wohl ließ der verwundete Mann das Thier nicht fahren, sondern faßte es sicher am Halse und brachte es so nach Hause. Hier wurde es freundlich und mild behandelt und war nach weniger Zeit wirklich zahm, sei es nun in Folge des hohen Sturzes oder aus Dankbarkeit für die ihm angethane Freund- schaft. Der Besitzer beschloß jetzt, ihn als Mäusefänger zu verwenden und brachte ihn in den Pferde- stall. Hier war er nach kurzer Zeit nicht nur eingewohnt, sondern hatte sich sogar einen Freund zu erwerben gewußt und zwar -- eines der Pferde selbst. So oft man in den Stall trat, fand man ihn bei seinem großen Freunde, den er durch dumpfes Knurren gleichsam zu vertheidigen suchte. Bald saß er auf dem Rücken des Pferdes, bald auf dem Halse, bald rannte er auf ihm hin und her, bald spielte er mit dem Schwanze oder mit den Ohren seines Gastfreundes, und dieser schien höchst erfreut zu sein über die Zuneigung, welche der kleine Räuber zu ihm gefaßt hatte. Leider wurde dieser merk- würdige Freundschaftsbund grausam zerrissen. Der Mörder gerieth bei einem seiner nächtlichen Aus- flüge in eine Falle und wurde am andern Morgen todt in ihr gefunden.
Auch der Steinmarder ist ein höchst angenehmes Thier in der Gefangenschaft; er erfreut durch die außerordentliche Behendigkeit und die Anmuth seiner Bewegungen. Er ist eigentlich keinen Augen- blick in Ruhe, sondern rennt, klettert, springt, kurz, bewegt sich ohne Unterlaß in allen Richtungen. Die Gewandtheit des Thieres ist kaum zu beschreiben, und wenn er zuweilen sich recht übermüthig herumtummelt, kann man kaum unterscheiden, was Kopf oder Schwanz von ihm ist. Doch macht ihn der unangenehme Geruch, welchen namentlich das Männchen verbreitet, oft widerlich, und er wird auch durch seine Mordlust den anderen, schwachen Thieren sehr gefährlich.
An diese beiden deutschen Marder reiht sich der werthvollste aller an, der Zobel (Martes Zibellina). Er ist, obgleich dem Baummarder sehr ähnlich, eine gut unterschiedene, selbständige Art und vertritt gewissermaßen unsern Baum- oder Steinmarder in den östlichen Theilen Asiens, zumal Sibiriens. Die meiste Aehnlichkeit hat er mit dem Baummarder; ihm kommt er auch in der Größe etwa gleich. Sein Kopf ist aber etwas gestreckter; die Ohren sind größer, und der Schwanz ist verhältniß- mäßig kürzer. Vor allem unterscheidet ihn aber sein kostbares, glänzendes und seidenweiches Fell, welches schon seit alter Zeit unter allem Pelzwerk oben angestellt und mit wirklich unglaublichen Preisen bezahlt wird. Die Schönheit und der Werth desselben gelten um so höher, je einfarbiger er ist, und deshalb sind die Zobel vom Jenisey die besten. Sie sind auf dem Rücken schwärzlich, am Hals, und Seiten röthlichkastanienbraun, an den Wangen grau, an der Schnauze schwarz und grau gemischt, an den Ohren grauweißlich oder lichtbraunblaß gerändert, am untern Halse. röthlich oder schön rothgelb gefärbt, -- also ziemlich gleichfarbig, während die Pelze von anderen Zobeln mehr ins Dunkle oder Gelbe spielen. Sehr selten sind ganz rothgelbe oder weiße Zobel. Die Länge des Thieres beträgt sechszehn Zoll, die des Schwanzes ungefähr die Hälfte davon.
