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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die Rinder. -- Der gemeine Büffel.
Meister. Unter den Sinnen stehen Geruch und Gehör obenan; das Gesicht ist schlecht. Seine
Stimme ist ein tief dröhnendes Gebrüll. An blinder Wuth und rasendem Zorn steht er keinem
anderen Rinde nach; selbst in der Gefangenschaft verliert er diese Eigenschaften nicht ganz. Wie
Stoltz berichtet, werden die Büffel in Jndien zum Theil alt gefangen. Man umzännt zu diesem
Zwecke einen Platz und setzt vor dem Eingange in zwei nach außen sich von einander entfernenden
Linien Leute auf die Bäume, welche Bündel dürren Reisigs in den Händen halten und fürchterlich
zu lärmen anfangen, sobald eine Büffelherde zwischen sie getrieben wird. So gelangen die Thiere
in den Pferch, wo sie später mit Schlingen umstrickt und, nachdem man ihnen die Augen ver-
bunden und die Ohren verstopft hat, weggeführt werden, entweder um zu arbeiten oder gegen Tiger
zu kämpfen.

Der Büffel ist schon vom Haus aus ein furchtbarer Feind jener gewaltigen Katze und bleibt
bei Kämpfen mit ihr fast regelmäßig Sieger. William Rice erzählt, daß zuweilen erwachsene
Büffelstiere von Tigern angefallen werden, sich aber furchtbar wehren und oft genug einem Tiger
für alle Zeiten sein Handwerk legen. Wenn ein Büffel überfallen wird, eilen ihm die anderen zu
Hilfe und jagen dann den Angreifer sofort in die Flucht. Selbst die Hirten, welche zahme Büffel
hüten, durchziehen auf einem ihrer Thiere reitend ruhig das Dickicht. Rice sah einmal, daß die
Büffel einer Herde, als sie das Blut eines angeschossenen Tigers rochen, sofort die Spur auf-
nahmen, mit rasender Wuth verfolgten, die Gesträuche dabei umrissen, den Boden aufwühlten,
schließlich in förmliche Raserei geriethen und, zum großen Kummer des Hirten, unter einander zu
kämpfen begannen. Johnson erzählt, daß ein Tiger den hintersten Mann einer Büffelkaravane
angriff. Ein Hirt, welcher Büffel in der Nähe hütete, eilte jenem Manne zu Hilfe und verwundete
den Tiger mit seinem Schwerte. Dieser ließ sofort seine erste Beute los und packte jetzt den Hirten;
die Büffel aber stürzten, sobald sie ihren Herrn in Gefahr sahen, angenblicklich auf den Tiger los,
warfen ihn sich einige Male gegenseitig, wie einen Ball, mit den Hörnern zu und mißhandelten ihn
bei diesem Spiele derart, daß er sofort seinen Geist aufgab.

Von dieser Feindschaft ziehen natürlich die indischen Fürsten ihren Vortheil und veranstalten
Thierkämpfe, welche in ihren Augen das höchste und anziehendste Schauspiel der Erde gewähren.
Karl von Görtz beschreibt einen solchen Kampf mit folgenden Worten:

"Der Kaiser von Solo saß auf seinem Throne, von etwa dreißig seiner Hofdamen, dreien
seiner Frauen, seinen Prinzen, dem holländischen Statthalter, den Großen seines Reiches und ein-
geladenen Europäern umgeben. Vor ihm stand ein fester, etwa funfzehn Fuß weiter und ebenso-
hoher Käfig, und in diesem ein gewaltiger Büffel. Neben dem Käfig stand ein Kasten, worin sich
ein Tiger befand, welcher mit entsetzlichem Geknurr hervortrat und mit betäubender Musik begrüßt
wurde. Er suchte der Stirn des Büffels auszuweichen, sprang ihm mehrmals auf den Nacken und
brachte ihm furchtbare Wunden bei; aber jedes Mal drückte ihn der Büffel so gewaltig gegen die
Wand des engen Käfigs, daß er loslassen mußte. Der Käfig ist absichtlich so enge, damit der
Büffel siegen soll, weil er dem Japanesen Sinnbild seines Volkes, der Tiger Sinnbild des Euro-
päers ist. Einst hatte ein Statthalter einen weiten Käfig bauen lassen, und da an diesem Tage
ein Tiger drei Büffel überwältigte, hängten hernach die Japanesen das Raubthier. -- Diesmal tödtete
der Büffel einen Tiger und richtete einen zweiten übel zu." --

