liste von denen auf, welche durch die Regierung verwendet wurden; aus dieser Liste geht hervor, daß von 138 Gefangenen nach Ablauf von zwanzig Jahren nur ein einziger noch lebte. -- Andere Beobachter nehmen an, daß wilde Elefanten 150 Jahre alt werden können.
Der Elefant steht leider auch schon auf der Reihe derjenigen Thiere, welche ihrem Untergang verfallen sind. Man jagt die edlen Geschöpfe nicht, um sich wegen des von ihnen verübten Schadens zu rächen, sondern des kostbaren Elfenbeins halber, und hat deshalb schon lange einen Vernichtungs- krieg gegen sie geführt. Der Schaden, welchen die Thiere anrichten, ließe sich ertragen, -- denn nur die Rogues werden lästig, -- die Herden bleiben in ihren Wäldern. Manchmal freilich machen sich die Elefanten durch sonderbare Gelüste unangenehm. So zogen sie den indischen Straßenbaumeistern wiederholt die Merkpfähle aus dem Boden, welche die Leute mühsam zur Bezeichnung der anzulegen- den Straßen gesetzt hatten, und andere fielen hartnäckig immer und immer wieder in ein und dieselbe Pflanzung ein, so daß der Besitzer genöthigt war, die berüchtigtsten Jäger zu sich zu erbitten. Wenn ich die Jäger anstatt berühmt, berüchtigt nenne, habe ich leider dazu guten Grund. Die meisten von ihnen betragen sich der Jagd, welche sie betreiben, vollkommen unwürdig. Es sind hauptsächlich Engländer, welche der Elefantenjagd obliegen, und deren Rohheit ist bekannt genug: wie weit sie aber gehen kann, wissen die Wenigsten von uns. Jch will Einen von ihnen, den oft genannten Gordon Cumming, seine Art und Weise Elefanten zu erlegen, selbst schildern lassen. "Am 31. August erblickte ich den größten und höchsten Elefanten, welchen ich jemals gesehen. Er stand, mit der Seite sich mir zuwendend, in einer Entfernung von ungefähr 150 Schritten vor mir. Jch machte Halt, schoß in die Schulter und bekam ihn durch diesen einzigen Schuß in meine Gewalt. Die Kugel hatte ihn hoch in das Schulterblatt getroffen und auf der Stelle gelähmt. Jch beschloß, eine kurze Zeit der Betrachtung dieses stattlichen Elefanten zu widmen, ehe ich ihm vollends den Rest gab. Es war in der That ein gewaltiger Anblick, den er mir bot. Jch fühlte mich als Herr der grenzenlosen Wälder, welche eine unaussprechlich edle und ansprechende Jagd möglich machten. Nachdem ich den Elefanten eine Zeitlang bewundert, beschloß ich einige Versuche anzustel- len, um die verwundbarsten Punkte des Thieres kennen zu lernen (!). Jch näherte mich ihm auf ganz kurze Entfernung und feuerte mehrere Kugeln auf verschiedene Theile seines unge- heuren Schädels ab. Bei jedem Schuß neigte er gleichsam grüßend seinen Kopf nieder und berührte dann mit dem Rüssel seltsam und eigenthümlich sanft die Wunde. Jch war verwundert und wurde wirklich von Mitleid ergriffen, als ich sah, daß das edle Thier sein Schicksal, seine Leiden mit so würdevoller Fassung ertrug und beschloß, der Sache so schnell als möglich ein Ende zu machen. Des- halb eröffnete ich nun das Feuer auf ihn an einer geeigneten Stelle. Jch gab ihm nach einander sechs Schüsse aus meiner Doppelbüchse hinter die Schulter, welche zuletzt tödtlich sein mußten, im Anfange aber keine unmittelbare Wirkung zur Folge zu haben schienen. Hierauf feuerte ich drei Kugeln aus dem holländischen Sechspfünder auf dieselbe Stelle. Jetzt rannen ihm große Thränen aus den Augen; er öffnete diese langsam und schloß sie wieder. Sein gewaltiger Leib zitterte krampfhaft; er neigte sich auf die Seite und verendete."
