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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865.

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Die egyptische Springmaus.
ist wegen der ungeheuer aufgetriebenen Backenknochen einer der eigenthümlichsten in der ganzen Klasse
der Säugethiere. Die Augen sind groß und lebhaft, dabei aber mild im Ausdruck wie bei allen
Wüstenthieren, die Nasenlöcher sind weit und umfänglich, und damit auch der Sinn des Gefühls
gehörig vertreten sei, umgeben ungeheuer lange Schnurren den Kopf zu beiden Seiten. Der Hals ist
außerordentlich kurz und wenig beweglich, der Schwanz dagegen sehr lang, meist um etwas, zuweilen
um vieles länger als der Leib, vorn rund behaart, hinten aber mit einer ausgeprägten zweizeiligen
Bürste besetzt, welche aus steifen, regelmäßig anders gefärbten Haaren besteht und dem Schwanze die
größte Aehnlichkeit mit einem Pfeile verleiht. Die Vorderfüße sind ganz verkürzt und werden beim
Springen so an den Leib herangezogen und theilweise im Pelz versteckt, daß die alte Benennung "Zwei-
fuß" wohl gerechtfertigt erscheint. Und diese kleinen Füßchen haben blos vier Zehen mit Krallen, eine
benagelte oder nagellose Daumwarze. Alle Krallen sind mäßig lang, gekrümmt und scharf; sie
dienen zum Aufgraben der Erde, wenn sich das Thier Nahrung schaffen oder Höhlen anlegen will.
Die Hinterfüße sind wohl sechsfach länger als die vorderen und zwar, weil sich ebensowohl der Unter-
schenkel als auch der Mittelfußknochen gestreckt hat. Dieser ist in der Regel einfach, während andere
ähnliche Mäuse so viele Mittelknochen haben als Zehen. An diesen langen Knochengelenken sind
unten drei Zehen eingefügt, von denen die mittlere etwas länger als die seitliche ist. Jede Zehe
hat eine pfriemenförmige Kralle, welche rechtwinkelig zum Nagelglied steht und dadurch beim Springen
nicht hinderlich wird. Ein steifes Vorstenhaar, welches nach unten zu immer länger wird, bekleidet
die Zehen. Der Pelz ist weich, seidenartig und auf dem Rücken am Grunde blaugrau, dann sand-
farbig, an den Spitzen aber schwarz oder dunkelbraun, unten immer weiß mit seitlichen Längsstreifen.
Die Schwanzwurzel ist ebenfalls weiß behaart, dann folgt eine dunklere Stelle vor der
weißen Spitze.

Mit dieser äußeren Leibesbeschaffenheit steht die innere Bildung vollständig im Einklange. Die
Springmäuse zeigen nicht blos in der Gestalt ihres langen Mittelfußknochens Aehnlichkeit mit den
Vögeln, sondern auch noch darin, daß alle die großen Knochen der hinteren Hälfte des Leibes bei den
erwachsenen Thieren hohl und dabei spröde und hart sind, wie Vögelknochen. Ganz gewaltige
Muskeln bewegen diese festen Knochen, und hierdurch eben erscheint der hintere Theil des Leibes so
auffällig gegen den vorderen verdickt. Die Halswirbel sind bei einigen Arten ganz, bei den anderen
größten Theils unter einander fest verwachsen, dabei nach vorn ansehnlich gekrümmt, und hierdurch
erhält der Hals hauptsächlich seine Verkürzung. Der Kopf aber wird ohne Anstrengung von dem
Thiere bei der pfeilschnellen Bewegung festgehalten. Merkwürdig ist die Erscheinung, welche wir bei
allen Thieren, welche schnell laufen, und somit auch bei den Springmäusen finden, daß nämlich die
Füße so einfach wie möglich gebildet und nur äußerst wenig beweglich sind. Die drei Zehen der Spring-
füße haben in der Regel nur zwei Glieder und sind ungemein kurz. Sie haben gar keine Seiten-
bewegung und können sich blos gleichzeitig etwas von oben nach unten biegen. Beim Laufen berührt
nur die äußerste Spitze des Nagelgliedes den Boden, sie ist aber durch eine federnde Knorpelmasse
noch besonders geschützt. Das lange, steife Borstenhaar an den unteren Zehen dient augenscheinlich
dazu, den Fuß beim Aufsetzen vor dem Ausgleiten zu bewahren und ihm somit einen viel sicherern
Stand zu geben. Einige Arten der Springmäuse überhaupt haben am Mittelfußknochen noch eine
oder zwei Afterzehen, welche aber ganz unwesentlich sind und niemals den Boden berühren.

