Die Grabstätten der ausgestorbenen Elefanten und zunächst des Mammonts oder Mam- muths (Elephas primigenius), welche ich im Sinne habe, liegen im Lande der Ostjacken, Tungu- sen, Samojeden und Buräten, in der Nachbarschaft der Flüsse Ob, Jenisei und Lena, zwischen dem 58. Grad nördlicher Breite und dem Eismeere. Beim Aufthauen sandiger Stellen geschieht es, daß ganze Berge ungeheurer Zähne zum Vorschein kommen, zwischen denen Massen von großen Knochen zerstreut liegen. Manchmal sitzen die Zähne noch fest in den Kiefern; ja, man hat solche gefunden, welche noch mit Fleisch, mit Haut und Haar umgeben, welche noch blutig waren. Die Ein- wohner nennen das Thier Mammont und sagen, es sei ungeheuer groß, 4 bis 5 Ellen hoch, habe einen langen und breiten Kopf und Füße wie die des Bären, es lebe und hause unter der Erde, ziehe den gewaltigen Kopf bei seinen unterirdischen Wanderungen bald zurück und strecke ihn bald wieder vor, hierdurch sich die Wege bahnend, welche es mit den Zähnen gebrochen; es suche seine Nahrung im Schlamme, müsse aber sterben, wenn es auf Sandboden gerathe, weil es aus diesem die Füße nicht mehr herausziehen könne und verende auch, sobald es an die Luft komme. So schreibt Jdes, welcher auf einer Gesandtschaftsreise nach China im Jahre 1692 von den Knochenlagern sprechen hörte. Pallas, der berühmte Forscher, gibt Ende des vorigen Jahrhunderts umständ- liche Berichte von diesen Knochen. Aber den größten Fund machte der Reisende Adams am Aus- flusse der Lena. Er hatte erfahren, daß man einen Mammont mit Haut und Haar gefunden habe, begab sich deshalb sofort auf die Wanderung, um diese kostbaren Ueberbleibsel zu retten, verband sich mit dem Häuptling der Tungusen, welcher das Thier entdeckt hatte, und reiste auf Renthierschlitten an Ort und Stelle. Der Tunguse hatte das Thier eigentlich schon im Jahre 1799 entdeckt, aber von der Ausbeutung desselben abgesehen, weil einige alte Leute erzählten, daß ihre Väter auf der- selben Halbinsel einmal ein ähnliches Ungeheuer entdeckt hätten, welches aber das Verderben über die ganze Familie des Entdeckers gebracht habe, indem diese ausgestorben sei. Diese Nachricht erschreckte den Tungusen so, daß er krank wurde. Die ungeheuren Hauer des Thieres reizten aber seine Hab- sucht und er beschloß, sich derselben zu bemächtigen. Jm März 1804 sägte er denn auch glücklich beide Zähne ab und vertauschte sie gegen Waaren von geringem Werthe.
Als nun Adams zwei Jahre später seine Untersuchungsreise machte, traf er das Thier auf derselben Stelle, aber ganz verstümmelt. Die Jakuten hatten das Fleisch abgerissen und ihre Hunde damit gefüttert; die Eisbären, die Wölfe, Vielfraße und Füchse hatten sich von dem Vorweltsthiere genährt. Nur das Geripp war noch ganz, mit Ausnahme eines Vorderfußes. Der Kopf war mit einer trockenen Haut bedeckt. Die Augen und das Hirn fanden sich noch. Die Füße hatten noch ihre Sohlen; ein mit borstenartigem Haar bedecktes Ohr war noch gut erhalten. Auch von der Leibeshaut war noch Dreiviertel übrig. Sie erschien dunkelgrau; die Wollhaare auf ihr waren röthlich, die Borsten dazwischen schwarz und dicker als Roßhaare. Adams sammelte, was er zusammenbringen konnte. Er häutete den Riefen ab, und zehn Leute waren kaum im Stande, die Haut von der Stelle zu bringen. Auf dem Boden ließ er die Haare zusammensuchen und bekam über 35 Pfund. Dies Alles wurde nach Petersburg geschickt, und wenn auch auf dem langen Wege von 1200 Meilen die kostbaren Schätze so litten, daß an der Haut selbst kein Haar mehr zu sehen ist, steht doch die Thatsache, Dank der Untersuchung und Bemühung des wackeren Reisenden, unzweifelhaft fest. Die längsten Haare, welche Adams sah, standen auf dem Halse. Sie maßen über 26 Zoll. Aber auch den übrigen Körper deckte ein dichtes Kleid, ein deutlicher Beweis, daß das Mammont für das Leben in kalten Gegenden ausgerüstet war. Die Hauer dieser vorwelt- lichen Elefanten sind viel mehr gekrümmt, als bei den lebenden. Es gibt solche, welche Dreiviertel eines Kreises vorstellen. Adams hat einen gesehen, welcher 21 Fuß lang war.
