den ganzen Vormittag und auch in den Nachmittagsstunden sehr emsig bauen sehen. Bei den an- dern Paaren, welche ich zu beobachten Gelegenheit hatte, baute blos das Weibchen; das Männ- chen flog aber beständig neben ihm her. Sie sind beim Bauen gar nicht schüchtern und lassen sich ganz in der Nähe betrachten; gleichwohl haben sie die Gewohnheit, daß sie ein angefangenes Nest oft verlassen und an einem frischen arbeiten. Jch sah im vorigen Jahre ein Pärchen dieser Vögel hoch auf einer Tanne bauen; zwei Tage darauf kam ich wieder an die Stelle und bemerkte nicht ohne Ver- wunderung, daß dasselbe Weibchen tief unten auf der nämlichen Tanne an einem Neste arbeitete. Diese eigene Gewohnheit der Erlenzeisige, welche sie mit dem fahlen Sänger (Curruca cinerea) gemein haben, vermehrt die Schwierigkeiten, ein Nest mit Eiern zu erhalten, gar sehr. Jm Juni 1819 hatte ich drei Nester dieses Vogels gefunden, aber alle drei wurden verlassen; ebenso eins, wel- ches mein Steiger entdeckt hatte. Daß der Erlenzeisig das Wasser sehr liebt, zeigt sich auch bei der Wahl des Nestplatzes. Alle drei Nester, welche ich im Juni 1819 fand, hatten Wasser in der Nähe; zwei eine große Pfütze und eins einen Teich; ein anderes stand nicht fern von einem Waldbache."
"Die Zeit des Legens ist verschieden. Wir haben ein Mal zu Anfange Mais schon flügge Junge gesehen; die meisten jedoch trifft man im Anfange des Juli an, so daß die Legzeit in den An- fang des Juni fällt."
Die Nester weichen einigermaßen von einander ab, bestehen aber im wesentlichen äußerlich aus dürren Reisern, sodann aus Baummos und Fichtenflechten, Schafwolle u. dgl., welche Stoffe durch Raupengespinnste fest unter einander verbunden werden, und sind inwendig mit Würzelchen, Pflanzen- wolle, Flechtenfasern, Mosstengeln, Grasblättchen und Federn dicht ausgefüttert. Jhre Wandungen sind sehr dick, und der Napf ist ziemlich tief.
Die Eier ähneln denen des Bluthänflings und Distelzeisigs. Sie sind nach Gestalt, Größe und Farbe verschieden, gewöhnlich aber auf weißblaulichem oder bleich grünblauem Grunde mit mehr oder minder deutlichen Punkten, Flecken und Adern bezeichnet.
Das Weibchen brütet allein und pflegt, gleich nachdem es das erste Ei gelegt hat, auf ihm sitzen zu bleiben. Bei geeigneter Pflege brütet der Zeisig auch in der Gefangenschaft.
"Nach vielfachen Bemühungen", sagt Graf Rödern, "ist es mir endlich gelungen, ein Zeisig- paar im Käfig zum Legen zu bringen. Jm vorigen Jahre kaufte ich mir nach der ersten Brut ein ganz junges Männchen und pflegte dasselbe in Gemeinschaft mit einem alten und einem jungen Weib- chen sehr sorgfältig; Mitte April starb das alte Weibchen, und nunmehr that ich die beiden andern Vögel in ein großes, inwendig mit Tannenzweigen verziertes Lachtauben-Gebauer, in welches ich ein Nestkörbchen mit einem darin befindlichen Finkenneste befestigte. Aller sorgfältigen Pflege ungeachtet, wollte sich das Paar nicht zum Nisten bequemen; ich ließ daher das Weibchen fliegen und kaufte am 11. Mai ein frisch gefangenes, altes Weibchen. Dies war kaum einige Tage im Gebauer, als es sich schon mit dem kaum einjährigen Männchen paarte, das Finkennest mit Baumwolle, Werg und Roßhaaren sehr sorgfältig ausbauete und zuerst fünf Eier legte. Nachdem diese weggenommen wor- den, legte das Weibchen nach kaum andern 10 Tagen nochmals vier Eier, welche sämmtlich in Form, Größe und Zeichnung verschieden sind. Das Männchen vollzog die Begattung gewöhnlich nur ganz in aller Frühe. Es verfolgte das Weibchen einige Mal mit gesträubten Kopffedern durch das ganze Gebauer und stimmte jedes Mal, wenn die Begattung vorüber war, mit der größten Anstrengung einen kurzen Triumphgesang an. Das Weibchen brütet sehr eifrig, verläßt des Tages höchstens ein- mal sein Nest auf wenige Augenblicke, um zu trinken, und wird sonst, indem es sich ganz wie ein jun- ger Vogel geberdet, nur von dem Männchen aus dem Kropf gefüttert."
