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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die Antilopen. -- Die Gazelle.
gewehr die Hauptwaffe; aber in Persien oder im Herzen der Wüste baizt man sie, die Flüchtige, mit
dem noch schnelleren Falken, oder hetzt sie mit den Windhunden, welche der Gazelle an Zierlichkeit
des Baues und an Schnelligkeit ebenbürtig genannt werden müssen, zu Tode. Jch habe in Egypten
oft genug die hohen Herren, mit den Falken auf der Faust, zur Gazellenjagd hinausreiten sehen,
aber zufällig niemals Gelegenheit gehabt, einer dieser Jagden beizuwohnen. Hasselquist beschreibt
sie. Er ritt in Palästina mit einigen Arabern zur Baizjagd hinaus. Der eine Jäger, mit dem
Falken auf der Hand, sprengte auf die Gazelle hin und ließ den königlichen Räuber steigen, so oft er
ein Stück Wild bemerkte. Der Falk stieg erst in die Höhe und flog, nachdem er die Gazelle gesehen,
wie ein Pfeil auf sein Opfer zu, zog einige Kreise um dessen Kopf, schoß dann plötzlich hernieder
und schlug die Fänge der einen Hand in die Backen, die der anderen in die Kehle ein. Mehr als
zwei Mann hoch sprang die Gazelle auf, und glücklich schüttelte sie ihren Feind ab. Dieser aber folgte
ihr, verwundete sie noch einmal und schlug endlich seine Klauen so glücklich in ihren Hals, daß er sie
festhalten, verwirren und betäuben konnte, hierdurch dem Jäger Zeit gebend, herbeizukommen, um
dem gehetzten Wild die Gurgel abzuschneiden. Als Beuterecht wurde dem Falken das geronnene
Blut zuerkannt. Gerade dieser Jagd wegen stehen die Falken bei den Beduinen in demselben hohen
Ansehen, wie die Windhunde: ein gutgeschulter Stößer wird von den Großen der Wüste mit zwei
oder drei Kamelen bezahlt.

Noch spannender vielleicht ist die Jagdweise der Araber Westafrikas; doch will ich mir deren Be-
schreibung bis zur Schilderung der Mendes aufbewahren. Jn einigen Gegenden Nordafrikas verfolgen
die gut berittenen Jäger die Gazelle und suchen sie von ihren ausdauernden Pferden herab zu erlegen.
Dies ist kein leichtes Stück; denn so schnellfüßig auch die Rosse der Wüste, so schwer wird es ihnen,
welche doch einen Reiter tragen müssen, dem flüchtigen Wilde nachzukommen. Nach langer Hatze,
welche abwechselnd von Mehreren geführt wird, nähern sich aber doch die Reiter und, wenn sie ein-
mal bis zu einer gewissen Entfernung an das abgemattete Thier herangekommen sind, ist dieses ver-
loren. Sie schleudern ihm mit der größten Sicherheit starke Knüppel zwischen die Läufe und brechen
diesen fast regelmäßig einen der Knochen entzwei. Dann ist es kein Kunststück weiter, das arme,
verwundete Geschöpf mit den Händen zu greifen.

Jch habe die Gazellenjagd nur mit der Büchse betrieben und mehr als ein Mal an einem Tage
sechs Stück erlegt, auch wenn ich es mit schon Gewitzigten zu thun hatte. Der Pirschgang führt un-
bedingt am sichersten zum Ziele. Dies habe ich wieder deutlich genug auf meinem letzten Jagdaus-
fluge in Nordabissinien gesehen. Auf meiner Besichtigungsreise des Landes, welche ich vor Ankunft
des Herzogs von Koburg mit meinem lieben Freund und Jagdgenossen Baron van Arkel d'Ablaing
unternahm, hatte ich Gelegenheit genug, Gazellen zu jagen, obgleich ich eigentlich niemals vom
Wege abging. Wenn wir einen Trupp stehen sahen, ritten wir, höchstens mit einer geringen Ab-
weichung, ruhig unseres Weges weiter und so nahe, als es uns passend erschien, an die Gazellen
heran. Dann sprang Einer von uns hinter einem Busche vom Maulthier, übergab dieses dem be-
gleitenden Diener und schlich nun, oft kriechend, mit sorgfältigster Beobachtung des Windes an das
Wild heran. Der Andere zog immer seines Weges fort, weil wir sehr bald erfahren hatten, daß die
Gazelle auf Reiter weit weniger achtet, als auf Fußgänger, und ebenso auch, daß sie augenblicklich
davon geht, wenn ein Reiterzug plötzlich Halt macht. Gewöhnlich schaute das Leitthier des betreffen-
den Rudels neugierig den Dahinziehenden nach und vergaß dabei auch, die übrige Umgebung prüfend
zu beobachten, freilich oft zu ihrem Verderben. Der Jagende benutzte natürlich seine Zeit so gut
als möglich und konnte auch in den meisten Fällen von einem der dichteren Büsche aus einen glück-
lichen Schuß thun, in der Regel nicht weiter, als auf neunzig bis hundertfunfzig Schritte. Die
Ueberlebenden eilten nach dem Schusse so schnell als möglich davon, am liebsten dem nächsten Hügel zu,
an welchem sie auch bis zu dem Gipfel eilfertig hinaufkletterten. Dort aber blieben sie stehen, gerade
als wollten sie sich genau von dem Vorgegangenen überzeugen, und mehr als ein Mal ist es uns ge-
lungen, uns selbst bis an diese, dort wie Schildwachen aufgestellten, mit Erfolg heranzuschleichen.

