in einer Meierei achtzehn Schafe in einer Nacht und fraß von ihrem Fleische auch nicht einen einzigen Bissen, sondern riß ihnen blos den Hals auf und trank ihr Blut. Am andern Tage wurde er im nahen Walde erlegt; sein Magen war noch strotzend von Blut, aber kein Fleisch fand sich darin. Wenn sich der Puma übermäßig mit Blut angefüllt hat, entfernt er sich gegen seine Gewohnheit nie- mals weit von dem Schauplatze seiner Metzeleien und überläßt sich sogleich dem Schlafe. Nach den Erzählungen der Landleute aus Paraguai und nach den Berichten Azara's soll er in einer Nacht manchmal bis funfzig Schafe erwürgen! Niemals schleppt er eine gemachte Beute weit von dem Orte weg, an welchem er sie tödtete. Größere Thiere, als Schafe, greift er nicht an: Pferde, Maul- esel, Stiere und Kühe sind vor ihm sicher, ebenso auch die Hunde, obgleich er oft dicht an die Wohnungen heranstreift.
Nur ungern bleibt der Kuguar lange in dem gleichen Gebiete. Gewöhnlich streift er ruhelos umher. Dabei scheut er sich aber vor dem Wasser und schwimmt nur im Nothfalle über Flüsse, ob- wohl er das Schwimmen sehr gut versteht.
Zur Begattungszeit, welche in Südamerika in den Februar und März fällt, sucht sich das Männchen ein Weibchen auf. Die übrige Zeit leben die Geschlechter getrennt und jagen für sich allein. Die Tragzeit mag etwa drei Monate währen. Das Weibchen wirft zwei, seltener drei Junge, welche blind zur Welt kommen. Sie werden von der Mutter im hohen Grafe, im Dickicht des Waldes oder wohl auch in einem hohlen Baume versteckt und behütet, wenn auch die Alte bei ihren Raub- zügen sich oft weit von ihnen entfernt. Gegen Menschen und Hunde wagt sie ihre Brut übrigens nicht zu vertheidigen, sondern läßt sie feig im Stiche. Die Jungen begleiten die Mutter nach einigen Wochen auf ihren Streifereien und werden dann von ihr verlassen.
Wegen der blutdürftigen Grausamkeit und der damit im Zusammenhange stehenden, ganz un- verhältnißmäßigen Schädlichkeit des Kuguars wendet man alle Mittel an, um seiner sobald als möglich los zu werden. Seine Jagd ist kaum gefährlich zu nennen: denn falls man vorsichtig ist, hat man selbst von einem verwundeten Puma, welcher von Schmerz gepeinigt auf seinen Angreifer los- geht, nicht viel zu fürchten. Gewöhnlich sucht der feige Gesell, sobald er einen Menschen erblickt, sein Heil in der Flucht und entschwindet, weil er sich trefflich zu verstecken weiß, fast immer bald dem Auge. Jm Walde ist er schwer zu erreichen, weil er, sobald er von den Hunden aufgescheucht wurde, auf Bäume klettert und in dem Gezweig seinen Weg mit größter Schnelligkeit weiter verfolgt. Nur im ersten Schlafe ist es leicht, ihn mit Hunden zu überraschen. Dann vertheidigt er sich auch wohl gegen dieselben, doch erliegt er ihnen regelmäßig, wenn sie groß, stark und geübt sind. Jm Nothfalle sind dann auch die Jäger immer bei der Hand und können dem von den Hunden festgehaltenen Räuber leicht ihre Lanze in das Herz stoßen oder ihm eine Kugel durch den Kopf jagen. Die Gauchos, jene prachtvollen Reiter der Steppen oder Pampas von La Plata, finden ein besonderes Vergnügen in seiner Jagd. Sie hetzen ihn auf offenem Felde mit großen Hunden und tödten ihn, nachdem die Hunde ihn gestellt haben, mit ihren Bolas oder Wurfkugeln oder schleudern ihm, indem sie ihm auf ihren flüchtigen Pferden nachsetzen, die niemals fehlende Wurfschlinge um den Hals, setzen ihr Pferd in Galopp und schleifen ihn hinter sich her, bis er erwürgt ist. Jn Nordamerika wird er ge- wöhnlich durch die Hunde auf einen Baum gejagt und dann von dort herabgeschossen. Auch fängt man ihn in Schlagfallen.