Gewöhnlich finden sich vier Zitzenpaare. Zwei Paare davon liegen auf der Brust, ein Paar
am Bauche und ein Paar in den Weichen. Die Zähne sind gefurcht.

Von den fünf bis sechs Arten, welche diese Sippe enthält, betrachten wir die egyptische
Springmaus
(Haltomys aegyptiacus), ein wirklich reizendes Thierchen von 61/2 Zoll Leibeslänge
mit 8 Zoll langem Schwanze, der durch seine Behaarung noch um 11/2 Zoll länger erscheint. Die
Ohren haben ungefähr zwei Drittel Kopfeslänge; sie sind einfarben, außen mit zarten, fahlen Härchen,
innen mit noch kürzeren, feineren, dünnen bedeckt. Der Schwanz hat deutliche Pfeilzeichnung. Der

Die egyptiſche Springmaus.
iſt wegen der ungeheuer aufgetriebenen Backenknochen einer der eigenthümlichſten in der ganzen Klaſſe
der Säugethiere. Die Augen ſind groß und lebhaft, dabei aber mild im Ausdruck wie bei allen
Wüſtenthieren, die Naſenlöcher ſind weit und umfänglich, und damit auch der Sinn des Gefühls
gehörig vertreten ſei, umgeben ungeheuer lange Schnurren den Kopf zu beiden Seiten. Der Hals iſt
außerordentlich kurz und wenig beweglich, der Schwanz dagegen ſehr lang, meiſt um etwas, zuweilen
um vieles länger als der Leib, vorn rund behaart, hinten aber mit einer ausgeprägten zweizeiligen
Bürſte beſetzt, welche aus ſteifen, regelmäßig anders gefärbten Haaren beſteht und dem Schwanze die
größte Aehnlichkeit mit einem Pfeile verleiht. Die Vorderfüße ſind ganz verkürzt und werden beim
Springen ſo an den Leib herangezogen und theilweiſe im Pelz verſteckt, daß die alte Benennung „Zwei-
fuß‟ wohl gerechtfertigt erſcheint. Und dieſe kleinen Füßchen haben blos vier Zehen mit Krallen, eine
benagelte oder nagelloſe Daumwarze. Alle Krallen ſind mäßig lang, gekrümmt und ſcharf; ſie
dienen zum Aufgraben der Erde, wenn ſich das Thier Nahrung ſchaffen oder Höhlen anlegen will.
Die Hinterfüße ſind wohl ſechsfach länger als die vorderen und zwar, weil ſich ebenſowohl der Unter-
ſchenkel als auch der Mittelfußknochen geſtreckt hat. Dieſer iſt in der Regel einfach, während andere
ähnliche Mäuſe ſo viele Mittelknochen haben als Zehen. An dieſen langen Knochengelenken ſind
unten drei Zehen eingefügt, von denen die mittlere etwas länger als die ſeitliche iſt. Jede Zehe
hat eine pfriemenförmige Kralle, welche rechtwinkelig zum Nagelglied ſteht und dadurch beim Springen
nicht hinderlich wird. Ein ſteifes Vorſtenhaar, welches nach unten zu immer länger wird, bekleidet
die Zehen. Der Pelz iſt weich, ſeidenartig und auf dem Rücken am Grunde blaugrau, dann ſand-
farbig, an den Spitzen aber ſchwarz oder dunkelbraun, unten immer weiß mit ſeitlichen Längsſtreifen.
Die Schwanzwurzel iſt ebenfalls weiß behaart, dann folgt eine dunklere Stelle vor der
weißen Spitze.

