Wie leicht begreiflich, wird das Thier am meisten von den Völkerschaften verfolgt, in deren Nähe es wohnt; denn die Walfischfänger machen nur selten Jagd auf Klappmützen. Die Grönlän- der unterscheiden sehr genau zwischen Männchen und Weibchen; ersteres nennen sie Nesaursalik oder Neitsersoak, zu Deutsch Nasensack; das Weibchen und Junge heißt Kakordak.
Ueber die Mütze selbst haben sich die Zweckmäßigkeitslehrer schon sehr den Kopf zerbrochen, ohne jedoch ins Klare gekommen zu sein. Einige wollen das sonderbare Anhängsel in Verbindung mit dem Geruchsinn bringen und scheinen also zu glauben, daß für das Weibchen eine feine Nase nicht eben nothwendig ist; Andere sind sogar so weit gegangen, daß sie die Mütze als ein ganz besonderes Ge- schenk der Vorsehung betrachtet haben, welches dem Thiere z. B. auch Schutz vor den Keulenschlägen der Robbenjäger gewährt! Wir unsererseits dürfen die Mütze wohl nur als eines jener Schmuckzeichen betrachten, wie sie so häufig bei männlichen Thieren vorkommen.
Ein ähnliches Schmuckzeichen trägt auch der sogenannte Seeelefant oder die große Rüssel- robbe (Macrorhinus elephantinus), der Riese der Familie, welcher die Meere der südlichen Halbkugel bewohnt. Sein Name ist passend gewählt; denn die eigenthümliche, etwa fußlange Verlänge- rung der Nase erinnert sehr an den Rüssel des Riesen auf dem Lande. Dieser Rüssel ist das Bezeichnende an unserem Thiere; er bildet sich erst, und zwar ausschließlich beim Männchen, nach dem zurückgelegten dritten Lebensjahre aus und tritt auch dann nur hervor, wenn das Thier erregt ist. Jn der Ruhe hängt er schlaff über die Oberlippe herab, und die Nasenlöcher, welche sich an der Spitze des Hautbeutels befinden, erscheinen dann zusammengedrückt und oben auf der Schnauze liegend, wie beim rüssellosen Weibchen. Hinsichtlich der Leibesgestalt stimmt der Seeelefant fast vollständig mit seinen Familienverwandten überein. Die ganze Länge beträgt 20 bis 25, ja selbst 30 Fuß, der größte Umfang um die Mitte des Leibes etwa 15 bis 18 Fuß. Das Weibchen ist immer beträchtlich kleiner. Die Glieder sind nicht besonders lang, aber stark und kräftig. An den Vorderrudern sitzen fünf kleine, schwarze Nägel auf den Zehen; die Hinterfüße bestehen aus zwei großen, breiten Seiten- lappen und drei kleinen Lappen dazwischen, auf welchen sich keine Spur von Krallen findet. Der Schwanz ist kurz, dick, kegelförmig. Ein straffes, ziemlich steifes und glänzendes, aber kurzes und nicht eben glatt anliegendes Grannenhaar bedeckt den Leib. Das Wollhaar fehlt gänzlich. Die Fär- bung ist nach Alter und Geschlecht etwas verschieden. Beim Männchen ist sie grünlich- oder blaugrau, auch wohl schwarzbraun, unten immer heller, als oben. Beim Weibchen ist die Oberseite dunkel- olivenbraun, nach den Seiten hin gelbbraun. Junge Thiere sind oben dunkelsilbergrau, an den Seiten heller, unten gelblichweiß. Füße und Schwimmhäute, Schnurren und Krallen sind schwarz. Jm Gebiß zeigt der Seeelefant die größte Aehnlichkeit mit der nordischen Mützenrobbe, nur daß seine Zähne sämmtlich bedeutend stärker sind.
Dampier war der erste Reisebeschreiber, welcher uns Anfangs des vorigen Jahrhunderts mit dem Seeelefanten bekannt machte. Dann berichten Admiral Anson, Pernetty, Molina und endlich am ausführlichsten Peron. Die ersteren Beschreiber nannten das Thier Seelöwe, die an- deren Meerwolf, Elefanten- und Rüsselrobbe; bei den Chinesen führt es den Namen Lame, bei den Südseeinsulanern Morunga.
