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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866.

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Die Knacker. Sperlingsvögel. Webervögel.
wandert er in einzelnen Gegenden, während er in andern Standvogel ist. Hier sind seine Schlaf-
plätze, gewisse Bäume, wohlbekannt."

"Getreide aller Art, vorzugsweise aber Reis und verschiedene Grassämereien, bilden seine haupt-
sächlichste Nahrung, und ich meinestheils habe niemals beobachtet, daß er Früchte frißt, wie Dies
Sykes behauptet. Während des Fressens vernimmt man von dem ganzen Haufen ein fortwäh-
rendes Gezirp und Gezwitscher."

"Gar nicht selten vereinigt sich der Baya auch mit andern Vögeln. Jch habe ihn mit der
schwarzköpfigen Ammer zusammengesehen und Sykes hat ihn in Gesellschaft des gemeinen Sper-
lings beobachtet."

"Der Baya nistet während der Regenzeit, je nach der Oertlichkeit vom April bis zum Sep-
tember. Ob er mehr als einmal brütet, kann ich nicht behaupten. Sein langes retortenartiges
Nest ist Jedermann als ein ebenso zierliches als wohlgefügtes Gebäude bekannt. Sehr oft sieht
man es an den Palmen aufgehängt, seltener an andern Bäumen. Oft wird ein Baum gewählt,
dessen Zweige über das Wasser hängen, zumal, wenn dieser ausgebreitete Zweige und lockeres Ge-
laube hat. Jn Jndien habe ich das Nest nur auf Bäumen gesehen, in Burma aber soll der Vo-
gel es auch gelegentlich an dem Schilf der Häuser und Hütten anbringen, ohne Furcht vor den
Menschen. Jn Rangun sieht man manche Hütte, welche zwanzig, dreißig und mehr dieser langen
Nester trägt, und auf einem Hause, welches ich besuchte, hatte sich ein ganzer Schwarm angesie-
delt. Hier hingen ungefähr über hundert Nester rund um das Haus vom Dache herab. Auffallend
ist ferner, daß der Vogel, welcher in gewissen Gegenden Jndiens die Nachbarschaft der Dörfer oder
Weiler zu bevorzugen scheint, in andern sich in die entlegensten Walddickichte zurückzieht oder einen
einzeln stehenden hohen Baum inmitten weiter und wenig besuchter Reisfelder sich erwäblt."

"Das Nest wird gewöhnlich von verschiedenen Grashalmen zusammengebaut, welche gepflückt
werden, so lange sie grün sind, zuweilen aber auch aus Streifen von Blättern, zumal solchen von
den Palmen, zusammengewoben. Jch habe bemerkt, daß die Nester, welche aus letzteren Stoffen
erbaut wurden, kleiner und weniger bauchig sind, als andere, gerade als ob der kleine Baukünstler
wisse, daß ein so fester Stoff, in geringer Menge verwendet, Dasselbe leiste, wie das schwächere
Gras. Uebrigens wechseln die Nester in Gestalt und Anordnung vielfach ab. Wenn der Bau so
weit gekommen ist, daß die Räumlichkeit, welche die Eier aufnehmen soll, als vollendet betrachtet
werden kann, wird eine starke Querwand eingesetzt, nicht gerade in der Mitte, sondern ein wenig
auf der Seite: nimmt man jetzt das Nest vom Baume, so findet man, daß es die Gestalt eines
Korbes mit seinem Henkel hat. Verschiedene Forscher haben diesen abgetrennten Raum als den
Aufenthaltsort des Männchens bezeichnet, während es nichts Anderes ist, als die Schwelle zwi-
schen dem wirklichen Neste und seinem röhrenförmigen Eingang, welcher besonders stark sein muß,
weil sie als Sitzplatz ebensowohl von den Alten als später von den halb erwachsenen jungen Vö-
geln benutzt wird."

