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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die Elefanten.

Beide Elefantenarten, die afrikanische sowohl als die indische, waren den alten Völkern wohl-
bekannt. Bereits die alten Aethiopier trieben einen lebhaften Handel mit dem Elfenbein, dessen
Namen später zu dem des Elefanten wurde. Erst Herodot meint unter dem Namen "Elephas"
wirklich das Thier. Ktesias, der Leibarzt von Artaxerxes von Nemon, war der erste Grieche, welcher einen
Elefanten nach eigener Anschanung beschrieb. Er sah einen lebenden in Babylon, wohin er wahr-
scheinlich aus Jndien gekommen war. Er war es auch, welcher zuerst das Märchen verbreitete, daß
der Elefant keine Gelenke in den Beinen habe, weder sich legen noch aufstehen könne und deshalb
stehend schlafen müsse. Darius ist geschichtlich der Erste, welcher die Elefanten in der Schlacht ver-
wendete. Er gebrauchte sie gegen Alexander den Großen. Von den durch Alexander erbeuteten
Elefanten bekam Aristoteles einige zu Gesicht und konnte nunmehr das Thier ziemlich genau be-
schreiben. Von dieser Zeit an kommen die Elefanten oft in der Geschichte vor. Fast 300 Jahre
nach einander werden sie in den endlosen Kriegen gebraucht, welche die verschiedenen Völker um die
Weltherrschaft führen, bis die Römer endlich siegreich aus den Kämpfen hervorgehen. Sogar nach
Europa werden sie übergeführt und in italienischen Feldzügen gebraucht. Neben den indischen Elefan-
ten aber wurden auch afrikanische gebraucht und namentlich die Karthager verstanden es, diese Thiere,
welche die Neuzeit für unzähmbar erklären wollte, zum Krieg abzurichten und ganz in derselben
Weise zu verwenden, wie die indischen. Die afrikanischen Elefanten leisteten den Karthagern vor-
treffliche Dienste. Sie waren gegen die Menschen außerordentlich tapfer, nur nicht gegen andere
Elefanten.

Die Römer brauchten ihre Elefanten hauptsächlich zu den Kampfspielen und schon ihnen haben
wir die Schuld zuzuschreiben, daß die Thiere im Norden des Atlas ausgerottet wurden. Wie weit
die afrikanischen Elefanten abgerichtet wurden, mag daraus hervorgehen, daß die römischen Schau-
spieler sie gelehrt hatten, Buchstaben mit einem Griffel zu zeichnen, auf einem schräg gespannten
Seile auf- und abzugehen, zu Viert auf einer Senfte einen Fünften zu tragen, welcher den Kranken
vorstellte, nach dem Takt zu tanzen, von einer prächtig besetzten Tafel aus Gold- und Silbergeschirr
mit aller Beobachtung der feinen Sitte und des Anstandes zu speisen etc.

Soviel Gelegenheit nun auch die Alten hatten, Elefanten im Leben zu beobachten, so wenig zu-
verlässig sind die Beschreibungen, welche auf uns gekommen sind. Sonderbarerweise haben sich manche
Märchen und Fabeln hartnäckig erhalten, und eigentlich kennen wir erst seit der allerneuesten Zeit die
Elefanten wirklich. Unter allen Beobachtern, welche über diese merkwürdigen und edlen Geschöpfe
geschrieben haben, müssen wir die beiden genannten Forscher als die zuverlässigsten bezeichnen, und
deshalb werde ich ihre Arbeiten meiner Beschreibung hauptsächlich zu Grunde legen. Da der indische
Elefant ohnehin weit bekannter ist, als der afrikanische, fasse ich diesen vorzugsweise ins Auge, ohne
dabei den afrikanischen zu vergessen, oder auch nur zu beeinträchtigen.

Jn den angegebenen Ländern findet man die Elefanten in jeder größeren Waldung. Je reicher
eine solche an Wasser ist und jemehr sie dadurch zum eigentlichen Urwalde wird, umsomehr Elefanten
enthält sie. Allein man würde sich irren, wenn man glauben wollte, daß nur derartige Wälder der
Aufenthaltsort unserer Thiere seien. Es ist behauptet worden, daß der Riese unter den Säuge-
thieren die Kühle und die Höhe scheue. Gewissenhafte Beobachtungen haben Dies jedoch widerlegt.
Auf Ceylon sind gerade die hügeligen und bergigen Gegenden die Lieblingsplätze der Elefanten.

