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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Lenz's Gefangener. Kampf zwischen Edelmarder und Jltis. Verfolgung.
Jch warf sie ihm plötzlich in seine Kiste, aber in demselben Augenblicke hatte er sie schon wüthend am
Halse gepackt, daß ich wohl sah, er würde den Kampf gegen das lebende Thier nicht gescheut haben.
Er ließ auch nicht eher los, als bis er sich vollkommen von ihrem Tode überzeugt hatte. Zu dieser
Zeit war er schon erwachsen."

"Solange er noch jung war, spielte er gern mit Menschen, wenn man das Spiel selbst begann;
-- später ist zu solchen Spielen nicht zu rathen: denn er gewöhnt sich, wenn er groß ist, in Alles,
selbst wenn er es nicht böse meint, so fest einzubeißen, daß er mir durch dicke Handschuhe mit den
Eckzähnen bis ins Fleisch gebissen hat, übrigens in aller Freundschaft."

"Eigentliche Liebe zu seinem Erzieher spricht sich nicht in seinen Mienen und Geberden aus, ob-
gleich er sehr Wohlbekannten, wenn er gut behandelt wird, nie Etwas zu Leide thut. Aus seinen
schwarzen Augen blickt nur Begierde und Mordlust. Wenn er recht behaglich in seinem Neste liegt,
läßt er oft ein anhaltendes, trommelndes Murren hören. Das Knäffen des Jltis habe ich nie von
ihm gehört. Wenn er böse ist, knurrt er heftig."

"Jch will hier noch auf einen Jrrthum aufmerksam machen, der ziemlich allgemein ist. Man
glaubt nämlich, daß die Wieselarten, wenn sie ein Thier tödten, allemal die starken Pulsadern des
Halses mit den Eckzähnen treffen und durchschneiden. Das ist nicht richtig. Sie packen allerdings
größere Thiere beim Halse und erwürgen sie so, jedoch ohne gerade die Adern zu treffen; daher ver-
mögen sie auch nicht, ihnen das Blut auszusaugen, sondern begnügen sich damit, das zufällig her-
vorfließende abzulecken. Dann fressen sie das Thier an und beginnen gewöhnlich mit dem Halse; bei
etwas größeren Thieren, wie bei großen Ratten, Hühnern u. s. w., wird beim Tödten nicht einmal die
Halshaut, welche zähe ist und nachgiebt, durchschnitten, sondern erst später." --

Sehr unfreundlich benahmen sich unsere Edelmarder gegen einen Jltis, welchen ich zu ihnen
bringen ließ, weil ich sehen wollte, ob sich zwei so nah verwandte Thiere vertragen würden oder nicht.
Dem Jltis schienen die veränderten Umstände, in welche er gekommen war, sichtlich zu mißfallen;
er suchte ängstlich nach einem Auswege. Aber auch die Edelmarder nahmen den Besuch nicht günstig
auf. Sie stiegen sofort zur höchsten Spitze ihres Kletterbaumes empor und betrachteten den Fremdling
funkelnden Auges. Die Neugier oder die Mordlust siegten jedoch bald über ihre Furcht: sie näherten
sich dem Jltis, berochen ihn, gaben ihm einen Tatzenschlag, zogen sich blitzschnell zurück, näherten sich
von neuem, schlugen nochmals, schnüffelten hinter ihm her und fuhren plötzlich, beide zugleich, mit
geöffnetem Gebiß nach dem Nacken des Feindes. Da nur Einer sich festbeißen konnte, ließ der
Zweite ab und beobachtete aufmerksam den Kampf, welcher sich zwischen seinem Genossen und dem
gemeinsamen Gegner entsponnen hatte. Beide Streiter waren nach wenig Augenblicken in einander
verbissen und zu einem Knäul geballt, welcher sich mit überraschender Schnelligkeit dahinkugelte und
wälzte. Nach einigen Minuten eifrigen Ringens schien der Sieg sich auf die Seite des Edelmarders
zu neigen. Der Jltis war festgepackt worden und wurde festgehalten. Diesen Augenblick benutzte der
zweite Edelmarder, um sich im Hintertheile des Jltis einzubeißen. Jetzt schien dessen Tod gewiß zu
sein: -- da mit einem Male ließen beide Edelmarder gleichzeitig los, schnüffelten in der Luft und
taumelten dann wie betrunken hinter dem ein Versteck suchenden Jltis einher. Ein durchdringender
Gestank, welcher sich verbreitete, belehrte uns, daß der Ratz seine letzte Waffe gebraucht hatte. Jn
welcher Weise der Gestank gewirkt hatte, ob besänftigend oder abschreckend, blieb unentschieden:
die Edelmarder folgten wohl, eifrig schnüffelnd, den Spuren des Stänkers, griffen ihn aber
nicht wieder an.

