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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Der Ameisen- oder Spitzbeutler.
Körperhälfte einnimmt, aber durch neun weiße oder graulichweiße Querbinden unterbrochen wird.
Die ersten beiden dieser Binden, welche fast auf der Mitte des Leibes liegen, sind undeutlich und mit
der Grundfarbe vermischt; die beiden folgenden sind rein gefärbt, die vier nächsten wieder durch die
Grundfarbe getrübt, die neunte ist wieder vollständig rein; doch trifft man bisweilen auch Abän-
derungen in Bezug auf die Anordnung und Färbung der Binden. Die ganze Unterseite ist gelblich-
weiß, die Weichen sind blaßfahlgelb, die Beine an der Außenseite blaßbräunlichgelb, an der Vorder-
seite weiß. Auf dem Kopfe bringen schwarze, fahlgelbe und einige weiße Haare eine bräunliche
Färbung zu Stande. Die Schwanzhaare sind schwarz, weiß und ockergelb durch einander, unten an
der Wurzel fahlgelb, oben schwarz, immer mit weißlicher Spitze. Das Wollhaar ist weißlichgrau,
die Nase, die Lippen und die Krallen sind schwarz.

Ungeachtet dieser ziemlich von einander abstechenden Färbung macht das Thier einen angenehmen

[Abbildung] Der Ameisen- oder Spitzbeutler (Myrmecobius fasciatus).
Eindruck, und dieser wird noch bedeutend erhöht, wenn man es lebend sieht. Es ist ebenso beweglich,
wie die vorhergehenden. Wenn es in die Flucht gescheucht wird, eilt es mit kleinen Sprüngen
ziemlich rasch davon, und trägt dabei den Schwanz ganz nach Art und Weise unseres gewöhnlichen
Eichhorns. Die Schnelligkeit seines Laufs ist nicht eben groß, aber die Gewandtheit und Schlauheit
des Thieres ersetzt solchen Mangel. Jn dem von der Menschenhand unberührten Walde, seinem
hauptsächlichsten Aufenthalt, findet sich überall eine Höhlung, sei es in einem Stamm oder unter
dem Gewurzel oder aber eine Kluft im Gestein. Und solche Zufluchtsorte weiß der Ameisenbeutler
mit der größten Geistesgegenwart auch während der tollsten Verfolgung auszuspähen, und mit ebenso-
viel Geschick als Ausdauer zu behaupten. Nicht einmal der Rauch, das gewöhnliche Hilfsmittel des
tückischen Menschen, um ein verstecktes Thier an das Tageslicht zu bringen, soll auf unsern Ameisen-
beutler die beabsichtigte Wirkung hervorbringen, und jedenfalls ermüdet der Mensch weit eher in der

Der Ameiſen- oder Spitzbeutler.
Körperhälfte einnimmt, aber durch neun weiße oder graulichweiße Querbinden unterbrochen wird.
Die erſten beiden dieſer Binden, welche faſt auf der Mitte des Leibes liegen, ſind undeutlich und mit
der Grundfarbe vermiſcht; die beiden folgenden ſind rein gefärbt, die vier nächſten wieder durch die
Grundfarbe getrübt, die neunte iſt wieder vollſtändig rein; doch trifft man bisweilen auch Abän-
derungen in Bezug auf die Anordnung und Färbung der Binden. Die ganze Unterſeite iſt gelblich-
weiß, die Weichen ſind blaßfahlgelb, die Beine an der Außenſeite blaßbräunlichgelb, an der Vorder-
ſeite weiß. Auf dem Kopfe bringen ſchwarze, fahlgelbe und einige weiße Haare eine bräunliche
Färbung zu Stande. Die Schwanzhaare ſind ſchwarz, weiß und ockergelb durch einander, unten an
der Wurzel fahlgelb, oben ſchwarz, immer mit weißlicher Spitze. Das Wollhaar iſt weißlichgrau,
die Naſe, die Lippen und die Krallen ſind ſchwarz.

