Die Raubthiere. Hunde. -- Schabrakenschakal. Wolfshund.
Nach meinen Erfahrungen beginnt die Heimat des schwarzrückigen oder Schabrakenschakals in Mittelnubien. Von hier aus reicht er längs der Ostküste Afrikas hinauf bis zum Kap, und wahr- scheinlich auch quer durch den ganzen Erdtheil bis zur Westküste. Er findet sich ebensowohl in der Steppe, als in den Wäldern, vorzugsweise jedoch in Gebirgsländern. Am Kap und in Habesch ist er sehr häufig. An der Ostküste des rothen Meeres breitet sich eine schmale Wüstensteppe, die Samchara, aus, welche vielfach von Regenstrombetten durchfurcht ist, deren Ufer gewöhnlich üppige Dickichte bilden. Hier darf man ihn regelmäßig vermuthen; denn diese Dickichte sind reich an Hasen und Frankolinen und gewähren ihm somit vielfache Gelegenheit, Beute zu machen. Er ist frecher und zudringlicher, als jeder andere Wildhund. Seine eigentliche Jagdzeit ist zwar die Nacht, doch sieht man ihn auch bei Tag häufig genug umherlungern, selbst unmittelbar in der Nähe der Dörfer. Jn den Frühstunden begegnet man ihm überall, im Gebüsch ebensowohl, als in der pflanzenleeren Ebene. Erst in den Vor- mittagsstunden trabt er seinem Lager zu. Nachts ist er ein regelmäßiger Gast in den Dörfern und selbst in der Mitte des Lagerplatzes; denn nicht einmal das Feuer scheint ihn auf seinen Diebeszügen zu hindern. Jch habe ihn wiederholt zwischen den Gepäckstücken und den lagernden Kamelen umher- streifen sehen, und auf meiner ersten Reise in Afrika hat er mir sogar auf dem nur vermittelst eines Bretes mit dem Lande verbundenen Schiffe einen Besuch gemacht. Bei den Eingebornen Afrikas ist er äußerst verhaßt, weil er alle nur denkbaren Sachen aus den Hütten wegschleppt und unter dem Haus- geflügel, und sogar unter den kleinen Herdenthieren, manchmal arge Verheerungen anrichtet. Die Somali versichern, daß er ihren Schafen die Fettschwänze abfresse; in Sudahn weiß man davon aber Nichts: hier kennt man ihn nur als sehr eifrigen Jäger der kleinen Antilopen, der Mäuse, Erd- eichhörnchen und anderer Nager. Bei dem Aas ist er ein regelmäßiger Gast; er scheint solche Speise leidenschaftlich gern zu fressen. Wie Burton berichtet, betrachten die Somali das Geheul des Scha- brakenschakal als ein Vorzeichen des kommenden Tages: sie schließen von ihm aus auf gutes oder schlechtes Wetter. Jn Abissinien oder im Sudahn beachtet man diese Musik nicht, obgleich man sie oft genug zu hören bekommt. Jch meinestheils muß gestehen, daß mir das Geheul dieser Schakale niemals lästig geworden ist, sondern mir immer eine ergötzliche Unterhaltung gewährt hat.
Ueber die Fortpflanzung unsers Wildhundes fehlen zur Zeit noch genügende Beobachtungen. Mir wurde erzählt, daß die Zahl des Gewölfes vier bis fünf betrage, und daß man die Jungen zu Anfang der großen Regenzeit finde. Jm Jnnern Afrikas fällt es Niemand ein, das wirklich nette Thier zu zähmen; wir erhalten deshalb auch nur aus dem Kaplande ab und zu einen dieser Schakale lebendig. Wenn man sich viel mit einem solchen Gefangenen beschäftigt, gewinnt man bald sein Ver- trauen. Der Schabrakenschakal ist im Grunde ein gutmüthiger, verträglicher Bursche, welcher jeden- falls mehr, als der Fuchs, zur Geselligkeit und zum Frieden geneigt ist. So scheu und wild er sich anfänglich auch geberdet, so rasch erkennt er liebevolle Behandlung an und sucht sie durch dankbare Anhänglichkeit zu vergelten. Ein fast ausgewachsenes Männchen dieses Wildhundes, welches ich für unsern Thiergarten in London ankaufte, war anfänglich im höchsten Grade scheu und bissig, tobte beim blosen Erscheinen des Wärters wie unsinnig im Käfig umher, machte Sprünge von vier bis sechs Fuß Höhe und suchte auf alle Arten, vor dem Menschen sich zu verbergen oder ihm zu entkommen. Ein ähnliches Entsetzen bewies es gegen verwandte Wildhunde, mit denen es zusammen gehalten wurde, und oftmals kam es eben dieser Scheu und Furchtsamkeit wegen zu argen Beißereien unter der sehr gemischten Gesellschaft. Das Alles aber verlor sich bald. Der Schabrakenschakal erkannte das Vergebliche seines Sträubens und befliß sich fortan eines anständigen Betragens. Schon nach wenig Wochen nahm er, vielleicht durch das gute Beispiel seiner Mitgefangenen ermuntert, dem Wärter das ihm vorgehaltene Fleisch oder Brod aus der Hand; nach etwa Monatsfrist hatte sich seine Scheu soweit verloren, daß er traulich auf den Ruf herbeikam und die dargebotene Hand liebe- voll beleckte. Auch zu seinen Mitgefangenen faßte er allgemach Vertrauen, und mit dem Vertrauen stellte sich eine gewisse Freundschaft ein, welche freilich durch einen vorgehaltenen fetten Bissen zu- weilen kleine Unterbrechungen erhielt, im Ganzen aber doch thatsächlich bestand.