Der Fund dieses Thieres hat die Gelehrten lange Zeit beschäftigt, hauptsächlich auch deshalb, weil man sich den plötzlichen Untergang des Lebenden in jenen Gegenden nicht gut erklären konnte. Einige schieben die stattgefundene Umwälzung, welche übrigens auch durch Pflanzenreste, die man
Die Vielhufer oder Dickhäuter. — Der Mammuth.
Die Grabſtätten der ausgeſtorbenen Elefanten und zunächſt des Mammonts oder Mam- muths (Elephas primigenius), welche ich im Sinne habe, liegen im Lande der Oſtjacken, Tungu- ſen, Samojeden und Buräten, in der Nachbarſchaft der Flüſſe Ob, Jeniſei und Lena, zwiſchen dem 58. Grad nördlicher Breite und dem Eismeere. Beim Aufthauen ſandiger Stellen geſchieht es, daß ganze Berge ungeheurer Zähne zum Vorſchein kommen, zwiſchen denen Maſſen von großen Knochen zerſtreut liegen. Manchmal ſitzen die Zähne noch feſt in den Kiefern; ja, man hat ſolche gefunden, welche noch mit Fleiſch, mit Haut und Haar umgeben, welche noch blutig waren. Die Ein- wohner nennen das Thier Mammont und ſagen, es ſei ungeheuer groß, 4 bis 5 Ellen hoch, habe einen langen und breiten Kopf und Füße wie die des Bären, es lebe und hauſe unter der Erde, ziehe den gewaltigen Kopf bei ſeinen unterirdiſchen Wanderungen bald zurück und ſtrecke ihn bald wieder vor, hierdurch ſich die Wege bahnend, welche es mit den Zähnen gebrochen; es ſuche ſeine Nahrung im Schlamme, müſſe aber ſterben, wenn es auf Sandboden gerathe, weil es aus dieſem die Füße nicht mehr herausziehen könne und verende auch, ſobald es an die Luft komme. So ſchreibt Jdes, welcher auf einer Geſandtſchaftsreiſe nach China im Jahre 1692 von den Knochenlagern ſprechen hörte. Pallas, der berühmte Forſcher, gibt Ende des vorigen Jahrhunderts umſtänd- liche Berichte von dieſen Knochen. Aber den größten Fund machte der Reiſende Adams am Aus- fluſſe der Lena. Er hatte erfahren, daß man einen Mammont mit Haut und Haar gefunden habe, begab ſich deshalb ſofort auf die Wanderung, um dieſe koſtbaren Ueberbleibſel zu retten, verband ſich mit dem Häuptling der Tunguſen, welcher das Thier entdeckt hatte, und reiſte auf Renthierſchlitten an Ort und Stelle. Der Tunguſe hatte das Thier eigentlich ſchon im Jahre 1799 entdeckt, aber von der Ausbeutung deſſelben abgeſehen, weil einige alte Leute erzählten, daß ihre Väter auf der- ſelben Halbinſel einmal ein ähnliches Ungeheuer entdeckt hätten, welches aber das Verderben über die ganze Familie des Entdeckers gebracht habe, indem dieſe ausgeſtorben ſei. Dieſe Nachricht erſchreckte den Tunguſen ſo, daß er krank wurde. Die ungeheuren Hauer des Thieres reizten aber ſeine Hab- ſucht und er beſchloß, ſich derſelben zu bemächtigen. Jm März 1804 ſägte er denn auch glücklich beide Zähne ab und vertauſchte ſie gegen Waaren von geringem Werthe.
