Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Hirsche. -- Der Edelhirsch.
sich dieser immermehr. Aehnliche Veränderungen gehen die Mittelsprosse, die Eissprosse und die
Krone ein. Der Spießhirsch trägt schlanke und zertheilte Hauptstangen mit gleichmäßiger Krümmung
nach außen, ohne alle knieförmige Biegung; die Spitzen sind wieder nach innen gerichtet. Der
Gabelhirsch hat an einer entsprechenden Hauptstange schwache, aufwärts strebende, von der Rose sehr
entfernte Augensprossen. Beim Sechsender hat die im Ganzen noch ähnlich gebogene Hauptstange,
gegen die Mitte eine plötzliche, knieförmige Biegung; ihre beiden Hälften verlaufen in untergeordne-
ten, nach hinten gekrümmten Bogen; an dem nach vorn gekehrten Knie steht die aufstrebende, schwache
Mittelsprosse; die Augensprosse hat sich mehr gesenkt. Sowie an einer Stange, kann auch an beiden
die Mittelsprosse fehlen, dann hätte man der Form nach einen Sechsender, der jagdmäßig als Gabel-
hirsch zählen würde; fehlt auch die Augensprosse, so hätte man einen Spießer, den man der Form
nach als Sechsender ansprechen müßte. Beim Achtender tritt eine Endgabel zur Augen- und Mittel-
sprosse, welche stärker und mehr senkrecht gestellt sind. Auch hier sind die Nebensprossen oft nur durch
die Winkelbildung der Hauptstange angedeutet: man kann der Form nach Achtender haben, welche
nur jagdmäßig als Sechsender angesprochen werden dürften. Beim Zehnender tritt zum ersten Male
die Eissprosse oder zweite Augensprosse auf; sie kann aber auch durch eine blose scharfe Kante an der
Hauptstange angedeutet sein: dann hat man Achtender, die als Zehnender angesprochen werden
müssen. Nun kann auch die äußere Gabelsprosse verkümmern: dann hat man Sechsender, anstatt
der Zehnender; ja es kann vorkommen, daß auch die Mittelsprosse verkümmert und man hat Gabel-
hirsche, welche thierkundlich als Zehnender angesprochen werden müssen. Beim Zwölfender zeigt sich
zum ersten Male die Krone. Die Hauptstange tritt rückwärts knieförmig heraus, mit der Spitze
nach innen gekehrt. Hier liegen zuerst nicht mehr alle Enden in einer und derselben gleichmäßig ge-
krümmten Fläche; das Ende der Hauptstange macht durch die zweite knieförmige Biegung eine
Ausnahme. Es tritt mit den beiden Enden der Gabel des Horns von der unzertheilten Ober-
hälfte der Hauptstange in einem und demselben Punkt hervor, und Dies bedingt das Gepräge
der Krone. Hier treten oft Verkümmerungen auf. Am häufigsten fehlen die Eissprossen:
dadurch entstehen die sogenannten Kronzehnender, welche mit vollem Rechte thierkundlich als
Zwölfender angesprochen werden; es fehlt auch die äußere Nebensprosse der Gabel, der Gipfel des
Geweihes ist dann wieder eine Gabel: allein die Enden liegen noch in einer und derselben gleichmäßig
gekrümmten Fläche: auch solche Zehnender müssen als Zwölfender gelten. Die Verkümmerung kann
so weit gehen, daß Hirsche jagdmäßig als Sechsender angesprochen werden, welche, thierkundlich be-
trachtet, Zwölfender sind; solche Geweihe sind aber selten. Am Vierzehnender bildet die nach hinten
gerichtete Spitze des Zwölfenders wieder eine regelmäßige Gabel, d. h. es tritt nach außen eine
Nebensprosse an ihr hervor; hierdurch bildet sich eine zweite Gabel hinter der ersten, deren Theilung
etwas höher, als die der vorderen Gabel stattfindet. Diese Doppelgabel kennzeichnet die Krone des
Vierzehnenders; fehlt solchem Geweih die Eissprosse, so wird der Hirsch jagdmäßig als Zwölfender
angesprochen u. s. f. Jn der Krone des Sechszehnenders biegt sich die Hauptstange hinter der Doppel-
