kann. An erwachsene Männer wagt aber auch sie sich wohl nur äußerst selten, und deshalb fürchtet Niemand die leibliche Stärke des Thieres, umsomehr freilich ihre unheilvollen, zauberischen Kräfte.
Um die Zeit, in welcher es die meiste Beute giebt, im Jnnern Afrikas also zu Anfang der Regenzeit und im Norden im Frühlinge, wölft die Hiäne in einer selbstgegrabenen kunstlosen Röhre oder Felsenhöhle auf den nackten Boden drei, höchstens vier Junge, welche sie, solange diese blind und klein sind, zärtlich liebt und mit vielem Muthe vertheidigt, später aber, nachdem die Jungen größer geworden, feig verläßt, sobald Gefahr droht. Die Jungen haben eine dichte, feine, aschgraue Behaarung mit einem schwarzen Streifen auf der Firste des Rückens, von welcher gleichgefärbte auf die Seite herablaufen, und zwischen denen sich zerstreutstehende Flecken befinden.
Jm frühester Kindheit eingefangene Hiänen kann man sehr leicht zähmen und sie halten auch die Gefangenschaft sehr gut und dauernd aus, werden aber meistens im Alter staarblind.
Des Schadens wegen, welchen diese Raubthiere anrichten, werden sie von den europäischen An- siedlern und auch von einigen andern Völkerschaften ziemlich regelmäßig und lebhaft verfolgt. Man schießt sie, fängt sie in Fallen oder Fallgruben, vergiftet sie und greift sie lebendig. Letztere Fangart wird namentlich in Egypten angewandt, und ich kann sie den übereinstimmendsten Nachrichten vieler glaubwürdigen Männer zufolge verbürgen. Der Hiänenfänger begiebt sich mit einem weißen Teppich an einen Felsspalt des Gebirges, in welchen er Hiänen zu finden hoffen darf, weil ihm derselbe als Schlupfwinkel seit Jahren bekannt ist. Vorsichtig weiterschreitend oder, wenn es eine Höhle ist, kriechend, dringt er nach dem Lager des Thieres vor, bis die grünlichfunkelnden Augen ihm seine Beute verrathen. Sobald er sich nähert, zieht sich die Hiäne zornig schreiend zurück, soweit sie kann. Am hintern Ende der Höhle endlich macht sie Halt, der Fänger nähert sich ihr, wirft ihr den Teppich über den Kopf und sich dann selbst auf ihn und die Hiäne, sucht, das Thier soviel als möglich in denselben zu verwickeln und bringt es dahin, daß der wüthende Nächtling sich im Teppich festbeißt. Dann hat er leichtes Spiel: er bindet die Beine zusammen und wirft schließlich eine Schlinge über den Hals, um daran die Hiäne zu erdrosseln, oder auch blos auf die Schnauze, um diese zuzuschnüren. Jst Dies einmal ge- schehen, dann wird die Hiäne, so sehr sie sich auch wehrt, leicht wehrlos gemacht. Von den Maham- medanern wird kein einziger Theil einer Hiäne benutzt, weil das ganze Thier mit Recht als unrein gilt. Bei den kriegerischen Stämmen der Wüste hält man es sogar für entehrend, sich mit einer Hiäne in Kampf einzulassen, und jede Waffe, welche gebraucht worden ist, ein solches Thier zu tödten, hat damit in der Meinung der Krieger eine Scharte erhalten, welche niemals wieder ausgewetzt werden kann; sie gilt wenigstens zum fernern Gebrauch der Krieger für unfähig. Deshalb benutzen auch die Araber des Westens, wie Jules Gerard erzählt, eine ganz eigenthümliche Waffe gegen die Hiänen, welche wohl sonst niemals mehr angewendet werden dürfte. Sie fassen nämlich eine Hand voll feuchten Schlamm oder einen ähnlichen Stoff und stellen sich dann vor die liegende Hiäne, strecken ihre Hand aus und sagen spottend: "Sieh, mein Thierchen, wie schön ich dich schmücken will mit dieser Henna!" (Bekanntlich die rothfärbenden Blätter eines Strauches, welche die arabischen Weiber benutzen, um sich ihre Nägel und inneren Handflächen roth zu färben.) Sobald dann die Hiäne sich erhebt, werfen sie ihr geschickt die Salbe in die Augen, hüllen sie in den Teppich und fesseln sie, bevor sie wieder vollkommen zu Sinnen gekommen ist; dann bringen sie die Beute in ihre Dörfer und überantworten das unglückliche Geschöpf hier den Frauen und Kindern, welche es zu Tode steinigen.
