wärts gebogen. Nur an ihm findet sich bei einzelnen Abarten oder Rassen eine dichtere und längere Behaarung, und zwar sind es regelmäßig die schnellsten Windhunde, welche einen dicker behaarten Schwanz tragen. Auf dem übrigen Körper ist die Behaarung dicht anliegend, fein und glatt; manche Rassen sind aber auch am Körper verhältnißmäßig langhaarig. Ein röthliches Gelb oder die be- kannte Rehfarbe ist die allgemeine Färbung dieses Haares, und gerade die vollendetsten Windhunde, nämlich die persischen und innerafrikanischen, tragen fast ausschließlich ein derartig gefärbtes Haar- kleid. Gefleckte Windspiele sind seltener; sie sind gleichsam unnatürliche Geschöpfe und regelmäßig schwächlicher, als die einfarbigen. Die Körperlänge eines großen Windhundes beträgt zwei, ja selbst drei Fuß, die des Schwanzes 11/2 Fuß, die Höhe am Widerrist zwei Fuß drei Zoll, häufig noch darüber.
[Abbildung]
Der Windhund (Canis grajus).
Hinsichtlich des geistigen Wesens unterscheidet sich der Windhund sehr von allen übrigen Ver- wandten. Er ist ein im höchsten Grade selbstsüchtiges Geschöpf. Aus diesem Grunde hängt er auch nicht mit besonderer Treue seinem Herrn an, sondern läßt sich von Jedermann schmeicheln und neigt sich zu Jedem hin, der ihm freundlich ist. Gegen Liebkosungen ist er empfänglich, wie kein anderer Hund; er ist aber auch ebenso leicht erzürnt und fletscht schon bei der kleinsten Neckerei die Zähne. Eine große Eitelkeit und ein gewisser Stolz ist ihm nicht abzusprechen; Zurücksetzungen verträgt er nicht. Bei lebhafter Erregung nimmt sein Herzschlag eine kaum glaubliche Unregelmäßigkeit und Schnelligkeit an; er zittert dabei oft am ganzen Leibe. Alle diese Eigenschaften machen die Windhunde nur bis zu einem gewissen Grade als Gesellschafter des Menschen tauglich. Haben sie einen Herrn. welcher ihnen beständig schmeichelt, so befinden sie sich wohl und zeigen auch eine gewisse Anhänglich- keit. Allein ihre Untreue wird augenblicklich kund, sobald ihnen ein anderer Mensch sich freundlicher
Die Raubthiere. Hunde. — Windhunde.
wärts gebogen. Nur an ihm findet ſich bei einzelnen Abarten oder Raſſen eine dichtere und längere Behaarung, und zwar ſind es regelmäßig die ſchnellſten Windhunde, welche einen dicker behaarten Schwanz tragen. Auf dem übrigen Körper iſt die Behaarung dicht anliegend, fein und glatt; manche Raſſen ſind aber auch am Körper verhältnißmäßig langhaarig. Ein röthliches Gelb oder die be- kannte Rehfarbe iſt die allgemeine Färbung dieſes Haares, und gerade die vollendetſten Windhunde, nämlich die perſiſchen und innerafrikaniſchen, tragen faſt ausſchließlich ein derartig gefärbtes Haar- kleid. Gefleckte Windſpiele ſind ſeltener; ſie ſind gleichſam unnatürliche Geſchöpfe und regelmäßig ſchwächlicher, als die einfarbigen. Die Körperlänge eines großen Windhundes beträgt zwei, ja ſelbſt drei Fuß, die des Schwanzes 1½ Fuß, die Höhe am Widerriſt zwei Fuß drei Zoll, häufig noch darüber.
[Abbildung]
Der Windhund (Canis grajus).