gabel des Vierzehnenders aufs neue zurück, wendet aber die Spitze wieder nach innen; die fünffache
Krone des Achtzehnenders entwickelt die Spitze der Hauptstange des Sechszehnenders und wieder eine
Rebensprosse nach außen: hierdurch entsteht eine dreifache Gabel über und hinter einander, von vorn
nach hinten allmählich höher ansteigend; sie, mit der doppelten Biegung der Hauptstange kennzeichnet
den Achtzehnender. Beim Zwanzigender biegt sich hinter der dreifachen Kronengabel des Achtzehn-
enders die Hauptstange aufs neue knieförmig nach rückwärts, die Krone zählt also sieben Enden und
drei knieförmige Biegungen. Die Krone des Zweiundzwanzigenders würde vier Kronengabeln hinter
einander und eine dreifache knieförmige Biegung in der Hauptstange einer Krone haben etc. Jn diesen
Zügen liegt die regelrechte Entwickelungsreihe angedeutet, und der Zusammenhang der Gestalt und
Zahl ist unverkennbar; die Form der Geweihe erscheint als Hauptsache, als das Bedingende, die
Zahl der Enden schließt sich der Form als das Unwesentliche, Bedingte an. Alle Abweichungen sind
für den Thierkundigen nebensächlich; auch solche, wo die Nebensprossen sich ungewöhnlich zertheilen;

Die Hirſche. — Der Edelhirſch.
ſich dieſer immermehr. Aehnliche Veränderungen gehen die Mittelſproſſe, die Eisſproſſe und die
Krone ein. Der Spießhirſch trägt ſchlanke und zertheilte Hauptſtangen mit gleichmäßiger Krümmung
nach außen, ohne alle knieförmige Biegung; die Spitzen ſind wieder nach innen gerichtet. Der
Gabelhirſch hat an einer entſprechenden Hauptſtange ſchwache, aufwärts ſtrebende, von der Roſe ſehr
entfernte Augenſproſſen. Beim Sechsender hat die im Ganzen noch ähnlich gebogene Hauptſtange,
gegen die Mitte eine plötzliche, knieförmige Biegung; ihre beiden Hälften verlaufen in untergeordne-
ten, nach hinten gekrümmten Bogen; an dem nach vorn gekehrten Knie ſteht die aufſtrebende, ſchwache
Mittelſproſſe; die Augenſproſſe hat ſich mehr geſenkt. Sowie an einer Stange, kann auch an beiden
die Mittelſproſſe fehlen, dann hätte man der Form nach einen Sechsender, der jagdmäßig als Gabel-
hirſch zählen würde; fehlt auch die Augenſproſſe, ſo hätte man einen Spießer, den man der Form
nach als Sechsender anſprechen müßte. Beim Achtender tritt eine Endgabel zur Augen- und Mittel-
ſproſſe, welche ſtärker und mehr ſenkrecht geſtellt ſind. Auch hier ſind die Nebenſproſſen oft nur durch
die Winkelbildung der Hauptſtange angedeutet: man kann der Form nach Achtender haben, welche
nur jagdmäßig als Sechsender angeſprochen werden dürften. Beim Zehnender tritt zum erſten Male
die Eisſproſſe oder zweite Augenſproſſe auf; ſie kann aber auch durch eine bloſe ſcharfe Kante an der
Hauptſtange angedeutet ſein: dann hat man Achtender, die als Zehnender angeſprochen werden
müſſen. Nun kann auch die äußere Gabelſproſſe verkümmern: dann hat man Sechsender, anſtatt
der Zehnender; ja es kann vorkommen, daß auch die Mittelſproſſe verkümmert und man hat Gabel-
hirſche, welche thierkundlich als Zehnender angeſprochen werden müſſen. Beim Zwölfender zeigt ſich
zum erſten Male die Krone. Die Hauptſtange tritt rückwärts knieförmig heraus, mit der Spitze
nach innen gekehrt. Hier liegen zuerſt nicht mehr alle Enden in einer und derſelben gleichmäßig ge-
krümmten Fläche; das Ende der Hauptſtange macht durch die zweite knieförmige Biegung eine
Ausnahme. Es tritt mit den beiden Enden der Gabel des Horns von der unzertheilten Ober-