Mit dieſer äußeren Leibesbeſchaffenheit ſteht die innere Bildung vollſtändig im Einklange. Die
Springmäuſe zeigen nicht blos in der Geſtalt ihres langen Mittelfußknochens Aehnlichkeit mit den
Vögeln, ſondern auch noch darin, daß alle die großen Knochen der hinteren Hälfte des Leibes bei den
erwachſenen Thieren hohl und dabei ſpröde und hart ſind, wie Vögelknochen. Ganz gewaltige
Muskeln bewegen dieſe feſten Knochen, und hierdurch eben erſcheint der hintere Theil des Leibes ſo
auffällig gegen den vorderen verdickt. Die Halswirbel ſind bei einigen Arten ganz, bei den anderen
größten Theils unter einander feſt verwachſen, dabei nach vorn anſehnlich gekrümmt, und hierdurch
erhält der Hals hauptſächlich ſeine Verkürzung. Der Kopf aber wird ohne Anſtrengung von dem
Thiere bei der pfeilſchnellen Bewegung feſtgehalten. Merkwürdig iſt die Erſcheinung, welche wir bei
allen Thieren, welche ſchnell laufen, und ſomit auch bei den Springmäuſen finden, daß nämlich die
Füße ſo einfach wie möglich gebildet und nur äußerſt wenig beweglich ſind. Die drei Zehen der Spring-
füße haben in der Regel nur zwei Glieder und ſind ungemein kurz. Sie haben gar keine Seiten-
bewegung und können ſich blos gleichzeitig etwas von oben nach unten biegen. Beim Laufen berührt
nur die äußerſte Spitze des Nagelgliedes den Boden, ſie iſt aber durch eine federnde Knorpelmaſſe
noch beſonders geſchützt. Das lange, ſteife Borſtenhaar an den unteren Zehen dient augenſcheinlich
dazu, den Fuß beim Aufſetzen vor dem Ausgleiten zu bewahren und ihm ſomit einen viel ſicherern
Stand zu geben. Einige Arten der Springmäuſe überhaupt haben am Mittelfußknochen noch eine
oder zwei Afterzehen, welche aber ganz unweſentlich ſind und niemals den Boden berühren.

Gewöhnlich finden ſich vier Zitzenpaare. Zwei Paare davon liegen auf der Bruſt, ein Paar
am Bauche und ein Paar in den Weichen. Die Zähne ſind gefurcht.

Von den fünf bis ſechs Arten, welche dieſe Sippe enthält, betrachten wir die egyptiſche
Springmaus
(Haltomys aegyptiacus), ein wirklich reizendes Thierchen von 6½ Zoll Leibeslänge
mit 8 Zoll langem Schwanze, der durch ſeine Behaarung noch um 1½ Zoll länger erſcheint. Die
Ohren haben ungefähr zwei Drittel Kopfeslänge; ſie ſind einfarben, außen mit zarten, fahlen Härchen,
innen mit noch kürzeren, feineren, dünnen bedeckt. Der Schwanz hat deutliche Pfeilzeichnung. Der

