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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Der Pottfisch.
Sein Blasen soll ein so eigenthümliches Geräusch verursachen, daß eine Verwechselung mit anderen
großen Seesäugern kaum möglich ist.

Unter den Sinnen des Thieres glaubt man dem Gefühl den ersten Rang einräumen zu dürfen.
Die Haut ist mit zarten Nervenwarzen besetzt und dadurch befähigt, den geringsten Eindruck zur
Wahrnehmung zu bringen. Das Gesicht ist ziemlich gut, das Gehör dagegen schlecht. Hinsichtlich
seiner geistigen Fähigkeiten ähnelt der Pottfisch mehr dem Delfine, als dem Wale; er zeigt so ziemlich
dieselben Eigenschaften. Doch meidet er die Nähe des Menschen ungleich ängstlicher, als der den
Schiffern so befreundete Delfin, vorausgesetzt, daß er sich nicht verfolgt oder angegriffen sieht; denn
dann tritt an die Stelle der Furchtsamkeit ein unbändiger Muth und eine Kampflust, wie wir sie bei
anderen Walen nicht wiederfinden. Man hat beobachtet, daß ein Rudel von Delfinen im Stande ist,
eine ganze Herde von Pottfischen so zu ängstigen, daß sie allesammt eiligst die Flucht ergreifen; man
weiß auch aus Erfahrung, daß alle Pottfische bei Annäherung eines Schiffes so eilig als möglich
entfliehen; ja, man kennt Beispiele, daß eine Herde durch plötzliche Aunäherung ihrer Feinde so er-
schreckt wurde, daß sie bewegungslos am ganzen Leibe bebte, an einer Stelle blieb oder ganz unge-
schickt geradezu verwirrte Anstrengungen machte und dem Menschen hierdurch Gelegenheit gab,
mehrere Mitglieder der Thiere zu bewältigen. Die Walfischfänger wollen wissen, daß Dies gewöhn-
lich der Fall ist, wenn zuerst ein Weibchen verwundet wurde, während die ganze Herde die Flucht
ergreift, wenn das leitende Männchen seinen Tod fand.

Soviel man weiß, bilden verschiedene Arten von Kopffüßlern die hauptsächlichste Nahrung des
Pottfisches. Kleine Fische, welche zufällig in den großen Rachen sich verirren, werden natürlich auch
mit verschluckt; auf sie aber macht unser Wal eigentlich keine Jagd. Aeltere Seefahrer erzählten,
daß der Pottfisch sich auch an Haifische, Robben, Delfine und selbst an Bartenwale wage, die neueren,
genaueren Beobachter haben aber hiervon Nichts bemerkt. Von ihnen erfahren wir dagegen, daß der
Pottfisch zuweilen pflanzliche Nahrung genießt; wenigstens haben sie in dem Magen erjagter Wale
dieser Art verschiedene Baumfrüchte gefunden, welche durch die Flüsse in die See geführt wor-
den waren.

Zu allen Zeiten des Jahres hat man Mütter mit säugenden Jungen getroffen. Bennett,
welcher am genauesten über den Pottfisch berichtet, hat die Säuglinge nur in den Monaten März,
April, Oktober und November vermißt; doch beweist diese Angabe durchaus noch nicht, daß zu dieser
Jahreszeit keine Jungen geboren würden. Jn der Regel bringt jedes Weibchen nur ein einziges
Junge zur Welt; man will jedoch auch schon deren zwei bei der Mutter gesehen haben. Die Säug-
linge, welche etwa 14 Fuß lang sind, schwimmen lustig neben der Mutter her und begleiten sie auf
allen ihren Zügen. Beim Säugen soll sich die Mutter auf die Seite legen und das Junge die Zitze
mit dem Winkel, nicht aber mit der Spitze der Kiefern fassen.

