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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Kein Winterschlaf. Nutzen und Schaden. Feinde.
oder jene Eigenschaften des Thieres aufmerksam gemacht haben und geradezu die ersten Lehrmeister
geworden sind. Außerdem hat man nun sehr viel von den gefangenen Maulwürfen gelernt, und ich
habe deshalb gewisse augenfällige Beobachtungen in ihrem Wortlaut gegeben. Und endlich, jede
gewonnene Beobachtung ist, wie es bei der Wissenschaft überhaupt zu geschehen pflegt, auf das sorg-
fältigste aufbewahrt, aber auch geprüft worden. So hat man schließlich ein klares Bild bekommen.
Von der Art und Weise der Beobachtung will ich blos ein Beispiel auführen. Lecourt wollte die
Schnelligkeit des Maulwurfs in seinen Gängen untersuchen. Zu diesem Zweck wandte er ein ebenso
geeignetes, als ergötzliches Mittel an. Er steckte eine Menge von Strohhalmen reihenweife in die
Laufröhre, so, daß sie von dem dahineilenden Maulwurf berührt und in Erschütterung gebracht
werden mußten. An diese Strohhalme befestigte er oben kleine Papierfähnchen und ließ jetzt den in
seinem Jagdgebiet beschäftigten Maulwurf durch einen Hornstoß in die Laufröhre schrecken. Da fielen
denn die Fähnchen der Reihe nach in demselben Augenblicke ab, in welchem sie der Maulwurf be-
rührte, und der Beobachter mit seinem Gehilfen bekam hierdurch Gelegenheit, die Schnelligkeit des
Laufens für eine gewisse Strecke mit aller Sicherheit zu ermitteln. -- Die Baue kann man sehr leicht
kennen lernen, indem man sie einfach ausgräbt; die Art des Wühlens sieht man bei gefangenen
Maulwürfen; die ausgewühlten Kampfplätze und Zweikämpfe zwischen liebenden Bewerbern hat man
entdeckt, indem man den Lärm des Kampfes vernahm und die Thiere schnell ausgrub u. s. w.

Es läßt sich nicht leugnen, daß der Maulwurf durch Wegfangen der Regenwürmer, Maulwurfs-
grillen, Engerlinge und anderer verderblicher Kerbthiere großen Nutzen stiftet, und er wird deshalb
an allen Orten, wo man seine aufgeworfenen Haufen leicht wegschaffen kann, immer eines der wohl-
thätigsten Säugethiere bleiben. Allein ebenso gewiß ist es, daß er in gehegten Stellen und vor allem
in Gärten nicht zu dulden ist, weil hier der Schaden, den er durch sein Aufwerfen oder durch das
Durchwühlen der Erde, aus welcher theure Pflanzen ihre Nahrung ziehen, durch das Herauswerfen
derselben, kurz, durch seine ganze Wühlerei den geordneten Pflanzenstaat wesentlich gefährden kann.
Und deshalb ist es wohl immerhin angerathen, ihn an allen Orten, wo man ihn nicht hegen mag,
unbarmherzig wegzufangen. Auf Wiesen, in Laubwäldern, in vollen Feldfruchtstücken ist er ein Gast,
welcher unbedingt geschützt werden sollte: an andern, oben bezeichneten Orten aber versteht er unsäglichen
Aerger zu bereiten, und deshalb wird er noch heutigen Tages fast überall ziemlich rücksichtslos ver-
folgt. Man kennt sehr viele Mittel, um ihn zu vertreiben, thut aber jedenfalls am besten, wenn man
die Sorge einem alten, erfahrenen Maulwurfsfänger übergiebt, welcher die Kunst, ihn auszurotten,
weit besser versteht, als Beschreibungen sie lehren können, und bekanntlich auf jedem Dorfe zu finden
ist. Nur ein einziges Mittel will ich angeben, weil dasselbe noch ziemlich unbekannt und von großem
Nutzen ist. Wenn man einen Garten oder einen andern gehegten Platz mit aller Sicherheit vor dem
Maulwurf schützen will, braucht man weiter Nichts zu thun, als ringsum eine Masse klar gehackter
Dornen, Scherben oder andere spitze Dinge in die Erde einzugraben, etwa bis zu einer Tiefe von
11/2 oder 2 Fuß. Eine solche Schutzmauer hält jeden Maulwurf ab; denn wenn er sie wirklich durch-
dringen will, verwundet er sich an irgend einer Spitze im Gesicht und geht dann regelmäßig sehr bald
an dieser Verwundung zu Grunde.

