wo jeder Hund das dahineilende Schaf nach kurzem Laufe einholen kann. Jhre Meisterschaft beruht im Klettern.
Man sagt, daß der Mufflon sehr furchtsam ist und schon bei dem geringsten Geräusch vor Angst und Schrecken am ganzen Leibe zittert, auch sobald als möglich flüchtet. Wenn ihn seine Feinde so in die Enge treiben, daß er sich nicht mehr durch seine Kletterkünste retten kann, harnt er vor Angst, oder spritzt, wie Andere sagen, den Harn seinen Feinden entgegen. Als solche darf man den Wolf und den Luchs ansehen; Junge fallen wohl auch den Adlern und möglicher Weise dem Geieradler zur Beute. Der Mensch gebraucht jedes Mittel, um das werthvolle Jagdthier zu erlangen. Wäh- rend der Brunstzeit sollen die Böcke durch das nachgeahmte Blöcken der Schafe ohne große Mühe her- beigezogen werden; die gewöhnliche Jagd ist jedoch einer jener Pirschgänge, wie sie im Gebirge unter- nommen werden. Der Fang ist Sache des Zufalls. Alte, erwachsene Mufflons fängt man wohl nie, junge aber leicht, nachdem man ihre Mutter weggeschossen hat. Solche Gefangene gewöhnen sich bald an ihren Pfleger, bewahren sich aber ungeachtet der großen Zahmheit, welche sie erlangen, immer ihre Munterkeit und das gewandte Wesen, welches die wilden so auszeichnet. Auf Sardinien und Korsika trifft man in den Dörfern häusig gezähmte Mufflons an; einzelne gewöhnen sich so an den Menschen, daß sie ihm auf allen Pfaden, gleich einem Hunde, folgen, auf den Ruf hören u. s. w. Nur durch ihren Muthwillen werden sie lästig. Sie machen sich ein Vergnügen daraus, alle Winkel im Hause zu durchsuchen, stürzen dabei Geräthe um, zerbrechen die Töpfe und treiben noch anderen Unfug, zumal in denjenigen Räumen des Hauses, über welche sie die unumschränkte Herrschaft haben. Alte Böcke werden manchmal wirklich bösartig und sind dann durch keine Züchtigung zu bän- digen. Sie verlieren überhaupt alle Scheu vor dem Menschen, sobald sie ihn kennen gelernt, und kämpfen dann nicht blos zur Abwehr, sondern aus reinem Uebermuthe mit ihm.
Die Gefangenen beweisen, daß ihr Berstand sehr gering ist. Sie sind schwachgeistig, wie die übrigen Glieder ihrer Familie, ohne Urtheilsfähigkeit und sehr vergeßlich. Man legte ihnen Fal- len und lockte sie durch vorgehaltenes Futter, zumal durch besondere Leckereien in dieselben. Sie gingen ohne Besinnen immer wieder in die Schlingen und Netze, obgleich es ihnen höchst unangenehm zu sein schien, wenn sie sich gefangen hatten. Ein gewisser Ortssinn, schwache Erinnerung an empfangene Wohlthaten, Anhänglichkeit an die gewohnten Genossen und Liebe zu den Kindern -- das sind die Anzeichen ihrer geistigen Thätigkeit, welche ich an ihnen beobachtet habe.
Mit anderen Schafarten pflanzen sich Mufflons leicht fort; man hat sowohl vom Bocke Blend- linge erhalten, als vom Schafe. Die Römer wußten, daß Mufflon und Schaf sich mit einander paaren; später hat man erfahren, daß auch die Blendlinge wieder fruchtbar sind. Jm kaiser- lichen Thiergarten zu Schönbrunn wurden, wie Fitzinger berichtet, mehrere Male Mufflons mit deutschen Landschafen gepaart. Die Bastarde aus dieser Kreuzung paarte man zuweilen wieder mit dem Mufflon, sonst aber mit dem Schafe, und immer hatte man Erfolg. Manche Blendlinge hat- ten große Aehnlichkeit mit dem Wildschaf, nur waren die Hörner weniger gebogen und minder stark. Einige Männchen erhielten vier Hörnet, wie jene Schafe, von denen Oppian berichtet, und welche wahrscheinlich auch nichts Anderes waren, als solche Bastarde. Dagegen sind die Versuche, den Mufflon mit der Hausziege zu paaren, bis zur Stunde fruchtlos geblieben.