Bisjetzt steht es noch nicht ganz fest, auf welchem Wege der zahme Büffel sich weiter und
weiter verbreitet hat. Daß er aus Jndien herstammt, ist gar nicht zu bezweifeln, eben weil er mit
den dort noch wild lebenden vollkommen übereinstimmt. Wahrscheinlich kam er im Gefolge der großen
Kriegsheere oder wandernder Völker nach Persien; denn die Begleiter Alexanders des Großen trafen
ihn dort an. Später mögen ihn die Mahammedaner nach Syrien und Egypten verpflanzt haben.
Nach Jtalien kam er im Jahre 596 unter der Regierung Agilulf's, zu nicht geringem Erstaunen
der Europäer. Anfangs hat er sich wahrscheinlich sehr langsam verbreitet; denn der heilige Gili-

Die Rinder. — Der gemeine Büffel.
Meiſter. Unter den Sinnen ſtehen Geruch und Gehör obenan; das Geſicht iſt ſchlecht. Seine
Stimme iſt ein tief dröhnendes Gebrüll. An blinder Wuth und raſendem Zorn ſteht er keinem
anderen Rinde nach; ſelbſt in der Gefangenſchaft verliert er dieſe Eigenſchaften nicht ganz. Wie
Stoltz berichtet, werden die Büffel in Jndien zum Theil alt gefangen. Man umzännt zu dieſem
Zwecke einen Platz und ſetzt vor dem Eingange in zwei nach außen ſich von einander entfernenden
Linien Leute auf die Bäume, welche Bündel dürren Reiſigs in den Händen halten und fürchterlich
zu lärmen anfangen, ſobald eine Büffelherde zwiſchen ſie getrieben wird. So gelangen die Thiere
in den Pferch, wo ſie ſpäter mit Schlingen umſtrickt und, nachdem man ihnen die Augen ver-
bunden und die Ohren verſtopft hat, weggeführt werden, entweder um zu arbeiten oder gegen Tiger
zu kämpfen.

Der Büffel iſt ſchon vom Haus aus ein furchtbarer Feind jener gewaltigen Katze und bleibt
bei Kämpfen mit ihr faſt regelmäßig Sieger. William Rice erzählt, daß zuweilen erwachſene
Büffelſtiere von Tigern angefallen werden, ſich aber furchtbar wehren und oft genug einem Tiger
für alle Zeiten ſein Handwerk legen. Wenn ein Büffel überfallen wird, eilen ihm die anderen zu
Hilfe und jagen dann den Angreifer ſofort in die Flucht. Selbſt die Hirten, welche zahme Büffel
hüten, durchziehen auf einem ihrer Thiere reitend ruhig das Dickicht. Rice ſah einmal, daß die
Büffel einer Herde, als ſie das Blut eines angeſchoſſenen Tigers rochen, ſofort die Spur auf-
nahmen, mit raſender Wuth verfolgten, die Geſträuche dabei umriſſen, den Boden aufwühlten,
ſchließlich in förmliche Raſerei geriethen und, zum großen Kummer des Hirten, unter einander zu
kämpfen begannen. Johnſon erzählt, daß ein Tiger den hinterſten Mann einer Büffelkaravane
angriff. Ein Hirt, welcher Büffel in der Nähe hütete, eilte jenem Manne zu Hilfe und verwundete
den Tiger mit ſeinem Schwerte. Dieſer ließ ſofort ſeine erſte Beute los und packte jetzt den Hirten;
die Büffel aber ſtürzten, ſobald ſie ihren Herrn in Gefahr ſahen, angenblicklich auf den Tiger los,
warfen ihn ſich einige Male gegenſeitig, wie einen Ball, mit den Hörnern zu und mißhandelten ihn
bei dieſem Spiele derart, daß er ſofort ſeinen Geiſt aufgab.