Der Pottfisch wurde schon seit alten Zeiten von Walfischfängern verfolgt, allein erst vom Ende
des 17. Jahrhunderts an mit besonderem Eifer. Die Amerikaner rüsteten im Jahre 1677, die Eng-
länder erst 100 Jahre später Schiffe zum Pottfischfang aus. Seit Anfang unseres Jahrhunderts ist
die Südsee der hauptsächlichste Jagdgrund dieser Schiffer, und heutzutage noch sind es fast nur die
Engländer und Nordamerikaner, welche sich mit dem Fang beschäftigen. Jn den Jahren 1820 bis
1830 sind durch englische Walfischfänger 45,933, im Durchschnitt also jährlich fast 4600 Tonnen
Walrath erbeutet worden; in den Jahren 1831 und 1832 stieg die Ausbeute auf 7605 und bezüglich
7165 Tonnen. Von da an hat sie etwas abgenommen, weil die Kosten der Ausrüstung für diese
Schiffe allzuhohe Summen in Anspruch nehmen und der Erfolg immer nur ein ungewisser bleibt.
Freilich ist auch der Gewinn bedeutend: jede Tonne Walrath wird mit mindestens 18 Pfund Ster-
ling bezahlt.

Die Jagd auf den Pottfisch ist mit weit größeren Gefahren verbunden, als der Fang des
eigentlichen Walfisches. Nur höchst selten ist dieser im Stande, seinen kühnen Feinden Etwas anzu-
haben, während jener, wenn er angegriffen wird, sich nicht allein vertheidigt, sondern muthig auf sei-

Der Pottfiſch.
Sein Blaſen ſoll ein ſo eigenthümliches Geräuſch verurſachen, daß eine Verwechſelung mit anderen
großen Seeſäugern kaum möglich iſt.

Unter den Sinnen des Thieres glaubt man dem Gefühl den erſten Rang einräumen zu dürfen.
Die Haut iſt mit zarten Nervenwarzen beſetzt und dadurch befähigt, den geringſten Eindruck zur
Wahrnehmung zu bringen. Das Geſicht iſt ziemlich gut, das Gehör dagegen ſchlecht. Hinſichtlich
ſeiner geiſtigen Fähigkeiten ähnelt der Pottfiſch mehr dem Delfine, als dem Wale; er zeigt ſo ziemlich
dieſelben Eigenſchaften. Doch meidet er die Nähe des Menſchen ungleich ängſtlicher, als der den
Schiffern ſo befreundete Delfin, vorausgeſetzt, daß er ſich nicht verfolgt oder angegriffen ſieht; denn
dann tritt an die Stelle der Furchtſamkeit ein unbändiger Muth und eine Kampfluſt, wie wir ſie bei
anderen Walen nicht wiederfinden. Man hat beobachtet, daß ein Rudel von Delfinen im Stande iſt,
eine ganze Herde von Pottfiſchen ſo zu ängſtigen, daß ſie alleſammt eiligſt die Flucht ergreifen; man
weiß auch aus Erfahrung, daß alle Pottfiſche bei Annäherung eines Schiffes ſo eilig als möglich
entfliehen; ja, man kennt Beiſpiele, daß eine Herde durch plötzliche Aunäherung ihrer Feinde ſo er-
ſchreckt wurde, daß ſie bewegungslos am ganzen Leibe bebte, an einer Stelle blieb oder ganz unge-
ſchickt geradezu verwirrte Anſtrengungen machte und dem Menſchen hierdurch Gelegenheit gab,
mehrere Mitglieder der Thiere zu bewältigen. Die Walfiſchfänger wollen wiſſen, daß Dies gewöhn-
lich der Fall iſt, wenn zuerſt ein Weibchen verwundet wurde, während die ganze Herde die Flucht
ergreift, wenn das leitende Männchen ſeinen Tod fand.

Soviel man weiß, bilden verſchiedene Arten von Kopffüßlern die hauptſächlichſte Nahrung des
Pottfiſches. Kleine Fiſche, welche zufällig in den großen Rachen ſich verirren, werden natürlich auch
mit verſchluckt; auf ſie aber macht unſer Wal eigentlich keine Jagd. Aeltere Seefahrer erzählten,
daß der Pottfiſch ſich auch an Haifiſche, Robben, Delfine und ſelbſt an Bartenwale wage, die neueren,
genaueren Beobachter haben aber hiervon Nichts bemerkt. Von ihnen erfahren wir dagegen, daß der
Pottfiſch zuweilen pflanzliche Nahrung genießt; wenigſtens haben ſie in dem Magen erjagter Wale
dieſer Art verſchiedene Baumfrüchte gefunden, welche durch die Flüſſe in die See geführt wor-
den waren.