Unter vielen Jagdgeschichten, welche man erzählt, scheint mir folgende das Wesen des Thieres gut zu bezeichnen. Ein englischer Reisender, welcher auf den Pampas wilden Enten nachjagte, kroch auf dem Boden mit seiner leichten Vogelflinte an die Vögel heran. Er hatte Kopf und Körper in das gewöhnliche Volkskleid, den Poncho, eingehüllt, um nicht aufzufallen. Plötzlich vernahm er ein kurzes Gebrüll und fühlte sich in demselben Augenblick berührt. Er schüttelte schnell die Decke von sich ab und sah zu seiner nicht geringen Ueberraschung einen Kuguar auf Armeslänge vor sich. Dieser aber war auch nicht wenig erstaunt, blickte den Jäger verwundert einige Augenblicke an, wich langsam auf zehn Schritte zurück, blieb nochmals stehen und nahm dann plötzlich mit gewaltigen Sprüngen Reißaus.
Die Raubthiere. Katzen. — Puma.
in einer Meierei achtzehn Schafe in einer Nacht und fraß von ihrem Fleiſche auch nicht einen einzigen Biſſen, ſondern riß ihnen blos den Hals auf und trank ihr Blut. Am andern Tage wurde er im nahen Walde erlegt; ſein Magen war noch ſtrotzend von Blut, aber kein Fleiſch fand ſich darin. Wenn ſich der Puma übermäßig mit Blut angefüllt hat, entfernt er ſich gegen ſeine Gewohnheit nie- mals weit von dem Schauplatze ſeiner Metzeleien und überläßt ſich ſogleich dem Schlafe. Nach den Erzählungen der Landleute aus Paraguai und nach den Berichten Azara’s ſoll er in einer Nacht manchmal bis funfzig Schafe erwürgen! Niemals ſchleppt er eine gemachte Beute weit von dem Orte weg, an welchem er ſie tödtete. Größere Thiere, als Schafe, greift er nicht an: Pferde, Maul- eſel, Stiere und Kühe ſind vor ihm ſicher, ebenſo auch die Hunde, obgleich er oft dicht an die Wohnungen heranſtreift.
Nur ungern bleibt der Kuguar lange in dem gleichen Gebiete. Gewöhnlich ſtreift er ruhelos umher. Dabei ſcheut er ſich aber vor dem Waſſer und ſchwimmt nur im Nothfalle über Flüſſe, ob- wohl er das Schwimmen ſehr gut verſteht.
Zur Begattungszeit, welche in Südamerika in den Februar und März fällt, ſucht ſich das Männchen ein Weibchen auf. Die übrige Zeit leben die Geſchlechter getrennt und jagen für ſich allein. Die Tragzeit mag etwa drei Monate währen. Das Weibchen wirft zwei, ſeltener drei Junge, welche blind zur Welt kommen. Sie werden von der Mutter im hohen Grafe, im Dickicht des Waldes oder wohl auch in einem hohlen Baume verſteckt und behütet, wenn auch die Alte bei ihren Raub- zügen ſich oft weit von ihnen entfernt. Gegen Menſchen und Hunde wagt ſie ihre Brut übrigens nicht zu vertheidigen, ſondern läßt ſie feig im Stiche. Die Jungen begleiten die Mutter nach einigen Wochen auf ihren Streifereien und werden dann von ihr verlaſſen.