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[181/0197] Die egyptiſche Springmaus. iſt wegen der ungeheuer aufgetriebenen Backenknochen einer der eigenthümlichſten in der ganzen Klaſſe der Säugethiere. Die Augen ſind groß und lebhaft, dabei aber mild im Ausdruck wie bei allen Wüſtenthieren, die Naſenlöcher ſind weit und umfänglich, und damit auch der Sinn des Gefühls gehörig vertreten ſei, umgeben ungeheuer lange Schnurren den Kopf zu beiden Seiten. Der Hals iſt außerordentlich kurz und wenig beweglich, der Schwanz dagegen ſehr lang, meiſt um etwas, zuweilen um vieles länger als der Leib, vorn rund behaart, hinten aber mit einer ausgeprägten zweizeiligen Bürſte beſetzt, welche aus ſteifen, regelmäßig anders gefärbten Haaren beſteht und dem Schwanze die größte Aehnlichkeit mit einem Pfeile verleiht. Die Vorderfüße ſind ganz verkürzt und werden beim Springen ſo an den Leib herangezogen und theilweiſe im Pelz verſteckt, daß die alte Benennung „Zwei- fuß‟ wohl gerechtfertigt erſcheint. Und dieſe kleinen Füßchen haben blos vier Zehen mit Krallen, eine benagelte oder nagelloſe Daumwarze. Alle Krallen ſind mäßig lang, gekrümmt und ſcharf; ſie dienen zum Aufgraben der Erde, wenn ſich das Thier Nahrung ſchaffen oder Höhlen anlegen will. Die Hinterfüße ſind wohl ſechsfach länger als die vorderen und zwar, weil ſich ebenſowohl der Unter- ſchenkel als auch der Mittelfußknochen geſtreckt hat. Dieſer iſt in der Regel einfach, während andere ähnliche Mäuſe ſo viele Mittelknochen haben als Zehen. An dieſen langen Knochengelenken ſind unten drei Zehen eingefügt, von denen die mittlere etwas länger als die ſeitliche iſt. Jede Zehe hat eine pfriemenförmige Kralle, welche rechtwinkelig zum Nagelglied ſteht und dadurch beim Springen nicht hinderlich wird. Ein ſteifes Vorſtenhaar, welches nach unten zu immer länger wird, bekleidet die Zehen. Der Pelz iſt weich, ſeidenartig und auf dem Rücken am Grunde blaugrau, dann ſand- farbig, an den Spitzen aber ſchwarz oder dunkelbraun, unten immer weiß mit ſeitlichen Längsſtreifen. Die Schwanzwurzel iſt ebenfalls weiß behaart, dann folgt eine dunklere Stelle vor der weißen Spitze. Mit dieſer äußeren Leibesbeſchaffenheit ſteht die innere Bildung vollſtändig im Einklange. Die Springmäuſe zeigen nicht blos in der Geſtalt ihres langen Mittelfußknochens Aehnlichkeit mit den Vögeln, ſondern auch noch darin, daß alle die großen Knochen der hinteren Hälfte des Leibes bei den erwachſenen Thieren hohl und dabei ſpröde und hart ſind, wie Vögelknochen. Ganz gewaltige Muskeln bewegen dieſe feſten Knochen, und hierdurch eben erſcheint der hintere Theil des Leibes ſo auffällig gegen den vorderen verdickt. Die Halswirbel ſind bei einigen Arten ganz, bei den anderen größten Theils unter einander feſt verwachſen, dabei nach vorn anſehnlich gekrümmt, und hierdurch erhält der Hals hauptſächlich ſeine Verkürzung. Der Kopf aber wird ohne Anſtrengung von dem Thiere bei der pfeilſchnellen Bewegung feſtgehalten. Merkwürdig iſt die Erſcheinung, welche wir bei allen Thieren, welche ſchnell laufen, und ſomit auch bei den Springmäuſen finden, daß nämlich die Füße ſo einfach wie möglich gebildet und nur äußerſt wenig beweglich ſind. Die drei Zehen der Spring- füße haben in der Regel nur zwei Glieder und ſind ungemein kurz. Sie haben gar keine Seiten- bewegung und können ſich blos gleichzeitig etwas von oben nach unten biegen. Beim Laufen berührt nur die äußerſte Spitze des Nagelgliedes den Boden, ſie iſt aber durch eine federnde Knorpelmaſſe noch beſonders geſchützt. Das lange, ſteife Borſtenhaar an den unteren Zehen dient augenſcheinlich dazu, den Fuß beim Aufſetzen vor dem Ausgleiten zu bewahren und ihm ſomit einen viel ſicherern Stand zu geben. Einige Arten der Springmäuſe überhaupt haben am Mittelfußknochen noch eine oder zwei Afterzehen, welche aber ganz unweſentlich ſind und niemals den Boden berühren. Gewöhnlich finden ſich vier Zitzenpaare. Zwei Paare davon liegen auf der Bruſt, ein Paar am Bauche und ein Paar in den Weichen. Die Zähne ſind gefurcht. Von den fünf bis ſechs Arten, welche dieſe Sippe enthält, betrachten wir die egyptiſche Springmaus (Haltomys aegyptiacus), ein wirklich reizendes Thierchen von 6½ Zoll Leibeslänge mit 8 Zoll langem Schwanze, der durch ſeine Behaarung noch um 1½ Zoll länger erſcheint. Die Ohren haben ungefähr zwei Drittel Kopfeslänge; ſie ſind einfarben, außen mit zarten, fahlen Härchen, innen mit noch kürzeren, feineren, dünnen bedeckt. Der Schwanz hat deutliche Pfeilzeichnung. Der

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 2. Hildburghausen, 1865, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben02_1865/197>, abgerufen am 02.05.2024.