Außer dem Menschen hat der Maulwurf viele Verfolger. Der Jltis, das Wiesel, die Eulen,
die Falken, der Bussard, die Raben und der Storch lauern ihm beim Aufwerfen auf, und das
kleine Wiesel verfolgt ihn sogar in seinen Gängen, wo er, wie oben bemerkt, auch der Kreuzotter
nicht selten zum Opfer fällt. Auch die Pintscher machen sich ein Vergnügen daraus, einem grabenden
Maulwurf aufzulauern und ihn mit einem plötzlichen Wurf aus der Erde zu schleudern; dann tödten
sie ihn durch wenige Bisse. Nur die Füchse, Marder, Jgel und die genannten Vögel verzehren
ihn, die anderen Feinde tödten ihn blos und lassen ihn dann liegen.

Bei uns zu Lande bringt der getödtete Maulwurf fast gar keinen Nutzen. Sein Fell wird
höchstens zur Ausfütterung von Blaserohren oder zu Geldbeuteln verwendet. Die Russen verfertigen
aus demselben kleine Säckchen, mit denen sie bis nach China Handel treiben.

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Kein Winterſchlaf. Nutzen und Schaden. Feinde.
oder jene Eigenſchaften des Thieres aufmerkſam gemacht haben und geradezu die erſten Lehrmeiſter
geworden ſind. Außerdem hat man nun ſehr viel von den gefangenen Maulwürfen gelernt, und ich
habe deshalb gewiſſe augenfällige Beobachtungen in ihrem Wortlaut gegeben. Und endlich, jede
gewonnene Beobachtung iſt, wie es bei der Wiſſenſchaft überhaupt zu geſchehen pflegt, auf das ſorg-
fältigſte aufbewahrt, aber auch geprüft worden. So hat man ſchließlich ein klares Bild bekommen.
Von der Art und Weiſe der Beobachtung will ich blos ein Beiſpiel auführen. Lecourt wollte die
Schnelligkeit des Maulwurfs in ſeinen Gängen unterſuchen. Zu dieſem Zweck wandte er ein ebenſo
geeignetes, als ergötzliches Mittel an. Er ſteckte eine Menge von Strohhalmen reihenweife in die
Laufröhre, ſo, daß ſie von dem dahineilenden Maulwurf berührt und in Erſchütterung gebracht
werden mußten. An dieſe Strohhalme befeſtigte er oben kleine Papierfähnchen und ließ jetzt den in
ſeinem Jagdgebiet beſchäftigten Maulwurf durch einen Hornſtoß in die Laufröhre ſchrecken. Da fielen
denn die Fähnchen der Reihe nach in demſelben Augenblicke ab, in welchem ſie der Maulwurf be-
rührte, und der Beobachter mit ſeinem Gehilfen bekam hierdurch Gelegenheit, die Schnelligkeit des
Laufens für eine gewiſſe Strecke mit aller Sicherheit zu ermitteln. — Die Baue kann man ſehr leicht
kennen lernen, indem man ſie einfach ausgräbt; die Art des Wühlens ſieht man bei gefangenen
Maulwürfen; die ausgewühlten Kampfplätze und Zweikämpfe zwiſchen liebenden Bewerbern hat man
entdeckt, indem man den Lärm des Kampfes vernahm und die Thiere ſchnell ausgrub u. ſ. w.

