keit, taucht wie ein Seethier und kann Stunden lang im Wasser aushalten. Einmal fand man eines dieser Thiere in einer weiten Meeresbucht, Meilen vom Lande entfernt, und mußte wohl annehmen, daß es viele Stunden lang im Meere herumgeschwommen war. Dem Neufundländer ist es voll- kommen gleichgiltig, in welcher Weise er schwimmen muß; denn er geht ebensogut gegen den Strom oder Wellenschlag, als mit beiden. Ohne irgend welche vorausgegangene Abrichtung holt er un- ermüdlich jeden Gegenstand aus dem Wasser, selbst bei der strengsten Kälte, und bringt ihn seinem Herrn. Der Mensch kann ihn überhaupt nicht mehr vergnügen, als wenn er ihm Gelegenheit giebt, sich viel im Wasser aufzuhalten, und schwerlich dürfte man etwas Lustigeres sehen können, als einen guten Schwimmer, welcher sich in Gesellschaft seines Neufundländers im Meere herumtreibt. Der Hund ist dann außer sich vor Freude, daß auch der Mensch gleich ihm mit dem Wasser vertraut ist, und bemüht sich nach Kräften, diese Freude an den Tag zu legen. Er macht dann Burzelbäume und treibt das tollste Zeug aus lauter Uebermuth; schwimmt bald vor seinem Herrn, bald hinter ihm her, taucht unter ihm weg, thut, als wolle er ihn ein Stückchen tragen oder stützen: kurz, er spielt förmlich im Wasser. Und wenn endlich der Herr ermüdet nach dem Ufer sich wendet, bemüht sich der Hund ihn noch zum neuen Wettschwimmen aufzufordern.
Diese außerordentliche Befähigung des Neufundländers für das Wasser macht ihn zu einem sehr nützlichen Thiere an allen Seeküsten. Man kennt Hunderte von Beispielen, wo durch den Muth und die Kraft des vortrefflichen Geschöpfes ertrinkende Menschen gerettet worden sind. Viele Schiffer haben ihn stets bei sich, weil er vorkommenden Falls die ganze Mannschaft zu retten im Stande ist. Bei Schiffbrüchen z. B. ist er oft mit einem Seile im Maule ans Land geschwommen, und hat so die Rettung der Mannschaft vermittelt, oder aber ist vom Lande aus in die See gegangen und hat einen der Schiffbrüchigen nach dem andern herüberbugsirt. Auch als Kinderwärter ist er unübertrefflich, namentlich in Ortschaften, welche in der Nähe tiefer Gewässer liegen. Man darf auch das kleinste Kind ganz dreist seiner Wachsamkeit und Treue anvertrauen, weil man sicher ist, daß dem Kinde, solange der Hund sich bei ihm befindet, nicht das Geringste zu Leide geschieht. Die Beispiele, in denen er sich bei diesen Geschäften bewährt hat, sind gar nicht zu zählen. -- Sobald er einen Menschen im Wasser in Gefahr sieht, stürzt er sich angenblicklich in das ihm befreundete Element, eilt zu jenem hin, schiebt ihm die Schnauze unter die Achsel und hebt ihn mit derselben über den Wasser- spiegel empor. Auch halb erfrorne Leute hat er mehrmals vor dem sichern Tode bewahrt, indem er ganz nach Weise der Bernhardiner Hunde handelte. Das Land wittert er von Schiffen aus in großer Entfernung, zuweilen auf mehr als zehn englische Meilen, und giebt Dies durch Bellen zu erkennen. Zu diesen vortrefflichen Eigenschaften kommt noch seine große Gutmüthigkeit und Sanftheit, sowie die unauslöschliche Daukbarkeit für empfangene Wohlthaten; -- ebenso bewahrt er freilich auch erlittene Unbill und Strafe in seinem Gedächtniß auf und wird Leuten, welche ihn mit Absicht quälen, manchmal doch gefährlich.