Ungeachtet dieſer ziemlich von einander abſtechenden Färbung macht das Thier einen angenehmen

[Abbildung] Der Ameiſen- oder Spitzbeutler (Myrmecobius fasciatus).
Eindruck, und dieſer wird noch bedeutend erhöht, wenn man es lebend ſieht. Es iſt ebenſo beweglich,
wie die vorhergehenden. Wenn es in die Flucht geſcheucht wird, eilt es mit kleinen Sprüngen
ziemlich raſch davon, und trägt dabei den Schwanz ganz nach Art und Weiſe unſeres gewöhnlichen
Eichhorns. Die Schnelligkeit ſeines Laufs iſt nicht eben groß, aber die Gewandtheit und Schlauheit
des Thieres erſetzt ſolchen Mangel. Jn dem von der Menſchenhand unberührten Walde, ſeinem
hauptſächlichſten Aufenthalt, findet ſich überall eine Höhlung, ſei es in einem Stamm oder unter
dem Gewurzel oder aber eine Kluft im Geſtein. Und ſolche Zufluchtsorte weiß der Ameiſenbeutler
mit der größten Geiſtesgegenwart auch während der tollſten Verfolgung auszuſpähen, und mit ebenſo-
viel Geſchick als Ausdauer zu behaupten. Nicht einmal der Rauch, das gewöhnliche Hilfsmittel des
tückiſchen Menſchen, um ein verſtecktes Thier an das Tageslicht zu bringen, ſoll auf unſern Ameiſen-
beutler die beabſichtigte Wirkung hervorbringen, und jedenfalls ermüdet der Menſch weit eher in der

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[13/0025] Der Ameiſen- oder Spitzbeutler. Körperhälfte einnimmt, aber durch neun weiße oder graulichweiße Querbinden unterbrochen wird. Die erſten beiden dieſer Binden, welche faſt auf der Mitte des Leibes liegen, ſind undeutlich und mit der Grundfarbe vermiſcht; die beiden folgenden ſind rein gefärbt, die vier nächſten wieder durch die Grundfarbe getrübt, die neunte iſt wieder vollſtändig rein; doch trifft man bisweilen auch Abän- derungen in Bezug auf die Anordnung und Färbung der Binden. Die ganze Unterſeite iſt gelblich- weiß, die Weichen ſind blaßfahlgelb, die Beine an der Außenſeite blaßbräunlichgelb, an der Vorder- ſeite weiß. Auf dem Kopfe bringen ſchwarze, fahlgelbe und einige weiße Haare eine bräunliche Färbung zu Stande. Die Schwanzhaare ſind ſchwarz, weiß und ockergelb durch einander, unten an der Wurzel fahlgelb, oben ſchwarz, immer mit weißlicher Spitze. Das Wollhaar iſt weißlichgrau, die Naſe, die Lippen und die Krallen ſind ſchwarz. Ungeachtet dieſer ziemlich von einander abſtechenden Färbung macht das Thier einen angenehmen [Abbildung Der Ameiſen- oder Spitzbeutler (Myrmecobius fasciatus).] Eindruck, und dieſer wird noch bedeutend erhöht, wenn man es lebend ſieht. Es iſt ebenſo beweglich, wie die vorhergehenden. Wenn es in die Flucht geſcheucht wird, eilt es mit kleinen Sprüngen ziemlich raſch davon, und trägt dabei den Schwanz ganz nach Art und Weiſe unſeres gewöhnlichen Eichhorns. Die Schnelligkeit ſeines Laufs iſt nicht eben groß, aber die Gewandtheit und Schlauheit des Thieres erſetzt ſolchen Mangel. Jn dem von der Menſchenhand unberührten Walde, ſeinem hauptſächlichſten Aufenthalt, findet ſich überall eine Höhlung, ſei es in einem Stamm oder unter dem Gewurzel oder aber eine Kluft im Geſtein. Und ſolche Zufluchtsorte weiß der Ameiſenbeutler mit der größten Geiſtesgegenwart auch während der tollſten Verfolgung auszuſpähen, und mit ebenſo- viel Geſchick als Ausdauer zu behaupten. Nicht einmal der Rauch, das gewöhnliche Hilfsmittel des tückiſchen Menſchen, um ein verſtecktes Thier an das Tageslicht zu bringen, ſoll auf unſern Ameiſen- beutler die beabſichtigte Wirkung hervorbringen, und jedenfalls ermüdet der Menſch weit eher in der

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/25>, abgerufen am 19.04.2024.