, wahrſcheinlich in Familien, aus den beiden
Eltern und ihren Kindern beſtehend. Jhre Neſter werden aus Reißig aufgebaut und mit Gräſern
und andern paſſenden Stoffen ausgefüllt; ſie ähneln denen unſerer Krähen am meiſten. Das
Gelege beſteht aus drei bis vier Eiern. Die Jungen, welche von beiden Eltern aufgefüttert und ſehr
muthig vertheidigt werden, erhalten ſchon nach der erſten Mauſer das ausgefärbte Kleid.

Es genügt, wenn ich die Vertreter zweier Sippen der Horde hier ausführlicher beſpreche.

Der Flötenvogel (Gymnorhina tibicen), welcher in den letzten Jahren ein Bewohner aller
Thiergärten geworden iſt, kommt einer Saatkrähe an Größe ungefähr gleich. Seine Länge beträgt
16½ Zoll. Das Gefieder iſt der Hauptſache nach ſchwarz, auf Nacken, Unterrücken, den oberen und

[Abbildung] Der Flötenvogel (Gymnorhina tibicen).
unteren Schwanzdeckfedern und den vorderen Flügeldeckfedern aber weiß. Das Auge iſt röthlichnuß-
braun, der Schnabel bräunlichaſchgrau, der Fuß ſchwarz.

Nach Gould iſt der Flötenvogel in Neuſüdwales ſehr häufig, wahrſcheinlich aber auch nur in
dieſem Theile Auſtraliens einheimiſch. Er iſt ein augenfälliger und muthiger Vogel, welcher die
Gefilde ſehr zu ſchmücken weiß, da, wo man ihn nicht verfolgt oder vertreibt, in die Gärten der An-
ſiedler hereinkommt, bei einiger Hegung ſogar die Wohnungen beſucht und den ihm gewährten Schutz
durch größte Zutraulichkeit erwiedert. Sein buntes Gefieder erfreut das Auge, ſein eigenthümlicher
Morgengeſang das Ohr. Gould verſichert, daß es ihm unmöglich ſei, die eigenthümlichen Laute des
Flötenvogels zu beſchreiben, und ich meinestheils muß damit vollſtändig übereinſtimmen.

Helle, offene Gegenden, welche mit Baumgruppen bewachſen ſind, bilden ſeine bevorzugten Wohn-
ſitze; deshalb zieht er das Jnnere des Landes der Küſte vor. Die Nahrung beſteht hauptſächlich aus