Als nun Adams zwei Jahre ſpäter ſeine Unterſuchungsreiſe machte, traf er das Thier auf derſelben Stelle, aber ganz verſtümmelt. Die Jakuten hatten das Fleiſch abgeriſſen und ihre Hunde damit gefüttert; die Eisbären, die Wölfe, Vielfraße und Füchſe hatten ſich von dem Vorweltsthiere genährt. Nur das Geripp war noch ganz, mit Ausnahme eines Vorderfußes. Der Kopf war mit einer trockenen Haut bedeckt. Die Augen und das Hirn fanden ſich noch. Die Füße hatten noch ihre Sohlen; ein mit borſtenartigem Haar bedecktes Ohr war noch gut erhalten. Auch von der Leibeshaut war noch Dreiviertel übrig. Sie erſchien dunkelgrau; die Wollhaare auf ihr waren röthlich, die Borſten dazwiſchen ſchwarz und dicker als Roßhaare. Adams ſammelte, was er zuſammenbringen konnte. Er häutete den Riefen ab, und zehn Leute waren kaum im Stande, die Haut von der Stelle zu bringen. Auf dem Boden ließ er die Haare zuſammenſuchen und bekam über 35 Pfund. Dies Alles wurde nach Petersburg geſchickt, und wenn auch auf dem langen Wege von 1200 Meilen die koſtbaren Schätze ſo litten, daß an der Haut ſelbſt kein Haar mehr zu ſehen iſt, ſteht doch die Thatſache, Dank der Unterſuchung und Bemühung des wackeren Reiſenden, unzweifelhaft feſt. Die längſten Haare, welche Adams ſah, ſtanden auf dem Halſe. Sie maßen über 26 Zoll. Aber auch den übrigen Körper deckte ein dichtes Kleid, ein deutlicher Beweis, daß das Mammont für das Leben in kalten Gegenden ausgerüſtet war. Die Hauer dieſer vorwelt- lichen Elefanten ſind viel mehr gekrümmt, als bei den lebenden. Es gibt ſolche, welche Dreiviertel eines Kreiſes vorſtellen. Adams hat einen geſehen, welcher 21 Fuß lang war.
Der Fund dieſes Thieres hat die Gelehrten lange Zeit beſchäftigt, hauptſächlich auch deshalb, weil man ſich den plötzlichen Untergang des Lebenden in jenen Gegenden nicht gut erklären konnte. Einige ſchieben die ſtattgefundene Umwälzung, welche übrigens auch durch Pflanzenreſte, die man
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Die Vielhufer oder Dickhäuter. — Der Mammuth.