Der Verbreitungskreis des Seeelefanten liegt zwischen dem 35. und 62. Grad südlicher Breite. Jnnerhalb dieses Gürtels ist er überall nicht selten. Man beobachtet ihn an der Südspitze Ameri- kas, wie auf den Sandwichinseln, bei Vandiemensland, bei Neuseeland und anderen im großen Weltmeer liegenden Eilanden. Am häufigsten sollen sie auf Kingshunters und anderen Jnseln der Baßstraße vorkommen. Nach Süden zu reicht sie bis zu Kings-Georgland.
Jn seiner Lebensweise erinnert der Seeelefant an die Seebären und Seelöwen. Alljährlich unternimmt er Wanderungen von Norden gegen Süden hin und zurück, je nachdem die Sonne
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Der Seeelefant oder die große Rüſſelrobbe.
Wie leicht begreiflich, wird das Thier am meiſten von den Völkerſchaften verfolgt, in deren Nähe es wohnt; denn die Walfiſchfänger machen nur ſelten Jagd auf Klappmützen. Die Grönlän- der unterſcheiden ſehr genau zwiſchen Männchen und Weibchen; erſteres nennen ſie Neſaurſalik oder Neitſerſoak, zu Deutſch Naſenſack; das Weibchen und Junge heißt Kakordak.
Ueber die Mütze ſelbſt haben ſich die Zweckmäßigkeitslehrer ſchon ſehr den Kopf zerbrochen, ohne jedoch ins Klare gekommen zu ſein. Einige wollen das ſonderbare Anhängſel in Verbindung mit dem Geruchſinn bringen und ſcheinen alſo zu glauben, daß für das Weibchen eine feine Naſe nicht eben nothwendig iſt; Andere ſind ſogar ſo weit gegangen, daß ſie die Mütze als ein ganz beſonderes Ge- ſchenk der Vorſehung betrachtet haben, welches dem Thiere z. B. auch Schutz vor den Keulenſchlägen der Robbenjäger gewährt! Wir unſererſeits dürfen die Mütze wohl nur als eines jener Schmuckzeichen betrachten, wie ſie ſo häufig bei männlichen Thieren vorkommen.
Ein ähnliches Schmuckzeichen trägt auch der ſogenannte Seeelefant oder die große Rüſſel- robbe (Macrorhinus elephantinus), der Rieſe der Familie, welcher die Meere der ſüdlichen Halbkugel bewohnt. Sein Name iſt paſſend gewählt; denn die eigenthümliche, etwa fußlange Verlänge- rung der Naſe erinnert ſehr an den Rüſſel des Rieſen auf dem Lande. Dieſer Rüſſel iſt das Bezeichnende an unſerem Thiere; er bildet ſich erſt, und zwar ausſchließlich beim Männchen, nach dem zurückgelegten dritten Lebensjahre aus und tritt auch dann nur hervor, wenn das Thier erregt iſt. Jn der Ruhe hängt er ſchlaff über die Oberlippe herab, und die Naſenlöcher, welche ſich an der Spitze des Hautbeutels befinden, erſcheinen dann zuſammengedrückt und oben auf der Schnauze liegend, wie beim rüſſelloſen Weibchen. Hinſichtlich der Leibesgeſtalt ſtimmt der Seeelefant faſt vollſtändig mit ſeinen Familienverwandten überein. Die ganze Länge beträgt 20 bis 25, ja ſelbſt 30 Fuß, der größte Umfang um die Mitte des Leibes etwa 15 bis 18 Fuß. Das Weibchen iſt immer beträchtlich kleiner. Die Glieder ſind nicht beſonders lang, aber ſtark und kräftig. An den Vorderrudern ſitzen fünf kleine, ſchwarze Nägel auf den Zehen; die Hinterfüße beſtehen aus zwei großen, breiten Seiten- lappen und drei kleinen Lappen dazwiſchen, auf welchen ſich keine Spur von Krallen findet. Der Schwanz iſt kurz, dick, kegelförmig. Ein ſtraffes, ziemlich ſteifes und glänzendes, aber kurzes und nicht eben glatt anliegendes Grannenhaar bedeckt den Leib. Das Wollhaar fehlt gänzlich. Die Fär- bung iſt nach Alter und Geſchlecht etwas verſchieden. Beim Männchen iſt ſie grünlich- oder blaugrau, auch wohl ſchwarzbraun, unten immer heller, als oben. Beim Weibchen iſt die Oberſeite dunkel- olivenbraun, nach den Seiten hin gelbbraun. Junge Thiere ſind oben dunkelſilbergrau, an den Seiten heller, unten gelblichweiß. Füße und Schwimmhäute, Schnurren und Krallen ſind ſchwarz. Jm Gebiß zeigt der Seeelefant die größte Aehnlichkeit mit der nordiſchen Mützenrobbe, nur daß ſeine Zähne ſämmtlich bedeutend ſtärker ſind.