hälfte der Hauptſtange in einem und demſelben Punkt hervor, und Dies bedingt das Gepräge
der Krone. Hier treten oft Verkümmerungen auf. Am häufigſten fehlen die Eisſproſſen:
dadurch entſtehen die ſogenannten Kronzehnender, welche mit vollem Rechte thierkundlich als
Zwölfender angeſprochen werden; es fehlt auch die äußere Nebenſproſſe der Gabel, der Gipfel des
Geweihes iſt dann wieder eine Gabel: allein die Enden liegen noch in einer und derſelben gleichmäßig
gekrümmten Fläche: auch ſolche Zehnender müſſen als Zwölfender gelten. Die Verkümmerung kann
ſo weit gehen, daß Hirſche jagdmäßig als Sechsender angeſprochen werden, welche, thierkundlich be-
trachtet, Zwölfender ſind; ſolche Geweihe ſind aber ſelten. Am Vierzehnender bildet die nach hinten
gerichtete Spitze des Zwölfenders wieder eine regelmäßige Gabel, d. h. es tritt nach außen eine
Nebenſproſſe an ihr hervor; hierdurch bildet ſich eine zweite Gabel hinter der erſten, deren Theilung
etwas höher, als die der vorderen Gabel ſtattfindet. Dieſe Doppelgabel kennzeichnet die Krone des
Vierzehnenders; fehlt ſolchem Geweih die Eisſproſſe, ſo wird der Hirſch jagdmäßig als Zwölfender
angeſprochen u. ſ. f. Jn der Krone des Sechszehnenders biegt ſich die Hauptſtange hinter der Doppel-
gabel des Vierzehnenders aufs neue zurück, wendet aber die Spitze wieder nach innen; die fünffache
Krone des Achtzehnenders entwickelt die Spitze der Hauptſtange des Sechszehnenders und wieder eine
Rebenſproſſe nach außen: hierdurch entſteht eine dreifache Gabel über und hinter einander, von vorn
nach hinten allmählich höher anſteigend; ſie, mit der doppelten Biegung der Hauptſtange kennzeichnet
den Achtzehnender. Beim Zwanzigender biegt ſich hinter der dreifachen Kronengabel des Achtzehn-
enders die Hauptſtange aufs neue knieförmig nach rückwärts, die Krone zählt alſo ſieben Enden und
drei knieförmige Biegungen. Die Krone des Zweiundzwanzigenders würde vier Kronengabeln hinter
einander und eine dreifache knieförmige Biegung in der Hauptſtange einer Krone haben ꝛc. Jn dieſen
Zügen liegt die regelrechte Entwickelungsreihe angedeutet, und der Zuſammenhang der Geſtalt und
Zahl iſt unverkennbar; die Form der Geweihe erſcheint als Hauptſache, als das Bedingende, die
Zahl der Enden ſchließt ſich der Form als das Unweſentliche, Bedingte an. Alle Abweichungen ſind
für den Thierkundigen nebenſächlich; auch ſolche, wo die Nebenſproſſen ſich ungewöhnlich zertheilen;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0484" n="458"/><fw place="top" type="header">Die Hir&#x017F;che. &#x2014; Der Edelhir&#x017F;ch.</fw><lb/>
&#x017F;ich die&#x017F;er immermehr. Aehnliche Veränderungen gehen die Mittel&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;e, die Eis&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;e und die<lb/>
Krone ein. Der Spießhir&#x017F;ch trägt &#x017F;chlanke und zertheilte Haupt&#x017F;tangen mit gleichmäßiger Krümmung<lb/>
nach außen, ohne alle knieförmige Biegung; die Spitzen &#x017F;ind wieder nach innen gerichtet. Der<lb/>
Gabelhir&#x017F;ch hat an einer ent&#x017F;prechenden Haupt&#x017F;tange &#x017F;chwache, aufwärts &#x017F;trebende, von der Ro&#x017F;e &#x017F;ehr<lb/>
entfernte Augen&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;en. Beim Sechsender hat die im Ganzen noch ähnlich gebogene Haupt&#x017F;tange,<lb/>
gegen die Mitte eine plötzliche, knieförmige Biegung; ihre beiden Hälften verlaufen in untergeordne-<lb/>
ten, nach hinten gekrümmten Bogen; an dem nach vorn gekehrten Knie &#x017F;teht die auf&#x017F;trebende, &#x017F;chwache<lb/>
