Unrath austreibt, indem er denselben dem reinlichen Gesellen vor die Thüre setzt. Der Hauptbau, neben welchem der Fuchs noch mehrere Nothbaue von geringerer Ausdehnung zu besitzen, bezüglich anzulegen pflegt, hat nicht selten eine Tiefe von zehn Fuß, einen Umfang bis zu funfzig Fuß und einen Kessel von drei Fuß Durchmesser. Seine Gänge oder Röhren stehen durch vielfach sich durchkreuzende Querröhren mit einander in Verbindung und münden auch an verschiedenen Orten nach außen; nur zu dem eigentlichen Kessel führt eine einzige Röhre. Bei Verfolgung flieht der Fuchs in die erste, beste Röhre, welche er kennt, jedoch niemals geraden Weges, sondern stets auf Umwegen, um seine Feinde zu täuschen. Dabei ist es ihm dann vollkommen gleichgiltig, ob er seine Wohnung oder die eines seiner Mitbrüder betritt.
Bei Platzregen, Sturm, kalter Witterung und während der Paarungszeit, auch im Sommer während der größten Hitze, oder solange die Füchsin kleine Junge hat, findet man unsern Buschklepper regelmäßig in seinem Bau; bei günstiger Witterung aber schleicht er durch sein Gebiet und ruht da aus, wo sich gerade ein passendes Plätzchen findet, gewöhnlich im Dickicht, im Rohr, im Getreide, im Riedgrase. Die egyptischen Füchse besitzen nur höchst selten wirkliche Baue, sondern leben unter dem milden Himmel des Landes jahraus, jahrein im Freien, und blos die Füchsin bereitet sich für ihre Jungen eine nicht eben große Röhre mit einem geräumigen Kessel, um ihre Lieblinge wenigstens die erste Zeit zu verbergen.
Der Fuchs scheint zu seinen Jagdzügen die Nacht dem Tage vorzuziehen; jedoch jagt er auch recht gern angesichts der Sonne, an stillen Orten lieber noch, als in der Dunkelheit. Wie der Hund, hält auch er die Wärme sehr hoch. Bei schönem Wetter legt er sich auf einen alten Baumstamm oder Stein, um sich zu sonnen, und verträumt in behaglichster Gemüthsruhe manches Stündchen. Mit Einbruch der Dämmerung oder schon gegen Abend endigt diese Beschaulichkeit, und er beginnt nun einen seiner Schleich- und Raubzüge. Aeußerst vorsichtig strolcht er langsam dahin, äugt und wittert von Zeit zu Zeit, sucht sich beständig zu decken und wählt deshalb immer die günstigsten Wege zwischen Gestrüpp, Steinen, hohen Gräsern und dergleichen. Er achtet auf Alles und bemerkt auch das Ge- ringste, noch ehe andere Thiere davon eine Ahnung bekommen. Seine Sinnesfähigkeiten kommen ihm dabei vortrefflich zu statten: er vernimmt, äugt und wittert außerordentlich scharf und weiß mit über- raschender Schlauheit jede gemachte Beobachtung zu benutzen. List und Verstellung sind ihm zur zweiten Natur geworden. Ein auf die Jagd gehender Fuchs sieht harmlos aus und ist doch entschieden eins der gefährlichsten Raubthiere, welche wir in bewohnten Gegenden noch besitzen. Seine Jagd gilt allem möglichen Gethier, von dem jungen oder kranken Reh an bis zu dem Käfer oder der Raupe herab, wenn auch Mäuse wohl den Haupttheil seiner Mahlzeiten bilden dürften. Der Jägerei wird er ungemein verhaßt, denn er verschont weder Jung noch Alt, verfolgt die Hasen und Kaninchen aufs eifrigste, plündert die Nester aller an der Erde brütenden Vögel aus und frißt die Eier, wie die Jungen und die Eltern. Er wagt es sogar, ein Reh- oder Hirschkälbchen zu beschleichen, wenn er glaubt, daß dieses einen Augenblick lang unbewacht ist, obgleich er weiß, daß ihn die Mutter, sobald sie ihn bemerkt, abtreibt und, wenn sie ihn erreichen kann, mit den starken Vorderläufen dergestalt durchprügelt, daß er lendenlahm davonhinkt. Er versucht es sogar, die flugbegabten, alten Vögel zu überlisten und kommt nicht selten zum Ziele. Außerdem plündert er die Herden des zahmen Geflügels und schleicht zur Nachtzeit bis in die Höfe einzelnstehender Bauerngüter ein. Er schwimmt und wadet durch Sumpf und Mor, um den auf dem Wasser brütenden Vögeln beizukommen: es sind Fälle bekannt, daß er brütende Schwäne erwürgt hat. Wenn er ein gutes Versteck besitzt, schleicht er dem Haus- geflügel selbst bei hellem Tage nach. Jn großen Gärten ist er sicherlich ein viel häufigerer Gast, als man gewöhnlich glaubt. Dort fängt er sich Heuschrecken, Maikäfer und deren Larven, Regen- würmer etc., oder sucht sich süße Birnen, Pflaumen, Wein und andere Beeren zusammen. An dem Bache lungert er herum, um eine schöne Forelle oder einen dummen Krebs zu überraschen; am Meeresstrande frißt er den Fischern die Netze aus; im Walde entleert er die Schneißen der Jäger. Jm Nothfalle verzehrt er Aas und, wenn er dieses nicht hat, Kerfe aller Art: Käfer, Wespen,
Beſchreibung. Färbung je nach Wohnort. Nahrung.
