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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Marder. -- Stinkdachs. Balisaur. -- Stinkthiere.
europäisches Korn, Kartoffeln, Tabak u. s. w., und diese Pflanzen dienen ihm denn auch zur haupt-
sächlichsten Nahrung. Seinen Bau legt er in geringer Tiefe unter der Oberfläche der Erde an, aber
mit großer Vorsicht und mit viel Geschick. Wenn er einen Ort gefunden hat, welcher durch die langen
und starken Wurzeln der Bäume besonders geschützt ist, scharrt er sich hier zwischen den Wurzeln eine
Höhle aus und baut sich unter dem Baum einen Kessel von Kugelgestalt, welcher mehrere Fuß im
Durchmesser hat und vollkommen glatt und regelmäßig ausgearbeitet wird. Von hier aus führen
Röhren von etwa sechs Fuß Länge nach der Oberfläche und zwar nach verschiedenen Seiten hin; die
Ausmündungen dieser Röhren verbirgt er gewöhnlich mit Zweigen oder trockenem Laube. Während
des Tages verweilt er, wie ein Dachs, versteckt in seinem Bau; nach Einbruch der Nacht aber beginnt
er Jagd auf Larven aller Art und auf Würmer, zumal Regenwürmer, welche in der fruchtbaren
Dammerde in außerordentlicher Menge vorkommen. Die Regenwürmer wühlt er sich, wie ein
Schwein, aus der Erde und richtet deshalb häufig großen Schaden in den Feldern an.

Alle Bewegungen des Stinkdachses sind langsam, und er wird deshalb öfters von den Ein-
geborenen gefangen, welche sich keineswegs vor ihm fürchten, sondern sogar sein Fleisch essen.

Horsfield beauftragte während seines Aufenthalts in den Gebirgen von Prahu die Leute, ihm
behufs seiner Untersuchungen Stinkdachse zu verschaffen, und die Eingeborenen brachten ihm dieselben
in solcher Menge, daß er bald keinen einzigen mehr annehmen konnte. "Jch wurde versichert," sagt
dieser Forscher, "daß das Fleisch des Teladu sehr wohlschmeckend wäre; man müsse das Thier nur
rasch tödten und sobald als möglich die Stinkdrüsen entfernen, welche dann ihren höllischen Geruch
dem übrigen Körper noch nicht mittheilen konnten. Mein indischer Jäger erzählte mir auch, daß der
Stinkdachs seinen Stinksaft höchstens auf zwei Fuß Entfernung spritzen könne. Die Flüssigkeit selbst
ist klebrig; ihre Wirkung beruht auf ihrer leichten Verflüchtigungsfähigkeit, welche unter Umständen
die ganze Nachbarschaft eines Dorfes verpesten kann und in der nächsten Nähe so heftig ist, daß
einzelne Leute geradezu in Ohnmacht fallen, wenn sie dem Geruch nicht ausweichen können. Die ver-
schiedenen Stinkthiere in Amerika unterscheiden sich von unserm Teladu blos durch die Fähigkeit, ihren
Saft weiter zu spritzen."

"Der Stinkdachs ist sanft und mild in seinem Wesen und kann, wenn man ihn jung einfängt,
sehr leicht gezähmt werden. Einer, welchen ich gefangen hatte und lange Zeit bei mir hielt, bot mir
Gelegenheit, sein Wesen zu beobachten. Er wurde sehr bald liebenswürdig, erkannte seine Lage und
seinen Wärter und kam niemals in so großen Zorn, daß er seinen Pestdunst losgelassen hätte. Jch
brachte ihn mit mir von den Gebirgen Prahu's nach Blederan, einer Ortschaft am Fuße dieses Ge-
birges, wo die Wärme bereits viel größer ist, als in der Höhe. Um eine Zeichnung von ihm an-
zufertigen, wurde er an einen kleinen Pfahl gebunden. Er bewegte sich sehr rasch und wühlte den
Grund mit seiner Schnauze und seinen Nägeln auf, als wolle er Futter suchen, ohne den Neben-
stehenden die geringste Beachtung zu schenken oder heftige Kraftanstrengungen zu seiner Befreiung zu
machen. Einen Regenwurm, welcher ihm gebracht wurde, verspeiste er gierig, das eine Ende desselben
mit dem Fuße haltend, während er das andere hinterfraß. Nachdem er ungefähr zehn bis zwöl
Würmer gefressen hatte, wurde er ruhig und machte sich jetzt eine kleine Grube in die Erde, in welcher
er seine Schnauze versteckte. Dann streckte er sich bedachtsam aus und war wenige Augenblicke später
in Schlaf versunken."