Nahe Verwandte des Mufflon sind das cyprische Wildschaf (Ovis eypria), welches nur auf der Jnsel Cypern vorkommt, der persische Mufflon (Ovis persica oder orientalis), welcher nament- lich in der Provinz Makandarin und den armenischen Gebirgen lebt, das Himalaya-Wildschaf (Ovis Vignei) aus Korassahn, Kleintibet und Kabul, und endlich der lapische Mufflon (Ovis Arkar), welcher im Osten des kapischen Sees und in der Sierra Moreh gefunden wird. Die Unterschiede zwischen ihnen und dem eigentlichen Mufflon beruhen sämmtlich nur auf einer etwas verschiedenen Krümmung der Hörner.
Der Mufflon.
wo jeder Hund das dahineilende Schaf nach kurzem Laufe einholen kann. Jhre Meiſterſchaft beruht im Klettern.
Man ſagt, daß der Mufflon ſehr furchtſam iſt und ſchon bei dem geringſten Geräuſch vor Angſt und Schrecken am ganzen Leibe zittert, auch ſobald als möglich flüchtet. Wenn ihn ſeine Feinde ſo in die Enge treiben, daß er ſich nicht mehr durch ſeine Kletterkünſte retten kann, harnt er vor Angſt, oder ſpritzt, wie Andere ſagen, den Harn ſeinen Feinden entgegen. Als ſolche darf man den Wolf und den Luchs anſehen; Junge fallen wohl auch den Adlern und möglicher Weiſe dem Geieradler zur Beute. Der Menſch gebraucht jedes Mittel, um das werthvolle Jagdthier zu erlangen. Wäh- rend der Brunſtzeit ſollen die Böcke durch das nachgeahmte Blöcken der Schafe ohne große Mühe her- beigezogen werden; die gewöhnliche Jagd iſt jedoch einer jener Pirſchgänge, wie ſie im Gebirge unter- nommen werden. Der Fang iſt Sache des Zufalls. Alte, erwachſene Mufflons fängt man wohl nie, junge aber leicht, nachdem man ihre Mutter weggeſchoſſen hat. Solche Gefangene gewöhnen ſich bald an ihren Pfleger, bewahren ſich aber ungeachtet der großen Zahmheit, welche ſie erlangen, immer ihre Munterkeit und das gewandte Weſen, welches die wilden ſo auszeichnet. Auf Sardinien und Korſika trifft man in den Dörfern häuſig gezähmte Mufflons an; einzelne gewöhnen ſich ſo an den Menſchen, daß ſie ihm auf allen Pfaden, gleich einem Hunde, folgen, auf den Ruf hören u. ſ. w. Nur durch ihren Muthwillen werden ſie läſtig. Sie machen ſich ein Vergnügen daraus, alle Winkel im Hauſe zu durchſuchen, ſtürzen dabei Geräthe um, zerbrechen die Töpfe und treiben noch anderen Unfug, zumal in denjenigen Räumen des Hauſes, über welche ſie die unumſchränkte Herrſchaft haben. Alte Böcke werden manchmal wirklich bösartig und ſind dann durch keine Züchtigung zu bän- digen. Sie verlieren überhaupt alle Scheu vor dem Menſchen, ſobald ſie ihn kennen gelernt, und kämpfen dann nicht blos zur Abwehr, ſondern aus reinem Uebermuthe mit ihm.