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muths (Elephas primigenius), welche ich im Sinne habe, liegen im Lande der Oſtjacken, Tungu-
ſen, Samojeden und Buräten, in der Nachbarſchaft der Flüſſe Ob, Jeniſei und Lena, zwiſchen
dem 58. Grad nördlicher Breite und dem Eismeere. Beim Aufthauen ſandiger Stellen geſchieht es,
daß ganze Berge ungeheurer Zähne zum Vorſchein kommen, zwiſchen denen Maſſen von großen
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ziehe den gewaltigen Kopf bei ſeinen unterirdiſchen Wanderungen bald zurück und ſtrecke ihn bald
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Nahrung im Schlamme, müſſe aber ſterben, wenn es auf Sandboden gerathe, weil es aus dieſem
die Füße nicht mehr herausziehen könne und verende auch, ſobald es an die Luft komme. So
ſchreibt Jdes, welcher auf einer Geſandtſchaftsreiſe nach China im Jahre 1692 von den Knochenlagern
ſprechen hörte. Pallas, der berühmte Forſcher, gibt Ende des vorigen Jahrhunderts umſtänd-
liche Berichte von dieſen Knochen. Aber den größten Fund machte der Reiſende Adams am Aus-
fluſſe der Lena. Er hatte erfahren, daß man einen Mammont mit Haut und Haar gefunden habe,
begab ſich deshalb ſofort auf die Wanderung, um dieſe koſtbaren Ueberbleibſel zu retten, verband ſich
mit dem Häuptling der Tunguſen, welcher das Thier entdeckt hatte, und reiſte auf Renthierſchlitten
an Ort und Stelle. Der Tunguſe hatte das Thier eigentlich ſchon im Jahre 1799 entdeckt, aber
von der Ausbeutung deſſelben abgeſehen, weil einige alte Leute erzählten, daß ihre Väter auf der-
ſelben Halbinſel einmal ein ähnliches Ungeheuer entdeckt hätten, welches aber das Verderben über die
ganze Familie des Entdeckers gebracht habe, indem dieſe ausgeſtorben ſei. Dieſe Nachricht erſchreckte
den Tunguſen ſo, daß er krank wurde. Die ungeheuren Hauer des Thieres reizten aber ſeine Hab-
ſucht und er beſchloß, ſich derſelben zu bemächtigen. Jm März 1804 ſägte er denn auch glücklich
beide Zähne ab und vertauſchte ſie gegen Waaren von geringem Werthe.
Als nun Adams zwei Jahre ſpäter ſeine Unterſuchungsreiſe machte, traf er das Thier auf
derſelben Stelle, aber ganz verſtümmelt. Die Jakuten hatten das Fleiſch abgeriſſen und ihre
Hunde damit gefüttert; die Eisbären, die Wölfe, Vielfraße und Füchſe hatten ſich von
dem Vorweltsthiere genährt. Nur das Geripp war noch ganz, mit Ausnahme eines Vorderfußes.
Der Kopf war mit einer trockenen Haut bedeckt. Die Augen und das Hirn fanden ſich noch. Die
Füße hatten noch ihre Sohlen; ein mit borſtenartigem Haar bedecktes Ohr war noch gut erhalten. Auch
von der Leibeshaut war noch Dreiviertel übrig. Sie erſchien dunkelgrau; die Wollhaare auf ihr
waren röthlich, die Borſten dazwiſchen ſchwarz und dicker als Roßhaare. Adams ſammelte, was er
zuſammenbringen konnte. Er häutete den Riefen ab, und zehn Leute waren kaum im Stande, die
Haut von der Stelle zu bringen. Auf dem Boden ließ er die Haare zuſammenſuchen und bekam
über 35 Pfund. Dies Alles wurde nach Petersburg geſchickt, und wenn auch auf dem langen
Wege von 1200 Meilen die koſtbaren Schätze ſo litten, daß an der Haut ſelbſt kein Haar mehr zu
ſehen iſt, ſteht doch die Thatſache, Dank der Unterſuchung und Bemühung des wackeren Reiſenden,
unzweifelhaft feſt. Die längſten Haare, welche Adams ſah, ſtanden auf dem Halſe. Sie maßen
über 26 Zoll. Aber auch den übrigen Körper deckte ein dichtes Kleid, ein deutlicher Beweis,
daß das Mammont für das Leben in kalten Gegenden ausgerüſtet war. Die Hauer dieſer vorwelt-
lichen Elefanten ſind viel mehr gekrümmt, als bei den lebenden. Es gibt ſolche, welche Dreiviertel
eines Kreiſes vorſtellen. Adams hat einen geſehen, welcher 21 Fuß lang war.
Der Fund dieſes Thieres hat die Gelehrten lange Zeit beſchäftigt, hauptſächlich auch deshalb,
weil man ſich den plötzlichen Untergang des Lebenden in jenen Gegenden nicht gut erklären konnte.
Einige ſchieben die ſtattgefundene Umwälzung, welche übrigens auch durch Pflanzenreſte, die man
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 686. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/720>, abgerufen am 23.11.2024.
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