Einen eigentlichen Schaden verursacht der Stinkdachs nur dann, wenn er bei seinen Wühlereien
in den Pflanzungen die Wurzeln der Bäume bloslegt oder kleine Pflanzen aushebt. Unangenehm
wird er durch seinen Gestank blos Dem, welcher ihn unnöthig reizt und dadurch zur Entleerung seiner
fürchterlichen Drüsen bestimmt.

Die zweite Art des Stinkdachses ist der Balisaur (Midaus collaris.) Er bewohnt die Gebirge
von Butan und Hindostan und unterscheidet sich von seinen indischen Verwandten hauptsächlich durch
den langen, spärlich behaarten Schwanz. Der fast nackte Bauch, das kurze Kopfhaar, der rauhe, dicke

Die Raubthiere. Marder. — Stinkdachs. Baliſaur. — Stinkthiere.
europäiſches Korn, Kartoffeln, Tabak u. ſ. w., und dieſe Pflanzen dienen ihm denn auch zur haupt-
ſächlichſten Nahrung. Seinen Bau legt er in geringer Tiefe unter der Oberfläche der Erde an, aber
mit großer Vorſicht und mit viel Geſchick. Wenn er einen Ort gefunden hat, welcher durch die langen
und ſtarken Wurzeln der Bäume beſonders geſchützt iſt, ſcharrt er ſich hier zwiſchen den Wurzeln eine
Höhle aus und baut ſich unter dem Baum einen Keſſel von Kugelgeſtalt, welcher mehrere Fuß im
Durchmeſſer hat und vollkommen glatt und regelmäßig ausgearbeitet wird. Von hier aus führen
Röhren von etwa ſechs Fuß Länge nach der Oberfläche und zwar nach verſchiedenen Seiten hin; die
Ausmündungen dieſer Röhren verbirgt er gewöhnlich mit Zweigen oder trockenem Laube. Während
des Tages verweilt er, wie ein Dachs, verſteckt in ſeinem Bau; nach Einbruch der Nacht aber beginnt
er Jagd auf Larven aller Art und auf Würmer, zumal Regenwürmer, welche in der fruchtbaren
Dammerde in außerordentlicher Menge vorkommen. Die Regenwürmer wühlt er ſich, wie ein
Schwein, aus der Erde und richtet deshalb häufig großen Schaden in den Feldern an.

Alle Bewegungen des Stinkdachſes ſind langſam, und er wird deshalb öfters von den Ein-
geborenen gefangen, welche ſich keineswegs vor ihm fürchten, ſondern ſogar ſein Fleiſch eſſen.

Horsfield beauftragte während ſeines Aufenthalts in den Gebirgen von Prahu die Leute, ihm
behufs ſeiner Unterſuchungen Stinkdachſe zu verſchaffen, und die Eingeborenen brachten ihm dieſelben
in ſolcher Menge, daß er bald keinen einzigen mehr annehmen konnte. „Jch wurde verſichert,‟ ſagt
dieſer Forſcher, „daß das Fleiſch des Teladu ſehr wohlſchmeckend wäre; man müſſe das Thier nur
raſch tödten und ſobald als möglich die Stinkdrüſen entfernen, welche dann ihren hölliſchen Geruch
dem übrigen Körper noch nicht mittheilen konnten. Mein indiſcher Jäger erzählte mir auch, daß der
Stinkdachs ſeinen Stinkſaft höchſtens auf zwei Fuß Entfernung ſpritzen könne. Die Flüſſigkeit ſelbſt
iſt klebrig; ihre Wirkung beruht auf ihrer leichten Verflüchtigungsfähigkeit, welche unter Umſtänden
die ganze Nachbarſchaft eines Dorfes verpeſten kann und in der nächſten Nähe ſo heftig iſt, daß
einzelne Leute geradezu in Ohnmacht fallen, wenn ſie dem Geruch nicht ausweichen können. Die ver-
ſchiedenen Stinkthiere in Amerika unterſcheiden ſich von unſerm Teladu blos durch die Fähigkeit, ihren
Saft weiter zu ſpritzen.‟