Die Gefangenen beweiſen, daß ihr Berſtand ſehr gering iſt. Sie ſind ſchwachgeiſtig, wie die übrigen Glieder ihrer Familie, ohne Urtheilsfähigkeit und ſehr vergeßlich. Man legte ihnen Fal- len und lockte ſie durch vorgehaltenes Futter, zumal durch beſondere Leckereien in dieſelben. Sie gingen ohne Beſinnen immer wieder in die Schlingen und Netze, obgleich es ihnen höchſt unangenehm zu ſein ſchien, wenn ſie ſich gefangen hatten. Ein gewiſſer Ortsſinn, ſchwache Erinnerung an empfangene Wohlthaten, Anhänglichkeit an die gewohnten Genoſſen und Liebe zu den Kindern — das ſind die Anzeichen ihrer geiſtigen Thätigkeit, welche ich an ihnen beobachtet habe.
Mit anderen Schafarten pflanzen ſich Mufflons leicht fort; man hat ſowohl vom Bocke Blend- linge erhalten, als vom Schafe. Die Römer wußten, daß Mufflon und Schaf ſich mit einander paaren; ſpäter hat man erfahren, daß auch die Blendlinge wieder fruchtbar ſind. Jm kaiſer- lichen Thiergarten zu Schönbrunn wurden, wie Fitzinger berichtet, mehrere Male Mufflons mit deutſchen Landſchafen gepaart. Die Baſtarde aus dieſer Kreuzung paarte man zuweilen wieder mit dem Mufflon, ſonſt aber mit dem Schafe, und immer hatte man Erfolg. Manche Blendlinge hat- ten große Aehnlichkeit mit dem Wildſchaf, nur waren die Hörner weniger gebogen und minder ſtark. Einige Männchen erhielten vier Hörnet, wie jene Schafe, von denen Oppian berichtet, und welche wahrſcheinlich auch nichts Anderes waren, als ſolche Baſtarde. Dagegen ſind die Verſuche, den Mufflon mit der Hausziege zu paaren, bis zur Stunde fruchtlos geblieben.
Nahe Verwandte des Mufflon ſind das cypriſche Wildſchaf (Ovis eypria), welches nur auf der Jnſel Cypern vorkommt, der perſiſche Mufflon (Ovis persica oder orientalis), welcher nament- lich in der Provinz Makandarin und den armeniſchen Gebirgen lebt, das Himalaya-Wildſchaf (Ovis Vignei) aus Koraſſahn, Kleintibet und Kabul, und endlich der lapiſche Mufflon (Ovis Arkar), welcher im Oſten des kapiſchen Sees und in der Sierra Moreh gefunden wird. Die Unterſchiede zwiſchen ihnen und dem eigentlichen Mufflon beruhen ſämmtlich nur auf einer etwas verſchiedenen Krümmung der Hörner.
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Der Mufflon.
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Man ſagt, daß der Mufflon ſehr furchtſam iſt und ſchon bei dem geringſten Geräuſch vor Angſt
und Schrecken am ganzen Leibe zittert, auch ſobald als möglich flüchtet. Wenn ihn ſeine Feinde ſo
in die Enge treiben, daß er ſich nicht mehr durch ſeine Kletterkünſte retten kann, harnt er vor Angſt,
oder ſpritzt, wie Andere ſagen, den Harn ſeinen Feinden entgegen. Als ſolche darf man den Wolf
und den Luchs anſehen; Junge fallen wohl auch den Adlern und möglicher Weiſe dem Geieradler
zur Beute. Der Menſch gebraucht jedes Mittel, um das werthvolle Jagdthier zu erlangen. Wäh-
rend der Brunſtzeit ſollen die Böcke durch das nachgeahmte Blöcken der Schafe ohne große Mühe her-
beigezogen werden; die gewöhnliche Jagd iſt jedoch einer jener Pirſchgänge, wie ſie im Gebirge unter-
nommen werden. Der Fang iſt Sache des Zufalls. Alte, erwachſene Mufflons fängt man wohl
nie, junge aber leicht, nachdem man ihre Mutter weggeſchoſſen hat. Solche Gefangene gewöhnen
ſich bald an ihren Pfleger, bewahren ſich aber ungeachtet der großen Zahmheit, welche ſie erlangen,
immer ihre Munterkeit und das gewandte Weſen, welches die wilden ſo auszeichnet. Auf Sardinien
und Korſika trifft man in den Dörfern häuſig gezähmte Mufflons an; einzelne gewöhnen ſich ſo an
den Menſchen, daß ſie ihm auf allen Pfaden, gleich einem Hunde, folgen, auf den Ruf hören u. ſ. w.