Jn der Vorwelt waren die Hiänen über einen weit größern Theil der Erde verbreitet, als gegen- wärtig, und fanden sich auch in Deutschland ziemlich häufig, wie die vielfach aufgefundenen Knochen der Höhlen- und der Vorweltshiänen hinlänglich beweisen. Gegenwärtig leben, so viel man weiß, vier Arten der Gruppe, von denen drei echte, die vierte aber ein vermittelndes Bindeglied zwischen diesen und den Zibetkatzen ist.
Zu der ersten Sippe gehören die gefleckte Hiäne (Hyaena crocuta), der Strandwolf (Hyaena brunnea) und die gestreifte Hiäne (Hyaena striata). Erstere ist, wie ich bereits bemerkte, die
Die Raubthiere. Hunde. — Hiäne.
kann. An erwachſene Männer wagt aber auch ſie ſich wohl nur äußerſt ſelten, und deshalb fürchtet Niemand die leibliche Stärke des Thieres, umſomehr freilich ihre unheilvollen, zauberiſchen Kräfte.
Um die Zeit, in welcher es die meiſte Beute giebt, im Jnnern Afrikas alſo zu Anfang der Regenzeit und im Norden im Frühlinge, wölft die Hiäne in einer ſelbſtgegrabenen kunſtloſen Röhre oder Felſenhöhle auf den nackten Boden drei, höchſtens vier Junge, welche ſie, ſolange dieſe blind und klein ſind, zärtlich liebt und mit vielem Muthe vertheidigt, ſpäter aber, nachdem die Jungen größer geworden, feig verläßt, ſobald Gefahr droht. Die Jungen haben eine dichte, feine, aſchgraue Behaarung mit einem ſchwarzen Streifen auf der Firſte des Rückens, von welcher gleichgefärbte auf die Seite herablaufen, und zwiſchen denen ſich zerſtreutſtehende Flecken befinden.
Jm früheſter Kindheit eingefangene Hiänen kann man ſehr leicht zähmen und ſie halten auch die Gefangenſchaft ſehr gut und dauernd aus, werden aber meiſtens im Alter ſtaarblind.
Des Schadens wegen, welchen dieſe Raubthiere anrichten, werden ſie von den europäiſchen An- ſiedlern und auch von einigen andern Völkerſchaften ziemlich regelmäßig und lebhaft verfolgt. Man ſchießt ſie, fängt ſie in Fallen oder Fallgruben, vergiftet ſie und greift ſie lebendig. Letztere Fangart wird namentlich in Egypten angewandt, und ich kann ſie den übereinſtimmendſten Nachrichten vieler glaubwürdigen Männer zufolge verbürgen. Der Hiänenfänger begiebt ſich mit einem weißen Teppich an einen Felsſpalt des Gebirges, in welchen er Hiänen zu finden hoffen darf, weil ihm derſelbe als Schlupfwinkel ſeit Jahren bekannt iſt. Vorſichtig weiterſchreitend oder, wenn es eine Höhle iſt, kriechend, dringt er nach dem Lager des Thieres vor, bis die grünlichfunkelnden Augen ihm ſeine Beute verrathen. Sobald er ſich nähert, zieht ſich die Hiäne zornig ſchreiend zurück, ſoweit ſie kann. Am hintern Ende der Höhle endlich macht ſie Halt, der Fänger nähert ſich ihr, wirft ihr den Teppich über den Kopf und ſich dann ſelbſt auf ihn und die Hiäne, ſucht, das Thier ſoviel als möglich in denſelben zu verwickeln und bringt es dahin, daß der wüthende Nächtling ſich im Teppich feſtbeißt. Dann hat er leichtes Spiel: er bindet die Beine zuſammen und wirft ſchließlich eine Schlinge über den Hals, um daran die Hiäne zu erdroſſeln, oder auch blos auf die Schnauze, um dieſe zuzuſchnüren. Jſt Dies einmal ge- ſchehen, dann wird die Hiäne, ſo ſehr ſie ſich auch wehrt, leicht