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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864.

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Die Raubthiere. Hunde. -- Afrikanischer Hund. Windhunde.
gegen Wasserscheu und heilt dieselbe, wenn es auf die Wunde gelegt wird, die ein toller Hund ver-
ursachte. Die Galle mit Honig versetzt ist eine Augensalbe, hilft aber auch gegen Flechten, und wenn
sie mit einer Feder, anstatt mit der Hand aufgestrichen wird, gegen die Fußgicht, thut auch zur Be-
streichung von Häusern treffliche Dienste. Die Milch ist sehr gut, wenn sie getrunken wird; mit Salpeter
versetzt hilft sie gegen den Aussatz; mit Asche vermischt erzeugt sie Haarwuchs oder befördert schwere
Geburten. Der Harn von jungen Hunden ist, wenn er gereinigt worden, ein Mittel, überflüssigen
Haarwuchs zu vertreiben. Mit den Zähnen reiht man kleinen Kindern die Kinnlade und erleichtert
dadurch das Zahnen. Wirft man den linken Oberreißzahn ins Feuer, so vergehen die Zahnschmerzen,
sobald der Rauch vergangen ist; wird der Zahn zu Pulver gerieben und mit Honig versetzt, so ist
diese Mischung ein Mittel gegen dieselben Schmerzen. Der Koth giebt vortreffliche Pflaster gegen
Geschwüre; er kann sogar gegen die Bräune, die Ruhr benutzt werden -- doch, wer wollte das Alles
noch zusammenzählen! Bemerkenswerth ist es, daß noch heutigen Tages manche dieser Mittel in Ge-
brauch sind, namentlich bei den Landleuten; schade dagegen, daß sich die Homöopathie bis jetzt dieser
vortrefflichen Mittel noch nicht in wünschenswerther Vollständigkeit bediente. --

[Abbildung] Der nackte oder afrikanische Hund (Canis africanus).

So haben wir denn den Hund im Allgemeinen verfolgt, von seinem Ursprung bis zu seinem
Ende, soweit wir Dies konnten, und es wird nun wohl an der Zeit sein, wenn wir uns mit einigen
der Hauptarten dieses merkwürdigen Geschlechts beschäftigen. Hierbei muß ich im voraus bemerken,
daß wir aus dem zahllosen Heere der Formen -- Reichenbach führt ihrer 195 (!) auf -- blos die
wichtigsten hervorheben können. Und auch Dies geschieht nur ausnahmsweise, gewissermaßen aus
Dankbarkeit für die Liebe, welche die Hunde uns beweisen. Bei allen übrigen Hausthieren werde ich
kürzer sein können, als hier: -- einfach deshalb, weil kein anderes Geschöpf in dem Grade Hausthier
geworden ist, wie der Hund.

Ein bei uns sehr selten vorkommendes, fast harmloses Thier ist der nackte oder afrikanische
Hund
(Canis africanus), so genannt, weil er, wie man annimmt, ursprünglich dem Jnnern von
Afrika angehörte und von dort nach Nordafrika und über Guinea nach Manila, China, auf die
Antillen und Bahama-Jnseln, sowie über das Festland von Süd- und Mittelamerika verbreitet
wurde. Wegen seiner Merkmale, die durch den einen seiner Namen schon ausgedrückt sind, ist er sehr
leicht kenntlich. Der Leib ist etwas gestreckt, schmächtig, gegen die Weichen stark eingezogen, der
Rücken stark gekrümmt, die Brust schmal, der Hals mittellang, aber dünn, der Kopf länglich und

Die Raubthiere. Hunde. — Afrikaniſcher Hund. Windhunde.
gegen Waſſerſcheu und heilt dieſelbe, wenn es auf die Wunde gelegt wird, die ein toller Hund ver-
urſachte. Die Galle mit Honig verſetzt iſt eine Augenſalbe, hilft aber auch gegen Flechten, und wenn
ſie mit einer Feder, anſtatt mit der Hand aufgeſtrichen wird, gegen die Fußgicht, thut auch zur Be-
ſtreichung von Häuſern treffliche Dienſte. Die Milch iſt ſehr gut, wenn ſie getrunken wird; mit Salpeter
verſetzt hilft ſie gegen den Ausſatz; mit Aſche vermiſcht erzeugt ſie Haarwuchs oder befördert ſchwere
Geburten. Der Harn von jungen Hunden iſt, wenn er gereinigt worden, ein Mittel, überflüſſigen
Haarwuchs zu vertreiben. Mit den Zähnen reiht man kleinen Kindern die Kinnlade und erleichtert
dadurch das Zahnen. Wirft man den linken Oberreißzahn ins Feuer, ſo vergehen die Zahnſchmerzen,
ſobald der Rauch vergangen iſt; wird der Zahn zu Pulver gerieben und mit Honig verſetzt, ſo iſt
dieſe Miſchung ein Mittel gegen dieſelben Schmerzen. Der Koth giebt vortreffliche Pflaſter gegen
Geſchwüre; er kann ſogar gegen die Bräune, die Ruhr benutzt werden — doch, wer wollte das Alles
noch zuſammenzählen! Bemerkenswerth iſt es, daß noch heutigen Tages manche dieſer Mittel in Ge-
brauch ſind, namentlich bei den Landleuten; ſchade dagegen, daß ſich die Homöopathie bis jetzt dieſer
vortrefflichen Mittel noch nicht in wünſchenswerther Vollſtändigkeit bediente. —

[Abbildung] Der nackte oder afrikaniſche Hund (Canis africanus).