Hinsichtlich der Jagd oder des Fanges gilt Dasselbe, was ich vom Birkenzeisig sagte; die Arglo- sigkeit und Geselligkeit des Erlenzeisigs gereicht ihm nur zu oft zum Verderben.
Die Knacker. Sperlingsvögel. Edelfinken.
den ganzen Vormittag und auch in den Nachmittagsſtunden ſehr emſig bauen ſehen. Bei den an- dern Paaren, welche ich zu beobachten Gelegenheit hatte, baute blos das Weibchen; das Männ- chen flog aber beſtändig neben ihm her. Sie ſind beim Bauen gar nicht ſchüchtern und laſſen ſich ganz in der Nähe betrachten; gleichwohl haben ſie die Gewohnheit, daß ſie ein angefangenes Neſt oft verlaſſen und an einem friſchen arbeiten. Jch ſah im vorigen Jahre ein Pärchen dieſer Vögel hoch auf einer Tanne bauen; zwei Tage darauf kam ich wieder an die Stelle und bemerkte nicht ohne Ver- wunderung, daß daſſelbe Weibchen tief unten auf der nämlichen Tanne an einem Neſte arbeitete. Dieſe eigene Gewohnheit der Erlenzeiſige, welche ſie mit dem fahlen Sänger (Curruca cinerea) gemein haben, vermehrt die Schwierigkeiten, ein Neſt mit Eiern zu erhalten, gar ſehr. Jm Juni 1819 hatte ich drei Neſter dieſes Vogels gefunden, aber alle drei wurden verlaſſen; ebenſo eins, wel- ches mein Steiger entdeckt hatte. Daß der Erlenzeiſig das Waſſer ſehr liebt, zeigt ſich auch bei der Wahl des Neſtplatzes. Alle drei Neſter, welche ich im Juni 1819 fand, hatten Waſſer in der Nähe; zwei eine große Pfütze und eins einen Teich; ein anderes ſtand nicht fern von einem Waldbache.‟
„Die Zeit des Legens iſt verſchieden. Wir haben ein Mal zu Anfange Mais ſchon flügge Junge geſehen; die meiſten jedoch trifft man im Anfange des Juli an, ſo daß die Legzeit in den An- fang des Juni fällt.‟
Die Neſter weichen einigermaßen von einander ab, beſtehen aber im weſentlichen äußerlich aus dürren Reiſern, ſodann aus Baummos und Fichtenflechten, Schafwolle u. dgl., welche Stoffe durch Raupengeſpinnſte feſt unter einander verbunden werden, und ſind inwendig mit Würzelchen, Pflanzen- wolle, Flechtenfaſern, Mosſtengeln, Grasblättchen und Federn dicht ausgefüttert. Jhre Wandungen ſind ſehr dick, und der Napf iſt ziemlich tief.
Die Eier ähneln denen des Bluthänflings und Diſtelzeiſigs. Sie ſind nach Geſtalt, Größe und Farbe verſchieden, gewöhnlich aber auf weißblaulichem oder bleich grünblauem Grunde mit mehr oder minder deutlichen Punkten, Flecken und Adern bezeichnet.