„Der Stinkdachs iſt ſanft und mild in ſeinem Weſen und kann, wenn man ihn jung einfängt,
ſehr leicht gezähmt werden. Einer, welchen ich gefangen hatte und lange Zeit bei mir hielt, bot mir
Gelegenheit, ſein Weſen zu beobachten. Er wurde ſehr bald liebenswürdig, erkannte ſeine Lage und
ſeinen Wärter und kam niemals in ſo großen Zorn, daß er ſeinen Peſtdunſt losgelaſſen hätte. Jch
brachte ihn mit mir von den Gebirgen Prahu’s nach Blederan, einer Ortſchaft am Fuße dieſes Ge-
birges, wo die Wärme bereits viel größer iſt, als in der Höhe. Um eine Zeichnung von ihm an-
zufertigen, wurde er an einen kleinen Pfahl gebunden. Er bewegte ſich ſehr raſch und wühlte den
Grund mit ſeiner Schnauze und ſeinen Nägeln auf, als wolle er Futter ſuchen, ohne den Neben-
ſtehenden die geringſte Beachtung zu ſchenken oder heftige Kraftanſtrengungen zu ſeiner Befreiung zu
machen. Einen Regenwurm, welcher ihm gebracht wurde, verſpeiſte er gierig, das eine Ende deſſelben
mit dem Fuße haltend, während er das andere hinterfraß. Nachdem er ungefähr zehn bis zwöl
Würmer gefreſſen hatte, wurde er ruhig und machte ſich jetzt eine kleine Grube in die Erde, in welcher
er ſeine Schnauze verſteckte. Dann ſtreckte er ſich bedachtſam aus und war wenige Augenblicke ſpäter
in Schlaf verſunken.‟

Einen eigentlichen Schaden verurſacht der Stinkdachs nur dann, wenn er bei ſeinen Wühlereien
in den Pflanzungen die Wurzeln der Bäume bloslegt oder kleine Pflanzen aushebt. Unangenehm
wird er durch ſeinen Geſtank blos Dem, welcher ihn unnöthig reizt und dadurch zur Entleerung ſeiner
fürchterlichen Drüſen beſtimmt.

Die zweite Art des Stinkdachſes iſt der Baliſaur (Midaus collaris.) Er bewohnt die Gebirge
von Butan und Hindoſtan und unterſcheidet ſich von ſeinen indiſchen Verwandten hauptſächlich durch
den langen, ſpärlich behaarten Schwanz. Der faſt nackte Bauch, das kurze Kopfhaar, der rauhe, dicke