Gegenwärtig ist der Zobel nur noch auf einen sehr kleinen Theil des nördlichen Asiens beschränkt. Die außerordentlichen Verfolgungen, denen er ausgesetzt ist, haben ihn in die dunkelsten Gebirgs- wälder Nordostasiens zurückgedrängt, und da ihm der Mensch auch hier begierig, ja mit Aussetzung seines Lebens, nachfolgt, muß er immer weiter und weiter sich zurückziehen und wird immer seltener und seltener. "Jn Kamtschatka," sagt Steller, "hat es bei der Eroberung der Halbinsel soviel Zobel gegeben, daß es den Kamtschadalen nicht die geringste Schwierigkeit machte, Zobelfelle zur Bezahlung der Steuern zusammenzubringen; ja die Leute lachten die Kosacken aus, daß sie ihnen ein Messer für ein Zobelfell gaben. Einmal hatte ein Mann, ohne sich austrengen zu müssen, sechzig, achtzig und noch mehr Zobel in einem Winter zusammengebracht. Es gingen deshalb ganz erstaunliche Mengen von Zobeln aus dem Laude, und ein Kaufmann konnte durch Tauschhandel mit Eßwaren leicht das Funfzigfache gewinnen. Ein Beamter, der in Kamtschatka war, kam als reicher Mann, wenigstens als ein Besitzer von dreißigtausend Rubeln und mehr nach Jakutzk zurück." Diese Gold- zeit für die Zobelhändler gründete Fängergesellschaften auf Kamtschatka. Von da verminderten sich die Thiere dergestalt, daß zu Stellers Zeiten, also etwa vor hundert Jahren, nicht einmal der zehnte
Die Raubthiere. Marder. — Zobel.
wohl ließ der verwundete Mann das Thier nicht fahren, ſondern faßte es ſicher am Halſe und brachte es ſo nach Hauſe. Hier wurde es freundlich und mild behandelt und war nach weniger Zeit wirklich zahm, ſei es nun in Folge des hohen Sturzes oder aus Dankbarkeit für die ihm angethane Freund- ſchaft. Der Beſitzer beſchloß jetzt, ihn als Mäuſefänger zu verwenden und brachte ihn in den Pferde- ſtall. Hier war er nach kurzer Zeit nicht nur eingewohnt, ſondern hatte ſich ſogar einen Freund zu erwerben gewußt und zwar — eines der Pferde ſelbſt. So oft man in den Stall trat, fand man ihn bei ſeinem großen Freunde, den er durch dumpfes Knurren gleichſam zu vertheidigen ſuchte. Bald ſaß er auf dem Rücken des Pferdes, bald auf dem Halſe, bald rannte er auf ihm hin und her, bald ſpielte er mit dem Schwanze oder mit den Ohren ſeines Gaſtfreundes, und dieſer ſchien höchſt erfreut zu ſein über die Zuneigung, welche der kleine Räuber zu ihm gefaßt hatte. Leider wurde dieſer merk- würdige Freundſchaftsbund grauſam zerriſſen. Der Mörder gerieth bei einem ſeiner nächtlichen Aus- flüge in eine Falle und wurde am andern Morgen todt in ihr gefunden.
Auch der Steinmarder iſt ein höchſt angenehmes Thier in der Gefangenſchaft; er erfreut durch die außerordentliche Behendigkeit und die Anmuth ſeiner Bewegungen. Er iſt eigentlich keinen Augen- blick in Ruhe, ſondern rennt, klettert, ſpringt, kurz, bewegt ſich ohne Unterlaß in allen Richtungen. Die Gewandtheit des Thieres iſt kaum zu beſchreiben, und wenn er zuweilen ſich recht übermüthig herumtummelt, kann man kaum unterſcheiden, was Kopf oder Schwanz von ihm iſt. Doch macht ihn der unangenehme Geruch, welchen namentlich das Männchen verbreitet, oft widerlich, und er wird auch durch ſeine Mordluſt den anderen, ſchwachen Thieren ſehr gefährlich.
An dieſe beiden deutſchen Marder reiht ſich der werthvollſte aller an, der Zobel (Martes Zibellina). Er iſt, obgleich dem Baummarder ſehr ähnlich, eine gut unterſchiedene, ſelbſtändige Art und vertritt gewiſſermaßen unſern Baum- oder Steinmarder in den öſtlichen Theilen Aſiens, zumal Sibiriens. Die meiſte Aehnlichkeit hat er mit dem Baummarder; ihm kommt er auch in der Größe etwa gleich. Sein Kopf iſt aber etwas geſtreckter; die Ohren ſind größer, und der Schwanz iſt verhältniß- mäßig kürzer. Vor allem unterſcheidet ihn aber ſein koſtbares, glänzendes und ſeidenweiches Fell, welches ſchon ſeit alter Zeit unter allem Pelzwerk oben angeſtellt und mit wirklich unglaublichen Preiſen bezahlt wird. Die Schönheit und der Werth deſſelben gelten um ſo höher, je einfarbiger er iſt, und deshalb ſind die Zobel vom Jeniſey die beſten. Sie ſind auf dem Rücken ſchwärzlich, am Hals, und Seiten röthlichkaſtanienbraun, an den Wangen grau, an der Schnauze ſchwarz und grau gemiſcht, an den Ohren grauweißlich oder lichtbraunblaß gerändert, am untern Halſe. röthlich oder ſchön rothgelb gefärbt, — alſo ziemlich gleichfarbig, während die Pelze von anderen Zobeln mehr ins Dunkle oder Gelbe ſpielen. Sehr ſelten ſind ganz rothgelbe oder weiße Zobel. Die Länge des Thieres beträgt ſechszehn Zoll, die des Schwanzes ungefähr die Hälfte davon.