Man verfolgt den Edelmarder überall noch auf das nachdrücklichste, ebensowohl, um seinem
Würgen unter den nützlichen Thieren zu steuern, als auch, um sich seines werthvollen Felles zu be-
mächtigen. Am leichtesten erlegt man ihn beim frischen Schnee, weil dann nicht blos seine Fährte auf
dem Boden, sondern auch die Spur auf den beschneiten Aesten verfolgt werden kann. Zufällig be-
merkt man ihn wohl auch ab und zu einmal im Walde liegen, gewöhnlich der Länge nach ausgestreckt
auf einem Baumaste. Von dort aus kann man ihn leicht herabschießen und, wenn man gefehlt hat,

Brehm, Thierleben. 34

Lenz’s Gefangener. Kampf zwiſchen Edelmarder und Jltis. Verfolgung.
Jch warf ſie ihm plötzlich in ſeine Kiſte, aber in demſelben Augenblicke hatte er ſie ſchon wüthend am
Halſe gepackt, daß ich wohl ſah, er würde den Kampf gegen das lebende Thier nicht geſcheut haben.
Er ließ auch nicht eher los, als bis er ſich vollkommen von ihrem Tode überzeugt hatte. Zu dieſer
Zeit war er ſchon erwachſen.‟

„Solange er noch jung war, ſpielte er gern mit Menſchen, wenn man das Spiel ſelbſt begann;
— ſpäter iſt zu ſolchen Spielen nicht zu rathen: denn er gewöhnt ſich, wenn er groß iſt, in Alles,
ſelbſt wenn er es nicht böſe meint, ſo feſt einzubeißen, daß er mir durch dicke Handſchuhe mit den
Eckzähnen bis ins Fleiſch gebiſſen hat, übrigens in aller Freundſchaft.‟

„Eigentliche Liebe zu ſeinem Erzieher ſpricht ſich nicht in ſeinen Mienen und Geberden aus, ob-
gleich er ſehr Wohlbekannten, wenn er gut behandelt wird, nie Etwas zu Leide thut. Aus ſeinen
ſchwarzen Augen blickt nur Begierde und Mordluſt. Wenn er recht behaglich in ſeinem Neſte liegt,
läßt er oft ein anhaltendes, trommelndes Murren hören. Das Knäffen des Jltis habe ich nie von
ihm gehört. Wenn er böſe iſt, knurrt er heftig.‟

„Jch will hier noch auf einen Jrrthum aufmerkſam machen, der ziemlich allgemein iſt. Man
glaubt nämlich, daß die Wieſelarten, wenn ſie ein Thier tödten, allemal die ſtarken Pulsadern des
Halſes mit den Eckzähnen treffen und durchſchneiden. Das iſt nicht richtig. Sie packen allerdings
größere Thiere beim Halſe und erwürgen ſie ſo, jedoch ohne gerade die Adern zu treffen; daher ver-
mögen ſie auch nicht, ihnen das Blut auszuſaugen, ſondern begnügen ſich damit, das zufällig her-
vorfließende abzulecken. Dann freſſen ſie das Thier an und beginnen gewöhnlich mit dem Halſe; bei
etwas größeren Thieren, wie bei großen Ratten, Hühnern u. ſ. w., wird beim Tödten nicht einmal die
Halshaut, welche zähe iſt und nachgiebt, durchſchnitten, ſondern erſt ſpäter.‟ —