Die Raubthiere. Hunde. — Schabrakenſchakal. Wolfshund.
Nach meinen Erfahrungen beginnt die Heimat des ſchwarzrückigen oder Schabrakenſchakals in Mittelnubien. Von hier aus reicht er längs der Oſtküſte Afrikas hinauf bis zum Kap, und wahr- ſcheinlich auch quer durch den ganzen Erdtheil bis zur Weſtküſte. Er findet ſich ebenſowohl in der Steppe, als in den Wäldern, vorzugsweiſe jedoch in Gebirgsländern. Am Kap und in Habeſch iſt er ſehr häufig. An der Oſtküſte des rothen Meeres breitet ſich eine ſchmale Wüſtenſteppe, die Samchara, aus, welche vielfach von Regenſtrombetten durchfurcht iſt, deren Ufer gewöhnlich üppige Dickichte bilden. Hier darf man ihn regelmäßig vermuthen; denn dieſe Dickichte ſind reich an Haſen und Frankolinen und gewähren ihm ſomit vielfache Gelegenheit, Beute zu machen. Er iſt frecher und zudringlicher, als jeder andere Wildhund. Seine eigentliche Jagdzeit iſt zwar die Nacht, doch ſieht man ihn auch bei Tag häufig genug umherlungern, ſelbſt unmittelbar in der Nähe der Dörfer. Jn den Frühſtunden begegnet man ihm überall, im Gebüſch ebenſowohl, als in der pflanzenleeren Ebene. Erſt in den Vor- mittagsſtunden trabt er ſeinem Lager zu. Nachts iſt er ein regelmäßiger Gaſt in den Dörfern und ſelbſt in der Mitte des Lagerplatzes; denn nicht einmal das Feuer ſcheint ihn auf ſeinen Diebeszügen zu hindern. Jch habe ihn wiederholt zwiſchen den Gepäckſtücken und den lagernden Kamelen umher- ſtreifen ſehen, und auf meiner erſten Reiſe in Afrika hat er mir ſogar auf dem nur vermittelſt eines Bretes mit dem Lande verbundenen Schiffe einen Beſuch gemacht. Bei den Eingebornen Afrikas iſt er äußerſt verhaßt, weil er alle nur denkbaren Sachen aus den Hütten wegſchleppt und unter dem Haus- geflügel, und ſogar unter den kleinen Herdenthieren, manchmal arge Verheerungen anrichtet. Die Somali verſichern, daß er ihren Schafen die Fettſchwänze abfreſſe; in Sudahn weiß man davon aber Nichts: hier kennt man ihn nur als ſehr eifrigen Jäger der kleinen Antilopen, der Mäuſe, Erd- eichhörnchen und anderer Nager. Bei dem Aas iſt er ein regelmäßiger Gaſt; er ſcheint ſolche Speiſe leidenſchaftlich gern zu freſſen. Wie Burton berichtet, betrachten die Somali das Geheul des Scha- brakenſchakal als ein Vorzeichen des kommenden Tages: ſie ſchließen von ihm aus auf gutes oder ſchlechtes Wetter. Jn Abiſſinien oder im Sudahn beachtet man dieſe Muſik nicht, obgleich man ſie oft genug zu hören bekommt. Jch meinestheils muß geſtehen, daß mir das Geheul dieſer Schakale niemals läſtig geworden iſt, ſondern mir immer eine ergötzliche Unterhaltung gewährt hat.