Gegenwärtig iſt der Zobel nur noch auf einen ſehr kleinen Theil des nördlichen Aſiens beſchränkt. Die außerordentlichen Verfolgungen, denen er ausgeſetzt iſt, haben ihn in die dunkelſten Gebirgs- wälder Nordoſtaſiens zurückgedrängt, und da ihm der Menſch auch hier begierig, ja mit Ausſetzung ſeines Lebens, nachfolgt, muß er immer weiter und weiter ſich zurückziehen und wird immer ſeltener und ſeltener. „Jn Kamtſchatka,‟ ſagt Steller, „hat es bei der Eroberung der Halbinſel ſoviel Zobel gegeben, daß es den Kamtſchadalen nicht die geringſte Schwierigkeit machte, Zobelfelle zur Bezahlung der Steuern zuſammenzubringen; ja die Leute lachten die Koſacken aus, daß ſie ihnen ein Meſſer für ein Zobelfell gaben. Einmal hatte ein Mann, ohne ſich auſtrengen zu müſſen, ſechzig, achtzig und noch mehr Zobel in einem Winter zuſammengebracht. Es gingen deshalb ganz erſtaunliche Mengen von Zobeln aus dem Laude, und ein Kaufmann konnte durch Tauſchhandel mit Eßwaren leicht das Funfzigfache gewinnen. Ein Beamter, der in Kamtſchatka war, kam als reicher Mann, wenigſtens als ein Beſitzer von dreißigtauſend Rubeln und mehr nach Jakutzk zurück.‟ Dieſe Gold- zeit für die Zobelhändler gründete Fängergeſellſchaften auf Kamtſchatka. Von da verminderten ſich die Thiere dergeſtalt, daß zu Stellers Zeiten, alſo etwa vor hundert Jahren, nicht einmal der zehnte
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[532/0606]
Die Raubthiere. Marder. — Zobel.
wohl ließ der verwundete Mann das Thier nicht fahren, ſondern faßte es ſicher am Halſe und brachte
es ſo nach Hauſe. Hier wurde es freundlich und mild behandelt und war nach weniger Zeit wirklich
zahm, ſei es nun in Folge des hohen Sturzes oder aus Dankbarkeit für die ihm angethane Freund-
ſchaft. Der Beſitzer beſchloß jetzt, ihn als Mäuſefänger zu verwenden und brachte ihn in den Pferde-
ſtall. Hier war er nach kurzer Zeit nicht nur eingewohnt, ſondern hatte ſich ſogar einen Freund zu
erwerben gewußt und zwar — eines der Pferde ſelbſt. So oft man in den Stall trat, fand man ihn
bei ſeinem großen Freunde, den er durch dumpfes Knurren gleichſam zu vertheidigen ſuchte. Bald ſaß
er auf dem Rücken des Pferdes, bald auf dem Halſe, bald rannte er auf ihm hin und her, bald ſpielte
er mit dem Schwanze oder mit den Ohren ſeines Gaſtfreundes, und dieſer ſchien höchſt erfreut zu
ſein über die Zuneigung, welche der kleine Räuber zu ihm gefaßt hatte. Leider wurde dieſer merk-
würdige Freundſchaftsbund grauſam zerriſſen. Der Mörder gerieth bei einem ſeiner nächtlichen Aus-
flüge in eine Falle und wurde am andern Morgen todt in ihr gefunden.