Es läßt ſich nicht leugnen, daß der Maulwurf durch Wegfangen der Regenwürmer, Maulwurfs-
grillen, Engerlinge und anderer verderblicher Kerbthiere großen Nutzen ſtiftet, und er wird deshalb
an allen Orten, wo man ſeine aufgeworfenen Haufen leicht wegſchaffen kann, immer eines der wohl-
thätigſten Säugethiere bleiben. Allein ebenſo gewiß iſt es, daß er in gehegten Stellen und vor allem
in Gärten nicht zu dulden iſt, weil hier der Schaden, den er durch ſein Aufwerfen oder durch das
Durchwühlen der Erde, aus welcher theure Pflanzen ihre Nahrung ziehen, durch das Herauswerfen
derſelben, kurz, durch ſeine ganze Wühlerei den geordneten Pflanzenſtaat weſentlich gefährden kann.
Und deshalb iſt es wohl immerhin angerathen, ihn an allen Orten, wo man ihn nicht hegen mag,
unbarmherzig wegzufangen. Auf Wieſen, in Laubwäldern, in vollen Feldfruchtſtücken iſt er ein Gaſt,
welcher unbedingt geſchützt werden ſollte: an andern, oben bezeichneten Orten aber verſteht er unſäglichen
Aerger zu bereiten, und deshalb wird er noch heutigen Tages faſt überall ziemlich rückſichtslos ver-
folgt. Man kennt ſehr viele Mittel, um ihn zu vertreiben, thut aber jedenfalls am beſten, wenn man
die Sorge einem alten, erfahrenen Maulwurfsfänger übergiebt, welcher die Kunſt, ihn auszurotten,
weit beſſer verſteht, als Beſchreibungen ſie lehren können, und bekanntlich auf jedem Dorfe zu finden
iſt. Nur ein einziges Mittel will ich angeben, weil daſſelbe noch ziemlich unbekannt und von großem
Nutzen iſt. Wenn man einen Garten oder einen andern gehegten Platz mit aller Sicherheit vor dem
Maulwurf ſchützen will, braucht man weiter Nichts zu thun, als ringsum eine Maſſe klar gehackter
Dornen, Scherben oder andere ſpitze Dinge in die Erde einzugraben, etwa bis zu einer Tiefe von
1½ oder 2 Fuß. Eine ſolche Schutzmauer hält jeden Maulwurf ab; denn wenn er ſie wirklich durch-
dringen will, verwundet er ſich an irgend einer Spitze im Geſicht und geht dann regelmäßig ſehr bald
an dieſer Verwundung zu Grunde.

Außer dem Menſchen hat der Maulwurf viele Verfolger. Der Jltis, das Wieſel, die Eulen,
die Falken, der Buſſard, die Raben und der Storch lauern ihm beim Aufwerfen auf, und das
kleine Wieſel verfolgt ihn ſogar in ſeinen Gängen, wo er, wie oben bemerkt, auch der Kreuzotter
nicht ſelten zum Opfer fällt. Auch die Pintſcher machen ſich ein Vergnügen daraus, einem grabenden
Maulwurf aufzulauern und ihn mit einem plötzlichen Wurf aus der Erde zu ſchleudern; dann tödten
ſie ihn durch wenige Biſſe. Nur die Füchſe, Marder, Jgel und die genannten Vögel verzehren
ihn, die anderen Feinde tödten ihn blos und laſſen ihn dann liegen.

Bei uns zu Lande bringt der getödtete Maulwurf faſt gar keinen Nutzen. Sein Fell wird
höchſtens zur Ausfütterung von Blaſerohren oder zu Geldbeuteln verwendet. Die Ruſſen verfertigen
aus demſelben kleine Säckchen, mit denen ſie bis nach China Handel treiben.

