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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Beschreibung Beider. Zähmung des Wolfshundes. Schomburgk über den Karasissi.
als halbes Hausthier benutzt. "Bergreiche Gegenden," sagt Robert Schomburgk, "mit dazwischen
gestreuten waldigen Steppen, sowie die Umsäumung der Savannenflüsse scheinen der Lieblingsaufent-
halt des schlauen und klugen Thieres zu sein. Dort lebt und jagt es in ganzen Koppeln. Jn der
offenen Savanne scheinen die Thiere ihre Jagdbeute mehr mit den Augen, als mit der Nase aus-
zuspähen. Jm Walde ist das Gegentheil der Fall: hier verfolgen sie auch ihre Beute jedesmal unter
lautem Gebell. Gelingt es einer Koppel, eine Niederung zu beschleichen und unbemerkt in diese ein-
zudringen, so entgehen ihr nur einige der auf den Dächern und nahen Gesträuchen schlafenden Hühner
und Papageien. Ein solcher Ueberfall des Federviehstandes und die ihn begleitende Würgerei unter
demselben geschieht so geräuschlos, daß die beraubten Besitzer meist erst ihren Verlust mit anbrechen-
dem Morgen kennen lernen. Die Beute verzehren die Räuber niemals an dem Orte, wo sie dieselbe
gewürgt, sondern immer erst im Walde oder in einem sonstigen Schlupfwinkel. Die Jndianer versicherten
uns, daß sie selbst Rehe und die Nachzügler der Wasserschweinherden jagen, um das endlich ermattete
Thier niederzureißen."

[Abbildung] Der Karasissi oder Maikong (Canis cancrivorus).

"Für die Jndianer hat der Maikong namentlich aus dem Grunde besondern Werth, daß aus
der Kreuzung desselben mit ihren Hunden sehr gesuchte Jagdhunde hervorgehen. Die Bastarde schlagen
in ihrer Gestalt mehr nach dem Hunde, als nach dem Maikong. Sie sind ungemein schlank, tragen
die Ohren immer aufgerichtet und übertreffen in Bezug auf Ausdauer, Fertigkeit und Gewandtheit im
Aufsuchen und Jagen des Wildes jeden andern Hund. Jn der Ansiedlung wird ein solcher Blendling,
welcher zur Jagd auf Rehe, Wasserschweine und Tapire abgerichtet ist, gewöhnlich mit zehn bis
zwölf Thalern bezahlt. Der Besitz eines gezähmten Maikong gehört daher zu den besonderen Reich-
thümern der Jndianer. Doch muß das Thier fortwährend an Stricken gehalten werden, da ihm keine
Abrichtung seine Raubgelüste abgewöhnen kann. Schrankenlose Verwirrung bringt er unter dem
Federvieh seines Herrn hervor, sobald ihm die Nachlässigkeit des Besitzers den Strick nicht festgebunden.
Gekochtes Fleisch, Fische und Früchte sind das Futter, womit ihn der Jndianer erhält."

"Der von mir auf das Schießen oder Fangen des Maikongs eingesetzte Preis trieb die ver-
sammelten Jndianer fast täglich zu allgemeinen Treibjagden in die Niederungen und Thäler am

Brehm, Thierleben. 27

Beſchreibung Beider. Zähmung des Wolfshundes. Schomburgk über den Karaſiſſi.
als halbes Hausthier benutzt. „Bergreiche Gegenden,‟ ſagt Robert Schomburgk, „mit dazwiſchen
geſtreuten waldigen Steppen, ſowie die Umſäumung der Savannenflüſſe ſcheinen der Lieblingsaufent-
halt des ſchlauen und klugen Thieres zu ſein. Dort lebt und jagt es in ganzen Koppeln. Jn der
offenen Savanne ſcheinen die Thiere ihre Jagdbeute mehr mit den Augen, als mit der Naſe aus-
zuſpähen. Jm Walde iſt das Gegentheil der Fall: hier verfolgen ſie auch ihre Beute jedesmal unter
lautem Gebell. Gelingt es einer Koppel, eine Niederung zu beſchleichen und unbemerkt in dieſe ein-
zudringen, ſo entgehen ihr nur einige der auf den Dächern und nahen Geſträuchen ſchlafenden Hühner
und Papageien. Ein ſolcher Ueberfall des Federviehſtandes und die ihn begleitende Würgerei unter
demſelben geſchieht ſo geräuſchlos, daß die beraubten Beſitzer meiſt erſt ihren Verluſt mit anbrechen-
dem Morgen kennen lernen. Die Beute verzehren die Räuber niemals an dem Orte, wo ſie dieſelbe
gewürgt, ſondern immer erſt im Walde oder in einem ſonſtigen Schlupfwinkel. Die Jndianer verſicherten
uns, daß ſie ſelbſt Rehe und die Nachzügler der Waſſerſchweinherden jagen, um das endlich ermattete
Thier niederzureißen.‟

[Abbildung] Der Karaſiſſi oder Maikong (Canis cancrivorus).