Dampier war der erſte Reiſebeſchreiber, welcher uns Anfangs des vorigen Jahrhunderts mit dem Seeelefanten bekannt machte. Dann berichten Admiral Anſon, Pernetty, Molina und endlich am ausführlichſten Peron. Die erſteren Beſchreiber nannten das Thier Seelöwe, die an- deren Meerwolf, Elefanten- und Rüſſelrobbe; bei den Chineſen führt es den Namen Lame, bei den Südſeeinſulanern Morunga.
Der Verbreitungskreis des Seeelefanten liegt zwiſchen dem 35. und 62. Grad ſüdlicher Breite. Jnnerhalb dieſes Gürtels iſt er überall nicht ſelten. Man beobachtet ihn an der Südſpitze Ameri- kas, wie auf den Sandwichinſeln, bei Vandiemensland, bei Neuſeeland und anderen im großen Weltmeer liegenden Eilanden. Am häufigſten ſollen ſie auf Kingshunters und anderen Jnſeln der Baßſtraße vorkommen. Nach Süden zu reicht ſie bis zu Kings-Georgland.
Jn ſeiner Lebensweiſe erinnert der Seeelefant an die Seebären und Seelöwen. Alljährlich unternimmt er Wanderungen von Norden gegen Süden hin und zurück, je nachdem die Sonne
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[803/0851]
Der Seeelefant oder die große Rüſſelrobbe.
Wie leicht begreiflich, wird das Thier am meiſten von den Völkerſchaften verfolgt, in deren
Nähe es wohnt; denn die Walfiſchfänger machen nur ſelten Jagd auf Klappmützen. Die Grönlän-
der unterſcheiden ſehr genau zwiſchen Männchen und Weibchen; erſteres nennen ſie Neſaurſalik oder
Neitſerſoak, zu Deutſch Naſenſack; das Weibchen und Junge heißt Kakordak.
Ueber die Mütze ſelbſt haben ſich die Zweckmäßigkeitslehrer ſchon ſehr den Kopf zerbrochen, ohne
jedoch ins Klare gekommen zu ſein. Einige wollen das ſonderbare Anhängſel in Verbindung mit dem
Geruchſinn bringen und ſcheinen alſo zu glauben, daß für das Weibchen eine feine Naſe nicht eben
nothwendig iſt; Andere ſind ſogar ſo weit gegangen, daß ſie die Mütze als ein ganz beſonderes Ge-
ſchenk der Vorſehung betrachtet haben, welches dem Thiere z. B. auch Schutz vor den Keulenſchlägen
der Robbenjäger gewährt! Wir unſererſeits dürfen die Mütze wohl nur als eines jener Schmuckzeichen
betrachten, wie ſie ſo häufig bei männlichen Thieren vorkommen.
