ihr Geschlecht fortzupflanzen unter besonderer Obhut ihres Gebieters, sondern erlaubt ihnen nur ein einsames, wenn auch nicht freudenloses Dasein. Und doch wäre es so leicht, gerade aus der Ordnung der Sperlingsvögel noch mehrere zu Hausthieren zu gewinnen! Die wenigen Versuche, welche man zu diesem Zwecke bisher angestellt, haben fast ausnahmslos günstige Ergebnisse zu Folge gehabt -- vorausgesetzt natürlich, daß sie mit dem rechten Eifer und Geschick begonnen und ausgeführt wurden.
Die Sperlingsvögel eignen sich, wie wenig andere, zu Zimmergenossen. Sie beanspruchen nur die allereinfachste Pflege; sie lassen sich ohne besondere Mühe jahrelang am Leben erhalten; sie werden bald zahm und treten dann mit ihrem Pfleger in ein überaus inniges Verhältniß; sie sind munter, heiter, gesangeskundig und gesangeslustig; sie vertragen sich meist mit Verwandten ihrer Art auch im Käsige ganz vortrefflich, und sie pflanzen sich endlich, wird ihnen nur das Nöthige geboten, ohne son- derliche Umstände in ihrem Gefängnisse fort. Daher denn auch die Liebe, welche ihnen die Kundigen gern und willig zollen, die Freude, welche ihr Besitz dem Liebhaber gewährt. Nicht ohne Grund be- geistern gewisse Sperlingsvögel die in ihrer Kunde erfahrenen Bewohner ganzer Dorfschaften; nicht umsonst haben sich andere den Ruhm erworben, wahre Lieblinge des Menschen zu sein: sie verdienen die Anerkennung, welche sie genießen. Nicht immer ist es ihre Schönheit, nicht immer ihr Gesang, welcher sie uns lieb und werth macht: es kommen vielmehr auch ihre übrigen guten Eigenschaften bei ihnen zur Geltung.
Zum Gefängnisse der meisten hierher zu zählenden Vögel eignet sich das einfachste Gebauer, zum Stubenfutter das gewöhnlichste Gesäme. Doch ist es rathsam, den Käfig möglichst wohnlich einzu- richten und die Nahrung mit einiger Sorgfalt zu wählen; namentlich empfiehlt es sich, den Gefange- nen ein Gemisch von allerhand Sämereien vorzusetzen und sie auch regelmäßig durch Darreichung von Grünzeug zu erlaben. Ein vortreffliches Futter ist das sogenannte Scheuerngesäme, die Samen des verschiedenen "Unkrauts", welche beim Wurfen des Getreides von diesem abgeschieden werden: es bietet der größeren Anzahl das Erforderliche. Jn Ermanglung des Scheuerngesämes reicht man Glanz- oder Kanariengerste, Rübsamen, Hirse, Mohn, etwas Hanf, welcher für die zartschnäbligen Arten zersprengt wird, nebst Salat-, Kohl-, Kraut- und anderen Gemüseblättern, auch wohl Semmel in Wasser oder Milch geweicht oder mit Möhren und Dickmilch (Quark) vermischt. Frisches Wasser zum Trinken und Baden ist allen Vögeln überhaupt Bedürfniß; ebenso dürfen sie an reinem Sand nicht Mangel leiden. Reinhaltung des Käfigs ist unabweisliche Bedingung für das Gedeihen der Gefangenen.
Besonders anziehend und unterhaltend ist es, verschiedenartige Sperlingsvögel in einem großen Gesellschaftsbauer zu halten; doch hat man dabei sich vor einzelnen Zänkern, welche Unfrieden stiften, wohl in Acht zu nehmen. Solche Gesellschaftsbauer sind wegen der Manchfaltigkeit ihrer Bewohner- schaft eine unerschöpfliche Quelle des Genusses; sie eignen sich jedoch nicht zu Bruträumen: denn Vögel, welche ihrem heiligsten Triebe sich hingeben sollen, müssen möglichst ungestört und mit dem Gegen- stande ihrer Gattenliebe allein sein.