Das Weibchen brütet allein und pflegt, gleich nachdem es das erſte Ei gelegt hat, auf ihm ſitzen zu bleiben. Bei geeigneter Pflege brütet der Zeiſig auch in der Gefangenſchaft.
„Nach vielfachen Bemühungen‟, ſagt Graf Rödern, „iſt es mir endlich gelungen, ein Zeiſig- paar im Käfig zum Legen zu bringen. Jm vorigen Jahre kaufte ich mir nach der erſten Brut ein ganz junges Männchen und pflegte daſſelbe in Gemeinſchaft mit einem alten und einem jungen Weib- chen ſehr ſorgfältig; Mitte April ſtarb das alte Weibchen, und nunmehr that ich die beiden andern Vögel in ein großes, inwendig mit Tannenzweigen verziertes Lachtauben-Gebauer, in welches ich ein Neſtkörbchen mit einem darin befindlichen Finkenneſte befeſtigte. Aller ſorgfältigen Pflege ungeachtet, wollte ſich das Paar nicht zum Niſten bequemen; ich ließ daher das Weibchen fliegen und kaufte am 11. Mai ein friſch gefangenes, altes Weibchen. Dies war kaum einige Tage im Gebauer, als es ſich ſchon mit dem kaum einjährigen Männchen paarte, das Finkenneſt mit Baumwolle, Werg und Roßhaaren ſehr ſorgfältig ausbauete und zuerſt fünf Eier legte. Nachdem dieſe weggenommen wor- den, legte das Weibchen nach kaum andern 10 Tagen nochmals vier Eier, welche ſämmtlich in Form, Größe und Zeichnung verſchieden ſind. Das Männchen vollzog die Begattung gewöhnlich nur ganz in aller Frühe. Es verfolgte das Weibchen einige Mal mit geſträubten Kopffedern durch das ganze Gebauer und ſtimmte jedes Mal, wenn die Begattung vorüber war, mit der größten Anſtrengung einen kurzen Triumphgeſang an. Das Weibchen brütet ſehr eifrig, verläßt des Tages höchſtens ein- mal ſein Neſt auf wenige Augenblicke, um zu trinken, und wird ſonſt, indem es ſich ganz wie ein jun- ger Vogel geberdet, nur von dem Männchen aus dem Kropf gefüttert.‟
Hinſichtlich der Jagd oder des Fanges gilt Daſſelbe, was ich vom Birkenzeiſig ſagte; die Arglo- ſigkeit und Geſelligkeit des Erlenzeiſigs gereicht ihm nur zu oft zum Verderben.
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Die Knacker. Sperlingsvögel. Edelfinken.
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dern Paaren, welche ich zu beobachten Gelegenheit hatte, baute blos das Weibchen; das Männ-
chen flog aber beſtändig neben ihm her. Sie ſind beim Bauen gar nicht ſchüchtern und laſſen ſich
ganz in der Nähe betrachten; gleichwohl haben ſie die Gewohnheit, daß ſie ein angefangenes Neſt oft
verlaſſen und an einem friſchen arbeiten. Jch ſah im vorigen Jahre ein Pärchen dieſer Vögel hoch
auf einer Tanne bauen; zwei Tage darauf kam ich wieder an die Stelle und bemerkte nicht ohne Ver-
wunderung, daß daſſelbe Weibchen tief unten auf der nämlichen Tanne an einem Neſte arbeitete.
