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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die Vielhufer oder Dickhäuter. -- Die Nashörner.
gibt es heutzutage noch welche. "Jn der Stadt Aduleton, dem größten Handelsplatz der Troglody-
ten und Aethiopier, fünf Tagereisen zu Schiffe von Ptolomäus, wird sehr viel Elfenbein, Hörner des
Nashorns, Leder vom Flußpferde und andere derartige Handelsgegenstände verkauft." Der Erste,
welcher von diesen Thieren spricht, ist Agatharchides; dann kommt Strabo, welcher in Alexan-
drien ein Nashorn gesehen hat. Pausanias führt es unter dem Namen "äthiopischer Ochs" auf,
und dieser Name findet sich in viel späteren Jahrhunderten. Martial besingt beide Arten. Von
dem einhörnigen sagt er:

"Auf dem geräumigen Plan, o Cäfar, führet das Nashorn
Solcherlei Kämpfe dir aus, als es sie nimmer verhieß.
Wie im erbitterten Rasen erglühete stürmend das Unthier!
Wie gewaltig durchs Horn, welchem ein Ball war der Stier!"

und von dem zweihörnigen:

"Während bekümmerte Hetzer zum Kampfe aufreizten das Nashorn
Und lange sammelnd den Zorn dieses gewaltigen Thieres,
Schwindet dem Volke die Hoffnung des Kampfes vor großer Erwartung,
Aber dem Unthier kehrt wieder die eigene Wuth;
Denn es erhob mit doppeltem Horn den gewaltigen Bären,
Leicht, wie die Doggen der Stier wirft zu den Sternen empor."

Die alten Egypter scheinen das Nashorn nicht beachtet zu haben. Man hat bisjetzt auf den
egyptischen Tempeln keine Abbildungen von ihm gefunden. Die Priester Meroes in Südnubien
werden es wohl gekannt haben. Die arabischen Schriftsteller sprechen schon sehr frühzeitig von
beiden Thieren und unterscheiden die indischen und afrikanischen. Jn ihren Märchen kommt das
Nashorn nicht selten als zauberhaftes Wesen vor. Nun vergeht eine lange Zeit, ehe man wieder
Etwas von dem Thiere vernimmt. Marco Polo, der bekannte und für die Thierkunde so wichtige
Schriftsteller, ist der erste, welcher das Stillschweigen bricht. Er hat es auf seiner Reise im drei-
zehnten Jahrhundert in Jndien wieder gesehen und zwar auf Sumatra. "Sie haben dort," sagt er,
"viel Elefanten- und Löwenhörner, welche viel kleiner sind als jene und in der Behaarung den
Büffeln ähneln; ihre Füße aber sind wie bei den Elefanten. Sie tragen ein Horn mitten auf der
Stirn, thun damit aber Niemand Etwas. Wenn sie Jemanden angreifen wollen, werfen sie ihn
vielmehr mit den Knieen nieder und stoßen dann mit der Zunge, die mit einigen langen Stacheln
besetzt ist, auf ihn los. Jhren Kopf, welcher dem des Wildschweins ähnelt, tragen sie immer gegen
die Erde gekehrt. Sie halten sich gern im Schlamm auf und sind überhaupt rohes, garstiges Vieh."
Jm Jahre 1513 erhielt endlich der König Emanuel aus Ostindien wieder ein lebendes Nashorn.
Der Ruf davon erfüllte alle Länder. Albrecht Dürer gab zuerst einen Holzschnitt von diesem Thiere
heraus, den er nach einer schlechten Abbildung angefertigt hatte, welche ihm von Lissabon aus zuge-
schickt worden war. Das Bild stellt ein Thier dar, welches aussieht, als wäre es mit Schabracken
bekleidet. Es hat Schuppen an den Füßen, wie an einem Panzer und trägt auch noch ein kleines Horn
auf der Schulter. Fast zweihundert Jahre lang war jener Holzschnitt des berühmten Meisters das
einzige Bild, welches man von dem Nashorn besaß. Erst Chardin, welcher in Jspahan selbst ein
Nashorn sah, hat zu Anfang des vorigen Jahrhunderts eine bessere Abbildung gegeben. Die Lebens-
beschreibung hatte schon Bontius in der Mitte des 17. Jahrhunderts berichtigt. Von nun an
beschreiben alle Reisenden, welche Sinn für Natur haben, die eine und die andere Art und nament-
lich die Nashörner, welche Südafrika bewohnen, sind uns recht ausführlich geschildert worden, so
daß es gegenwärtig ziemlich leicht ist, ein allgemeines Bild der Thiere zu geben.