"Jn Uvah," sagt Tennent, "wo die Hochebenen oft mit Reif überzogen sind, finden sich die
Elefanten noch in Höhen von mehr als 8000 Fuß über dem Meere in Herden, während der Jäger in
den Dschungeln der Tiefe vergeblich nach ihnen suchen wird. Keine Höhe scheint ihnen zu luftig oder
zu frostig, vorausgesetzt nur, daß sie Wasser im Ueberflusse enthalte. Der gewöhnlichen Meinung
entgegen meidet der Elefant das Sonnenlicht so viel als möglich und bringt deshalb den Tag in den
dichtesten Gegenden des Waldes zu, während er gerade die kühle, dunkele Nacht zu seinen Ausflügen
erwählt. Er ist, wie alle Dickhäuter, mehr Nacht- als Tagethier und wenn er auch bei Tag ab
und zu weidet, ist doch die stille, ruhige Nacht die eigentliche Zeit, in welcher er sich seines Lebens

Brehm, Thierleben. II. 44
Die Elefanten.

Beide Elefantenarten, die afrikaniſche ſowohl als die indiſche, waren den alten Völkern wohl-
bekannt. Bereits die alten Aethiopier trieben einen lebhaften Handel mit dem Elfenbein, deſſen
Namen ſpäter zu dem des Elefanten wurde. Erſt Herodot meint unter dem Namen „Elephas‟
wirklich das Thier. Kteſias, der Leibarzt von Artaxerxes von Nemon, war der erſte Grieche, welcher einen
Elefanten nach eigener Anſchanung beſchrieb. Er ſah einen lebenden in Babylon, wohin er wahr-
ſcheinlich aus Jndien gekommen war. Er war es auch, welcher zuerſt das Märchen verbreitete, daß
der Elefant keine Gelenke in den Beinen habe, weder ſich legen noch aufſtehen könne und deshalb
ſtehend ſchlafen müſſe. Darius iſt geſchichtlich der Erſte, welcher die Elefanten in der Schlacht ver-
wendete. Er gebrauchte ſie gegen Alexander den Großen. Von den durch Alexander erbeuteten
Elefanten bekam Ariſtoteles einige zu Geſicht und konnte nunmehr das Thier ziemlich genau be-
ſchreiben. Von dieſer Zeit an kommen die Elefanten oft in der Geſchichte vor. Faſt 300 Jahre
nach einander werden ſie in den endloſen Kriegen gebraucht, welche die verſchiedenen Völker um die
Weltherrſchaft führen, bis die Römer endlich ſiegreich aus den Kämpfen hervorgehen. Sogar nach
Europa werden ſie übergeführt und in italieniſchen Feldzügen gebraucht. Neben den indiſchen Elefan-
ten aber wurden auch afrikaniſche gebraucht und namentlich die Karthager verſtanden es, dieſe Thiere,
welche die Neuzeit für unzähmbar erklären wollte, zum Krieg abzurichten und ganz in derſelben
Weiſe zu verwenden, wie die indiſchen. Die afrikaniſchen Elefanten leiſteten den Karthagern vor-
treffliche Dienſte. Sie waren gegen die Menſchen außerordentlich tapfer, nur nicht gegen andere
Elefanten.

Die Römer brauchten ihre Elefanten hauptſächlich zu den Kampfſpielen und ſchon ihnen haben
wir die Schuld zuzuſchreiben, daß die Thiere im Norden des Atlas ausgerottet wurden. Wie weit
die afrikaniſchen Elefanten abgerichtet wurden, mag daraus hervorgehen, daß die römiſchen Schau-
ſpieler ſie gelehrt hatten, Buchſtaben mit einem Griffel zu zeichnen, auf einem ſchräg geſpannten
Seile auf- und abzugehen, zu Viert auf einer Senfte einen Fünften zu tragen, welcher den Kranken
vorſtellte, nach dem Takt zu tanzen, von einer prächtig beſetzten Tafel aus Gold- und Silbergeſchirr
mit aller Beobachtung der feinen Sitte und des Anſtandes zu ſpeiſen ꝛc.