Nun entschuldigt sich zwar der Mann damit, daß er diese Versuche blos gemacht hat, um künftighin die Leiden anderer Elefanten abzukürzen: wir aber können diese Entschuldigung un- möglich gelten lassen, weil ein Elefantenjäger im Voraus wissen muß, wohin er seine Geschosse zu richten hat. Auch gibt Gordon Cumming in seinem Buche so unzählige Beweise eines wilden und zwecklosen Blutdurstes, daß wir jene Entschuldigung sicherlich nur als ein Anerkenntniß seiner Ge- meinheit ansehen können. Wie unendlich hoch stand jener Elefant über dem Menschen, wie erbärm- lich, wie niederträchtig zeigte sich der elende, heimtückische Feind dem herrlichen Geschöpfe gegenüber! Bei Gelegenheit einer anderen Elefantenjagd erzählt Cumming, daß er einem großen, männlichen Thiere 35 Schüsse gab, ehe es verendete. Die Jäger in Jndien machen es nicht besser; Tennent läßt Dies deutlich genug merken. Sie sind ebenso schamlos, als unsere Großen es früher waren, wenn sie Hunderte von edlen Thieren in einen engen Raum zusammentreiben ließen und dann bequem
Die Elefanten.
liſte von denen auf, welche durch die Regierung verwendet wurden; aus dieſer Liſte geht hervor, daß von 138 Gefangenen nach Ablauf von zwanzig Jahren nur ein einziger noch lebte. — Andere Beobachter nehmen an, daß wilde Elefanten 150 Jahre alt werden können.
Der Elefant ſteht leider auch ſchon auf der Reihe derjenigen Thiere, welche ihrem Untergang verfallen ſind. Man jagt die edlen Geſchöpfe nicht, um ſich wegen des von ihnen verübten Schadens zu rächen, ſondern des koſtbaren Elfenbeins halber, und hat deshalb ſchon lange einen Vernichtungs- krieg gegen ſie geführt. Der Schaden, welchen die Thiere anrichten, ließe ſich ertragen, — denn nur die Rogues werden läſtig, — die Herden bleiben in ihren Wäldern. Manchmal freilich machen ſich die Elefanten durch ſonderbare Gelüſte unangenehm. So zogen ſie den indiſchen Straßenbaumeiſtern wiederholt die Merkpfähle aus dem Boden, welche die Leute mühſam zur Bezeichnung der anzulegen- den Straßen geſetzt hatten, und andere fielen hartnäckig immer und immer wieder in ein und dieſelbe Pflanzung ein, ſo daß der Beſitzer genöthigt war, die berüchtigtſten Jäger zu ſich zu erbitten. Wenn ich die Jäger anſtatt berühmt, berüchtigt nenne, habe ich leider dazu guten Grund. Die meiſten von ihnen betragen ſich der Jagd, welche ſie betreiben, vollkommen unwürdig. Es ſind hauptſächlich Engländer, welche der Elefantenjagd obliegen, und deren Rohheit iſt bekannt genug: wie weit ſie aber gehen kann, wiſſen die Wenigſten von uns. Jch will Einen von ihnen, den oft genannten Gordon Cumming, ſeine Art und Weiſe Elefanten zu erlegen, ſelbſt ſchildern laſſen. „Am 31. Auguſt erblickte ich den größten und höchſten Elefanten, welchen ich jemals geſehen. Er ſtand, mit der Seite ſich mir zuwendend, in einer Entfernung von ungefähr 150 Schritten vor mir. Jch machte Halt, ſchoß in die Schulter und bekam ihn durch dieſen einzigen Schuß in meine Gewalt. Die Kugel hatte ihn hoch in das Schulterblatt getroffen und auf der Stelle gelähmt. Jch beſchloß, eine kurze Zeit der Betrachtung dieſes ſtattlichen Elefanten zu widmen, ehe ich ihm vollends den Reſt gab. Es war in der That ein gewaltiger Anblick, den er mir bot. Jch fühlte mich als Herr der grenzenloſen Wälder, welche eine unausſprechlich edle und anſprechende Jagd möglich machten. Nachdem ich den Elefanten eine Zeitlang bewundert, beſchloß ich einige Verſuche anzuſtel- len, um die verwundbarſten Punkte des Thieres kennen zu lernen (!). Jch näherte mich ihm auf ganz kurze Entfernung und feuerte mehrere Kugeln auf verſchiedene Theile ſeines unge- heuren Schädels ab. Bei jedem Schuß neigte er gleichſam grüßend ſeinen Kopf nieder und berührte dann mit dem Rüſſel ſeltſam und eigenthümlich ſanft die Wunde. Jch