Wegen der blutdürftigen Grauſamkeit und der damit im Zuſammenhange ſtehenden, ganz un- verhältnißmäßigen Schädlichkeit des Kuguars wendet man alle Mittel an, um ſeiner ſobald als möglich los zu werden. Seine Jagd iſt kaum gefährlich zu nennen: denn falls man vorſichtig iſt, hat man ſelbſt von einem verwundeten Puma, welcher von Schmerz gepeinigt auf ſeinen Angreifer los- geht, nicht viel zu fürchten. Gewöhnlich ſucht der feige Geſell, ſobald er einen Menſchen erblickt, ſein Heil in der Flucht und entſchwindet, weil er ſich trefflich zu verſtecken weiß, faſt immer bald dem Auge. Jm Walde iſt er ſchwer zu erreichen, weil er, ſobald er von den Hunden aufgeſcheucht wurde, auf Bäume klettert und in dem Gezweig ſeinen Weg mit größter Schnelligkeit weiter verfolgt. Nur im erſten Schlafe iſt es leicht, ihn mit Hunden zu überraſchen. Dann vertheidigt er ſich auch wohl gegen dieſelben, doch erliegt er ihnen regelmäßig, wenn ſie groß, ſtark und geübt ſind. Jm Nothfalle ſind dann auch die Jäger immer bei der Hand und können dem von den Hunden feſtgehaltenen Räuber leicht ihre Lanze in das Herz ſtoßen oder ihm eine Kugel durch den Kopf jagen. Die Gauchos, jene prachtvollen Reiter der Steppen oder Pampas von La Plata, finden ein beſonderes Vergnügen in ſeiner Jagd. Sie hetzen ihn auf offenem Felde mit großen Hunden und tödten ihn, nachdem die Hunde ihn geſtellt haben, mit ihren Bolas oder Wurfkugeln oder ſchleudern ihm, indem ſie ihm auf ihren flüchtigen Pferden nachſetzen, die niemals fehlende Wurfſchlinge um den Hals, ſetzen ihr Pferd in Galopp und ſchleifen ihn hinter ſich her, bis er erwürgt iſt. Jn Nordamerika wird er ge- wöhnlich durch die Hunde auf einen Baum gejagt und dann von dort herabgeſchoſſen. Auch fängt man ihn in Schlagfallen.
Unter vielen Jagdgeſchichten, welche man erzählt, ſcheint mir folgende das Weſen des Thieres gut zu bezeichnen. Ein engliſcher Reiſender, welcher auf den Pampas wilden Enten nachjagte, kroch auf dem Boden mit ſeiner leichten Vogelflinte an die Vögel heran. Er hatte Kopf und Körper in das gewöhnliche Volkskleid, den Poncho, eingehüllt, um nicht aufzufallen. Plötzlich vernahm er ein kurzes Gebrüll und fühlte ſich in demſelben Augenblick berührt. Er ſchüttelte ſchnell die Decke von ſich ab und ſah zu ſeiner nicht geringen Ueberraſchung einen Kuguar auf Armeslänge vor ſich. Dieſer aber war auch nicht wenig erſtaunt, blickte den Jäger verwundert einige Augenblicke an, wich langſam auf zehn Schritte zurück, blieb nochmals ſtehen und nahm dann plötzlich mit gewaltigen Sprüngen Reißaus.
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[216/0278]
Die Raubthiere. Katzen. — Puma.
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nahen Walde erlegt; ſein Magen war noch ſtrotzend von Blut, aber kein Fleiſch fand ſich darin.
Wenn ſich der Puma übermäßig mit Blut angefüllt hat, entfernt er ſich gegen ſeine Gewohnheit nie-
mals weit von dem Schauplatze ſeiner Metzeleien und überläßt ſich ſogleich dem Schlafe. Nach den
Erzählungen der Landleute aus Paraguai und nach den Berichten Azara’s ſoll er in einer Nacht
manchmal bis funfzig Schafe erwürgen! Niemals ſchleppt er eine gemachte Beute weit von dem
Orte weg, an welchem er ſie tödtete. Größere Thiere, als Schafe, greift er nicht an: Pferde, Maul-
eſel, Stiere und Kühe ſind vor ihm ſicher, ebenſo auch die Hunde, obgleich er oft dicht an die
Wohnungen heranſtreift.
Nur ungern bleibt der Kuguar lange in dem gleichen Gebiete. Gewöhnlich ſtreift er ruhelos
umher. Dabei ſcheut er ſich aber vor dem Waſſer und ſchwimmt nur im Nothfalle über Flüſſe, ob-
wohl er das Schwimmen ſehr gut verſteht.