Soviel Gelegenheit nun auch die Alten hatten, Elefanten im Leben zu beobachten, ſo wenig zu-
verläſſig ſind die Beſchreibungen, welche auf uns gekommen ſind. Sonderbarerweiſe haben ſich manche
Märchen und Fabeln hartnäckig erhalten, und eigentlich kennen wir erſt ſeit der allerneueſten Zeit die
Elefanten wirklich. Unter allen Beobachtern, welche über dieſe merkwürdigen und edlen Geſchöpfe
geſchrieben haben, müſſen wir die beiden genannten Forſcher als die zuverläſſigſten bezeichnen, und
deshalb werde ich ihre Arbeiten meiner Beſchreibung hauptſächlich zu Grunde legen. Da der indiſche
Elefant ohnehin weit bekannter iſt, als der afrikaniſche, faſſe ich dieſen vorzugsweiſe ins Auge, ohne
dabei den afrikaniſchen zu vergeſſen, oder auch nur zu beeinträchtigen.

Jn den angegebenen Ländern findet man die Elefanten in jeder größeren Waldung. Je reicher
eine ſolche an Waſſer iſt und jemehr ſie dadurch zum eigentlichen Urwalde wird, umſomehr Elefanten
enthält ſie. Allein man würde ſich irren, wenn man glauben wollte, daß nur derartige Wälder der
Aufenthaltsort unſerer Thiere ſeien. Es iſt behauptet worden, daß der Rieſe unter den Säuge-
thieren die Kühle und die Höhe ſcheue. Gewiſſenhafte Beobachtungen haben Dies jedoch widerlegt.
Auf Ceylon ſind gerade die hügeligen und bergigen Gegenden die Lieblingsplätze der Elefanten.

„Jn Uvah,‟ ſagt Tennent, „wo die Hochebenen oft mit Reif überzogen ſind, finden ſich die
Elefanten noch in Höhen von mehr als 8000 Fuß über dem Meere in Herden, während der Jäger in
den Dſchungeln der Tiefe vergeblich nach ihnen ſuchen wird. Keine Höhe ſcheint ihnen zu luftig oder
zu froſtig, vorausgeſetzt nur, daß ſie Waſſer im Ueberfluſſe enthalte. Der gewöhnlichen Meinung
entgegen meidet der Elefant das Sonnenlicht ſo viel als möglich und bringt deshalb den Tag in den
dichteſten Gegenden des Waldes zu, während er gerade die kühle, dunkele Nacht zu ſeinen Ausflügen
erwählt. Er iſt, wie alle Dickhäuter, mehr Nacht- als Tagethier und wenn er auch bei Tag ab
und zu weidet, iſt doch die ſtille, ruhige Nacht die eigentliche Zeit, in welcher er ſich ſeines Lebens