Hinſichtlich des geiſtigen Weſens unterſcheidet ſich der Windhund ſehr von allen übrigen Ver- wandten. Er iſt ein im höchſten Grade ſelbſtſüchtiges Geſchöpf. Aus dieſem Grunde hängt er auch nicht mit beſonderer Treue ſeinem Herrn an, ſondern läßt ſich von Jedermann ſchmeicheln und neigt ſich zu Jedem hin, der ihm freundlich iſt. Gegen Liebkoſungen iſt er empfänglich, wie kein anderer Hund; er iſt aber auch ebenſo leicht erzürnt und fletſcht ſchon bei der kleinſten Neckerei die Zähne. Eine große Eitelkeit und ein gewiſſer Stolz iſt ihm nicht abzuſprechen; Zurückſetzungen verträgt er nicht. Bei lebhafter Erregung nimmt ſein Herzſchlag eine kaum glaubliche Unregelmäßigkeit und Schnelligkeit an; er zittert dabei oft am ganzen Leibe. Alle dieſe Eigenſchaften machen die Windhunde nur bis zu einem gewiſſen Grade als Geſellſchafter des Menſchen tauglich. Haben ſie einen Herrn. welcher ihnen beſtändig ſchmeichelt, ſo befinden ſie ſich wohl und zeigen auch eine gewiſſe Anhänglich- keit. Allein ihre Untreue wird augenblicklich kund, ſobald ihnen ein anderer Menſch ſich freundlicher
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Die Raubthiere. Hunde. — Windhunde.
wärts gebogen. Nur an ihm findet ſich bei einzelnen Abarten oder Raſſen eine dichtere und längere
Behaarung, und zwar ſind es regelmäßig die ſchnellſten Windhunde, welche einen dicker behaarten
Schwanz tragen. Auf dem übrigen Körper iſt die Behaarung dicht anliegend, fein und glatt; manche
Raſſen ſind aber auch am Körper verhältnißmäßig langhaarig. Ein röthliches Gelb oder die be-
kannte Rehfarbe iſt die allgemeine Färbung dieſes Haares, und gerade die vollendetſten Windhunde,
nämlich die perſiſchen und innerafrikaniſchen, tragen faſt ausſchließlich ein derartig gefärbtes Haar-
kleid. Gefleckte Windſpiele ſind ſeltener; ſie ſind gleichſam unnatürliche Geſchöpfe und regelmäßig
ſchwächlicher, als die einfarbigen. Die Körperlänge eines großen Windhundes beträgt zwei, ja
ſelbſt drei Fuß, die des Schwanzes 1½ Fuß, die Höhe am Widerriſt zwei Fuß drei Zoll, häufig
noch darüber.
[Abbildung Der Windhund (Canis grajus).]
Hinſichtlich des geiſtigen Weſens unterſcheidet ſich der Windhund ſehr von allen übrigen Ver-
wandten. Er iſt ein im höchſten Grade ſelbſtſüchtiges Geſchöpf. Aus dieſem Grunde hängt er auch
nicht mit beſonderer Treue ſeinem Herrn an, ſondern läßt ſich von Jedermann ſchmeicheln und neigt
ſich zu Jedem hin, der ihm freundlich iſt. Gegen Liebkoſungen iſt er empfänglich, wie kein anderer
Hund; er iſt aber auch ebenſo leicht erzürnt und fletſcht ſchon bei der kleinſten Neckerei die Zähne.
Eine große Eitelkeit und ein gewiſſer Stolz iſt ihm nicht abzuſprechen; Zurückſetzungen verträgt er
nicht. Bei lebhafter Erregung nimmt ſein Herzſchlag eine kaum glaubliche Unregelmäßigkeit und
Schnelligkeit an; er zittert dabei oft am ganzen Leibe. Alle dieſe Eigenſchaften machen die Windhunde
nur bis zu einem gewiſſen Grade als Geſellſchafter des Menſchen tauglich. Haben ſie einen Herrn.
welcher ihnen beſtändig ſchmeichelt, ſo befinden ſie ſich wohl und zeigen auch eine gewiſſe Anhänglich-
keit. Allein ihre Untreue wird augenblicklich kund, ſobald ihnen ein anderer Menſch ſich freundlicher
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 346. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/412>, abgerufen am 22.11.2024.
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