So haben wir denn den Hund im Allgemeinen verfolgt, von ſeinem Urſprung bis zu ſeinem
Ende, ſoweit wir Dies konnten, und es wird nun wohl an der Zeit ſein, wenn wir uns mit einigen
der Hauptarten dieſes merkwürdigen Geſchlechts beſchäftigen. Hierbei muß ich im voraus bemerken,
daß wir aus dem zahlloſen Heere der Formen — Reichenbach führt ihrer 195 (!) auf — blos die
wichtigſten hervorheben können. Und auch Dies geſchieht nur ausnahmsweiſe, gewiſſermaßen aus
Dankbarkeit für die Liebe, welche die Hunde uns beweiſen. Bei allen übrigen Hausthieren werde ich
kürzer ſein können, als hier: — einfach deshalb, weil kein anderes Geſchöpf in dem Grade Hausthier
geworden iſt, wie der Hund.

Ein bei uns ſehr ſelten vorkommendes, faſt harmloſes Thier iſt der nackte oder afrikaniſche
Hund
(Canis africanus), ſo genannt, weil er, wie man annimmt, urſprünglich dem Jnnern von
Afrika angehörte und von dort nach Nordafrika und über Guinea nach Manila, China, auf die
Antillen und Bahama-Jnſeln, ſowie über das Feſtland von Süd- und Mittelamerika verbreitet
wurde. Wegen ſeiner Merkmale, die durch den einen ſeiner Namen ſchon ausgedrückt ſind, iſt er ſehr
leicht kenntlich. Der Leib iſt etwas geſtreckt, ſchmächtig, gegen die Weichen ſtark eingezogen, der
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[344/0410] Die Raubthiere. Hunde. — Afrikaniſcher Hund. Windhunde. gegen Waſſerſcheu und heilt dieſelbe, wenn es auf die Wunde gelegt wird, die ein toller Hund ver- urſachte. Die Galle mit Honig verſetzt iſt eine Augenſalbe, hilft aber auch gegen Flechten, und wenn ſie mit einer Feder, anſtatt mit der Hand aufgeſtrichen wird, gegen die Fußgicht, thut auch zur Be- ſtreichung von Häuſern treffliche Dienſte. Die Milch iſt ſehr gut, wenn ſie getrunken wird; mit Salpeter verſetzt hilft ſie gegen den Ausſatz; mit Aſche vermiſcht erzeugt ſie Haarwuchs oder befördert ſchwere Geburten. Der Harn von jungen Hunden iſt, wenn er gereinigt worden, ein Mittel, überflüſſigen Haarwuchs zu vertreiben. Mit den Zähnen reiht man kleinen Kindern die Kinnlade und erleichtert dadurch das Zahnen. Wirft man den linken Oberreißzahn ins Feuer, ſo vergehen die Zahnſchmerzen, ſobald der Rauch vergangen iſt; wird der Zahn zu Pulver gerieben und mit Honig verſetzt, ſo iſt dieſe Miſchung ein Mittel gegen dieſelben Schmerzen. Der Koth giebt vortreffliche Pflaſter gegen Geſchwüre; er kann ſogar gegen die Bräune, die Ruhr benutzt werden — doch, wer wollte das Alles noch zuſammenzählen! Bemerkenswerth iſt es, daß noch heutigen Tages manche dieſer Mittel in Ge- brauch ſind, namentlich bei den Landleuten; ſchade dagegen, daß ſich die Homöopathie bis jetzt dieſer vortrefflichen Mittel noch nicht in wünſchenswerther Vollſtändigkeit bediente. — [Abbildung Der nackte oder afrikaniſche Hund (Canis africanus).] So haben wir denn den Hund im Allgemeinen verfolgt, von ſeinem Urſprung bis zu ſeinem Ende, ſoweit wir Dies konnten, und es wird nun wohl an der Zeit ſein, wenn wir uns mit einigen der Hauptarten dieſes merkwürdigen Geſchlechts beſchäftigen. Hierbei muß ich im voraus bemerken, daß wir aus dem zahlloſen Heere der Formen — Reichenbach führt ihrer 195 (!) auf — blos die wichtigſten hervorheben können. Und auch Dies geſchieht nur ausnahmsweiſe, gewiſſermaßen aus Dankbarkeit für die Liebe, welche die Hunde uns beweiſen. Bei allen übrigen Hausthieren werde ich kürzer ſein können, als hier: — einfach deshalb, weil kein anderes Geſchöpf in dem Grade Hausthier geworden iſt, wie der Hund. Ein bei uns ſehr ſelten vorkommendes, faſt harmloſes Thier iſt der nackte oder afrikaniſche Hund (Canis africanus), ſo genannt, weil er, wie man annimmt, urſprünglich dem Jnnern von Afrika angehörte und von dort nach Nordafrika und über Guinea nach Manila, China, auf die Antillen und Bahama-Jnſeln, ſowie über das Feſtland von Süd- und Mittelamerika verbreitet wurde. Wegen ſeiner Merkmale, die durch den einen ſeiner Namen ſchon ausgedrückt ſind, iſt er ſehr leicht kenntlich. Der Leib iſt etwas geſtreckt, ſchmächtig, gegen die Weichen ſtark eingezogen, der Rücken ſtark gekrümmt, die Bruſt ſchmal, der Hals mittellang, aber dünn, der Kopf länglich und

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Zitationshilfe: Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/410>, abgerufen am 22.11.2024.