Mittel&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;e; die Augen&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;e hat &#x017F;ich mehr ge&#x017F;enkt. Sowie an einer Stange, kann auch an beiden<lb/>
die Mittel&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;e fehlen, dann hätte man der Form nach einen Sechsender, der jagdmäßig als Gabel-<lb/>
hir&#x017F;ch zählen würde; fehlt auch die Augen&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;e, &#x017F;o hätte man einen Spießer, den man der Form<lb/>
nach als Sechsender an&#x017F;prechen müßte. Beim Achtender tritt eine Endgabel zur Augen- und Mittel-<lb/>
&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;e, welche &#x017F;tärker und mehr &#x017F;enkrecht ge&#x017F;tellt &#x017F;ind. Auch hier &#x017F;ind die Neben&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;en oft nur durch<lb/>
die Winkelbildung der Haupt&#x017F;tange angedeutet: man kann der Form nach Achtender haben, welche<lb/>
nur jagdmäßig als Sechsender ange&#x017F;prochen werden dürften. Beim Zehnender tritt zum er&#x017F;ten Male<lb/>
die Eis&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;e oder zweite Augen&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;e auf; &#x017F;ie kann aber auch durch eine blo&#x017F;e &#x017F;charfe Kante an der<lb/>
Haupt&#x017F;tange angedeutet &#x017F;ein: dann hat man Achtender, die als Zehnender ange&#x017F;prochen werden<lb/>&#x017F;&#x017F;en. Nun kann auch die äußere Gabel&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;e verkümmern: dann hat man Sechsender, an&#x017F;tatt<lb/>
der Zehnender; ja es kann vorkommen, daß auch die Mittel&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;e verkümmert und man hat Gabel-<lb/>
hir&#x017F;che, welche thierkundlich als Zehnender ange&#x017F;prochen werden mü&#x017F;&#x017F;en. Beim Zwölfender zeigt &#x017F;ich<lb/>
zum er&#x017F;ten Male die Krone. Die Haupt&#x017F;tange tritt rückwärts knieförmig heraus, mit der Spitze<lb/>
nach innen gekehrt. Hier liegen zuer&#x017F;t nicht mehr alle Enden in einer und der&#x017F;elben gleichmäßig ge-<lb/>
krümmten Fläche; das Ende der Haupt&#x017F;tange macht durch die zweite knieförmige Biegung eine<lb/>
Ausnahme. Es tritt mit den beiden Enden der Gabel des Horns von der unzertheilten Ober-<lb/>
hälfte der Haupt&#x017F;tange in einem und dem&#x017F;elben Punkt hervor, und Dies bedingt das Gepräge<lb/>
der Krone. Hier treten oft Verkümmerungen auf. Am häufig&#x017F;ten fehlen die Eis&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;en:<lb/>
dadurch ent&#x017F;tehen die &#x017F;ogenannten <hi rendition="#g">Kronzehnender,</hi> welche mit vollem Rechte thierkundlich als<lb/>
Zwölfender ange&#x017F;prochen werden; es fehlt auch die äußere Neben&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;e der Gabel, der Gipfel des<lb/>
Geweihes i&#x017F;t dann wieder eine Gabel: allein die Enden liegen noch in einer und der&#x017F;elben gleichmäßig<lb/>
gekrümmten Fläche: auch &#x017F;olche Zehnender mü&#x017F;&#x017F;en als Zwölfender gelten. Die Verkümmerung kann<lb/>
&#x017F;o weit gehen, daß Hir&#x017F;che jagdmäßig als Sechsender ange&#x017F;prochen werden, welche, thierkundlich be-<lb/>
trachtet, Zwölfender &#x017F;ind; &#x017F;olche Geweihe &#x017F;ind aber &#x017F;elten. Am Vierzehnender bildet die nach hinten<lb/>
gerichtete Spitze des Zwölfenders wieder eine regelmäßige Gabel, d. h. es tritt nach außen eine<lb/>