Auch der Steinmarder iſt ein höchſt angenehmes Thier in der Gefangenſchaft; er erfreut durch
die außerordentliche Behendigkeit und die Anmuth ſeiner Bewegungen. Er iſt eigentlich keinen Augen-
blick in Ruhe, ſondern rennt, klettert, ſpringt, kurz, bewegt ſich ohne Unterlaß in allen Richtungen.
Die Gewandtheit des Thieres iſt kaum zu beſchreiben, und wenn er zuweilen ſich recht übermüthig
herumtummelt, kann man kaum unterſcheiden, was Kopf oder Schwanz von ihm iſt. Doch macht ihn
der unangenehme Geruch, welchen namentlich das Männchen verbreitet, oft widerlich, und er wird auch
durch ſeine Mordluſt den anderen, ſchwachen Thieren ſehr gefährlich.
An dieſe beiden deutſchen Marder reiht ſich der werthvollſte aller an, der Zobel (Martes Zibellina).
Er iſt, obgleich dem Baummarder ſehr ähnlich, eine gut unterſchiedene, ſelbſtändige Art und vertritt
gewiſſermaßen unſern Baum- oder Steinmarder in den öſtlichen Theilen Aſiens, zumal Sibiriens.
Die meiſte Aehnlichkeit hat er mit dem Baummarder; ihm kommt er auch in der Größe etwa
gleich. Sein Kopf iſt aber etwas geſtreckter; die Ohren ſind größer, und der Schwanz iſt verhältniß-
mäßig kürzer. Vor allem unterſcheidet ihn aber ſein koſtbares, glänzendes und ſeidenweiches Fell,
welches ſchon ſeit alter Zeit unter allem Pelzwerk oben angeſtellt und mit wirklich unglaublichen
Preiſen bezahlt wird. Die Schönheit und der Werth deſſelben gelten um ſo höher, je einfarbiger
er iſt, und deshalb ſind die Zobel vom Jeniſey die beſten. Sie ſind auf dem Rücken ſchwärzlich, am
Hals, und Seiten röthlichkaſtanienbraun, an den Wangen grau, an der Schnauze ſchwarz und grau
gemiſcht, an den Ohren grauweißlich oder lichtbraunblaß gerändert, am untern Halſe. röthlich oder
ſchön rothgelb gefärbt, — alſo ziemlich gleichfarbig, während die Pelze von anderen Zobeln mehr
ins Dunkle oder Gelbe ſpielen. Sehr ſelten ſind ganz rothgelbe oder weiße Zobel. Die Länge des
Thieres beträgt ſechszehn Zoll, die des Schwanzes ungefähr die Hälfte davon.
Gegenwärtig iſt der Zobel nur noch auf einen ſehr kleinen Theil des nördlichen Aſiens beſchränkt.
Die außerordentlichen Verfolgungen, denen er ausgeſetzt iſt, haben ihn in die dunkelſten Gebirgs-
wälder Nordoſtaſiens zurückgedrängt, und da ihm der Menſch auch hier begierig, ja mit Ausſetzung
ſeines Lebens, nachfolgt, muß er immer weiter und weiter ſich zurückziehen und wird immer ſeltener
und ſeltener. „Jn Kamtſchatka,‟ ſagt Steller, „hat es bei der Eroberung der Halbinſel ſoviel
Zobel gegeben, daß es den Kamtſchadalen nicht die geringſte Schwierigkeit machte, Zobelfelle zur
Bezahlung der Steuern zuſammenzubringen; ja die Leute lachten die Koſacken aus, daß ſie ihnen ein
Meſſer für ein Zobelfell gaben. Einmal hatte ein Mann, ohne ſich auſtrengen zu müſſen, ſechzig,
achtzig und noch mehr Zobel in einem Winter zuſammengebracht. Es gingen deshalb ganz erſtaunliche
Mengen von Zobeln aus dem Laude, und ein Kaufmann konnte durch Tauſchhandel mit Eßwaren
leicht das Funfzigfache gewinnen. Ein Beamter, der in Kamtſchatka war, kam als reicher Mann,
wenigſtens als ein Beſitzer von dreißigtauſend Rubeln und mehr nach Jakutzk zurück.‟ Dieſe Gold-
zeit für die Zobelhändler gründete Fängergeſellſchaften auf Kamtſchatka. Von da verminderten ſich
die Thiere dergeſtalt, daß zu Stellers Zeiten, alſo etwa vor hundert Jahren, nicht einmal der zehnte
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 532. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/606>, abgerufen am 01.07.2024.
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