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[691/0769] Kein Winterſchlaf. Nutzen und Schaden. Feinde. oder jene Eigenſchaften des Thieres aufmerkſam gemacht haben und geradezu die erſten Lehrmeiſter geworden ſind. Außerdem hat man nun ſehr viel von den gefangenen Maulwürfen gelernt, und ich habe deshalb gewiſſe augenfällige Beobachtungen in ihrem Wortlaut gegeben. Und endlich, jede gewonnene Beobachtung iſt, wie es bei der Wiſſenſchaft überhaupt zu geſchehen pflegt, auf das ſorg- fältigſte aufbewahrt, aber auch geprüft worden. So hat man ſchließlich ein klares Bild bekommen. Von der Art und Weiſe der Beobachtung will ich blos ein Beiſpiel auführen. Lecourt wollte die Schnelligkeit des Maulwurfs in ſeinen Gängen unterſuchen. Zu dieſem Zweck wandte er ein ebenſo geeignetes, als ergötzliches Mittel an. Er ſteckte eine Menge von Strohhalmen reihenweife in die Laufröhre, ſo, daß ſie von dem dahineilenden Maulwurf berührt und in Erſchütterung gebracht werden mußten. An dieſe Strohhalme befeſtigte er oben kleine Papierfähnchen und ließ jetzt den in ſeinem Jagdgebiet beſchäftigten Maulwurf durch einen Hornſtoß in die Laufröhre ſchrecken. Da fielen denn die Fähnchen der Reihe nach in demſelben Augenblicke ab, in welchem ſie der Maulwurf be- rührte, und der Beobachter mit ſeinem Gehilfen bekam hierdurch Gelegenheit, die Schnelligkeit des Laufens für eine gewiſſe Strecke mit aller Sicherheit zu ermitteln. — Die Baue kann man ſehr leicht kennen lernen, indem man ſie einfach ausgräbt; die Art des Wühlens ſieht man bei gefangenen Maulwürfen; die ausgewühlten Kampfplätze und Zweikämpfe zwiſchen liebenden Bewerbern hat man entdeckt, indem man den Lärm des Kampfes vernahm und die Thiere ſchnell ausgrub u. ſ. w. Es läßt ſich nicht leugnen, daß der Maulwurf durch Wegfangen der Regenwürmer, Maulwurfs- grillen, Engerlinge und anderer verderblicher Kerbthiere großen Nutzen ſtiftet, und er wird deshalb an allen Orten, wo man ſeine aufgeworfenen Haufen leicht wegſchaffen kann, immer eines der wohl- thätigſten Säugethiere bleiben. Allein ebenſo gewiß iſt es, daß er in gehegten Stellen und vor allem in Gärten nicht zu dulden iſt, weil hier der Schaden, den er durch ſein Aufwerfen oder durch das Durchwühlen der Erde, aus welcher theure Pflanzen ihre Nahrung ziehen, durch das Herauswerfen derſelben, kurz, durch ſeine ganze Wühlerei den geordneten Pflanzenſtaat weſentlich gefährden kann. Und deshalb iſt es wohl immerhin angerathen, ihn an allen Orten, wo man ihn nicht hegen mag, unbarmherzig wegzufangen. Auf Wieſen, in Laubwäldern, in vollen Feldfruchtſtücken iſt er ein Gaſt, welcher unbedingt geſchützt werden ſollte: an andern, oben bezeichneten Orten aber verſteht er unſäglichen Aerger zu bereiten, und deshalb wird er noch heutigen Tages faſt überall ziemlich rückſichtslos ver- folgt. Man kennt ſehr viele Mittel, um ihn zu vertreiben, thut aber jedenfalls am beſten, wenn man die Sorge einem alten, erfahrenen Maulwurfsfänger übergiebt, welcher die Kunſt, ihn auszurotten, weit beſſer verſteht, als Beſchreibungen ſie lehren können, und bekanntlich auf jedem Dorfe zu finden iſt. Nur ein einziges Mittel will ich angeben, weil daſſelbe noch ziemlich unbekannt und von großem Nutzen iſt. Wenn man einen Garten oder einen andern gehegten Platz mit aller Sicherheit vor dem Maulwurf ſchützen will, braucht man weiter Nichts zu thun, als ringsum eine Maſſe klar gehackter Dornen, Scherben oder andere ſpitze Dinge in die Erde einzugraben, etwa bis zu einer Tiefe von 1½ oder 2 Fuß. Eine ſolche Schutzmauer hält jeden Maulwurf ab; denn wenn er ſie wirklich durch- dringen will, verwundet er ſich an irgend einer Spitze im Geſicht und geht dann regelmäßig ſehr bald an dieſer Verwundung zu Grunde. Außer dem Menſchen hat der Maulwurf viele Verfolger. Der Jltis, das Wieſel, die Eulen, die Falken, der Buſſard, die Raben und der Storch lauern ihm beim Aufwerfen auf, und das kleine Wieſel verfolgt ihn ſogar in ſeinen Gängen, wo er, wie oben bemerkt, auch der Kreuzotter nicht ſelten zum Opfer fällt. Auch die Pintſcher machen ſich ein Vergnügen daraus, einem grabenden Maulwurf aufzulauern und ihn mit einem plötzlichen Wurf aus der Erde zu ſchleudern; dann tödten ſie ihn durch wenige Biſſe. Nur die Füchſe, Marder, Jgel und die genannten Vögel verzehren ihn, die anderen Feinde tödten ihn blos und laſſen ihn dann liegen. Bei uns zu Lande bringt der getödtete Maulwurf faſt gar keinen Nutzen. Sein Fell wird höchſtens zur Ausfütterung von Blaſerohren oder zu Geldbeuteln verwendet. Die Ruſſen verfertigen aus demſelben kleine Säckchen, mit denen ſie bis nach China Handel treiben. 44*

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 691. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/769>, abgerufen am 03.05.2024.