Neben&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;e an ihr hervor; hierdurch bildet &#x017F;ich eine zweite Gabel hinter der er&#x017F;ten, deren Theilung<lb/>
etwas höher, als die der vorderen Gabel &#x017F;tattfindet. Die&#x017F;e Doppelgabel kennzeichnet die Krone des<lb/>
Vierzehnenders; fehlt &#x017F;olchem Geweih die Eis&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;e, &#x017F;o wird der Hir&#x017F;ch jagdmäßig als Zwölfender<lb/>
ange&#x017F;prochen u. &#x017F;. f. Jn der Krone des Sechszehnenders biegt &#x017F;ich die Haupt&#x017F;tange hinter der Doppel-<lb/>
gabel des Vierzehnenders aufs neue zurück, wendet aber die Spitze wieder nach innen; die fünffache<lb/>
Krone des Achtzehnenders entwickelt die Spitze der Haupt&#x017F;tange des Sechszehnenders und wieder eine<lb/>
Reben&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;e nach außen: hierdurch ent&#x017F;teht eine dreifache Gabel über und hinter einander, von vorn<lb/>
nach hinten allmählich höher an&#x017F;teigend; &#x017F;ie, mit der doppelten Biegung der Haupt&#x017F;tange kennzeichnet<lb/>
den Achtzehnender. Beim Zwanzigender biegt &#x017F;ich hinter der dreifachen Kronengabel des Achtzehn-<lb/>
enders die Haupt&#x017F;tange aufs neue knieförmig nach rückwärts, die Krone zählt al&#x017F;o &#x017F;ieben Enden und<lb/>
drei knieförmige Biegungen. Die Krone des Zweiundzwanzigenders würde vier Kronengabeln hinter<lb/>
einander und eine dreifache knieförmige Biegung in der Haupt&#x017F;tange einer Krone haben &#xA75B;c. Jn die&#x017F;en<lb/>
Zügen liegt die regelrechte Entwickelungsreihe angedeutet, und der Zu&#x017F;ammenhang der Ge&#x017F;talt und<lb/>
Zahl i&#x017F;t unverkennbar; die Form der Geweihe er&#x017F;cheint als Haupt&#x017F;ache, als das Bedingende, die<lb/>
Zahl der Enden &#x017F;chließt &#x017F;ich der Form als das Unwe&#x017F;entliche, Bedingte an. Alle Abweichungen &#x017F;ind<lb/>
für den Thierkundigen neben&#x017F;ächlich; auch &#x017F;olche, wo die Neben&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich ungewöhnlich zertheilen;<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[458/0484] Die Hirſche. — Der Edelhirſch. ſich dieſer immermehr. Aehnliche Veränderungen gehen die Mittelſproſſe, die Eisſproſſe und die Krone ein. Der Spießhirſch trägt ſchlanke und zertheilte Hauptſtangen mit gleichmäßiger Krümmung nach außen, ohne alle knieförmige Biegung; die Spitzen ſind wieder nach innen gerichtet. Der Gabelhirſch hat an einer entſprechenden Hauptſtange ſchwache, aufwärts ſtrebende, von der Roſe ſehr entfernte Augenſproſſen. Beim Sechsender hat die im Ganzen noch ähnlich gebogene Hauptſtange, gegen die Mitte eine plötzliche, knieförmige Biegung; ihre beiden Hälften verlaufen in untergeordne- ten, nach hinten gekrümmten Bogen; an dem nach vorn gekehrten Knie ſteht die aufſtrebende, ſchwache Mittelſproſſe; die Augenſproſſe hat ſich mehr geſenkt. Sowie an einer Stange, kann auch an beiden die Mittelſproſſe fehlen, dann hätte man der Form nach einen Sechsender, der jagdmäßig als Gabel- hirſch zählen würde; fehlt auch die Augenſproſſe, ſo hätte man einen Spießer, den man der Form nach als Sechsender anſprechen müßte. Beim Achtender tritt eine Endgabel zur Augen- und Mittel- ſproſſe, welche ſtärker und mehr ſenkrecht geſtellt ſind. Auch hier ſind die Nebenſproſſen oft nur durch die Winkelbildung der Hauptſtange angedeutet: man kann der Form nach Achtender haben, welche nur jagdmäßig als Sechsender angeſprochen werden dürften. Beim Zehnender