"Bis jetzt haben beide Geschlechter gemeinschaftlich am Neste gearbeitet; sobald aber diese
Schwelle gelegt ist, zieht sich das Weibchen in das Jnnere des Nestes zurück und verwebt hier die
Hälmchen, welche jetzt das Männchen allein zutragen muß, während dieses gelegentlich auch außen
weiter baut. Auf den Ausbau dieses Nestes wird überhaupt viel Zeit verwendet. Die Eikammer
wird an einer Seite des eigentlichen Eingangs angelegt und die Zugangsröhre auf der andern.
Nachdem Dies geschehen, tritt eine Zeitlang Ruhe ein. Nunmehr werden im Neste Lehmklum-
pen angebracht. Ueber ihren Zweck herrschen sehr verschiedene Meinungen. Die ursprüngliche
Ansicht, welche von den Eingeborenen herrührt, ist, daß der Lehm den Vögeln diene, um
Leuchtkäfer auf ihm anzukleben, welche bestimmt wären, nachts das Jnnere des Nestes zu erleuch-
ten. Layard vermuthet, daß der Lehm von den Baukünstlern benutzt werde, um sich den Schna-
bel an ihm zu schärfen, und Burgeß meint, daß er dazu diene, das Nest selbst zu befestigen.
Jch meinestheils bezweifle, ganz abgesehen von der Feuerkäfergeschichte, diese Ansichten. Nach wie-

Die Knacker. Sperlingsvögel. Webervögel.
wandert er in einzelnen Gegenden, während er in andern Standvogel iſt. Hier ſind ſeine Schlaf-
plätze, gewiſſe Bäume, wohlbekannt.‟

„Getreide aller Art, vorzugsweiſe aber Reis und verſchiedene Grasſämereien, bilden ſeine haupt-
ſächlichſte Nahrung, und ich meinestheils habe niemals beobachtet, daß er Früchte frißt, wie Dies
Sykes behauptet. Während des Freſſens vernimmt man von dem ganzen Haufen ein fortwäh-
rendes Gezirp und Gezwitſcher.‟

„Gar nicht ſelten vereinigt ſich der Baya auch mit andern Vögeln. Jch habe ihn mit der
ſchwarzköpfigen Ammer zuſammengeſehen und Sykes hat ihn in Geſellſchaft des gemeinen Sper-
lings beobachtet.‟

„Der Baya niſtet während der Regenzeit, je nach der Oertlichkeit vom April bis zum Sep-
tember. Ob er mehr als einmal brütet, kann ich nicht behaupten. Sein langes retortenartiges
Neſt iſt Jedermann als ein ebenſo zierliches als wohlgefügtes Gebäude bekannt. Sehr oft ſieht
man es an den Palmen aufgehängt, ſeltener an andern Bäumen. Oft wird ein Baum gewählt,
deſſen Zweige über das Waſſer hängen, zumal, wenn dieſer ausgebreitete Zweige und lockeres Ge-
laube hat. Jn Jndien habe ich das Neſt nur auf Bäumen geſehen, in Burma aber ſoll der Vo-
gel es auch gelegentlich an dem Schilf der Häuſer und Hütten anbringen, ohne Furcht vor den
Menſchen. Jn Rangun ſieht man manche Hütte, welche zwanzig, dreißig und mehr dieſer langen
Neſter trägt, und auf einem Hauſe, welches ich beſuchte, hatte ſich ein ganzer Schwarm angeſie-
delt. Hier hingen ungefähr über hundert Neſter rund um das Haus vom Dache herab. Auffallend
iſt ferner, daß der Vogel, welcher in gewiſſen Gegenden Jndiens die Nachbarſchaft der Dörfer oder
Weiler zu bevorzugen ſcheint, in andern ſich in die entlegenſten Walddickichte zurückzieht oder einen
einzeln ſtehenden hohen Baum inmitten weiter und wenig beſuchter Reisfelder ſich erwäblt.‟