Von dieſer Feindſchaft ziehen natürlich die indiſchen Fürſten ihren Vortheil und veranſtalten
Thierkämpfe, welche in ihren Augen das höchſte und anziehendſte Schauſpiel der Erde gewähren.
Karl von Görtz beſchreibt einen ſolchen Kampf mit folgenden Worten:

„Der Kaiſer von Solo ſaß auf ſeinem Throne, von etwa dreißig ſeiner Hofdamen, dreien
ſeiner Frauen, ſeinen Prinzen, dem holländiſchen Statthalter, den Großen ſeines Reiches und ein-
geladenen Europäern umgeben. Vor ihm ſtand ein feſter, etwa funfzehn Fuß weiter und ebenſo-
hoher Käfig, und in dieſem ein gewaltiger Büffel. Neben dem Käfig ſtand ein Kaſten, worin ſich
ein Tiger befand, welcher mit entſetzlichem Geknurr hervortrat und mit betäubender Muſik begrüßt
wurde. Er ſuchte der Stirn des Büffels auszuweichen, ſprang ihm mehrmals auf den Nacken und
brachte ihm furchtbare Wunden bei; aber jedes Mal drückte ihn der Büffel ſo gewaltig gegen die
Wand des engen Käfigs, daß er loslaſſen mußte. Der Käfig iſt abſichtlich ſo enge, damit der
Büffel ſiegen ſoll, weil er dem Japaneſen Sinnbild ſeines Volkes, der Tiger Sinnbild des Euro-
päers iſt. Einſt hatte ein Statthalter einen weiten Käfig bauen laſſen, und da an dieſem Tage
ein Tiger drei Büffel überwältigte, hängten hernach die Japaneſen das Raubthier. — Diesmal tödtete
der Büffel einen Tiger und richtete einen zweiten übel zu.‟ —

Bisjetzt ſteht es noch nicht ganz feſt, auf welchem Wege der zahme Büffel ſich weiter und
weiter verbreitet hat. Daß er aus Jndien herſtammt, iſt gar nicht zu bezweifeln, eben weil er mit
den dort noch wild lebenden vollkommen übereinſtimmt. Wahrſcheinlich kam er im Gefolge der großen
Kriegsheere oder wandernder Völker nach Perſien; denn die Begleiter Alexanders des Großen trafen
ihn dort an. Später mögen ihn die Mahammedaner nach Syrien und Egypten verpflanzt haben.
Nach Jtalien kam er im Jahre 596 unter der Regierung Agilulf’s, zu nicht geringem Erſtaunen
der Europäer. Anfangs hat er ſich wahrſcheinlich ſehr langſam verbreitet; denn der heilige Gili-