Brehm, Thierleben. II. 44
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[689/0725] Die Elefanten. Beide Elefantenarten, die afrikaniſche ſowohl als die indiſche, waren den alten Völkern wohl- bekannt. Bereits die alten Aethiopier trieben einen lebhaften Handel mit dem Elfenbein, deſſen Namen ſpäter zu dem des Elefanten wurde. Erſt Herodot meint unter dem Namen „Elephas‟ wirklich das Thier. Kteſias, der Leibarzt von Artaxerxes von Nemon, war der erſte Grieche, welcher einen Elefanten nach eigener Anſchanung beſchrieb. Er ſah einen lebenden in Babylon, wohin er wahr- ſcheinlich aus Jndien gekommen war. Er war es auch, welcher zuerſt das Märchen verbreitete, daß der Elefant keine Gelenke in den Beinen habe, weder ſich legen noch aufſtehen könne und deshalb ſtehend ſchlafen müſſe. Darius iſt geſchichtlich der Erſte, welcher die Elefanten in der Schlacht ver- wendete. Er gebrauchte ſie gegen Alexander den Großen. Von den durch Alexander erbeuteten Elefanten bekam Ariſtoteles einige zu Geſicht und konnte nunmehr das Thier ziemlich genau be- ſchreiben. Von dieſer Zeit an kommen die Elefanten oft in der Geſchichte vor. Faſt 300 Jahre nach einander werden ſie in den endloſen Kriegen gebraucht, welche die verſchiedenen Völker um die Weltherrſchaft führen, bis die Römer endlich ſiegreich aus den Kämpfen hervorgehen. Sogar nach Europa werden ſie übergeführt und in italieniſchen Feldzügen gebraucht. Neben den indiſchen Elefan- ten aber wurden auch afrikaniſche gebraucht und namentlich die Karthager verſtanden es, dieſe Thiere, welche die Neuzeit für unzähmbar erklären wollte, zum Krieg abzurichten und ganz in derſelben Weiſe zu verwenden, wie die indiſchen. Die afrikaniſchen Elefanten leiſteten den Karthagern vor- treffliche Dienſte. Sie waren gegen die Menſchen außerordentlich tapfer, nur nicht gegen andere Elefanten. Die Römer brauchten ihre Elefanten hauptſächlich zu den Kampfſpielen und ſchon ihnen haben wir die Schuld zuzuſchreiben, daß die Thiere im Norden des Atlas ausgerottet wurden. Wie weit die afrikaniſchen Elefanten abgerichtet wurden, mag daraus hervorgehen, daß die römiſchen Schau- ſpieler ſie gelehrt hatten, Buchſtaben mit einem Griffel zu zeichnen, auf einem ſchräg geſpannten Seile auf- und abzugehen, zu Viert auf einer Senfte einen Fünften zu tragen, welcher den Kranken vorſtellte, nach dem Takt zu tanzen, von einer prächtig beſetzten Tafel aus Gold- und Silbergeſchirr mit aller Beobachtung der feinen Sitte und des Anſtandes zu ſpeiſen ꝛc. Soviel Gelegenheit nun auch die Alten hatten, Elefanten im Leben zu beobachten, ſo wenig zu- verläſſig ſind die Beſchreibungen, welche auf uns gekommen ſind. Sonderbarerweiſe haben ſich manche Märchen und Fabeln hartnäckig erhalten, und eigentlich kennen wir erſt ſeit der allerneueſten Zeit die Elefanten wirklich. Unter allen Beobachtern, welche über dieſe merkwürdigen und edlen Geſchöpfe geſchrieben haben, müſſen wir die beiden genannten Forſcher als die zuverläſſigſten bezeichnen, und deshalb werde ich ihre Arbeiten meiner Beſchreibung hauptſächlich zu Grunde legen. Da der indiſche Elefant ohnehin weit bekannter iſt, als der afrikaniſche, faſſe ich dieſen vorzugsweiſe ins Auge, ohne dabei den afrikaniſchen zu vergeſſen, oder auch nur zu beeinträchtigen. Jn den angegebenen Ländern findet man die Elefanten in jeder größeren Waldung. Je reicher eine ſolche an Waſſer iſt und jemehr ſie dadurch zum eigentlichen Urwalde wird, umſomehr Elefanten enthält ſie. Allein man würde ſich irren, wenn man glauben wollte, daß nur derartige Wälder der Aufenthaltsort unſerer Thiere ſeien. Es iſt behauptet worden, daß der Rieſe unter den Säuge- thieren die Kühle und die Höhe ſcheue. Gewiſſenhafte Beobachtungen haben Dies jedoch widerlegt. Auf Ceylon ſind gerade die hügeligen und bergigen Gegenden die Lieblingsplätze der Elefanten. „Jn Uvah,‟ ſagt Tennent, „wo die Hochebenen oft mit Reif überzogen ſind, finden ſich die Elefanten noch in Höhen von mehr als 8000 Fuß über dem Meere in Herden, während der Jäger in den Dſchungeln der Tiefe vergeblich nach ihnen ſuchen wird. Keine Höhe ſcheint ihnen zu luftig oder zu froſtig, vorausgeſetzt nur, daß ſie Waſſer im Ueberfluſſe enthalte. Der gewöhnlichen Meinung entgegen meidet der Elefant das Sonnenlicht ſo viel als möglich und bringt deshalb den Tag in den dichteſten Gegenden des Waldes zu, während er gerade die kühle, dunkele Nacht zu ſeinen Ausflügen erwählt. Er iſt, wie alle Dickhäuter, mehr Nacht- als Tagethier und wenn er auch bei Tag ab und zu weidet, iſt doch die ſtille, ruhige Nacht die eigentliche Zeit, in welcher er ſich ſeines Lebens Brehm, Thierleben. II. 44

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 689. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/725>, abgerufen am 26.05.2024.