Jn Neufundland selbst findet man fast nur die schwarzen Hunde dieser Art, welche um Nase, Kehle und Fußgelenke gelblich sind und über jedem Auge einen gelben Fleck haben. Dort erhält sich die Rasse sehr rein, während Dies bei uns leider nicht immer der Fall ist. Uebrigens wird das edle Thier in seiner Heimat sehr schlecht behandelt. Man spannt ihn vor einen kleinen Wagen oder Schlitten, läßt ihn Holz schleppen oder beladet seinen breiten Rücken sogar mit Eselsbürden, und dabei nährt man ihn mit dem erbärmlichsten Futter, welches es geben kann, mit alten, halbver- faulten oder verdorbenen Fischen und dergleichen. Viele der schönen Thiere gehen unter der elenden Behandlung zu Grunde, und andere lassen sich, wenn sie sich einmal von ihren Tyrannen befreien können, mancherlei Vergehen zu Schulden kommen, indem sie die Herden räuberisch überfallen und so großen Schaden anrichten. Außer zu jenen Arbeiten benutzt man sie in Neufundland auch noch zur Vertreibung des amerikanischen Wolfes, und zwar mit dem besten Erfolg, weil das starke Thier jenen feigen und erbärmlichen Räuber mit leichter Mühe bewältigt und gewöhnlich im Kampfe todtbeißt.
Eigenſchaften und Weſen des Neufundländers.
keit, taucht wie ein Seethier und kann Stunden lang im Waſſer aushalten. Einmal fand man eines dieſer Thiere in einer weiten Meeresbucht, Meilen vom Lande entfernt, und mußte wohl annehmen, daß es viele Stunden lang im Meere herumgeſchwommen war. Dem Neufundländer iſt es voll- kommen gleichgiltig, in welcher Weiſe er ſchwimmen muß; denn er geht ebenſogut gegen den Strom oder Wellenſchlag, als mit beiden. Ohne irgend welche vorausgegangene Abrichtung holt er un- ermüdlich jeden Gegenſtand aus dem Waſſer, ſelbſt bei der ſtrengſten Kälte, und bringt ihn ſeinem Herrn. Der Menſch kann ihn überhaupt nicht mehr vergnügen, als wenn er ihm Gelegenheit giebt, ſich viel im Waſſer aufzuhalten, und ſchwerlich dürfte man etwas Luſtigeres ſehen können, als einen guten Schwimmer, welcher ſich in Geſellſchaft ſeines Neufundländers im Meere herumtreibt. Der Hund iſt dann außer ſich vor Freude, daß auch der Menſch gleich ihm mit dem Waſſer vertraut iſt, und bemüht ſich nach Kräften, dieſe Freude an den Tag zu legen. Er macht dann Burzelbäume und treibt das tollſte Zeug aus lauter Uebermuth; ſchwimmt bald vor ſeinem Herrn, bald hinter ihm her, taucht unter ihm weg, thut, als wolle er ihn ein Stückchen tragen oder ſtützen: kurz, er ſpielt förmlich im Waſſer. Und wenn endlich der Herr ermüdet nach dem Ufer ſich wendet, bemüht ſich der Hund ihn noch zum neuen Wettſchwimmen aufzufordern.
Dieſe außerordentliche Befähigung des Neufundländers für das Waſſer macht ihn zu einem ſehr nützlichen Thiere an allen Seeküſten. Man kennt Hunderte von Beiſpielen, wo durch den Muth und die Kraft des vortrefflichen Geſchöpfes ertrinkende Menſchen gerettet worden ſind. Viele Schiffer haben ihn ſtets bei ſich, weil er vorkommenden Falls die ganze Mannſchaft zu retten im Stande iſt. Bei Schiffbrüchen z. B. iſt er oft mit einem Seile im Maule ans Land geſchwommen, und hat ſo die Rettung der Mannſchaft vermittelt, oder aber iſt vom Lande aus in die See gegangen und hat einen der Schiffbrüchigen nach dem andern herüberbugſirt. Auch als Kinderwärter iſt er unübertrefflich, namentlich in Ortſchaften, welche in der Nähe tiefer Gewäſſer liegen. Man darf auch das kleinſte Kind ganz dreiſt ſeiner Wachſamkeit und Treue anvertrauen, weil man ſicher iſt, daß dem Kinde, ſolange der Hund ſich bei ihm befindet, nicht das Geringſte zu Leide geſchieht. Die Beiſpiele, in denen er ſich bei dieſen Geſchäften bewährt hat, ſind gar nicht zu zählen. — Sobald er einen Menſchen im Waſſer in Gefahr ſieht, ſtürzt er ſich angenblicklich in das ihm befreundete Element, eilt zu jenem hin, ſchiebt ihm die Schnauze unter die Achſel und hebt ihn mit derſelben über den Waſſer- ſpiegel empor. Auch halb erfrorne Leute hat er mehrmals vor dem ſichern Tode bewahrt, indem er ganz nach Weiſe der Bernhardiner Hunde handelte. Das Land wittert er von Schiffen aus in großer Entfernung, zuweilen auf mehr als zehn engliſche Meilen, und giebt Dies durch Bellen zu erkennen. Zu dieſen vortrefflichen Eigenſchaften kommt noch ſeine große Gutmüthigkeit und Sanftheit, ſowie die unauslöſchliche Daukbarkeit für empfangene Wohlthaten; — ebenſo bewahrt er freilich auch erlittene Unbill und Strafe in ſeinem Gedächtniß auf und wird Leuten, welche ihn mit Abſicht quälen, manchmal doch gefährlich.