„Für die Jndianer hat der Maikong namentlich aus dem Grunde beſondern Werth, daß aus
der Kreuzung deſſelben mit ihren Hunden ſehr geſuchte Jagdhunde hervorgehen. Die Baſtarde ſchlagen
in ihrer Geſtalt mehr nach dem Hunde, als nach dem Maikong. Sie ſind ungemein ſchlank, tragen
die Ohren immer aufgerichtet und übertreffen in Bezug auf Ausdauer, Fertigkeit und Gewandtheit im
Aufſuchen und Jagen des Wildes jeden andern Hund. Jn der Anſiedlung wird ein ſolcher Blendling,
welcher zur Jagd auf Rehe, Waſſerſchweine und Tapire abgerichtet iſt, gewöhnlich mit zehn bis
zwölf Thalern bezahlt. Der Beſitz eines gezähmten Maikong gehört daher zu den beſonderen Reich-
thümern der Jndianer. Doch muß das Thier fortwährend an Stricken gehalten werden, da ihm keine
Abrichtung ſeine Raubgelüſte abgewöhnen kann. Schrankenloſe Verwirrung bringt er unter dem
Federvieh ſeines Herrn hervor, ſobald ihm die Nachläſſigkeit des Beſitzers den Strick nicht feſtgebunden.
Gekochtes Fleiſch, Fiſche und Früchte ſind das Futter, womit ihn der Jndianer erhält.‟

„Der von mir auf das Schießen oder Fangen des Maikongs eingeſetzte Preis trieb die ver-
ſammelten Jndianer faſt täglich zu allgemeinen Treibjagden in die Niederungen und Thäler am

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[417/0485] Beſchreibung Beider. Zähmung des Wolfshundes. Schomburgk über den Karaſiſſi. als halbes Hausthier benutzt. „Bergreiche Gegenden,‟ ſagt Robert Schomburgk, „mit dazwiſchen geſtreuten waldigen Steppen, ſowie die Umſäumung der Savannenflüſſe ſcheinen der Lieblingsaufent- halt des ſchlauen und klugen Thieres zu ſein. Dort lebt und jagt es in ganzen Koppeln. Jn der offenen Savanne ſcheinen die Thiere ihre Jagdbeute mehr mit den Augen, als mit der Naſe aus- zuſpähen. Jm Walde iſt das Gegentheil der Fall: hier verfolgen ſie auch ihre Beute jedesmal unter lautem Gebell. Gelingt es einer Koppel, eine Niederung zu beſchleichen und unbemerkt in dieſe ein- zudringen, ſo entgehen ihr nur einige der auf den Dächern und nahen Geſträuchen ſchlafenden Hühner und Papageien. Ein ſolcher Ueberfall des Federviehſtandes und die ihn begleitende Würgerei unter demſelben geſchieht ſo geräuſchlos, daß die beraubten Beſitzer meiſt erſt ihren Verluſt mit anbrechen- dem Morgen kennen lernen. Die Beute verzehren die Räuber niemals an dem Orte, wo ſie dieſelbe gewürgt, ſondern immer erſt im Walde oder in einem ſonſtigen Schlupfwinkel. Die Jndianer verſicherten uns, daß ſie ſelbſt Rehe und die Nachzügler der Waſſerſchweinherden jagen, um das endlich ermattete Thier niederzureißen.‟ [Abbildung Der Karaſiſſi oder Maikong (Canis cancrivorus).] „Für die Jndianer hat der Maikong namentlich aus dem Grunde beſondern Werth, daß aus der Kreuzung deſſelben mit ihren Hunden ſehr geſuchte Jagdhunde hervorgehen. Die Baſtarde ſchlagen in ihrer Geſtalt mehr nach dem Hunde, als nach dem Maikong. Sie ſind ungemein ſchlank, tragen die Ohren immer aufgerichtet und übertreffen in Bezug auf Ausdauer, Fertigkeit und Gewandtheit im Aufſuchen und Jagen des Wildes jeden andern Hund. Jn der Anſiedlung wird ein ſolcher Blendling, welcher zur Jagd auf Rehe, Waſſerſchweine und Tapire abgerichtet iſt, gewöhnlich mit zehn bis zwölf Thalern bezahlt. Der Beſitz eines gezähmten Maikong gehört daher zu den beſonderen Reich- thümern der Jndianer. Doch muß das Thier fortwährend an Stricken gehalten werden, da ihm keine Abrichtung ſeine Raubgelüſte abgewöhnen kann. Schrankenloſe Verwirrung bringt er unter dem Federvieh ſeines Herrn hervor, ſobald ihm die Nachläſſigkeit des Beſitzers den Strick nicht feſtgebunden. Gekochtes Fleiſch, Fiſche und Früchte ſind das Futter, womit ihn der Jndianer erhält.‟ „Der von mir auf das Schießen oder Fangen des Maikongs eingeſetzte Preis trieb die ver- ſammelten Jndianer faſt täglich zu allgemeinen Treibjagden in die Niederungen und Thäler am Brehm, Thierleben. 27

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/485>, abgerufen am 22.11.2024.