Ueber die Fortpflanzung unſers Wildhundes fehlen zur Zeit noch genügende Beobachtungen. Mir wurde erzählt, daß die Zahl des Gewölfes vier bis fünf betrage, und daß man die Jungen zu Anfang der großen Regenzeit finde. Jm Jnnern Afrikas fällt es Niemand ein, das wirklich nette Thier zu zähmen; wir erhalten deshalb auch nur aus dem Kaplande ab und zu einen dieſer Schakale lebendig. Wenn man ſich viel mit einem ſolchen Gefangenen beſchäftigt, gewinnt man bald ſein Ver- trauen. Der Schabrakenſchakal iſt im Grunde ein gutmüthiger, verträglicher Burſche, welcher jeden- falls mehr, als der Fuchs, zur Geſelligkeit und zum Frieden geneigt iſt. So ſcheu und wild er ſich anfänglich auch geberdet, ſo raſch erkennt er liebevolle Behandlung an und ſucht ſie durch dankbare Anhänglichkeit zu vergelten. Ein faſt ausgewachſenes Männchen dieſes Wildhundes, welches ich für unſern Thiergarten in London ankaufte, war anfänglich im höchſten Grade ſcheu und biſſig, tobte beim bloſen Erſcheinen des Wärters wie unſinnig im Käfig umher, machte Sprünge von vier bis ſechs Fuß Höhe und ſuchte auf alle Arten, vor dem Menſchen ſich zu verbergen oder ihm zu entkommen. Ein ähnliches Entſetzen bewies es gegen verwandte Wildhunde, mit denen es zuſammen gehalten wurde, und oftmals kam es eben dieſer Scheu und Furchtſamkeit wegen zu argen Beißereien unter der ſehr gemiſchten Geſellſchaft. Das Alles aber verlor ſich bald. Der Schabrakenſchakal erkannte das Vergebliche ſeines Sträubens und befliß ſich fortan eines anſtändigen Betragens. Schon nach wenig Wochen nahm er, vielleicht durch das gute Beiſpiel ſeiner Mitgefangenen ermuntert, dem Wärter das ihm vorgehaltene Fleiſch oder Brod aus der Hand; nach etwa Monatsfriſt hatte ſich ſeine Scheu ſoweit verloren, daß er traulich auf den Ruf herbeikam und die dargebotene Hand liebe- voll beleckte. Auch zu ſeinen Mitgefangenen faßte er allgemach Vertrauen, und mit dem Vertrauen ſtellte ſich eine gewiſſe Freundſchaft ein, welche freilich durch einen vorgehaltenen fetten Biſſen zu- weilen kleine Unterbrechungen erhielt, im Ganzen aber doch thatſächlich beſtand.
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Die Raubthiere. Hunde. — Schabrakenſchakal. Wolfshund.
Nach meinen Erfahrungen beginnt die Heimat des ſchwarzrückigen oder Schabrakenſchakals in
Mittelnubien. Von hier aus reicht er längs der Oſtküſte Afrikas hinauf bis zum Kap, und wahr-
ſcheinlich auch quer durch den ganzen Erdtheil bis zur Weſtküſte. Er findet ſich ebenſowohl in der
Steppe, als in den Wäldern, vorzugsweiſe jedoch in Gebirgsländern. Am Kap und in Habeſch iſt er
ſehr häufig. An der Oſtküſte des rothen Meeres breitet ſich eine ſchmale Wüſtenſteppe, die Samchara,
aus, welche vielfach von Regenſtrombetten durchfurcht iſt, deren Ufer gewöhnlich üppige Dickichte bilden.