„Das Neſt wird gewöhnlich von verſchiedenen Grashalmen zuſammengebaut, welche gepflückt
werden, ſo lange ſie grün ſind, zuweilen aber auch aus Streifen von Blättern, zumal ſolchen von
den Palmen, zuſammengewoben. Jch habe bemerkt, daß die Neſter, welche aus letzteren Stoffen
erbaut wurden, kleiner und weniger bauchig ſind, als andere, gerade als ob der kleine Baukünſtler
wiſſe, daß ein ſo feſter Stoff, in geringer Menge verwendet, Daſſelbe leiſte, wie das ſchwächere
Gras. Uebrigens wechſeln die Neſter in Geſtalt und Anordnung vielfach ab. Wenn der Bau ſo
weit gekommen iſt, daß die Räumlichkeit, welche die Eier aufnehmen ſoll, als vollendet betrachtet
werden kann, wird eine ſtarke Querwand eingeſetzt, nicht gerade in der Mitte, ſondern ein wenig
auf der Seite: nimmt man jetzt das Neſt vom Baume, ſo findet man, daß es die Geſtalt eines
Korbes mit ſeinem Henkel hat. Verſchiedene Forſcher haben dieſen abgetrennten Raum als den
Aufenthaltsort des Männchens bezeichnet, während es nichts Anderes iſt, als die Schwelle zwi-
ſchen dem wirklichen Neſte und ſeinem röhrenförmigen Eingang, welcher beſonders ſtark ſein muß,
weil ſie als Sitzplatz ebenſowohl von den Alten als ſpäter von den halb erwachſenen jungen Vö-
geln benutzt wird.‟

„Bis jetzt haben beide Geſchlechter gemeinſchaftlich am Neſte gearbeitet; ſobald aber dieſe
Schwelle gelegt iſt, zieht ſich das Weibchen in das Jnnere des Neſtes zurück und verwebt hier die
Hälmchen, welche jetzt das Männchen allein zutragen muß, während dieſes gelegentlich auch außen
weiter baut. Auf den Ausbau dieſes Neſtes wird überhaupt viel Zeit verwendet. Die Eikammer
wird an einer Seite des eigentlichen Eingangs angelegt und die Zugangsröhre auf der andern.
Nachdem Dies geſchehen, tritt eine Zeitlang Ruhe ein. Nunmehr werden im Neſte Lehmklum-
pen angebracht. Ueber ihren Zweck herrſchen ſehr verſchiedene Meinungen. Die urſprüngliche
Anſicht, welche von den Eingeborenen herrührt, iſt, daß der Lehm den Vögeln diene, um
Leuchtkäfer auf ihm anzukleben, welche beſtimmt wären, nachts das Jnnere des Neſtes zu erleuch-
ten. Layard vermuthet, daß der Lehm von den Baukünſtlern benutzt werde, um ſich den Schna-
bel an ihm zu ſchärfen, und Burgeß meint, daß er dazu diene, das Neſt ſelbſt zu befeſtigen.
Jch meinestheils bezweifle, ganz abgeſehen von der Feuerkäfergeſchichte, dieſe Anſichten. Nach wie-