Es unterliegt keinem Zweifel, daß binnen wenig Jahren auch viele ausländischen Sperlingsvögel bei uns werden gezüchtet werden. Die kleinen, reizenden Finken Afrikas und Australiens und ihre kaum minder anmuthigen Vertreter in Amerika und Asien gelangen schon gegenwärtig in Menge zu uns und namentlich in unsere Thiergärten, deren Hauptberuf es ist, als Pflanzstätten fremdländischer Thiere zu dienen. Sie machen jene niedlichen Vögel auch dem Liebhaber leicht zugänglich. So wird es kommen, daß später neben dem bei uns eingebürgerten Kanarier noch viele andere Ordnungsgenossen, welche ihm ebenbürtig oder wenigstens ähnlich sind in ihren guten Eigenschaften, unsere Zimmer zie- ren, beleben und erheitern. Die Sperlingsvögel werden auch als Gefangene noch die Bedeutung er- langen, welche sie in ihrem Freileben bereits erlangt haben.
Die Knacker. Sperlingsvögel. Kreuzſchnäbel.
ihr Geſchlecht fortzupflanzen unter beſonderer Obhut ihres Gebieters, ſondern erlaubt ihnen nur ein einſames, wenn auch nicht freudenloſes Daſein. Und doch wäre es ſo leicht, gerade aus der Ordnung der Sperlingsvögel noch mehrere zu Hausthieren zu gewinnen! Die wenigen Verſuche, welche man zu dieſem Zwecke bisher angeſtellt, haben faſt ausnahmslos günſtige Ergebniſſe zu Folge gehabt — vorausgeſetzt natürlich, daß ſie mit dem rechten Eifer und Geſchick begonnen und ausgeführt wurden.
Die Sperlingsvögel eignen ſich, wie wenig andere, zu Zimmergenoſſen. Sie beanſpruchen nur die allereinfachſte Pflege; ſie laſſen ſich ohne beſondere Mühe jahrelang am Leben erhalten; ſie werden bald zahm und treten dann mit ihrem Pfleger in ein überaus inniges Verhältniß; ſie ſind munter, heiter, geſangeskundig und geſangesluſtig; ſie vertragen ſich meiſt mit Verwandten ihrer Art auch im Käſige ganz vortrefflich, und ſie pflanzen ſich endlich, wird ihnen nur das Nöthige geboten, ohne ſon- derliche Umſtände in ihrem Gefängniſſe fort. Daher denn auch die Liebe, welche ihnen die Kundigen gern und willig zollen, die Freude, welche ihr Beſitz dem Liebhaber gewährt. Nicht ohne Grund be- geiſtern gewiſſe Sperlingsvögel die in ihrer Kunde erfahrenen Bewohner ganzer Dorfſchaften; nicht umſonſt haben ſich andere den Ruhm erworben, wahre Lieblinge des Menſchen zu ſein: ſie verdienen die Anerkennung, welche ſie genießen. Nicht immer iſt es ihre Schönheit, nicht immer ihr Geſang, welcher ſie uns lieb und werth macht: es kommen vielmehr auch ihre übrigen guten Eigenſchaften bei ihnen zur Geltung.
Zum Gefängniſſe der meiſten hierher zu zählenden Vögel eignet ſich das einfachſte Gebauer, zum Stubenfutter das gewöhnlichſte Geſäme. Doch iſt es rathſam, den Käfig möglichſt wohnlich einzu- richten und die Nahrung mit einiger Sorgfalt zu wählen; namentlich empfiehlt es ſich, den Gefange- nen ein Gemiſch von allerhand Sämereien vorzuſetzen und ſie auch regelmäßig durch Darreichung von Grünzeug zu erlaben. Ein vortreffliches Futter iſt das ſogenannte Scheuerngeſäme, die Samen des verſchiedenen „Unkrauts‟, welche beim Wurfen des Getreides von dieſem abgeſchieden werden: es bietet der größeren Anzahl das Erforderliche. Jn Ermanglung des Scheuerngeſämes reicht man Glanz- oder Kanariengerſte, Rübſamen, Hirſe, Mohn, etwas Hanf, welcher für die zartſchnäbligen Arten zerſprengt wird, nebſt Salat-, Kohl-, Kraut- und anderen Gemüſeblättern, auch wohl Semmel in Waſſer oder Milch geweicht oder mit Möhren und Dickmilch (Quark) vermiſcht. Friſches Waſſer zum Trinken und Baden iſt allen Vögeln überhaupt Bedürfniß; ebenſo dürfen ſie an reinem Sand nicht Mangel leiden. Reinhaltung des Käfigs iſt unabweisliche Bedingung für das Gedeihen der Gefangenen.