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0396" n="368"/><fw place="top" type="header">Die Knacker. Rabenvögel. Raben.</fw><lb/>
anmuthigerer Wei&#x017F;e, als &#x017F;ie, &#x017F;ei es durch ihre gewandten Bewegungen auf und über dem Boden, oder<lb/>
&#x017F;ei es durch ihre laut &#x017F;challenden Flötentöne, welche &#x017F;ie im Sitzen, wie im Fliegen hören la&#x017F;&#x017F;en.&#x201F; Sie<lb/>
fliegen mei&#x017F;t in Ge&#x017F;ell&#x017F;chaften zu vier bis &#x017F;echs Stück, wahr&#x017F;cheinlich in Familien, aus den beiden<lb/>
Eltern und ihren Kindern be&#x017F;tehend. Jhre Ne&#x017F;ter werden aus Reißig aufgebaut und mit Grä&#x017F;ern<lb/>
und andern pa&#x017F;&#x017F;enden Stoffen ausgefüllt; &#x017F;ie ähneln denen un&#x017F;erer <hi rendition="#g">Krähen</hi> am mei&#x017F;ten. Das<lb/>
Gelege be&#x017F;teht aus drei bis vier Eiern. Die Jungen, welche von beiden Eltern aufgefüttert und &#x017F;ehr<lb/>
muthig vertheidigt werden, erhalten &#x017F;chon nach der er&#x017F;ten Mau&#x017F;er das ausgefärbte Kleid.</p><lb/>
          <p>Es genügt, wenn ich die Vertreter zweier Sippen der Horde hier ausführlicher be&#x017F;preche.</p><lb/>
          <p>Der <hi rendition="#g">Flötenvogel</hi> (<hi rendition="#aq">Gymnorhina tibicen</hi>), welcher in den letzten Jahren ein Bewohner aller<lb/>
Thiergärten geworden i&#x017F;t, kommt einer <hi rendition="#g">Saatkrähe</hi> an Größe ungefähr gleich. Seine Länge beträgt<lb/>
16½ Zoll. Das Gefieder i&#x017F;t der Haupt&#x017F;ache nach &#x017F;chwarz, auf Nacken, Unterrücken, den oberen und<lb/><figure><head><hi rendition="#c"><hi rendition="#g">Der Flötenvogel</hi> (<hi rendition="#aq">Gymnorhina tibicen</hi>).</hi></head></figure><lb/>
unteren Schwanzdeckfedern und den vorderen Flügeldeckfedern aber weiß. Das Auge i&#x017F;t röthlichnuß-<lb/>
braun, der Schnabel bräunlicha&#x017F;chgrau, der Fuß &#x017F;chwarz.</p><lb/>
          <p>Nach <hi rendition="#g">Gould</hi> i&#x017F;t der Flötenvogel in Neu&#x017F;üdwales &#x017F;ehr häufig, wahr&#x017F;cheinlich aber auch nur in<lb/>
die&#x017F;em Theile Au&#x017F;traliens einheimi&#x017F;ch. Er i&#x017F;t ein augenfälliger und muthiger Vogel, welcher die<lb/>
Gefilde &#x017F;ehr zu &#x017F;chmücken weiß, da, wo man ihn nicht verfolgt oder vertreibt, in die Gärten der An-<lb/>
&#x017F;iedler hereinkommt, bei einiger Hegung &#x017F;ogar die Wohnungen be&#x017F;ucht und den ihm gewährten Schutz<lb/>
durch größte Zutraulichkeit erwiedert. Sein buntes Gefieder erfreut das Auge, &#x017F;ein eigenthümlicher<lb/>
Morgenge&#x017F;ang das Ohr. <hi rendition="#g">Gould</hi> ver&#x017F;ichert, daß es ihm unmöglich &#x017F;ei, die eigenthümlichen Laute des<lb/>
Flötenvogels zu be&#x017F;chreiben, und ich meinestheils muß damit voll&#x017F;tändig überein&#x017F;timmen.</p><lb/>
          <p>Helle, offene Gegenden, welche mit Baumgruppen bewach&#x017F;en &#x017F;ind, bilden &#x017F;eine bevorzugten Wohn-<lb/>
&#x017F;itze; deshalb zieht er das Jnnere des Landes der Kü&#x017F;te vor. Die Nahrung be&#x017F;teht haupt&#x017F;ächlich aus<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[368/0396] Die Knacker. Rabenvögel. Raben. anmuthigerer Weiſe, als ſie, ſei es durch ihre gewandten Bewegungen auf und über dem Boden, oder ſei es durch ihre laut ſchallenden Flötentöne, welche ſie im Sitzen, wie im Fliegen hören laſſen.‟ Sie fliegen meiſt in Geſellſchaften zu vier bis ſechs Stück, wahrſcheinlich in Familien, aus den beiden Eltern und ihren Kindern beſtehend. Jhre Neſter werden aus Reißig aufgebaut und mit Gräſern und andern paſſenden Stoffen ausgefüllt; ſie ähneln denen unſerer Krähen am meiſten. Das Gelege beſteht aus drei bis vier Eiern. Die Jungen, welche von beiden Eltern aufgefüttert und ſehr muthig vertheidigt werden, erhalten ſchon nach der erſten Mauſer das ausgefärbte Kleid. Es genügt, wenn ich die Vertreter zweier Sippen der Horde hier ausführlicher beſpreche. Der Flötenvogel (Gymnorhina tibicen), welcher in den letzten Jahren ein Bewohner aller Thiergärten geworden iſt, kommt einer Saatkrähe an Größe ungefähr gleich. Seine Länge beträgt 16½ Zoll. Das Gefieder iſt der Hauptſache nach ſchwarz, auf Nacken, Unterrücken, den oberen und [Abbildung Der Flötenvogel (Gymnorhina tibicen).] unteren Schwanzdeckfedern und den vorderen Flügeldeckfedern aber weiß. Das Auge iſt röthlichnuß- braun, der Schnabel bräunlichaſchgrau, der Fuß ſchwarz. Nach Gould iſt der Flötenvogel in Neuſüdwales ſehr häufig, wahrſcheinlich aber auch nur in dieſem Theile Auſtraliens einheimiſch. Er iſt ein augenfälliger und muthiger Vogel, welcher die Gefilde ſehr zu ſchmücken weiß, da, wo man ihn nicht verfolgt oder vertreibt, in die Gärten der An- ſiedler hereinkommt, bei einiger Hegung ſogar die Wohnungen beſucht und den ihm gewährten Schutz durch größte Zutraulichkeit erwiedert. Sein buntes Gefieder erfreut das Auge, ſein eigenthümlicher Morgengeſang das Ohr. Gould verſichert, daß es ihm unmöglich ſei, die eigenthümlichen Laute des Flötenvogels zu beſchreiben, und ich meinestheils muß damit vollſtändig übereinſtimmen. Helle, offene Gegenden, welche mit Baumgruppen bewachſen ſind, bilden ſeine bevorzugten Wohn- ſitze; deshalb zieht er das Jnnere des Landes der Küſte vor. Die Nahrung beſteht hauptſächlich aus

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/396
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 368. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/396>, abgerufen am 10.05.2024.