Jn Neufundland ſelbſt findet man faſt nur die ſchwarzen Hunde dieſer Art, welche um Naſe, Kehle und Fußgelenke gelblich ſind und über jedem Auge einen gelben Fleck haben. Dort erhält ſich die Raſſe ſehr rein, während Dies bei uns leider nicht immer der Fall iſt. Uebrigens wird das edle Thier in ſeiner Heimat ſehr ſchlecht behandelt. Man ſpannt ihn vor einen kleinen Wagen oder Schlitten, läßt ihn Holz ſchleppen oder beladet ſeinen breiten Rücken ſogar mit Eſelsbürden, und dabei nährt man ihn mit dem erbärmlichſten Futter, welches es geben kann, mit alten, halbver- faulten oder verdorbenen Fiſchen und dergleichen. Viele der ſchönen Thiere gehen unter der elenden Behandlung zu Grunde, und andere laſſen ſich, wenn ſie ſich einmal von ihren Tyrannen befreien können, mancherlei Vergehen zu Schulden kommen, indem ſie die Herden räuberiſch überfallen und ſo großen Schaden anrichten. Außer zu jenen Arbeiten benutzt man ſie in Neufundland auch noch zur Vertreibung des amerikaniſchen Wolfes, und zwar mit dem beſten Erfolg, weil das ſtarke Thier jenen feigen und erbärmlichen Räuber mit leichter Mühe bewältigt und gewöhnlich im Kampfe todtbeißt.
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Eigenſchaften und Weſen des Neufundländers.
keit, taucht wie ein Seethier und kann Stunden lang im Waſſer aushalten. Einmal fand man eines
dieſer Thiere in einer weiten Meeresbucht, Meilen vom Lande entfernt, und mußte wohl annehmen,
daß es viele Stunden lang im Meere herumgeſchwommen war. Dem Neufundländer iſt es voll-
kommen gleichgiltig, in welcher Weiſe er ſchwimmen muß; denn er geht ebenſogut gegen den Strom
oder Wellenſchlag, als mit beiden. Ohne irgend welche vorausgegangene Abrichtung holt er un-
ermüdlich jeden Gegenſtand aus dem Waſſer, ſelbſt bei der ſtrengſten Kälte, und bringt ihn ſeinem
Herrn. Der Menſch kann ihn überhaupt nicht mehr vergnügen, als wenn er ihm Gelegenheit giebt,
ſich viel im Waſſer aufzuhalten, und ſchwerlich dürfte man etwas Luſtigeres ſehen können, als einen
guten Schwimmer, welcher ſich in Geſellſchaft ſeines Neufundländers im Meere herumtreibt. Der
Hund iſt dann außer ſich vor Freude, daß auch der Menſch gleich ihm mit dem Waſſer vertraut iſt,
und bemüht ſich nach Kräften, dieſe Freude an den Tag zu legen. Er macht dann Burzelbäume und
treibt das tollſte Zeug aus lauter Uebermuth; ſchwimmt bald vor ſeinem Herrn, bald hinter ihm her,
taucht unter ihm weg, thut, als wolle er ihn ein Stückchen tragen oder ſtützen: kurz, er ſpielt förmlich
im Waſſer. Und wenn endlich der Herr ermüdet nach dem Ufer ſich wendet, bemüht ſich der Hund
ihn noch zum neuen Wettſchwimmen aufzufordern.