Beſonders anziehend und unterhaltend iſt es, verſchiedenartige Sperlingsvögel in einem großen Geſellſchaftsbauer zu halten; doch hat man dabei ſich vor einzelnen Zänkern, welche Unfrieden ſtiften, wohl in Acht zu nehmen. Solche Geſellſchaftsbauer ſind wegen der Manchfaltigkeit ihrer Bewohner- ſchaft eine unerſchöpfliche Quelle des Genuſſes; ſie eignen ſich jedoch nicht zu Bruträumen: denn Vögel, welche ihrem heiligſten Triebe ſich hingeben ſollen, müſſen möglichſt ungeſtört und mit dem Gegen- ſtande ihrer Gattenliebe allein ſein.
Es unterliegt keinem Zweifel, daß binnen wenig Jahren auch viele ausländiſchen Sperlingsvögel bei uns werden gezüchtet werden. Die kleinen, reizenden Finken Afrikas und Auſtraliens und ihre kaum minder anmuthigen Vertreter in Amerika und Aſien gelangen ſchon gegenwärtig in Menge zu uns und namentlich in unſere Thiergärten, deren Hauptberuf es iſt, als Pflanzſtätten fremdländiſcher Thiere zu dienen. Sie machen jene niedlichen Vögel auch dem Liebhaber leicht zugänglich. So wird es kommen, daß ſpäter neben dem bei uns eingebürgerten Kanarier noch viele andere Ordnungsgenoſſen, welche ihm ebenbürtig oder wenigſtens ähnlich ſind in ihren guten Eigenſchaften, unſere Zimmer zie- ren, beleben und erheitern. Die Sperlingsvögel werden auch als Gefangene noch die Bedeutung er- langen, welche ſie in ihrem Freileben bereits erlangt haben.
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[88/0106]
Die Knacker. Sperlingsvögel. Kreuzſchnäbel.
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einſames, wenn auch nicht freudenloſes Daſein. Und doch wäre es ſo leicht, gerade aus der Ordnung
der Sperlingsvögel noch mehrere zu Hausthieren zu gewinnen! Die wenigen Verſuche, welche man
zu dieſem Zwecke bisher angeſtellt, haben faſt ausnahmslos günſtige Ergebniſſe zu Folge gehabt —
vorausgeſetzt natürlich, daß ſie mit dem rechten Eifer und Geſchick begonnen und ausgeführt wurden.
Die Sperlingsvögel eignen ſich, wie wenig andere, zu Zimmergenoſſen. Sie beanſpruchen nur
die allereinfachſte Pflege; ſie laſſen ſich ohne beſondere Mühe jahrelang am Leben erhalten; ſie werden
bald zahm und treten dann mit ihrem Pfleger in ein überaus inniges Verhältniß; ſie ſind munter,
heiter, geſangeskundig und geſangesluſtig; ſie vertragen ſich meiſt mit Verwandten ihrer Art auch im
Käſige ganz vortrefflich, und ſie pflanzen ſich endlich, wird ihnen nur das Nöthige geboten, ohne ſon-
derliche Umſtände in ihrem Gefängniſſe fort. Daher denn auch die Liebe, welche ihnen die Kundigen
gern und willig zollen, die Freude, welche ihr Beſitz dem Liebhaber gewährt. Nicht ohne Grund be-
geiſtern gewiſſe Sperlingsvögel die in ihrer Kunde erfahrenen Bewohner ganzer Dorfſchaften; nicht
umſonſt haben ſich andere den Ruhm erworben, wahre Lieblinge des Menſchen zu ſein: ſie verdienen
die Anerkennung, welche ſie genießen. Nicht immer iſt es ihre Schönheit, nicht immer ihr Geſang,
welcher ſie uns lieb und werth macht: es kommen vielmehr auch ihre übrigen guten Eigenſchaften bei
ihnen zur Geltung.