Zu allen Zeiten des Jahres hat man Mütter mit ſäugenden Jungen getroffen. Bennett,
welcher am genaueſten über den Pottfiſch berichtet, hat die Säuglinge nur in den Monaten März,
April, Oktober und November vermißt; doch beweiſt dieſe Angabe durchaus noch nicht, daß zu dieſer
Jahreszeit keine Jungen geboren würden. Jn der Regel bringt jedes Weibchen nur ein einziges
Junge zur Welt; man will jedoch auch ſchon deren zwei bei der Mutter geſehen haben. Die Säug-
linge, welche etwa 14 Fuß lang ſind, ſchwimmen luſtig neben der Mutter her und begleiten ſie auf
allen ihren Zügen. Beim Säugen ſoll ſich die Mutter auf die Seite legen und das Junge die Zitze
mit dem Winkel, nicht aber mit der Spitze der Kiefern faſſen.

Der Pottfiſch wurde ſchon ſeit alten Zeiten von Walfiſchfängern verfolgt, allein erſt vom Ende
des 17. Jahrhunderts an mit beſonderem Eifer. Die Amerikaner rüſteten im Jahre 1677, die Eng-
länder erſt 100 Jahre ſpäter Schiffe zum Pottfiſchfang aus. Seit Anfang unſeres Jahrhunderts iſt
die Südſee der hauptſächlichſte Jagdgrund dieſer Schiffer, und heutzutage noch ſind es faſt nur die
Engländer und Nordamerikaner, welche ſich mit dem Fang beſchäftigen. Jn den Jahren 1820 bis
1830 ſind durch engliſche Walfiſchfänger 45,933, im Durchſchnitt alſo jährlich faſt 4600 Tonnen
Walrath erbeutet worden; in den Jahren 1831 und 1832 ſtieg die Ausbeute auf 7605 und bezüglich
7165 Tonnen. Von da an hat ſie etwas abgenommen, weil die Koſten der Ausrüſtung für dieſe
Schiffe allzuhohe Summen in Anſpruch nehmen und der Erfolg immer nur ein ungewiſſer bleibt.
Freilich iſt auch der Gewinn bedeutend: jede Tonne Walrath wird mit mindeſtens 18 Pfund Ster-
ling bezahlt.

Die Jagd auf den Pottfiſch iſt mit weit größeren Gefahren verbunden, als der Fang des
eigentlichen Walfiſches. Nur höchſt ſelten iſt dieſer im Stande, ſeinen kühnen Feinden Etwas anzu-
haben, während jener, wenn er angegriffen wird, ſich nicht allein vertheidigt, ſondern muthig auf ſei-