wehrlos gemacht. Von den Maham- medanern wird kein einziger Theil einer Hiäne benutzt, weil das ganze Thier mit Recht als unrein gilt. Bei den kriegeriſchen Stämmen der Wüſte hält man es ſogar für entehrend, ſich mit einer Hiäne in Kampf einzulaſſen, und jede Waffe, welche gebraucht worden iſt, ein ſolches Thier zu tödten, hat damit in der Meinung der Krieger eine Scharte erhalten, welche niemals wieder ausgewetzt werden kann; ſie gilt wenigſtens zum fernern Gebrauch der Krieger für unfähig. Deshalb benutzen auch die Araber des Weſtens, wie Jules Gerard erzählt, eine ganz eigenthümliche Waffe gegen die Hiänen, welche wohl ſonſt niemals mehr angewendet werden dürfte. Sie faſſen nämlich eine Hand voll feuchten Schlamm oder einen ähnlichen Stoff und ſtellen ſich dann vor die liegende Hiäne, ſtrecken ihre Hand aus und ſagen ſpottend: „Sieh, mein Thierchen, wie ſchön ich dich ſchmücken will mit dieſer Henna!‟ (Bekanntlich die rothfärbenden Blätter eines Strauches, welche die arabiſchen Weiber benutzen, um ſich ihre Nägel und inneren Handflächen roth zu färben.) Sobald dann die Hiäne ſich erhebt, werfen ſie ihr geſchickt die Salbe in die Augen, hüllen ſie in den Teppich und feſſeln ſie, bevor ſie wieder vollkommen zu Sinnen gekommen iſt; dann bringen ſie die Beute in ihre Dörfer und überantworten das unglückliche Geſchöpf hier den Frauen und Kindern, welche es zu Tode ſteinigen.
Jn der Vorwelt waren die Hiänen über einen weit größern Theil der Erde verbreitet, als gegen- wärtig, und fanden ſich auch in Deutſchland ziemlich häufig, wie die vielfach aufgefundenen Knochen der Höhlen- und der Vorweltshiänen hinlänglich beweiſen. Gegenwärtig leben, ſo viel man weiß, vier Arten der Gruppe, von denen drei echte, die vierte aber ein vermittelndes Bindeglied zwiſchen dieſen und den Zibetkatzen iſt.
Zu der erſten Sippe gehören die gefleckte Hiäne (Hyaena crocuta), der Strandwolf (Hyaena brunnea) und die geſtreifte Hiäne (Hyaena striata). Erſtere iſt, wie ich bereits bemerkte, die
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[454/0524]
Die Raubthiere. Hunde. — Hiäne.
kann. An erwachſene Männer wagt aber auch ſie ſich wohl nur äußerſt ſelten, und deshalb fürchtet
Niemand die leibliche Stärke des Thieres, umſomehr freilich ihre unheilvollen, zauberiſchen Kräfte.
Um die Zeit, in welcher es die meiſte Beute giebt, im Jnnern Afrikas alſo zu Anfang der
Regenzeit und im Norden im Frühlinge, wölft die Hiäne in einer ſelbſtgegrabenen kunſtloſen Röhre
oder Felſenhöhle auf den nackten Boden drei, höchſtens vier Junge, welche ſie, ſolange dieſe blind
und klein ſind, zärtlich liebt und mit vielem Muthe vertheidigt, ſpäter aber, nachdem die Jungen
größer geworden, feig verläßt, ſobald Gefahr droht. Die Jungen haben eine dichte, feine, aſchgraue
Behaarung mit einem ſchwarzen Streifen auf der Firſte des Rückens, von welcher gleichgefärbte auf
die Seite herablaufen, und zwiſchen denen ſich zerſtreutſtehende Flecken befinden.
Jm früheſter Kindheit eingefangene Hiänen kann man ſehr leicht zähmen und ſie halten auch die
Gefangenſchaft ſehr gut und dauernd aus, werden aber meiſtens im Alter ſtaarblind.