war verwundert und wurde wirklich von Mitleid ergriffen, als ich ſah, daß das edle Thier ſein Schickſal, ſeine Leiden mit ſo würdevoller Faſſung ertrug und beſchloß, der Sache ſo ſchnell als möglich ein Ende zu machen. Des- halb eröffnete ich nun das Feuer auf ihn an einer geeigneten Stelle. Jch gab ihm nach einander ſechs Schüſſe aus meiner Doppelbüchſe hinter die Schulter, welche zuletzt tödtlich ſein mußten, im Anfange aber keine unmittelbare Wirkung zur Folge zu haben ſchienen. Hierauf feuerte ich drei Kugeln aus dem holländiſchen Sechspfünder auf dieſelbe Stelle. Jetzt rannen ihm große Thränen aus den Augen; er öffnete dieſe langſam und ſchloß ſie wieder. Sein gewaltiger Leib zitterte krampfhaft; er neigte ſich auf die Seite und verendete.‟
Nun entſchuldigt ſich zwar der Mann damit, daß er dieſe Verſuche blos gemacht hat, um künftighin die Leiden anderer Elefanten abzukürzen: wir aber können dieſe Entſchuldigung un- möglich gelten laſſen, weil ein Elefantenjäger im Voraus wiſſen muß, wohin er ſeine Geſchoſſe zu richten hat. Auch gibt Gordon Cumming in ſeinem Buche ſo unzählige Beweiſe eines wilden und zweckloſen Blutdurſtes, daß wir jene Entſchuldigung ſicherlich nur als ein Anerkenntniß ſeiner Ge- meinheit anſehen können. Wie unendlich hoch ſtand jener Elefant über dem Menſchen, wie erbärm- lich, wie niederträchtig zeigte ſich der elende, heimtückiſche Feind dem herrlichen Geſchöpfe gegenüber! Bei Gelegenheit einer anderen Elefantenjagd erzählt Cumming, daß er einem großen, männlichen Thiere 35 Schüſſe gab, ehe es verendete. Die Jäger in Jndien machen es nicht beſſer; Tennent läßt Dies deutlich genug merken. Sie ſind ebenſo ſchamlos, als unſere Großen es früher waren, wenn ſie Hunderte von edlen Thieren in einen engen Raum zuſammentreiben ließen und dann bequem
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Die Elefanten.
liſte von denen auf, welche durch die Regierung verwendet wurden; aus dieſer Liſte geht hervor,
daß von 138 Gefangenen nach Ablauf von zwanzig Jahren nur ein einziger noch lebte. — Andere
Beobachter nehmen an, daß wilde Elefanten 150 Jahre alt werden können.
Der Elefant ſteht leider auch ſchon auf der Reihe derjenigen Thiere, welche ihrem Untergang
verfallen ſind. Man jagt die edlen Geſchöpfe nicht, um ſich wegen des von ihnen verübten Schadens
zu rächen, ſondern des koſtbaren Elfenbeins halber, und hat deshalb ſchon lange einen Vernichtungs-
krieg gegen ſie geführt. Der Schaden, welchen die Thiere anrichten, ließe ſich ertragen, — denn nur
die Rogues werden läſtig, — die Herden bleiben in ihren Wäldern. Manchmal freilich machen ſich
die Elefanten durch ſonderbare Gelüſte unangenehm. So zogen ſie den indiſchen Straßenbaumeiſtern
wiederholt die Merkpfähle aus dem Boden, welche die Leute mühſam zur Bezeichnung der anzulegen-
den Straßen geſetzt hatten, und andere fielen hartnäckig immer und immer wieder in ein und dieſelbe
Pflanzung ein, ſo daß der Beſitzer genöthigt war, die berüchtigtſten Jäger zu ſich zu erbitten. Wenn
ich die Jäger anſtatt berühmt, berüchtigt nenne, habe ich leider dazu guten Grund. Die meiſten von
ihnen betragen ſich der Jagd, welche ſie betreiben, vollkommen unwürdig. Es ſind hauptſächlich
Engländer, welche der Elefantenjagd obliegen, und deren Rohheit iſt bekannt genug: wie weit
ſie aber gehen kann, wiſſen die Wenigſten von uns. Jch will Einen von ihnen, den oft genannten
Gordon Cumming, ſeine Art und Weiſe Elefanten zu erlegen, ſelbſt ſchildern laſſen. „Am
31. Auguſt erblickte ich den größten und höchſten Elefanten, welchen ich jemals geſehen. Er ſtand,
mit der Seite ſich mir zuwendend, in einer Entfernung von ungefähr 150 Schritten vor mir. Jch
machte Halt, ſchoß in die Schulter und bekam ihn durch dieſen einzigen Schuß in meine Gewalt.