Zum Gefängniſſe der meiſten hierher zu zählenden Vögel eignet ſich das einfachſte Gebauer, zum
Stubenfutter das gewöhnlichſte Geſäme. Doch iſt es rathſam, den Käfig möglichſt wohnlich einzu-
richten und die Nahrung mit einiger Sorgfalt zu wählen; namentlich empfiehlt es ſich, den Gefange-
nen ein Gemiſch von allerhand Sämereien vorzuſetzen und ſie auch regelmäßig durch Darreichung von
Grünzeug zu erlaben. Ein vortreffliches Futter iſt das ſogenannte Scheuerngeſäme, die Samen des
verſchiedenen „Unkrauts‟, welche beim Wurfen des Getreides von dieſem abgeſchieden werden: es bietet
der größeren Anzahl das Erforderliche. Jn Ermanglung des Scheuerngeſämes reicht man Glanz-
oder Kanariengerſte, Rübſamen, Hirſe, Mohn, etwas Hanf, welcher für die zartſchnäbligen Arten
zerſprengt wird, nebſt Salat-, Kohl-, Kraut- und anderen Gemüſeblättern, auch wohl Semmel in
Waſſer oder Milch geweicht oder mit Möhren und Dickmilch (Quark) vermiſcht. Friſches Waſſer
zum Trinken und Baden iſt allen Vögeln überhaupt Bedürfniß; ebenſo dürfen ſie an reinem Sand
nicht Mangel leiden. Reinhaltung des Käfigs iſt unabweisliche Bedingung für das Gedeihen der
Gefangenen.
Beſonders anziehend und unterhaltend iſt es, verſchiedenartige Sperlingsvögel in einem großen
Geſellſchaftsbauer zu halten; doch hat man dabei ſich vor einzelnen Zänkern, welche Unfrieden ſtiften,
wohl in Acht zu nehmen. Solche Geſellſchaftsbauer ſind wegen der Manchfaltigkeit ihrer Bewohner-
ſchaft eine unerſchöpfliche Quelle des Genuſſes; ſie eignen ſich jedoch nicht zu Bruträumen: denn Vögel,
welche ihrem heiligſten Triebe ſich hingeben ſollen, müſſen möglichſt ungeſtört und mit dem Gegen-
ſtande ihrer Gattenliebe allein ſein.
Es unterliegt keinem Zweifel, daß binnen wenig Jahren auch viele ausländiſchen Sperlingsvögel
bei uns werden gezüchtet werden. Die kleinen, reizenden Finken Afrikas und Auſtraliens und ihre
kaum minder anmuthigen Vertreter in Amerika und Aſien gelangen ſchon gegenwärtig in Menge zu uns
und namentlich in unſere Thiergärten, deren Hauptberuf es iſt, als Pflanzſtätten fremdländiſcher
Thiere zu dienen. Sie machen jene niedlichen Vögel auch dem Liebhaber leicht zugänglich. So wird es
kommen, daß ſpäter neben dem bei uns eingebürgerten Kanarier noch viele andere Ordnungsgenoſſen,
welche ihm ebenbürtig oder wenigſtens ähnlich ſind in ihren guten Eigenſchaften, unſere Zimmer zie-
ren, beleben und erheitern. Die Sperlingsvögel werden auch als Gefangene noch die Bedeutung er-
langen, welche ſie in ihrem Freileben bereits erlangt haben.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 3. Hildburghausen, 1866, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben03_1866/106>, abgerufen am 25.11.2024.
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