Unrath austreibt, indem er denſelben dem reinlichen Geſellen vor die Thüre ſetzt. Der Hauptbau, neben welchem der Fuchs noch mehrere Nothbaue von geringerer Ausdehnung zu beſitzen, bezüglich anzulegen pflegt, hat nicht ſelten eine Tiefe von zehn Fuß, einen Umfang bis zu funfzig Fuß und einen Keſſel von drei Fuß Durchmeſſer. Seine Gänge oder Röhren ſtehen durch vielfach ſich durchkreuzende Querröhren mit einander in Verbindung und münden auch an verſchiedenen Orten nach außen; nur zu dem eigentlichen Keſſel führt eine einzige Röhre. Bei Verfolgung flieht der Fuchs in die erſte, beſte Röhre, welche er kennt, jedoch niemals geraden Weges, ſondern ſtets auf Umwegen, um ſeine Feinde zu täuſchen. Dabei iſt es ihm dann vollkommen gleichgiltig, ob er ſeine Wohnung oder die eines ſeiner Mitbrüder betritt.
Bei Platzregen, Sturm, kalter Witterung und während der Paarungszeit, auch im Sommer während der größten Hitze, oder ſolange die Füchſin kleine Junge hat, findet man unſern Buſchklepper regelmäßig in ſeinem Bau; bei günſtiger Witterung aber ſchleicht er durch ſein Gebiet und ruht da aus, wo ſich gerade ein paſſendes Plätzchen findet, gewöhnlich im Dickicht, im Rohr, im Getreide, im Riedgraſe. Die egyptiſchen Füchſe beſitzen nur höchſt ſelten wirkliche Baue, ſondern leben unter dem milden Himmel des Landes jahraus, jahrein im Freien, und blos die Füchſin bereitet ſich für ihre Jungen eine nicht eben große Röhre mit einem geräumigen Keſſel, um ihre Lieblinge wenigſtens die erſte Zeit zu verbergen.