Die Antilopen. — Die Gazelle.
gewehr die Hauptwaffe; aber in Perſien oder im Herzen der Wüſte baizt man ſie, die Flüchtige, mit
dem noch ſchnelleren Falken, oder hetzt ſie mit den Windhunden, welche der Gazelle an Zierlichkeit
des Baues und an Schnelligkeit ebenbürtig genannt werden müſſen, zu Tode. Jch habe in Egypten
oft genug die hohen Herren, mit den Falken auf der Fauſt, zur Gazellenjagd hinausreiten ſehen,
aber zufällig niemals Gelegenheit gehabt, einer dieſer Jagden beizuwohnen. Haſſelquiſt beſchreibt
ſie. Er ritt in Paläſtina mit einigen Arabern zur Baizjagd hinaus. Der eine Jäger, mit dem
Falken auf der Hand, ſprengte auf die Gazelle hin und ließ den königlichen Räuber ſteigen, ſo oft er
ein Stück Wild bemerkte. Der Falk ſtieg erſt in die Höhe und flog, nachdem er die Gazelle geſehen,
wie ein Pfeil auf ſein Opfer zu, zog einige Kreiſe um deſſen Kopf, ſchoß dann plötzlich hernieder
und ſchlug die Fänge der einen Hand in die Backen, die der anderen in die Kehle ein. Mehr als
zwei Mann hoch ſprang die Gazelle auf, und glücklich ſchüttelte ſie ihren Feind ab. Dieſer aber folgte
ihr, verwundete ſie noch einmal und ſchlug endlich ſeine Klauen ſo glücklich in ihren Hals, daß er ſie
feſthalten, verwirren und betäuben konnte, hierdurch dem Jäger Zeit gebend, herbeizukommen, um
dem gehetzten Wild die Gurgel abzuſchneiden. Als Beuterecht wurde dem Falken das geronnene
Blut zuerkannt. Gerade dieſer Jagd wegen ſtehen die Falken bei den Beduinen in demſelben hohen
Anſehen, wie die Windhunde: ein gutgeſchulter Stößer wird von den Großen der Wüſte mit zwei
oder drei Kamelen bezahlt.

Noch ſpannender vielleicht iſt die Jagdweiſe der Araber Weſtafrikas; doch will ich mir deren Be-
ſchreibung bis zur Schilderung der Mendes aufbewahren. Jn einigen Gegenden Nordafrikas verfolgen
die gut berittenen Jäger die Gazelle und ſuchen ſie von ihren ausdauernden Pferden herab zu erlegen.
Dies iſt kein leichtes Stück; denn ſo ſchnellfüßig auch die Roſſe der Wüſte, ſo ſchwer wird es ihnen,
welche doch einen Reiter tragen müſſen, dem flüchtigen Wilde nachzukommen. Nach langer Hatze,
welche abwechſelnd von Mehreren geführt wird, nähern ſich aber doch die Reiter und, wenn ſie ein-
mal bis zu einer gewiſſen Entfernung an das abgemattete Thier herangekommen ſind, iſt dieſes ver-
loren. Sie ſchleudern ihm mit der größten Sicherheit ſtarke Knüppel zwiſchen die Läufe und brechen
dieſen faſt regelmäßig einen der Knochen entzwei. Dann iſt es kein Kunſtſtück weiter, das arme,
verwundete Geſchöpf mit den Händen zu greifen.