Des Schadens wegen, welchen dieſe Raubthiere anrichten, werden ſie von den europäiſchen An-
ſiedlern und auch von einigen andern Völkerſchaften ziemlich regelmäßig und lebhaft verfolgt. Man
ſchießt ſie, fängt ſie in Fallen oder Fallgruben, vergiftet ſie und greift ſie lebendig. Letztere Fangart
wird namentlich in Egypten angewandt, und ich kann ſie den übereinſtimmendſten Nachrichten vieler
glaubwürdigen Männer zufolge verbürgen. Der Hiänenfänger begiebt ſich mit einem weißen Teppich
an einen Felsſpalt des Gebirges, in welchen er Hiänen zu finden hoffen darf, weil ihm derſelbe als
Schlupfwinkel ſeit Jahren bekannt iſt. Vorſichtig weiterſchreitend oder, wenn es eine Höhle iſt, kriechend,
dringt er nach dem Lager des Thieres vor, bis die grünlichfunkelnden Augen ihm ſeine Beute verrathen.
Sobald er ſich nähert, zieht ſich die Hiäne zornig ſchreiend zurück, ſoweit ſie kann. Am hintern Ende
der Höhle endlich macht ſie Halt, der Fänger nähert ſich ihr, wirft ihr den Teppich über den Kopf und
ſich dann ſelbſt auf ihn und die Hiäne, ſucht, das Thier ſoviel als möglich in denſelben zu verwickeln
und bringt es dahin, daß der wüthende Nächtling ſich im Teppich feſtbeißt. Dann hat er leichtes
Spiel: er bindet die Beine zuſammen und wirft ſchließlich eine Schlinge über den Hals, um daran die
Hiäne zu erdroſſeln, oder auch blos auf die Schnauze, um dieſe zuzuſchnüren. Jſt Dies einmal ge-
ſchehen, dann wird die Hiäne, ſo ſehr ſie ſich auch wehrt, leicht wehrlos gemacht. Von den Maham-
medanern wird kein einziger Theil einer Hiäne benutzt, weil das ganze Thier mit Recht als unrein gilt.
Bei den kriegeriſchen Stämmen der Wüſte hält man es ſogar für entehrend, ſich mit einer Hiäne in Kampf
einzulaſſen, und jede Waffe, welche gebraucht worden iſt, ein ſolches Thier zu tödten, hat damit in der
Meinung der Krieger eine Scharte erhalten, welche niemals wieder ausgewetzt werden kann; ſie gilt
wenigſtens zum fernern Gebrauch der Krieger für unfähig. Deshalb benutzen auch die Araber des
Weſtens, wie Jules Gerard erzählt, eine ganz eigenthümliche Waffe gegen die Hiänen, welche wohl
ſonſt niemals mehr angewendet werden dürfte. Sie faſſen nämlich eine Hand voll feuchten Schlamm
oder einen ähnlichen Stoff und ſtellen ſich dann vor die liegende Hiäne, ſtrecken ihre Hand aus und
ſagen ſpottend: „Sieh, mein Thierchen, wie ſchön ich dich ſchmücken will mit dieſer Henna!‟ (Bekanntlich
die rothfärbenden Blätter eines Strauches, welche die arabiſchen Weiber benutzen, um ſich ihre Nägel
und inneren Handflächen roth zu färben.) Sobald dann die Hiäne ſich erhebt, werfen ſie ihr geſchickt
die Salbe in die Augen, hüllen ſie in den Teppich und feſſeln ſie, bevor ſie wieder vollkommen zu Sinnen
gekommen iſt; dann bringen ſie die Beute in ihre Dörfer und überantworten das unglückliche Geſchöpf
hier den Frauen und Kindern, welche es zu Tode ſteinigen.
Jn der Vorwelt waren die Hiänen über einen weit größern Theil der Erde verbreitet, als gegen-
wärtig, und fanden ſich auch in Deutſchland ziemlich häufig, wie die vielfach aufgefundenen Knochen der
Höhlen- und der Vorweltshiänen hinlänglich beweiſen. Gegenwärtig leben, ſo viel man weiß,
vier Arten der Gruppe, von denen drei echte, die vierte aber ein vermittelndes Bindeglied zwiſchen
dieſen und den Zibetkatzen iſt.
Zu der erſten Sippe gehören die gefleckte Hiäne (Hyaena crocuta), der Strandwolf (Hyaena
brunnea) und die geſtreifte Hiäne (Hyaena striata). Erſtere iſt, wie ich bereits bemerkte, die
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/524>, abgerufen am 29.11.2024.
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