Die Kugel hatte ihn hoch in das Schulterblatt getroffen und auf der Stelle gelähmt. Jch beſchloß,
eine kurze Zeit der Betrachtung dieſes ſtattlichen Elefanten zu widmen, ehe ich ihm vollends den
Reſt gab. Es war in der That ein gewaltiger Anblick, den er mir bot. Jch fühlte mich als Herr
der grenzenloſen Wälder, welche eine unausſprechlich edle und anſprechende Jagd möglich machten.
Nachdem ich den Elefanten eine Zeitlang bewundert, beſchloß ich einige Verſuche anzuſtel-
len, um die verwundbarſten Punkte des Thieres kennen zu lernen (!). Jch näherte
mich ihm auf ganz kurze Entfernung und feuerte mehrere Kugeln auf verſchiedene Theile ſeines unge-
heuren Schädels ab. Bei jedem Schuß neigte er gleichſam grüßend ſeinen Kopf nieder und berührte
dann mit dem Rüſſel ſeltſam und eigenthümlich ſanft die Wunde. Jch war verwundert und wurde
wirklich von Mitleid ergriffen, als ich ſah, daß das edle Thier ſein Schickſal, ſeine Leiden mit ſo
würdevoller Faſſung ertrug und beſchloß, der Sache ſo ſchnell als möglich ein Ende zu machen. Des-
halb eröffnete ich nun das Feuer auf ihn an einer geeigneten Stelle. Jch gab ihm nach einander
ſechs Schüſſe aus meiner Doppelbüchſe hinter die Schulter, welche zuletzt tödtlich ſein mußten, im
Anfange aber keine unmittelbare Wirkung zur Folge zu haben ſchienen. Hierauf feuerte ich drei
Kugeln aus dem holländiſchen Sechspfünder auf dieſelbe Stelle. Jetzt rannen ihm große Thränen
aus den Augen; er öffnete dieſe langſam und ſchloß ſie wieder. Sein gewaltiger Leib zitterte
krampfhaft; er neigte ſich auf die Seite und verendete.‟
Nun entſchuldigt ſich zwar der Mann damit, daß er dieſe Verſuche blos gemacht hat, um
künftighin die Leiden anderer Elefanten abzukürzen: wir aber können dieſe Entſchuldigung un-
möglich gelten laſſen, weil ein Elefantenjäger im Voraus wiſſen muß, wohin er ſeine Geſchoſſe zu
richten hat. Auch gibt Gordon Cumming in ſeinem Buche ſo unzählige Beweiſe eines wilden und
zweckloſen Blutdurſtes, daß wir jene Entſchuldigung ſicherlich nur als ein Anerkenntniß ſeiner Ge-
meinheit anſehen können. Wie unendlich hoch ſtand jener Elefant über dem Menſchen, wie erbärm-
lich, wie niederträchtig zeigte ſich der elende, heimtückiſche Feind dem herrlichen Geſchöpfe gegenüber!
Bei Gelegenheit einer anderen Elefantenjagd erzählt Cumming, daß er einem großen, männlichen
Thiere 35 Schüſſe gab, ehe es verendete. Die Jäger in Jndien machen es nicht beſſer; Tennent
läßt Dies deutlich genug merken. Sie ſind ebenſo ſchamlos, als unſere Großen es früher waren,
wenn ſie Hunderte von edlen Thieren in einen engen Raum zuſammentreiben ließen und dann bequem
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 697. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/733>, abgerufen am 23.11.2024.
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