Dieſe eigene Gewohnheit der Erlenzeiſige, welche ſie mit dem fahlen Sänger (Curruca cinerea)
gemein haben, vermehrt die Schwierigkeiten, ein Neſt mit Eiern zu erhalten, gar ſehr. Jm Juni
1819 hatte ich drei Neſter dieſes Vogels gefunden, aber alle drei wurden verlaſſen; ebenſo eins, wel-
ches mein Steiger entdeckt hatte. Daß der Erlenzeiſig das Waſſer ſehr liebt, zeigt ſich auch bei der
Wahl des Neſtplatzes. Alle drei Neſter, welche ich im Juni 1819 fand, hatten Waſſer in der Nähe;
zwei eine große Pfütze und eins einen Teich; ein anderes ſtand nicht fern von einem Waldbache.‟
„Die Zeit des Legens iſt verſchieden. Wir haben ein Mal zu Anfange Mais ſchon flügge
Junge geſehen; die meiſten jedoch trifft man im Anfange des Juli an, ſo daß die Legzeit in den An-
fang des Juni fällt.‟
Die Neſter weichen einigermaßen von einander ab, beſtehen aber im weſentlichen äußerlich aus
dürren Reiſern, ſodann aus Baummos und Fichtenflechten, Schafwolle u. dgl., welche Stoffe durch
Raupengeſpinnſte feſt unter einander verbunden werden, und ſind inwendig mit Würzelchen, Pflanzen-
wolle, Flechtenfaſern, Mosſtengeln, Grasblättchen und Federn dicht ausgefüttert. Jhre Wandungen
ſind ſehr dick, und der Napf iſt ziemlich tief.
Die Eier ähneln denen des Bluthänflings und Diſtelzeiſigs. Sie ſind nach Geſtalt, Größe und
Farbe verſchieden, gewöhnlich aber auf weißblaulichem oder bleich grünblauem Grunde mit mehr oder
minder deutlichen Punkten, Flecken und Adern bezeichnet.
Das Weibchen brütet allein und pflegt, gleich nachdem es das erſte Ei gelegt hat, auf ihm ſitzen
zu bleiben. Bei geeigneter Pflege brütet der Zeiſig auch in der Gefangenſchaft.
„Nach vielfachen Bemühungen‟, ſagt Graf Rödern, „iſt es mir endlich gelungen, ein Zeiſig-
paar im Käfig zum Legen zu bringen. Jm vorigen Jahre kaufte ich mir nach der erſten Brut ein
ganz junges Männchen und pflegte daſſelbe in Gemeinſchaft mit einem alten und einem jungen Weib-
chen ſehr ſorgfältig; Mitte April ſtarb das alte Weibchen, und nunmehr that ich die beiden andern
Vögel in ein großes, inwendig mit Tannenzweigen verziertes Lachtauben-Gebauer, in welches ich ein
Neſtkörbchen mit einem darin befindlichen Finkenneſte befeſtigte. Aller ſorgfältigen Pflege ungeachtet,
wollte ſich das Paar nicht zum Niſten bequemen; ich ließ daher das Weibchen fliegen und kaufte am
11. Mai ein friſch gefangenes, altes Weibchen. Dies war kaum einige Tage im Gebauer, als es
ſich ſchon mit dem kaum einjährigen Männchen paarte, das Finkenneſt mit Baumwolle, Werg und
Roßhaaren ſehr ſorgfältig ausbauete und zuerſt fünf Eier legte. Nachdem dieſe weggenommen wor-
den, legte das Weibchen nach kaum andern 10 Tagen nochmals vier Eier, welche ſämmtlich in Form,
Größe und Zeichnung verſchieden ſind. Das Männchen vollzog die Begattung gewöhnlich nur ganz
in aller Frühe. Es verfolgte das Weibchen einige Mal mit geſträubten Kopffedern durch das ganze
Gebauer und ſtimmte jedes Mal, wenn die Begattung vorüber war, mit der größten Anſtrengung
einen kurzen Triumphgeſang an. Das Weibchen brütet ſehr eifrig, verläßt des Tages höchſtens ein-
mal ſein Neſt auf wenige Augenblicke, um zu trinken, und wird ſonſt, indem es ſich ganz wie ein jun-
ger Vogel geberdet, nur von dem Männchen aus dem Kropf gefüttert.‟
Hinſichtlich der Jagd oder des Fanges gilt Daſſelbe, was ich vom Birkenzeiſig ſagte; die Arglo-
ſigkeit und Geſelligkeit des Erlenzeiſigs gereicht ihm nur zu oft zum Verderben.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/168>, abgerufen am 22.07.2024.
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