Jm allgemeinen ähneln sich alle Nashörner in ihrer Lebensweise, in ihrem Wesen, in ihren
Eigenschaften, Bewegungen und in ihrer Nahrung; doch scheint immerhin jede Art ihr Eigenthüm-
liches zu haben. Unter den asiatischen Arten z. B. gilt das indische Nashorn als ein außerordentlich

Die Vielhufer oder Dickhäuter. — Die Nashörner.
gibt es heutzutage noch welche. „Jn der Stadt Aduleton, dem größten Handelsplatz der Troglody-
ten und Aethiopier, fünf Tagereiſen zu Schiffe von Ptolomäus, wird ſehr viel Elfenbein, Hörner des
Nashorns, Leder vom Flußpferde und andere derartige Handelsgegenſtände verkauft.‟ Der Erſte,
welcher von dieſen Thieren ſpricht, iſt Agatharchides; dann kommt Strabo, welcher in Alexan-
drien ein Nashorn geſehen hat. Pauſanias führt es unter dem Namen „äthiopiſcher Ochs‟ auf,
und dieſer Name findet ſich in viel ſpäteren Jahrhunderten. Martial beſingt beide Arten. Von
dem einhörnigen ſagt er:

„Auf dem geräumigen Plan, o Cäfar, führet das Nashorn
Solcherlei Kämpfe dir aus, als es ſie nimmer verhieß.
Wie im erbitterten Raſen erglühete ſtürmend das Unthier!
Wie gewaltig durchs Horn, welchem ein Ball war der Stier!‟

und von dem zweihörnigen:

„Während bekümmerte Hetzer zum Kampfe aufreizten das Nashorn
Und lange ſammelnd den Zorn dieſes gewaltigen Thieres,
Schwindet dem Volke die Hoffnung des Kampfes vor großer Erwartung,
Aber dem Unthier kehrt wieder die eigene Wuth;
Denn es erhob mit doppeltem Horn den gewaltigen Bären,
Leicht, wie die Doggen der Stier wirft zu den Sternen empor.‟

Die alten Egypter ſcheinen das Nashorn nicht beachtet zu haben. Man hat bisjetzt auf den
egyptiſchen Tempeln keine Abbildungen von ihm gefunden. Die Prieſter Meroes in Südnubien
werden es wohl gekannt haben. Die arabiſchen Schriftſteller ſprechen ſchon ſehr frühzeitig von
beiden Thieren und unterſcheiden die indiſchen und afrikaniſchen. Jn ihren Märchen kommt das
Nashorn nicht ſelten als zauberhaftes Weſen vor. Nun vergeht eine lange Zeit, ehe man wieder
Etwas von dem Thiere vernimmt. Marco Polo, der bekannte und für die Thierkunde ſo wichtige
Schriftſteller, iſt der erſte, welcher das Stillſchweigen bricht. Er hat es auf ſeiner Reiſe im drei-
zehnten Jahrhundert in Jndien wieder geſehen und zwar auf Sumatra. „Sie haben dort,‟ ſagt er,
„viel Elefanten- und Löwenhörner, welche viel kleiner ſind als jene und in der Behaarung den
Büffeln ähneln; ihre Füße aber ſind wie bei den Elefanten. Sie tragen ein Horn mitten auf der
Stirn, thun damit aber Niemand Etwas. Wenn ſie Jemanden angreifen wollen, werfen ſie ihn
vielmehr mit den Knieen nieder und ſtoßen dann mit der Zunge, die mit einigen langen Stacheln
beſetzt iſt, auf ihn los. Jhren Kopf, welcher dem des Wildſchweins ähnelt, tragen ſie immer gegen
die Erde gekehrt. Sie halten ſich gern im Schlamm auf und ſind überhaupt rohes, garſtiges Vieh.‟
Jm Jahre 1513 erhielt endlich der König Emanuel aus Oſtindien wieder ein lebendes Nashorn.
Der Ruf davon erfüllte alle Länder. Albrecht Dürer gab zuerſt einen Holzſchnitt von dieſem Thiere
heraus, den er nach einer ſchlechten Abbildung angefertigt hatte, welche ihm von Liſſabon aus zuge-
ſchickt worden war. Das Bild ſtellt ein Thier dar, welches ausſieht, als wäre es mit Schabracken
bekleidet. Es hat Schuppen an den Füßen, wie an einem Panzer und trägt auch noch ein kleines Horn
auf der Schulter. Faſt zweihundert Jahre lang war jener Holzſchnitt des berühmten Meiſters das
einzige Bild, welches man von dem Nashorn beſaß. Erſt Chardin, welcher in Jspahan ſelbſt ein
Nashorn ſah, hat zu Anfang des vorigen Jahrhunderts eine beſſere Abbildung gegeben. Die Lebens-
beſchreibung hatte ſchon Bontius in der Mitte des 17. Jahrhunderts berichtigt. Von nun an
beſchreiben alle Reiſenden, welche Sinn für Natur haben, die eine und die andere Art und nament-
lich die Nashörner, welche Südafrika bewohnen, ſind uns recht ausführlich geſchildert worden, ſo
daß es gegenwärtig ziemlich leicht iſt, ein allgemeines Bild der Thiere zu geben.