Ein ähnliches Schmuckzeichen trägt auch der ſogenannte Seeelefant oder die große Rüſſel-
robbe (Macrorhinus elephantinus), der Rieſe der Familie, welcher die Meere der ſüdlichen Halbkugel
bewohnt. Sein Name iſt paſſend gewählt; denn die eigenthümliche, etwa fußlange Verlänge-
rung der Naſe erinnert ſehr an den Rüſſel des Rieſen auf dem Lande. Dieſer Rüſſel iſt das
Bezeichnende an unſerem Thiere; er bildet ſich erſt, und zwar ausſchließlich beim Männchen, nach dem
zurückgelegten dritten Lebensjahre aus und tritt auch dann nur hervor, wenn das Thier erregt iſt.
Jn der Ruhe hängt er ſchlaff über die Oberlippe herab, und die Naſenlöcher, welche ſich an der Spitze
des Hautbeutels befinden, erſcheinen dann zuſammengedrückt und oben auf der Schnauze liegend, wie
beim rüſſelloſen Weibchen. Hinſichtlich der Leibesgeſtalt ſtimmt der Seeelefant faſt vollſtändig mit
ſeinen Familienverwandten überein. Die ganze Länge beträgt 20 bis 25, ja ſelbſt 30 Fuß, der
größte Umfang um die Mitte des Leibes etwa 15 bis 18 Fuß. Das Weibchen iſt immer beträchtlich
kleiner. Die Glieder ſind nicht beſonders lang, aber ſtark und kräftig. An den Vorderrudern ſitzen
fünf kleine, ſchwarze Nägel auf den Zehen; die Hinterfüße beſtehen aus zwei großen, breiten Seiten-
lappen und drei kleinen Lappen dazwiſchen, auf welchen ſich keine Spur von Krallen findet. Der
Schwanz iſt kurz, dick, kegelförmig. Ein ſtraffes, ziemlich ſteifes und glänzendes, aber kurzes und
nicht eben glatt anliegendes Grannenhaar bedeckt den Leib. Das Wollhaar fehlt gänzlich. Die Fär-
bung iſt nach Alter und Geſchlecht etwas verſchieden. Beim Männchen iſt ſie grünlich- oder blaugrau,
auch wohl ſchwarzbraun, unten immer heller, als oben. Beim Weibchen iſt die Oberſeite dunkel-
olivenbraun, nach den Seiten hin gelbbraun. Junge Thiere ſind oben dunkelſilbergrau, an den
Seiten heller, unten gelblichweiß. Füße und Schwimmhäute, Schnurren und Krallen ſind ſchwarz.
Jm Gebiß zeigt der Seeelefant die größte Aehnlichkeit mit der nordiſchen Mützenrobbe, nur daß ſeine
Zähne ſämmtlich bedeutend ſtärker ſind.
Dampier war der erſte Reiſebeſchreiber, welcher uns Anfangs des vorigen Jahrhunderts mit
dem Seeelefanten bekannt machte. Dann berichten Admiral Anſon, Pernetty, Molina und
endlich am ausführlichſten Peron. Die erſteren Beſchreiber nannten das Thier Seelöwe, die an-
deren Meerwolf, Elefanten- und Rüſſelrobbe; bei den Chineſen führt es den Namen Lame, bei den
Südſeeinſulanern Morunga.
Der Verbreitungskreis des Seeelefanten liegt zwiſchen dem 35. und 62. Grad ſüdlicher Breite.
Jnnerhalb dieſes Gürtels iſt er überall nicht ſelten. Man beobachtet ihn an der Südſpitze Ameri-
kas, wie auf den Sandwichinſeln, bei Vandiemensland, bei Neuſeeland und anderen im großen
Weltmeer liegenden Eilanden. Am häufigſten ſollen ſie auf Kingshunters und anderen Jnſeln
der Baßſtraße vorkommen. Nach Süden zu reicht ſie bis zu Kings-Georgland.
Jn ſeiner Lebensweiſe erinnert der Seeelefant an die Seebären und Seelöwen. Alljährlich
unternimmt er Wanderungen von Norden gegen Süden hin und zurück, je nachdem die Sonne
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 803. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/851>, abgerufen am 23.11.2024.
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