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[859/0907] Der Pottfiſch. Sein Blaſen ſoll ein ſo eigenthümliches Geräuſch verurſachen, daß eine Verwechſelung mit anderen großen Seeſäugern kaum möglich iſt. Unter den Sinnen des Thieres glaubt man dem Gefühl den erſten Rang einräumen zu dürfen. Die Haut iſt mit zarten Nervenwarzen beſetzt und dadurch befähigt, den geringſten Eindruck zur Wahrnehmung zu bringen. Das Geſicht iſt ziemlich gut, das Gehör dagegen ſchlecht. Hinſichtlich ſeiner geiſtigen Fähigkeiten ähnelt der Pottfiſch mehr dem Delfine, als dem Wale; er zeigt ſo ziemlich dieſelben Eigenſchaften. Doch meidet er die Nähe des Menſchen ungleich ängſtlicher, als der den Schiffern ſo befreundete Delfin, vorausgeſetzt, daß er ſich nicht verfolgt oder angegriffen ſieht; denn dann tritt an die Stelle der Furchtſamkeit ein unbändiger Muth und eine Kampfluſt, wie wir ſie bei anderen Walen nicht wiederfinden. Man hat beobachtet, daß ein Rudel von Delfinen im Stande iſt, eine ganze Herde von Pottfiſchen ſo zu ängſtigen, daß ſie alleſammt eiligſt die Flucht ergreifen; man weiß auch aus Erfahrung, daß alle Pottfiſche bei Annäherung eines Schiffes ſo eilig als möglich entfliehen; ja, man kennt Beiſpiele, daß eine Herde durch plötzliche Aunäherung ihrer Feinde ſo er- ſchreckt wurde, daß ſie bewegungslos am ganzen Leibe bebte, an einer Stelle blieb oder ganz unge- ſchickt geradezu verwirrte Anſtrengungen machte und dem Menſchen hierdurch Gelegenheit gab, mehrere Mitglieder der Thiere zu bewältigen. Die Walfiſchfänger wollen wiſſen, daß Dies gewöhn- lich der Fall iſt, wenn zuerſt ein Weibchen verwundet wurde, während die ganze Herde die Flucht ergreift, wenn das leitende Männchen ſeinen Tod fand. Soviel man weiß, bilden verſchiedene Arten von Kopffüßlern die hauptſächlichſte Nahrung des Pottfiſches. Kleine Fiſche, welche zufällig in den großen Rachen ſich verirren, werden natürlich auch mit verſchluckt; auf ſie aber macht unſer Wal eigentlich keine Jagd. Aeltere Seefahrer erzählten, daß der Pottfiſch ſich auch an Haifiſche, Robben, Delfine und ſelbſt an Bartenwale wage, die neueren, genaueren Beobachter haben aber hiervon Nichts bemerkt. Von ihnen erfahren wir dagegen, daß der Pottfiſch zuweilen pflanzliche Nahrung genießt; wenigſtens haben ſie in dem Magen erjagter Wale dieſer Art verſchiedene Baumfrüchte gefunden, welche durch die Flüſſe in die See geführt wor- den waren. Zu allen Zeiten des Jahres hat man Mütter mit ſäugenden Jungen getroffen. Bennett, welcher am genaueſten über den Pottfiſch berichtet, hat die Säuglinge nur in den Monaten März, April, Oktober und November vermißt; doch beweiſt dieſe Angabe durchaus noch nicht, daß zu dieſer Jahreszeit keine Jungen geboren würden. Jn der Regel bringt jedes Weibchen nur ein einziges Junge zur Welt; man will jedoch auch ſchon deren zwei bei der Mutter geſehen haben. Die Säug- linge, welche etwa 14 Fuß lang ſind, ſchwimmen luſtig neben der Mutter her und begleiten ſie auf allen ihren Zügen. Beim Säugen ſoll ſich die Mutter auf die Seite legen und das Junge die Zitze mit dem Winkel, nicht aber mit der Spitze der Kiefern faſſen. Der Pottfiſch wurde ſchon ſeit alten Zeiten von Walfiſchfängern verfolgt, allein erſt vom Ende des 17. Jahrhunderts an mit beſonderem Eifer. Die Amerikaner rüſteten im Jahre 1677, die Eng- länder erſt 100 Jahre ſpäter Schiffe zum Pottfiſchfang aus. Seit Anfang unſeres Jahrhunderts iſt die Südſee der hauptſächlichſte Jagdgrund dieſer Schiffer, und heutzutage noch ſind es faſt nur die Engländer und Nordamerikaner, welche ſich mit dem Fang beſchäftigen. Jn den Jahren 1820 bis 1830 ſind durch engliſche Walfiſchfänger 45,933, im Durchſchnitt alſo jährlich faſt 4600 Tonnen Walrath erbeutet worden; in den Jahren 1831 und 1832 ſtieg die Ausbeute auf 7605 und bezüglich 7165 Tonnen. Von da an hat ſie etwas abgenommen, weil die Koſten der Ausrüſtung für dieſe Schiffe allzuhohe Summen in Anſpruch nehmen und der Erfolg immer nur ein ungewiſſer bleibt. Freilich iſt auch der Gewinn bedeutend: jede Tonne Walrath wird mit mindeſtens 18 Pfund Ster- ling bezahlt. Die Jagd auf den Pottfiſch iſt mit weit größeren Gefahren verbunden, als der Fang des eigentlichen Walfiſches. Nur höchſt ſelten iſt dieſer im Stande, ſeinen kühnen Feinden Etwas anzu- haben, während jener, wenn er angegriffen wird, ſich nicht allein vertheidigt, ſondern muthig auf ſei-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 859. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/907>, abgerufen am 12.05.2024.