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[504/0578] Die Raubthiere. Marder. — Stinkdachs. Baliſaur. — Stinkthiere. europäiſches Korn, Kartoffeln, Tabak u. ſ. w., und dieſe Pflanzen dienen ihm denn auch zur haupt- ſächlichſten Nahrung. Seinen Bau legt er in geringer Tiefe unter der Oberfläche der Erde an, aber mit großer Vorſicht und mit viel Geſchick. Wenn er einen Ort gefunden hat, welcher durch die langen und ſtarken Wurzeln der Bäume beſonders geſchützt iſt, ſcharrt er ſich hier zwiſchen den Wurzeln eine Höhle aus und baut ſich unter dem Baum einen Keſſel von Kugelgeſtalt, welcher mehrere Fuß im Durchmeſſer hat und vollkommen glatt und regelmäßig ausgearbeitet wird. Von hier aus führen Röhren von etwa ſechs Fuß Länge nach der Oberfläche und zwar nach verſchiedenen Seiten hin; die Ausmündungen dieſer Röhren verbirgt er gewöhnlich mit Zweigen oder trockenem Laube. Während des Tages verweilt er, wie ein Dachs, verſteckt in ſeinem Bau; nach Einbruch der Nacht aber beginnt er Jagd auf Larven aller Art und auf Würmer, zumal Regenwürmer, welche in der fruchtbaren Dammerde in außerordentlicher Menge vorkommen. Die Regenwürmer wühlt er ſich, wie ein Schwein, aus der Erde und richtet deshalb häufig großen Schaden in den Feldern an. Alle Bewegungen des Stinkdachſes ſind langſam, und er wird deshalb öfters von den Ein- geborenen gefangen, welche ſich keineswegs vor ihm fürchten, ſondern ſogar ſein Fleiſch eſſen. Horsfield beauftragte während ſeines Aufenthalts in den Gebirgen von Prahu die Leute, ihm behufs ſeiner Unterſuchungen Stinkdachſe zu verſchaffen, und die Eingeborenen brachten ihm dieſelben in ſolcher Menge, daß er bald keinen einzigen mehr annehmen konnte. „Jch wurde verſichert,‟ ſagt dieſer Forſcher, „daß das Fleiſch des Teladu ſehr wohlſchmeckend wäre; man müſſe das Thier nur raſch tödten und ſobald als möglich die Stinkdrüſen entfernen, welche dann ihren hölliſchen Geruch dem übrigen Körper noch nicht mittheilen konnten. Mein indiſcher Jäger erzählte mir auch, daß der Stinkdachs ſeinen Stinkſaft höchſtens auf zwei Fuß Entfernung ſpritzen könne. Die Flüſſigkeit ſelbſt iſt klebrig; ihre Wirkung beruht auf ihrer leichten Verflüchtigungsfähigkeit, welche unter Umſtänden die ganze Nachbarſchaft eines Dorfes verpeſten kann und in der nächſten Nähe ſo heftig iſt, daß einzelne Leute geradezu in Ohnmacht fallen, wenn ſie dem Geruch nicht ausweichen können. Die ver- ſchiedenen Stinkthiere in Amerika unterſcheiden ſich von unſerm Teladu blos durch die Fähigkeit, ihren Saft weiter zu ſpritzen.‟ „Der Stinkdachs iſt ſanft und mild in ſeinem Weſen und kann, wenn man ihn jung einfängt, ſehr leicht gezähmt werden. Einer, welchen ich gefangen hatte und lange Zeit bei mir hielt, bot mir Gelegenheit, ſein Weſen zu beobachten. Er wurde ſehr bald liebenswürdig, erkannte ſeine Lage und ſeinen Wärter und kam niemals in ſo großen Zorn, daß er ſeinen Peſtdunſt losgelaſſen hätte. Jch brachte ihn mit mir von den Gebirgen Prahu’s nach Blederan, einer Ortſchaft am Fuße dieſes Ge- birges, wo die Wärme bereits viel größer iſt, als in der Höhe. Um eine Zeichnung von ihm an- zufertigen, wurde er an einen kleinen Pfahl gebunden. Er bewegte ſich ſehr raſch und wühlte den Grund mit ſeiner Schnauze und ſeinen Nägeln auf, als wolle er Futter ſuchen, ohne den Neben- ſtehenden die geringſte Beachtung zu ſchenken oder heftige Kraftanſtrengungen zu ſeiner Befreiung zu machen. Einen Regenwurm, welcher ihm gebracht wurde, verſpeiſte er gierig, das eine Ende deſſelben mit dem Fuße haltend, während er das andere hinterfraß. Nachdem er ungefähr zehn bis zwöl Würmer gefreſſen hatte, wurde er ruhig und machte ſich jetzt eine kleine Grube in die Erde, in welcher er ſeine Schnauze verſteckte. Dann ſtreckte er ſich bedachtſam aus und war wenige Augenblicke ſpäter in Schlaf verſunken.‟ Einen eigentlichen Schaden verurſacht der Stinkdachs nur dann, wenn er bei ſeinen Wühlereien in den Pflanzungen die Wurzeln der Bäume bloslegt oder kleine Pflanzen aushebt. Unangenehm wird er durch ſeinen Geſtank blos Dem, welcher ihn unnöthig reizt und dadurch zur Entleerung ſeiner fürchterlichen Drüſen beſtimmt. Die zweite Art des Stinkdachſes iſt der Baliſaur (Midaus collaris.) Er bewohnt die Gebirge von Butan und Hindoſtan und unterſcheidet ſich von ſeinen indiſchen Verwandten hauptſächlich durch den langen, ſpärlich behaarten Schwanz. Der faſt nackte Bauch, das kurze Kopfhaar, der rauhe, dicke

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 504. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/578>, abgerufen am 26.11.2024.