Sehr unfreundlich benahmen ſich unſere Edelmarder gegen einen Jltis, welchen ich zu ihnen
bringen ließ, weil ich ſehen wollte, ob ſich zwei ſo nah verwandte Thiere vertragen würden oder nicht.
Dem Jltis ſchienen die veränderten Umſtände, in welche er gekommen war, ſichtlich zu mißfallen;
er ſuchte ängſtlich nach einem Auswege. Aber auch die Edelmarder nahmen den Beſuch nicht günſtig
auf. Sie ſtiegen ſofort zur höchſten Spitze ihres Kletterbaumes empor und betrachteten den Fremdling
funkelnden Auges. Die Neugier oder die Mordluſt ſiegten jedoch bald über ihre Furcht: ſie näherten
ſich dem Jltis, berochen ihn, gaben ihm einen Tatzenſchlag, zogen ſich blitzſchnell zurück, näherten ſich
von neuem, ſchlugen nochmals, ſchnüffelten hinter ihm her und fuhren plötzlich, beide zugleich, mit
geöffnetem Gebiß nach dem Nacken des Feindes. Da nur Einer ſich feſtbeißen konnte, ließ der
Zweite ab und beobachtete aufmerkſam den Kampf, welcher ſich zwiſchen ſeinem Genoſſen und dem
gemeinſamen Gegner entſponnen hatte. Beide Streiter waren nach wenig Augenblicken in einander
verbiſſen und zu einem Knäul geballt, welcher ſich mit überraſchender Schnelligkeit dahinkugelte und
wälzte. Nach einigen Minuten eifrigen Ringens ſchien der Sieg ſich auf die Seite des Edelmarders
zu neigen. Der Jltis war feſtgepackt worden und wurde feſtgehalten. Dieſen Augenblick benutzte der
zweite Edelmarder, um ſich im Hintertheile des Jltis einzubeißen. Jetzt ſchien deſſen Tod gewiß zu
ſein: — da mit einem Male ließen beide Edelmarder gleichzeitig los, ſchnüffelten in der Luft und
taumelten dann wie betrunken hinter dem ein Verſteck ſuchenden Jltis einher. Ein durchdringender
Geſtank, welcher ſich verbreitete, belehrte uns, daß der Ratz ſeine letzte Waffe gebraucht hatte. Jn
welcher Weiſe der Geſtank gewirkt hatte, ob beſänftigend oder abſchreckend, blieb unentſchieden:
die Edelmarder folgten wohl, eifrig ſchnüffelnd, den Spuren des Stänkers, griffen ihn aber
nicht wieder an.

Man verfolgt den Edelmarder überall noch auf das nachdrücklichſte, ebenſowohl, um ſeinem
Würgen unter den nützlichen Thieren zu ſteuern, als auch, um ſich ſeines werthvollen Felles zu be-
mächtigen. Am leichteſten erlegt man ihn beim friſchen Schnee, weil dann nicht blos ſeine Fährte auf
dem Boden, ſondern auch die Spur auf den beſchneiten Aeſten verfolgt werden kann. Zufällig be-
merkt man ihn wohl auch ab und zu einmal im Walde liegen, gewöhnlich der Länge nach ausgeſtreckt
auf einem Baumaſte. Von dort aus kann man ihn leicht herabſchießen und, wenn man gefehlt hat,