tritt zum erſten Male die Eisſproſſe oder zweite Augenſproſſe auf; ſie kann aber auch durch eine bloſe ſcharfe Kante an der Hauptſtange angedeutet ſein: dann hat man Achtender, die als Zehnender angeſprochen werden müſſen. Nun kann auch die äußere Gabelſproſſe verkümmern: dann hat man Sechsender, anſtatt der Zehnender; ja es kann vorkommen, daß auch die Mittelſproſſe verkümmert und man hat Gabel- hirſche, welche thierkundlich als Zehnender angeſprochen werden müſſen. Beim Zwölfender zeigt ſich zum erſten Male die Krone. Die Hauptſtange tritt rückwärts knieförmig heraus, mit der Spitze nach innen gekehrt. Hier liegen zuerſt nicht mehr alle Enden in einer und derſelben gleichmäßig ge- krümmten Fläche; das Ende der Hauptſtange macht durch die zweite knieförmige Biegung eine Ausnahme. Es tritt mit den beiden Enden der Gabel des Horns von der unzertheilten Ober- hälfte der Hauptſtange in einem und demſelben Punkt hervor, und Dies bedingt das Gepräge der Krone. Hier treten oft Verkümmerungen auf. Am häufigſten fehlen die Eisſproſſen: dadurch entſtehen die ſogenannten Kronzehnender, welche mit vollem Rechte thierkundlich als Zwölfender angeſprochen werden; es fehlt auch die äußere Nebenſproſſe der Gabel, der Gipfel des Geweihes iſt dann wieder eine Gabel: allein die Enden liegen noch in einer und derſelben gleichmäßig gekrümmten Fläche: auch ſolche Zehnender müſſen als Zwölfender gelten. Die Verkümmerung kann ſo weit gehen, daß Hirſche jagdmäßig als Sechsender angeſprochen werden, welche, thierkundlich be- trachtet, Zwölfender ſind; ſolche Geweihe ſind aber ſelten. Am Vierzehnender bildet die nach hinten gerichtete Spitze des Zwölfenders wieder eine regelmäßige Gabel, d. h. es tritt nach außen eine Nebenſproſſe an ihr hervor; hierdurch bildet ſich eine zweite Gabel hinter der erſten, deren Theilung etwas höher, als die der vorderen Gabel ſtattfindet. Dieſe Doppelgabel kennzeichnet die Krone des Vierzehnenders; fehlt ſolchem Geweih die Eisſproſſe, ſo wird der Hirſch jagdmäßig als Zwölfender angeſprochen u. ſ. f. Jn der Krone des Sechszehnenders biegt ſich die Hauptſtange hinter der Doppel- gabel des Vierzehnenders aufs neue zurück, wendet aber die Spitze wieder nach innen; die fünffache Krone des Achtzehnenders entwickelt die Spitze der Hauptſtange des Sechszehnenders und wieder eine Rebenſproſſe nach außen: hierdurch entſteht eine dreifache Gabel über und hinter einander, von vorn nach hinten allmählich höher anſteigend; ſie, mit der doppelten Biegung der Hauptſtange kennzeichnet den Achtzehnender. Beim Zwanzigender biegt ſich hinter der dreifachen Kronengabel des Achtzehn- enders die Hauptſtange aufs neue knieförmig nach rückwärts, die Krone zählt alſo ſieben Enden und drei knieförmige Biegungen. Die Krone des Zweiundzwanzigenders würde vier Kronengabeln hinter einander und eine dreifache knieförmige Biegung in der Hauptſtange einer Krone haben ꝛc. Jn dieſen Zügen liegt die regelrechte Entwickelungsreihe angedeutet, und der Zuſammenhang der Geſtalt und Zahl iſt unverkennbar; die Form der Geweihe erſcheint als Hauptſache, als das Bedingende, die Zahl der Enden ſchließt ſich der Form als das Unweſentliche, Bedingte an. Alle Abweichungen ſind für den Thierkundigen nebenſächlich; auch ſolche, wo die Nebenſproſſen ſich ungewöhnlich zertheilen;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/484
Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 458. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/484>, abgerufen am 16.07.2024.