Dieſe außerordentliche Befähigung des Neufundländers für das Waſſer macht ihn zu einem
ſehr nützlichen Thiere an allen Seeküſten. Man kennt Hunderte von Beiſpielen, wo durch den Muth
und die Kraft des vortrefflichen Geſchöpfes ertrinkende Menſchen gerettet worden ſind. Viele
Schiffer haben ihn ſtets bei ſich, weil er vorkommenden Falls die ganze Mannſchaft zu retten im
Stande iſt. Bei Schiffbrüchen z. B. iſt er oft mit einem Seile im Maule ans Land geſchwommen,
und hat ſo die Rettung der Mannſchaft vermittelt, oder aber iſt vom Lande aus in die See gegangen
und hat einen der Schiffbrüchigen nach dem andern herüberbugſirt. Auch als Kinderwärter iſt er
unübertrefflich, namentlich in Ortſchaften, welche in der Nähe tiefer Gewäſſer liegen. Man darf auch
das kleinſte Kind ganz dreiſt ſeiner Wachſamkeit und Treue anvertrauen, weil man ſicher iſt, daß dem
Kinde, ſolange der Hund ſich bei ihm befindet, nicht das Geringſte zu Leide geſchieht. Die Beiſpiele,
in denen er ſich bei dieſen Geſchäften bewährt hat, ſind gar nicht zu zählen. — Sobald er einen
Menſchen im Waſſer in Gefahr ſieht, ſtürzt er ſich angenblicklich in das ihm befreundete Element, eilt
zu jenem hin, ſchiebt ihm die Schnauze unter die Achſel und hebt ihn mit derſelben über den Waſſer-
ſpiegel empor. Auch halb erfrorne Leute hat er mehrmals vor dem ſichern Tode bewahrt, indem er
ganz nach Weiſe der Bernhardiner Hunde handelte. Das Land wittert er von Schiffen aus in
großer Entfernung, zuweilen auf mehr als zehn engliſche Meilen, und giebt Dies durch Bellen zu
erkennen. Zu dieſen vortrefflichen Eigenſchaften kommt noch ſeine große Gutmüthigkeit und Sanftheit,
ſowie die unauslöſchliche Daukbarkeit für empfangene Wohlthaten; — ebenſo bewahrt er freilich auch
erlittene Unbill und Strafe in ſeinem Gedächtniß auf und wird Leuten, welche ihn mit Abſicht quälen,
manchmal doch gefährlich.
Jn Neufundland ſelbſt findet man faſt nur die ſchwarzen Hunde dieſer Art, welche um Naſe,
Kehle und Fußgelenke gelblich ſind und über jedem Auge einen gelben Fleck haben. Dort erhält ſich
die Raſſe ſehr rein, während Dies bei uns leider nicht immer der Fall iſt. Uebrigens wird das edle
Thier in ſeiner Heimat ſehr ſchlecht behandelt. Man ſpannt ihn vor einen kleinen Wagen oder
Schlitten, läßt ihn Holz ſchleppen oder beladet ſeinen breiten Rücken ſogar mit Eſelsbürden, und
dabei nährt man ihn mit dem erbärmlichſten Futter, welches es geben kann, mit alten, halbver-
faulten oder verdorbenen Fiſchen und dergleichen. Viele der ſchönen Thiere gehen unter der
elenden Behandlung zu Grunde, und andere laſſen ſich, wenn ſie ſich einmal von ihren Tyrannen
befreien können, mancherlei Vergehen zu Schulden kommen, indem ſie die Herden räuberiſch überfallen
und ſo großen Schaden anrichten. Außer zu jenen Arbeiten benutzt man ſie in Neufundland auch
noch zur Vertreibung des amerikaniſchen Wolfes, und zwar mit dem beſten Erfolg, weil das
ſtarke Thier jenen feigen und erbärmlichen Räuber mit leichter Mühe bewältigt und gewöhnlich im
Kampfe todtbeißt.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 383. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/449>, abgerufen am 22.07.2024.
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