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[630/0662] Die Rinder. — Der gemeine Büffel. Meiſter. Unter den Sinnen ſtehen Geruch und Gehör obenan; das Geſicht iſt ſchlecht. Seine Stimme iſt ein tief dröhnendes Gebrüll. An blinder Wuth und raſendem Zorn ſteht er keinem anderen Rinde nach; ſelbſt in der Gefangenſchaft verliert er dieſe Eigenſchaften nicht ganz. Wie Stoltz berichtet, werden die Büffel in Jndien zum Theil alt gefangen. Man umzännt zu dieſem Zwecke einen Platz und ſetzt vor dem Eingange in zwei nach außen ſich von einander entfernenden Linien Leute auf die Bäume, welche Bündel dürren Reiſigs in den Händen halten und fürchterlich zu lärmen anfangen, ſobald eine Büffelherde zwiſchen ſie getrieben wird. So gelangen die Thiere in den Pferch, wo ſie ſpäter mit Schlingen umſtrickt und, nachdem man ihnen die Augen ver- bunden und die Ohren verſtopft hat, weggeführt werden, entweder um zu arbeiten oder gegen Tiger zu kämpfen. Der Büffel iſt ſchon vom Haus aus ein furchtbarer Feind jener gewaltigen Katze und bleibt bei Kämpfen mit ihr faſt regelmäßig Sieger. William Rice erzählt, daß zuweilen erwachſene Büffelſtiere von Tigern angefallen werden, ſich aber furchtbar wehren und oft genug einem Tiger für alle Zeiten ſein Handwerk legen. Wenn ein Büffel überfallen wird, eilen ihm die anderen zu Hilfe und jagen dann den Angreifer ſofort in die Flucht. Selbſt die Hirten, welche zahme Büffel hüten, durchziehen auf einem ihrer Thiere reitend ruhig das Dickicht. Rice ſah einmal, daß die Büffel einer Herde, als ſie das Blut eines angeſchoſſenen Tigers rochen, ſofort die Spur auf- nahmen, mit raſender Wuth verfolgten, die Geſträuche dabei umriſſen, den Boden aufwühlten, ſchließlich in förmliche Raſerei geriethen und, zum großen Kummer des Hirten, unter einander zu kämpfen begannen. Johnſon erzählt, daß ein Tiger den hinterſten Mann einer Büffelkaravane angriff. Ein Hirt, welcher Büffel in der Nähe hütete, eilte jenem Manne zu Hilfe und verwundete den Tiger mit ſeinem Schwerte. Dieſer ließ ſofort ſeine erſte Beute los und packte jetzt den Hirten; die Büffel aber ſtürzten, ſobald ſie ihren Herrn in Gefahr ſahen, angenblicklich auf den Tiger los, warfen ihn ſich einige Male gegenſeitig, wie einen Ball, mit den Hörnern zu und mißhandelten ihn bei dieſem Spiele derart, daß er ſofort ſeinen Geiſt aufgab. Von dieſer Feindſchaft ziehen natürlich die indiſchen Fürſten ihren Vortheil und veranſtalten Thierkämpfe, welche in ihren Augen das höchſte und anziehendſte Schauſpiel der Erde gewähren. Karl von Görtz beſchreibt einen ſolchen Kampf mit folgenden Worten: „Der Kaiſer von Solo ſaß auf ſeinem Throne, von etwa dreißig ſeiner Hofdamen, dreien ſeiner Frauen, ſeinen Prinzen, dem holländiſchen Statthalter, den Großen ſeines Reiches und ein- geladenen Europäern umgeben. Vor ihm ſtand ein feſter, etwa funfzehn Fuß weiter und ebenſo- hoher Käfig, und in dieſem ein gewaltiger Büffel. Neben dem Käfig ſtand ein Kaſten, worin ſich ein Tiger befand, welcher mit entſetzlichem Geknurr hervortrat und mit betäubender Muſik begrüßt wurde. Er ſuchte der Stirn des Büffels auszuweichen, ſprang ihm mehrmals auf den Nacken und brachte ihm furchtbare Wunden bei; aber jedes Mal drückte ihn der Büffel ſo gewaltig gegen die Wand des engen Käfigs, daß er loslaſſen mußte. Der Käfig iſt abſichtlich ſo enge, damit der Büffel ſiegen ſoll, weil er dem Japaneſen Sinnbild ſeines Volkes, der Tiger Sinnbild des Euro- päers iſt. Einſt hatte ein Statthalter einen weiten Käfig bauen laſſen, und da an dieſem Tage ein Tiger drei Büffel überwältigte, hängten hernach die Japaneſen das Raubthier. — Diesmal tödtete der Büffel einen Tiger und richtete einen zweiten übel zu.‟ — Bisjetzt ſteht es noch nicht ganz feſt, auf welchem Wege der zahme Büffel ſich weiter und weiter verbreitet hat. Daß er aus Jndien herſtammt, iſt gar nicht zu bezweifeln, eben weil er mit den dort noch wild lebenden vollkommen übereinſtimmt. Wahrſcheinlich kam er im Gefolge der großen Kriegsheere oder wandernder Völker nach Perſien; denn die Begleiter Alexanders des Großen trafen ihn dort an. Später mögen ihn die Mahammedaner nach Syrien und Egypten verpflanzt haben. Nach Jtalien kam er im Jahre 596 unter der Regierung Agilulf’s, zu nicht geringem Erſtaunen der Europäer. Anfangs hat er ſich wahrſcheinlich ſehr langſam verbreitet; denn der heilige Gili-

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 630. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/662>, abgerufen am 22.07.2024.