Hier darf man ihn regelmäßig vermuthen; denn dieſe Dickichte ſind reich an Haſen und Frankolinen
und gewähren ihm ſomit vielfache Gelegenheit, Beute zu machen. Er iſt frecher und zudringlicher, als
jeder andere Wildhund. Seine eigentliche Jagdzeit iſt zwar die Nacht, doch ſieht man ihn auch bei
Tag häufig genug umherlungern, ſelbſt unmittelbar in der Nähe der Dörfer. Jn den Frühſtunden
begegnet man ihm überall, im Gebüſch ebenſowohl, als in der pflanzenleeren Ebene. Erſt in den Vor-
mittagsſtunden trabt er ſeinem Lager zu. Nachts iſt er ein regelmäßiger Gaſt in den Dörfern und
ſelbſt in der Mitte des Lagerplatzes; denn nicht einmal das Feuer ſcheint ihn auf ſeinen Diebeszügen
zu hindern. Jch habe ihn wiederholt zwiſchen den Gepäckſtücken und den lagernden Kamelen umher-
ſtreifen ſehen, und auf meiner erſten Reiſe in Afrika hat er mir ſogar auf dem nur vermittelſt eines
Bretes mit dem Lande verbundenen Schiffe einen Beſuch gemacht. Bei den Eingebornen Afrikas iſt er
äußerſt verhaßt, weil er alle nur denkbaren Sachen aus den Hütten wegſchleppt und unter dem Haus-
geflügel, und ſogar unter den kleinen Herdenthieren, manchmal arge Verheerungen anrichtet. Die
Somali verſichern, daß er ihren Schafen die Fettſchwänze abfreſſe; in Sudahn weiß man davon aber
Nichts: hier kennt man ihn nur als ſehr eifrigen Jäger der kleinen Antilopen, der Mäuſe, Erd-
eichhörnchen und anderer Nager. Bei dem Aas iſt er ein regelmäßiger Gaſt; er ſcheint ſolche Speiſe
leidenſchaftlich gern zu freſſen. Wie Burton berichtet, betrachten die Somali das Geheul des Scha-
brakenſchakal als ein Vorzeichen des kommenden Tages: ſie ſchließen von ihm aus auf gutes oder
ſchlechtes Wetter. Jn Abiſſinien oder im Sudahn beachtet man dieſe Muſik nicht, obgleich man ſie oft
genug zu hören bekommt. Jch meinestheils muß geſtehen, daß mir das Geheul dieſer Schakale niemals
läſtig geworden iſt, ſondern mir immer eine ergötzliche Unterhaltung gewährt hat.
Ueber die Fortpflanzung unſers Wildhundes fehlen zur Zeit noch genügende Beobachtungen.
Mir wurde erzählt, daß die Zahl des Gewölfes vier bis fünf betrage, und daß man die Jungen zu
Anfang der großen Regenzeit finde. Jm Jnnern Afrikas fällt es Niemand ein, das wirklich nette
Thier zu zähmen; wir erhalten deshalb auch nur aus dem Kaplande ab und zu einen dieſer Schakale
lebendig. Wenn man ſich viel mit einem ſolchen Gefangenen beſchäftigt, gewinnt man bald ſein Ver-
trauen. Der Schabrakenſchakal iſt im Grunde ein gutmüthiger, verträglicher Burſche, welcher jeden-
falls mehr, als der Fuchs, zur Geſelligkeit und zum Frieden geneigt iſt. So ſcheu und wild er ſich
anfänglich auch geberdet, ſo raſch erkennt er liebevolle Behandlung an und ſucht ſie durch dankbare
Anhänglichkeit zu vergelten. Ein faſt ausgewachſenes Männchen dieſes Wildhundes, welches ich für
unſern Thiergarten in London ankaufte, war anfänglich im höchſten Grade ſcheu und biſſig, tobte
beim bloſen Erſcheinen des Wärters wie unſinnig im Käfig umher, machte Sprünge von vier bis
ſechs Fuß Höhe und ſuchte auf alle Arten, vor dem Menſchen ſich zu verbergen oder ihm zu entkommen.
Ein ähnliches Entſetzen bewies es gegen verwandte Wildhunde, mit denen es zuſammen gehalten
wurde, und oftmals kam es eben dieſer Scheu und Furchtſamkeit wegen zu argen Beißereien unter
der ſehr gemiſchten Geſellſchaft. Das Alles aber verlor ſich bald. Der Schabrakenſchakal erkannte
das Vergebliche ſeines Sträubens und befliß ſich fortan eines anſtändigen Betragens. Schon nach
wenig Wochen nahm er, vielleicht durch das gute Beiſpiel ſeiner Mitgefangenen ermuntert, dem
Wärter das ihm vorgehaltene Fleiſch oder Brod aus der Hand; nach etwa Monatsfriſt hatte ſich
ſeine Scheu ſoweit verloren, daß er traulich auf den Ruf herbeikam und die dargebotene Hand liebe-
voll beleckte. Auch zu ſeinen Mitgefangenen faßte er allgemach Vertrauen, und mit dem Vertrauen
ſtellte ſich eine gewiſſe Freundſchaft ein, welche freilich durch einen vorgehaltenen fetten Biſſen zu-
weilen kleine Unterbrechungen erhielt, im Ganzen aber doch thatſächlich beſtand.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 414. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/482>, abgerufen am 22.11.2024.
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