Der Fuchs ſcheint zu ſeinen Jagdzügen die Nacht dem Tage vorzuziehen; jedoch jagt er auch recht gern angeſichts der Sonne, an ſtillen Orten lieber noch, als in der Dunkelheit. Wie der Hund, hält auch er die Wärme ſehr hoch. Bei ſchönem Wetter legt er ſich auf einen alten Baumſtamm oder Stein, um ſich zu ſonnen, und verträumt in behaglichſter Gemüthsruhe manches Stündchen. Mit Einbruch der Dämmerung oder ſchon gegen Abend endigt dieſe Beſchaulichkeit, und er beginnt nun einen ſeiner Schleich- und Raubzüge. Aeußerſt vorſichtig ſtrolcht er langſam dahin, äugt und wittert von Zeit zu Zeit, ſucht ſich beſtändig zu decken und wählt deshalb immer die günſtigſten Wege zwiſchen Geſtrüpp, Steinen, hohen Gräſern und dergleichen. Er achtet auf Alles und bemerkt auch das Ge- ringſte, noch ehe andere Thiere davon eine Ahnung bekommen. Seine Sinnesfähigkeiten kommen ihm dabei vortrefflich zu ſtatten: er vernimmt, äugt und wittert außerordentlich ſcharf und weiß mit über- raſchender Schlauheit jede gemachte Beobachtung zu benutzen. Liſt und Verſtellung ſind ihm zur zweiten Natur geworden. Ein auf die Jagd gehender Fuchs ſieht harmlos aus und iſt doch entſchieden eins der gefährlichſten Raubthiere, welche wir in bewohnten Gegenden noch beſitzen. Seine Jagd gilt allem möglichen Gethier, von dem jungen oder kranken Reh an bis zu dem Käfer oder der Raupe herab, wenn auch Mäuſe wohl den Haupttheil ſeiner Mahlzeiten bilden dürften. Der Jägerei wird er ungemein verhaßt, denn er verſchont weder Jung noch Alt, verfolgt die Haſen und Kaninchen aufs eifrigſte, plündert die Neſter aller an der Erde brütenden Vögel aus und frißt die Eier, wie die Jungen und die Eltern. Er wagt es ſogar, ein Reh- oder Hirſchkälbchen zu beſchleichen, wenn er glaubt, daß dieſes einen Augenblick lang unbewacht iſt, obgleich er weiß, daß ihn die Mutter, ſobald ſie ihn bemerkt, abtreibt und, wenn ſie ihn erreichen kann, mit den ſtarken Vorderläufen dergeſtalt durchprügelt, daß er lendenlahm davonhinkt. Er verſucht es ſogar, die flugbegabten, alten Vögel zu überliſten und kommt nicht ſelten zum Ziele. Außerdem plündert er die Herden des zahmen Geflügels und ſchleicht zur Nachtzeit bis in die Höfe einzelnſtehender Bauerngüter ein. Er ſchwimmt und wadet durch Sumpf und Mor, um den auf dem Waſſer brütenden Vögeln beizukommen: es ſind Fälle bekannt, daß er brütende Schwäne erwürgt hat. Wenn er ein gutes Verſteck beſitzt, ſchleicht er dem Haus- geflügel ſelbſt bei hellem Tage nach. Jn großen Gärten iſt er ſicherlich ein viel häufigerer Gaſt, als man gewöhnlich glaubt. Dort fängt er ſich Heuſchrecken, Maikäfer und deren Larven, Regen- würmer ꝛc., oder ſucht ſich ſüße Birnen, Pflaumen, Wein und andere Beeren zuſammen. An dem Bache lungert er herum, um eine ſchöne Forelle oder einen dummen Krebs zu überraſchen; am Meeresſtrande frißt er den Fiſchern die Netze aus; im Walde entleert er die Schneißen der Jäger. Jm Nothfalle verzehrt er Aas und, wenn er dieſes nicht hat, Kerfe aller Art: Käfer, Wespen,
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[423/0491]
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neben welchem der Fuchs noch mehrere Nothbaue von geringerer Ausdehnung zu beſitzen, bezüglich
anzulegen pflegt, hat nicht ſelten eine Tiefe von zehn Fuß, einen Umfang bis zu funfzig Fuß und einen
Keſſel von drei Fuß Durchmeſſer. Seine Gänge oder Röhren ſtehen durch vielfach ſich durchkreuzende
Querröhren mit einander in Verbindung und münden auch an verſchiedenen Orten nach außen; nur
zu dem eigentlichen Keſſel führt eine einzige Röhre. Bei Verfolgung flieht der Fuchs in die erſte,
beſte Röhre, welche er kennt, jedoch niemals geraden Weges, ſondern ſtets auf Umwegen, um ſeine
Feinde zu täuſchen. Dabei iſt es ihm dann vollkommen gleichgiltig, ob er ſeine Wohnung oder die
eines ſeiner Mitbrüder betritt.
Bei Platzregen, Sturm, kalter Witterung und während der Paarungszeit, auch im Sommer
während der größten Hitze, oder ſolange die Füchſin kleine Junge hat, findet man unſern Buſchklepper
regelmäßig in ſeinem Bau; bei günſtiger Witterung aber ſchleicht er durch ſein Gebiet und ruht da
aus, wo ſich gerade ein paſſendes Plätzchen findet, gewöhnlich im Dickicht, im Rohr, im Getreide, im
Riedgraſe. Die egyptiſchen Füchſe beſitzen nur höchſt ſelten wirkliche Baue, ſondern leben unter dem
milden Himmel des Landes jahraus, jahrein im Freien, und blos die Füchſin bereitet ſich für ihre
Jungen eine nicht eben große Röhre mit einem geräumigen Keſſel, um ihre Lieblinge wenigſtens die
erſte Zeit zu verbergen.