Jch habe die Gazellenjagd nur mit der Büchſe betrieben und mehr als ein Mal an einem Tage
ſechs Stück erlegt, auch wenn ich es mit ſchon Gewitzigten zu thun hatte. Der Pirſchgang führt un-
bedingt am ſicherſten zum Ziele. Dies habe ich wieder deutlich genug auf meinem letzten Jagdaus-
fluge in Nordabiſſinien geſehen. Auf meiner Beſichtigungsreiſe des Landes, welche ich vor Ankunft
des Herzogs von Koburg mit meinem lieben Freund und Jagdgenoſſen Baron van Arkel d’Ablaing
unternahm, hatte ich Gelegenheit genug, Gazellen zu jagen, obgleich ich eigentlich niemals vom
Wege abging. Wenn wir einen Trupp ſtehen ſahen, ritten wir, höchſtens mit einer geringen Ab-
weichung, ruhig unſeres Weges weiter und ſo nahe, als es uns paſſend erſchien, an die Gazellen
heran. Dann ſprang Einer von uns hinter einem Buſche vom Maulthier, übergab dieſes dem be-
gleitenden Diener und ſchlich nun, oft kriechend, mit ſorgfältigſter Beobachtung des Windes an das
Wild heran. Der Andere zog immer ſeines Weges fort, weil wir ſehr bald erfahren hatten, daß die
Gazelle auf Reiter weit weniger achtet, als auf Fußgänger, und ebenſo auch, daß ſie augenblicklich
davon geht, wenn ein Reiterzug plötzlich Halt macht. Gewöhnlich ſchaute das Leitthier des betreffen-
den Rudels neugierig den Dahinziehenden nach und vergaß dabei auch, die übrige Umgebung prüfend
zu beobachten, freilich oft zu ihrem Verderben. Der Jagende benutzte natürlich ſeine Zeit ſo gut
als möglich und konnte auch in den meiſten Fällen von einem der dichteren Büſche aus einen glück-
lichen Schuß thun, in der Regel nicht weiter, als auf neunzig bis hundertfunfzig Schritte. Die
Ueberlebenden eilten nach dem Schuſſe ſo ſchnell als möglich davon, am liebſten dem nächſten Hügel zu,
an welchem ſie auch bis zu dem Gipfel eilfertig hinaufkletterten. Dort aber blieben ſie ſtehen, gerade
als wollten ſie ſich genau von dem Vorgegangenen überzeugen, und mehr als ein Mal iſt es uns ge-
lungen, uns ſelbſt bis an dieſe, dort wie Schildwachen aufgeſtellten, mit Erfolg heranzuſchleichen.