Jm allgemeinen ähneln ſich alle Nashörner in ihrer Lebensweiſe, in ihrem Weſen, in ihren
Eigenſchaften, Bewegungen und in ihrer Nahrung; doch ſcheint immerhin jede Art ihr Eigenthüm-
liches zu haben. Unter den aſiatiſchen Arten z. B. gilt das indiſche Nashorn als ein außerordentlich

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[756/0802] Die Vielhufer oder Dickhäuter. — Die Nashörner. gibt es heutzutage noch welche. „Jn der Stadt Aduleton, dem größten Handelsplatz der Troglody- ten und Aethiopier, fünf Tagereiſen zu Schiffe von Ptolomäus, wird ſehr viel Elfenbein, Hörner des Nashorns, Leder vom Flußpferde und andere derartige Handelsgegenſtände verkauft.‟ Der Erſte, welcher von dieſen Thieren ſpricht, iſt Agatharchides; dann kommt Strabo, welcher in Alexan- drien ein Nashorn geſehen hat. Pauſanias führt es unter dem Namen „äthiopiſcher Ochs‟ auf, und dieſer Name findet ſich in viel ſpäteren Jahrhunderten. Martial beſingt beide Arten. Von dem einhörnigen ſagt er: „Auf dem geräumigen Plan, o Cäfar, führet das Nashorn Solcherlei Kämpfe dir aus, als es ſie nimmer verhieß. Wie im erbitterten Raſen erglühete ſtürmend das Unthier! Wie gewaltig durchs Horn, welchem ein Ball war der Stier!‟ und von dem zweihörnigen: „Während bekümmerte Hetzer zum Kampfe aufreizten das Nashorn Und lange ſammelnd den Zorn dieſes gewaltigen Thieres, Schwindet dem Volke die Hoffnung des Kampfes vor großer Erwartung, Aber dem Unthier kehrt wieder die eigene Wuth; Denn es erhob mit doppeltem Horn den gewaltigen Bären, Leicht, wie die Doggen der Stier wirft zu den Sternen empor.‟ Die alten Egypter ſcheinen das Nashorn nicht beachtet zu haben. Man hat bisjetzt auf den egyptiſchen Tempeln keine Abbildungen von ihm gefunden. Die Prieſter Meroes in Südnubien werden es wohl gekannt haben. Die arabiſchen Schriftſteller ſprechen ſchon ſehr frühzeitig von beiden Thieren und unterſcheiden die indiſchen und afrikaniſchen. Jn ihren Märchen kommt das Nashorn nicht ſelten als zauberhaftes Weſen vor. Nun vergeht eine lange Zeit, ehe man wieder Etwas von dem Thiere vernimmt. Marco Polo, der bekannte und für die Thierkunde ſo wichtige Schriftſteller, iſt der erſte, welcher das Stillſchweigen bricht. Er hat es auf ſeiner Reiſe im drei- zehnten Jahrhundert in Jndien wieder geſehen und zwar auf Sumatra. „Sie haben dort,‟ ſagt er, „viel Elefanten- und Löwenhörner, welche viel kleiner ſind als jene und in der Behaarung den Büffeln ähneln; ihre Füße aber ſind wie bei den Elefanten. Sie tragen ein Horn mitten auf der Stirn, thun damit aber Niemand Etwas. Wenn ſie Jemanden angreifen wollen, werfen ſie ihn vielmehr mit den Knieen nieder und ſtoßen dann mit der Zunge, die mit einigen langen Stacheln beſetzt iſt, auf ihn los. Jhren Kopf, welcher dem des Wildſchweins ähnelt, tragen ſie immer gegen die Erde gekehrt. Sie halten ſich gern im Schlamm auf und ſind überhaupt rohes, garſtiges Vieh.‟ Jm Jahre 1513 erhielt endlich der König Emanuel aus Oſtindien wieder ein lebendes Nashorn. Der Ruf davon erfüllte alle Länder. Albrecht Dürer gab zuerſt einen Holzſchnitt von dieſem Thiere heraus, den er nach einer ſchlechten Abbildung angefertigt hatte, welche ihm von Liſſabon aus zuge- ſchickt worden war. Das Bild ſtellt ein Thier dar, welches ausſieht, als wäre es mit Schabracken bekleidet. Es hat Schuppen an den Füßen, wie an einem Panzer und trägt auch noch ein kleines Horn auf der Schulter. Faſt zweihundert Jahre lang war jener Holzſchnitt des berühmten Meiſters das einzige Bild, welches man von dem Nashorn beſaß. Erſt Chardin, welcher in Jspahan ſelbſt ein Nashorn ſah, hat zu Anfang des vorigen Jahrhunderts eine beſſere Abbildung gegeben. Die Lebens- beſchreibung hatte ſchon Bontius in der Mitte des 17. Jahrhunderts berichtigt. Von nun an beſchreiben alle Reiſenden, welche Sinn für Natur haben, die eine und die andere Art und nament- lich die Nashörner, welche Südafrika bewohnen, ſind uns recht ausführlich geſchildert worden, ſo daß es gegenwärtig ziemlich leicht iſt, ein allgemeines Bild der Thiere zu geben. Jm allgemeinen ähneln ſich alle Nashörner in ihrer Lebensweiſe, in ihrem Weſen, in ihren Eigenſchaften, Bewegungen und in ihrer Nahrung; doch ſcheint immerhin jede Art ihr Eigenthüm- liches zu haben. Unter den aſiatiſchen Arten z. B. gilt das indiſche Nashorn als ein außerordentlich

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 756. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/802>, abgerufen am 23.11.2024.