Der Fuchs ſcheint zu ſeinen Jagdzügen die Nacht dem Tage vorzuziehen; jedoch jagt er auch
recht gern angeſichts der Sonne, an ſtillen Orten lieber noch, als in der Dunkelheit. Wie der Hund,
hält auch er die Wärme ſehr hoch. Bei ſchönem Wetter legt er ſich auf einen alten Baumſtamm oder
Stein, um ſich zu ſonnen, und verträumt in behaglichſter Gemüthsruhe manches Stündchen. Mit
Einbruch der Dämmerung oder ſchon gegen Abend endigt dieſe Beſchaulichkeit, und er beginnt nun
einen ſeiner Schleich- und Raubzüge. Aeußerſt vorſichtig ſtrolcht er langſam dahin, äugt und wittert
von Zeit zu Zeit, ſucht ſich beſtändig zu decken und wählt deshalb immer die günſtigſten Wege zwiſchen
Geſtrüpp, Steinen, hohen Gräſern und dergleichen. Er achtet auf Alles und bemerkt auch das Ge-
ringſte, noch ehe andere Thiere davon eine Ahnung bekommen. Seine Sinnesfähigkeiten kommen ihm
dabei vortrefflich zu ſtatten: er vernimmt, äugt und wittert außerordentlich ſcharf und weiß mit über-
raſchender Schlauheit jede gemachte Beobachtung zu benutzen. Liſt und Verſtellung ſind ihm zur
zweiten Natur geworden. Ein auf die Jagd gehender Fuchs ſieht harmlos aus und iſt doch entſchieden
eins der gefährlichſten Raubthiere, welche wir in bewohnten Gegenden noch beſitzen. Seine Jagd gilt
allem möglichen Gethier, von dem jungen oder kranken Reh an bis zu dem Käfer oder der Raupe
herab, wenn auch Mäuſe wohl den Haupttheil ſeiner Mahlzeiten bilden dürften. Der Jägerei wird
er ungemein verhaßt, denn er verſchont weder Jung noch Alt, verfolgt die Haſen und Kaninchen
aufs eifrigſte, plündert die Neſter aller an der Erde brütenden Vögel aus und frißt die Eier, wie die
Jungen und die Eltern. Er wagt es ſogar, ein Reh- oder Hirſchkälbchen zu beſchleichen, wenn er
glaubt, daß dieſes einen Augenblick lang unbewacht iſt, obgleich er weiß, daß ihn die Mutter, ſobald
ſie ihn bemerkt, abtreibt und, wenn ſie ihn erreichen kann, mit den ſtarken Vorderläufen dergeſtalt
durchprügelt, daß er lendenlahm davonhinkt. Er verſucht es ſogar, die flugbegabten, alten Vögel zu
überliſten und kommt nicht ſelten zum Ziele. Außerdem plündert er die Herden des zahmen Geflügels
und ſchleicht zur Nachtzeit bis in die Höfe einzelnſtehender Bauerngüter ein. Er ſchwimmt und wadet
durch Sumpf und Mor, um den auf dem Waſſer brütenden Vögeln beizukommen: es ſind Fälle bekannt,
daß er brütende Schwäne erwürgt hat. Wenn er ein gutes Verſteck beſitzt, ſchleicht er dem Haus-
geflügel ſelbſt bei hellem Tage nach. Jn großen Gärten iſt er ſicherlich ein viel häufigerer Gaſt, als
man gewöhnlich glaubt. Dort fängt er ſich Heuſchrecken, Maikäfer und deren Larven, Regen-
würmer ꝛc., oder ſucht ſich ſüße Birnen, Pflaumen, Wein und andere Beeren zuſammen. An dem
Bache lungert er herum, um eine ſchöne Forelle oder einen dummen Krebs zu überraſchen; am
Meeresſtrande frißt er den Fiſchern die Netze aus; im Walde entleert er die Schneißen der Jäger.
Jm Nothfalle verzehrt er Aas und, wenn er dieſes nicht hat, Kerfe aller Art: Käfer, Wespen,
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/491>, abgerufen am 23.11.2024.
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