Brehm, Thierleben. 34
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[529/0603] Lenz’s Gefangener. Kampf zwiſchen Edelmarder und Jltis. Verfolgung. Jch warf ſie ihm plötzlich in ſeine Kiſte, aber in demſelben Augenblicke hatte er ſie ſchon wüthend am Halſe gepackt, daß ich wohl ſah, er würde den Kampf gegen das lebende Thier nicht geſcheut haben. Er ließ auch nicht eher los, als bis er ſich vollkommen von ihrem Tode überzeugt hatte. Zu dieſer Zeit war er ſchon erwachſen.‟ „Solange er noch jung war, ſpielte er gern mit Menſchen, wenn man das Spiel ſelbſt begann; — ſpäter iſt zu ſolchen Spielen nicht zu rathen: denn er gewöhnt ſich, wenn er groß iſt, in Alles, ſelbſt wenn er es nicht böſe meint, ſo feſt einzubeißen, daß er mir durch dicke Handſchuhe mit den Eckzähnen bis ins Fleiſch gebiſſen hat, übrigens in aller Freundſchaft.‟ „Eigentliche Liebe zu ſeinem Erzieher ſpricht ſich nicht in ſeinen Mienen und Geberden aus, ob- gleich er ſehr Wohlbekannten, wenn er gut behandelt wird, nie Etwas zu Leide thut. Aus ſeinen ſchwarzen Augen blickt nur Begierde und Mordluſt. Wenn er recht behaglich in ſeinem Neſte liegt, läßt er oft ein anhaltendes, trommelndes Murren hören. Das Knäffen des Jltis habe ich nie von ihm gehört. Wenn er böſe iſt, knurrt er heftig.‟ „Jch will hier noch auf einen Jrrthum aufmerkſam machen, der ziemlich allgemein iſt. Man glaubt nämlich, daß die Wieſelarten, wenn ſie ein Thier tödten, allemal die ſtarken Pulsadern des Halſes mit den Eckzähnen treffen und durchſchneiden. Das iſt nicht richtig. Sie packen allerdings größere Thiere beim Halſe und erwürgen ſie ſo, jedoch ohne gerade die Adern zu treffen; daher ver- mögen ſie auch nicht, ihnen das Blut auszuſaugen, ſondern begnügen ſich damit, das zufällig her- vorfließende abzulecken. Dann freſſen ſie das Thier an und beginnen gewöhnlich mit dem Halſe; bei etwas größeren Thieren, wie bei großen Ratten, Hühnern u. ſ. w., wird beim Tödten nicht einmal die Halshaut, welche zähe iſt und nachgiebt, durchſchnitten, ſondern erſt ſpäter.‟ — Sehr unfreundlich benahmen ſich unſere Edelmarder gegen einen Jltis, welchen ich zu ihnen bringen ließ, weil ich ſehen wollte, ob ſich zwei ſo nah verwandte Thiere vertragen würden oder nicht. Dem Jltis ſchienen die veränderten Umſtände, in welche er gekommen war, ſichtlich zu mißfallen; er ſuchte ängſtlich nach einem Auswege. Aber auch die Edelmarder nahmen den Beſuch nicht günſtig auf. Sie ſtiegen ſofort zur höchſten Spitze ihres Kletterbaumes empor und betrachteten den Fremdling funkelnden Auges. Die Neugier oder die Mordluſt ſiegten jedoch bald über ihre Furcht: ſie näherten ſich dem Jltis, berochen ihn, gaben ihm einen Tatzenſchlag, zogen ſich blitzſchnell zurück, näherten ſich von neuem, ſchlugen nochmals, ſchnüffelten hinter ihm her und fuhren plötzlich, beide zugleich, mit geöffnetem Gebiß nach dem Nacken des Feindes. Da nur Einer ſich feſtbeißen konnte, ließ der Zweite ab und beobachtete aufmerkſam den Kampf, welcher ſich zwiſchen ſeinem Genoſſen und dem gemeinſamen Gegner entſponnen hatte. Beide Streiter waren nach wenig Augenblicken in einander verbiſſen und zu einem Knäul geballt, welcher ſich mit überraſchender Schnelligkeit dahinkugelte und wälzte. Nach einigen Minuten eifrigen Ringens ſchien der Sieg ſich auf die Seite des Edelmarders zu neigen. Der Jltis war feſtgepackt worden und wurde feſtgehalten. Dieſen Augenblick benutzte der zweite Edelmarder, um ſich im Hintertheile des Jltis einzubeißen. Jetzt ſchien deſſen Tod gewiß zu ſein: — da mit einem Male ließen beide Edelmarder gleichzeitig los, ſchnüffelten in der Luft und taumelten dann wie betrunken hinter dem ein Verſteck ſuchenden Jltis einher. Ein durchdringender Geſtank, welcher ſich verbreitete, belehrte uns, daß der Ratz ſeine letzte Waffe gebraucht hatte. Jn welcher Weiſe der Geſtank gewirkt hatte, ob beſänftigend oder abſchreckend, blieb unentſchieden: die Edelmarder folgten wohl, eifrig ſchnüffelnd, den Spuren des Stänkers, griffen ihn aber nicht wieder an. Man verfolgt den Edelmarder überall noch auf das nachdrücklichſte, ebenſowohl, um ſeinem Würgen unter den nützlichen Thieren zu ſteuern, als auch, um ſich ſeines werthvollen Felles zu be- mächtigen. Am leichteſten erlegt man ihn beim friſchen Schnee, weil dann nicht blos ſeine Fährte auf dem Boden, ſondern auch die Spur auf den beſchneiten Aeſten verfolgt werden kann. Zufällig be- merkt man ihn wohl auch ab und zu einmal im Walde liegen, gewöhnlich der Länge nach ausgeſtreckt auf einem Baumaſte. Von dort aus kann man ihn leicht herabſchießen und, wenn man gefehlt hat, Brehm, Thierleben. 34

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 529. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/603>, abgerufen am 21.05.2024.