Zur Begattungszeit, welche in Südamerika in den Februar und März fällt, ſucht ſich das
Männchen ein Weibchen auf. Die übrige Zeit leben die Geſchlechter getrennt und jagen für ſich
allein. Die Tragzeit mag etwa drei Monate währen. Das Weibchen wirft zwei, ſeltener drei Junge,
welche blind zur Welt kommen. Sie werden von der Mutter im hohen Grafe, im Dickicht des Waldes
oder wohl auch in einem hohlen Baume verſteckt und behütet, wenn auch die Alte bei ihren Raub-
zügen ſich oft weit von ihnen entfernt. Gegen Menſchen und Hunde wagt ſie ihre Brut übrigens
nicht zu vertheidigen, ſondern läßt ſie feig im Stiche. Die Jungen begleiten die Mutter nach einigen
Wochen auf ihren Streifereien und werden dann von ihr verlaſſen.
Wegen der blutdürftigen Grauſamkeit und der damit im Zuſammenhange ſtehenden, ganz un-
verhältnißmäßigen Schädlichkeit des Kuguars wendet man alle Mittel an, um ſeiner ſobald als
möglich los zu werden. Seine Jagd iſt kaum gefährlich zu nennen: denn falls man vorſichtig iſt, hat
man ſelbſt von einem verwundeten Puma, welcher von Schmerz gepeinigt auf ſeinen Angreifer los-
geht, nicht viel zu fürchten. Gewöhnlich ſucht der feige Geſell, ſobald er einen Menſchen erblickt, ſein
Heil in der Flucht und entſchwindet, weil er ſich trefflich zu verſtecken weiß, faſt immer bald dem Auge.
Jm Walde iſt er ſchwer zu erreichen, weil er, ſobald er von den Hunden aufgeſcheucht wurde, auf
Bäume klettert und in dem Gezweig ſeinen Weg mit größter Schnelligkeit weiter verfolgt. Nur im
erſten Schlafe iſt es leicht, ihn mit Hunden zu überraſchen. Dann vertheidigt er ſich auch wohl gegen
dieſelben, doch erliegt er ihnen regelmäßig, wenn ſie groß, ſtark und geübt ſind. Jm Nothfalle ſind
dann auch die Jäger immer bei der Hand und können dem von den Hunden feſtgehaltenen Räuber
leicht ihre Lanze in das Herz ſtoßen oder ihm eine Kugel durch den Kopf jagen. Die Gauchos, jene
prachtvollen Reiter der Steppen oder Pampas von La Plata, finden ein beſonderes Vergnügen in
ſeiner Jagd. Sie hetzen ihn auf offenem Felde mit großen Hunden und tödten ihn, nachdem die
Hunde ihn geſtellt haben, mit ihren Bolas oder Wurfkugeln oder ſchleudern ihm, indem ſie ihm
auf ihren flüchtigen Pferden nachſetzen, die niemals fehlende Wurfſchlinge um den Hals, ſetzen ihr
Pferd in Galopp und ſchleifen ihn hinter ſich her, bis er erwürgt iſt. Jn Nordamerika wird er ge-
wöhnlich durch die Hunde auf einen Baum gejagt und dann von dort herabgeſchoſſen. Auch fängt
man ihn in Schlagfallen.
Unter vielen Jagdgeſchichten, welche man erzählt, ſcheint mir folgende das Weſen des Thieres
gut zu bezeichnen. Ein engliſcher Reiſender, welcher auf den Pampas wilden Enten nachjagte, kroch
auf dem Boden mit ſeiner leichten Vogelflinte an die Vögel heran. Er hatte Kopf und Körper in das
gewöhnliche Volkskleid, den Poncho, eingehüllt, um nicht aufzufallen. Plötzlich vernahm er ein kurzes
Gebrüll und fühlte ſich in demſelben Augenblick berührt. Er ſchüttelte ſchnell die Decke von ſich ab
und ſah zu ſeiner nicht geringen Ueberraſchung einen Kuguar auf Armeslänge vor ſich. Dieſer aber
war auch nicht wenig erſtaunt, blickte den Jäger verwundert einige Augenblicke an, wich langſam auf
zehn Schritte zurück, blieb nochmals ſtehen und nahm dann plötzlich mit gewaltigen Sprüngen Reißaus.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/278>, abgerufen am 16.07.2024.
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