Nur durch ihren Muthwillen werden ſie läſtig. Sie machen ſich ein Vergnügen daraus, alle Winkel
im Hauſe zu durchſuchen, ſtürzen dabei Geräthe um, zerbrechen die Töpfe und treiben noch anderen
Unfug, zumal in denjenigen Räumen des Hauſes, über welche ſie die unumſchränkte Herrſchaft
haben. Alte Böcke werden manchmal wirklich bösartig und ſind dann durch keine Züchtigung zu bän-
digen. Sie verlieren überhaupt alle Scheu vor dem Menſchen, ſobald ſie ihn kennen gelernt, und
kämpfen dann nicht blos zur Abwehr, ſondern aus reinem Uebermuthe mit ihm.
Die Gefangenen beweiſen, daß ihr Berſtand ſehr gering iſt. Sie ſind ſchwachgeiſtig, wie
die übrigen Glieder ihrer Familie, ohne Urtheilsfähigkeit und ſehr vergeßlich. Man legte ihnen Fal-
len und lockte ſie durch vorgehaltenes Futter, zumal durch beſondere Leckereien in dieſelben. Sie
gingen ohne Beſinnen immer wieder in die Schlingen und Netze, obgleich es ihnen höchſt unangenehm
zu ſein ſchien, wenn ſie ſich gefangen hatten. Ein gewiſſer Ortsſinn, ſchwache Erinnerung an
empfangene Wohlthaten, Anhänglichkeit an die gewohnten Genoſſen und Liebe zu den Kindern —
das ſind die Anzeichen ihrer geiſtigen Thätigkeit, welche ich an ihnen beobachtet habe.
Mit anderen Schafarten pflanzen ſich Mufflons leicht fort; man hat ſowohl vom Bocke Blend-
linge erhalten, als vom Schafe. Die Römer wußten, daß Mufflon und Schaf ſich mit einander
paaren; ſpäter hat man erfahren, daß auch die Blendlinge wieder fruchtbar ſind. Jm kaiſer-
lichen Thiergarten zu Schönbrunn wurden, wie Fitzinger berichtet, mehrere Male Mufflons mit
deutſchen Landſchafen gepaart. Die Baſtarde aus dieſer Kreuzung paarte man zuweilen wieder mit
dem Mufflon, ſonſt aber mit dem Schafe, und immer hatte man Erfolg. Manche Blendlinge hat-
ten große Aehnlichkeit mit dem Wildſchaf, nur waren die Hörner weniger gebogen und minder ſtark.
Einige Männchen erhielten vier Hörnet, wie jene Schafe, von denen Oppian berichtet, und
welche wahrſcheinlich auch nichts Anderes waren, als ſolche Baſtarde. Dagegen ſind die Verſuche,
den Mufflon mit der Hausziege zu paaren, bis zur Stunde fruchtlos geblieben.
Nahe Verwandte des Mufflon ſind das cypriſche Wildſchaf (Ovis eypria), welches nur auf
der Jnſel Cypern vorkommt, der perſiſche Mufflon (Ovis persica oder orientalis), welcher nament-
lich in der Provinz Makandarin und den armeniſchen Gebirgen lebt, das Himalaya-Wildſchaf
(Ovis Vignei) aus Koraſſahn, Kleintibet und Kabul, und endlich der lapiſche Mufflon (Ovis Arkar),
welcher im Oſten des kapiſchen Sees und in der Sierra Moreh gefunden wird. Die Unterſchiede
zwiſchen ihnen und dem eigentlichen Mufflon beruhen ſämmtlich nur auf einer etwas verſchiedenen
Krümmung der Hörner.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 603. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/633>, abgerufen am 23.11.2024.
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