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[226/0246] Die Knacker. Sperlingsvögel. Webervögel. wandert er in einzelnen Gegenden, während er in andern Standvogel iſt. Hier ſind ſeine Schlaf- plätze, gewiſſe Bäume, wohlbekannt.‟ „Getreide aller Art, vorzugsweiſe aber Reis und verſchiedene Grasſämereien, bilden ſeine haupt- ſächlichſte Nahrung, und ich meinestheils habe niemals beobachtet, daß er Früchte frißt, wie Dies Sykes behauptet. Während des Freſſens vernimmt man von dem ganzen Haufen ein fortwäh- rendes Gezirp und Gezwitſcher.‟ „Gar nicht ſelten vereinigt ſich der Baya auch mit andern Vögeln. Jch habe ihn mit der ſchwarzköpfigen Ammer zuſammengeſehen und Sykes hat ihn in Geſellſchaft des gemeinen Sper- lings beobachtet.‟ „Der Baya niſtet während der Regenzeit, je nach der Oertlichkeit vom April bis zum Sep- tember. Ob er mehr als einmal brütet, kann ich nicht behaupten. Sein langes retortenartiges Neſt iſt Jedermann als ein ebenſo zierliches als wohlgefügtes Gebäude bekannt. Sehr oft ſieht man es an den Palmen aufgehängt, ſeltener an andern Bäumen. Oft wird ein Baum gewählt, deſſen Zweige über das Waſſer hängen, zumal, wenn dieſer ausgebreitete Zweige und lockeres Ge- laube hat. Jn Jndien habe ich das Neſt nur auf Bäumen geſehen, in Burma aber ſoll der Vo- gel es auch gelegentlich an dem Schilf der Häuſer und Hütten anbringen, ohne Furcht vor den Menſchen. Jn Rangun ſieht man manche Hütte, welche zwanzig, dreißig und mehr dieſer langen Neſter trägt, und auf einem Hauſe, welches ich beſuchte, hatte ſich ein ganzer Schwarm angeſie- delt. Hier hingen ungefähr über hundert Neſter rund um das Haus vom Dache herab. Auffallend iſt ferner, daß der Vogel, welcher in gewiſſen Gegenden Jndiens die Nachbarſchaft der Dörfer oder Weiler zu bevorzugen ſcheint, in andern ſich in die entlegenſten Walddickichte zurückzieht oder einen einzeln ſtehenden hohen Baum inmitten weiter und wenig beſuchter Reisfelder ſich erwäblt.‟ „Das Neſt wird gewöhnlich von verſchiedenen Grashalmen zuſammengebaut, welche gepflückt werden, ſo lange ſie grün ſind, zuweilen aber auch aus Streifen von Blättern, zumal ſolchen von den Palmen, zuſammengewoben. Jch habe bemerkt, daß die Neſter, welche aus letzteren Stoffen erbaut wurden, kleiner und weniger bauchig ſind, als andere, gerade als ob der kleine Baukünſtler wiſſe, daß ein ſo feſter Stoff, in geringer Menge verwendet, Daſſelbe leiſte, wie das ſchwächere Gras. Uebrigens wechſeln die Neſter in Geſtalt und Anordnung vielfach ab. Wenn der Bau ſo weit gekommen iſt, daß die Räumlichkeit, welche die Eier aufnehmen ſoll, als vollendet betrachtet werden kann, wird eine ſtarke Querwand eingeſetzt, nicht gerade in der Mitte, ſondern ein wenig auf der Seite: nimmt man jetzt das Neſt vom Baume, ſo findet man, daß es die Geſtalt eines Korbes mit ſeinem Henkel hat. Verſchiedene Forſcher haben dieſen abgetrennten Raum als den Aufenthaltsort des Männchens bezeichnet, während es nichts Anderes iſt, als die Schwelle zwi- ſchen dem wirklichen Neſte und ſeinem röhrenförmigen Eingang, welcher beſonders ſtark ſein muß, weil ſie als Sitzplatz ebenſowohl von den Alten als ſpäter von den halb erwachſenen jungen Vö- geln benutzt wird.‟ „Bis jetzt haben beide Geſchlechter gemeinſchaftlich am Neſte gearbeitet; ſobald aber dieſe Schwelle gelegt iſt, zieht ſich das Weibchen in das Jnnere des Neſtes zurück und verwebt hier die Hälmchen, welche jetzt das Männchen allein zutragen muß, während dieſes gelegentlich auch außen weiter baut. Auf den Ausbau dieſes Neſtes wird überhaupt viel Zeit verwendet. Die Eikammer wird an einer Seite des eigentlichen Eingangs angelegt und die Zugangsröhre auf der andern. Nachdem Dies geſchehen, tritt eine Zeitlang Ruhe ein. Nunmehr werden im Neſte Lehmklum- pen angebracht. Ueber ihren Zweck herrſchen ſehr verſchiedene Meinungen. Die urſprüngliche Anſicht, welche von den Eingeborenen herrührt, iſt, daß der Lehm den Vögeln diene, um Leuchtkäfer auf ihm anzukleben, welche beſtimmt wären, nachts das Jnnere des Neſtes zu erleuch- ten. Layard vermuthet, daß der Lehm von den Baukünſtlern benutzt werde, um ſich den Schna- bel an ihm zu ſchärfen, und Burgeß meint, daß er dazu diene, das Neſt ſelbſt zu befeſtigen. Jch meinestheils bezweifle, ganz abgeſehen von der Feuerkäfergeſchichte, dieſe Anſichten. Nach wie-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/246>, abgerufen am 23.11.2024.