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[506/0536] Die Antilopen. — Die Gazelle. gewehr die Hauptwaffe; aber in Perſien oder im Herzen der Wüſte baizt man ſie, die Flüchtige, mit dem noch ſchnelleren Falken, oder hetzt ſie mit den Windhunden, welche der Gazelle an Zierlichkeit des Baues und an Schnelligkeit ebenbürtig genannt werden müſſen, zu Tode. Jch habe in Egypten oft genug die hohen Herren, mit den Falken auf der Fauſt, zur Gazellenjagd hinausreiten ſehen, aber zufällig niemals Gelegenheit gehabt, einer dieſer Jagden beizuwohnen. Haſſelquiſt beſchreibt ſie. Er ritt in Paläſtina mit einigen Arabern zur Baizjagd hinaus. Der eine Jäger, mit dem Falken auf der Hand, ſprengte auf die Gazelle hin und ließ den königlichen Räuber ſteigen, ſo oft er ein Stück Wild bemerkte. Der Falk ſtieg erſt in die Höhe und flog, nachdem er die Gazelle geſehen, wie ein Pfeil auf ſein Opfer zu, zog einige Kreiſe um deſſen Kopf, ſchoß dann plötzlich hernieder und ſchlug die Fänge der einen Hand in die Backen, die der anderen in die Kehle ein. Mehr als zwei Mann hoch ſprang die Gazelle auf, und glücklich ſchüttelte ſie ihren Feind ab. Dieſer aber folgte ihr, verwundete ſie noch einmal und ſchlug endlich ſeine Klauen ſo glücklich in ihren Hals, daß er ſie feſthalten, verwirren und betäuben konnte, hierdurch dem Jäger Zeit gebend, herbeizukommen, um dem gehetzten Wild die Gurgel abzuſchneiden. Als Beuterecht wurde dem Falken das geronnene Blut zuerkannt. Gerade dieſer Jagd wegen ſtehen die Falken bei den Beduinen in demſelben hohen Anſehen, wie die Windhunde: ein gutgeſchulter Stößer wird von den Großen der Wüſte mit zwei oder drei Kamelen bezahlt. Noch ſpannender vielleicht iſt die Jagdweiſe der Araber Weſtafrikas; doch will ich mir deren Be- ſchreibung bis zur Schilderung der Mendes aufbewahren. Jn einigen Gegenden Nordafrikas verfolgen die gut berittenen Jäger die Gazelle und ſuchen ſie von ihren ausdauernden Pferden herab zu erlegen. Dies iſt kein leichtes Stück; denn ſo ſchnellfüßig auch die Roſſe der Wüſte, ſo ſchwer wird es ihnen, welche doch einen Reiter tragen müſſen, dem flüchtigen Wilde nachzukommen. Nach langer Hatze, welche abwechſelnd von Mehreren geführt wird, nähern ſich aber doch die Reiter und, wenn ſie ein- mal bis zu einer gewiſſen Entfernung an das abgemattete Thier herangekommen ſind, iſt dieſes ver- loren. Sie ſchleudern ihm mit der größten Sicherheit ſtarke Knüppel zwiſchen die Läufe und brechen dieſen faſt regelmäßig einen der Knochen entzwei. Dann iſt es kein Kunſtſtück weiter, das arme, verwundete Geſchöpf mit den Händen zu greifen. Jch habe die Gazellenjagd nur mit der Büchſe betrieben und mehr als ein Mal an einem Tage ſechs Stück erlegt, auch wenn ich es mit ſchon Gewitzigten zu thun hatte. Der Pirſchgang führt un- bedingt am ſicherſten zum Ziele. Dies habe ich wieder deutlich genug auf meinem letzten Jagdaus- fluge in Nordabiſſinien geſehen. Auf meiner Beſichtigungsreiſe des Landes, welche ich vor Ankunft des Herzogs von Koburg mit meinem lieben Freund und Jagdgenoſſen Baron van Arkel d’Ablaing unternahm, hatte ich Gelegenheit genug, Gazellen zu jagen, obgleich ich eigentlich niemals vom Wege abging. Wenn wir einen Trupp ſtehen ſahen, ritten wir, höchſtens mit einer geringen Ab- weichung, ruhig unſeres Weges weiter und ſo nahe, als es uns paſſend erſchien, an die Gazellen heran. Dann ſprang Einer von uns hinter einem Buſche vom Maulthier, übergab dieſes dem be- gleitenden Diener und ſchlich nun, oft kriechend, mit ſorgfältigſter Beobachtung des Windes an das Wild heran. Der Andere zog immer ſeines Weges fort, weil wir ſehr bald erfahren hatten, daß die Gazelle auf Reiter weit weniger achtet, als auf Fußgänger, und ebenſo auch, daß ſie augenblicklich davon geht, wenn ein Reiterzug plötzlich Halt macht. Gewöhnlich ſchaute das Leitthier des betreffen- den Rudels neugierig den Dahinziehenden nach und vergaß dabei auch, die übrige Umgebung prüfend zu beobachten, freilich oft zu ihrem Verderben. Der Jagende benutzte natürlich ſeine Zeit ſo gut als möglich und konnte auch in den meiſten Fällen von einem der dichteren Büſche aus einen glück- lichen Schuß thun, in der Regel nicht weiter, als auf neunzig bis hundertfunfzig Schritte. Die Ueberlebenden eilten nach dem Schuſſe ſo ſchnell als möglich davon, am liebſten dem nächſten Hügel zu, an welchem ſie auch bis zu dem Gipfel eilfertig hinaufkletterten. Dort aber blieben ſie ſtehen, gerade als wollten ſie ſich genau von dem Vorgegangenen überzeugen, und mehr als ein Mal iſt es uns ge- lungen, uns ſelbſt bis an dieſe, dort wie Schildwachen aufgeſtellten, mit Erfolg heranzuſchleichen.

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 506. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/536>, abgerufen am 23.11.2024.