Flattermaki. Beschreibung. Heimat. Nachtleben. Klettern und Flug. Wesen. Fortpflanzung.
die Aeste hängen, den Leib nach unten, putzen und glätten ihr Fell und steigen endlich auf die Zweige hinauf. Jhre scharfen Krallen befähigen sie zu gewandtem und sicherem Klettern, und so können sie sich sehr rasch durch das Gezweig bewegen. Auf dem Boden kriechen sie mühsam und schwerfällig dahin. Sie steigen, ihrer Nahrung nachgehend, Früchte pflückend und Kerbthiere suchend, ganz ge- räuschlos immer aufwärts, bis sie den Wipfel eines Baumes erklommen haben, dann schweben sie schief nach nach einer andern Baumkrone herab.
Während das Thier geht oder klettert ist seine Flatterhaut leicht gefaltet zusammen und an den Leib gelegt und hindert deshalb die Bewegung durchaus nicht; wenn es sich des Fallschirms bedienen will, läuft es auf eine Astspitze hinaus, springt von dort mit einem kräftigen Satze ab, streckt in der Luft alle Glieder von sich und schwebt nun langsam, schief von oben nach unten, über Zwischenräume, deren Weite nicht selten zweihundert Fuß betragen soll. Niemals erhebt sich der Flattermaki während seines Schwebens über die Höhe, aus welcher er seinen Sprung begann, sondern immer senkt er sich in einer sehr geneigten Ebene nach unten, und nur durch Klettern erreicht er von dort aus wiederum eine gewisse Höhe, also nie eine größere, als die eines Baumwipfels.
[Abbildung]
Der gemeine oder rothe Flattermaki (Galeopithecus rusus oder volans).
Alle Flattermakis sind ganz harmlose, sanftmüthige und bei dem Reichthum ihrer Heimat voll- kommen unschädliche Geschöpfe. Sie vertheidigen sich nicht einmal, wenn sie angegriffen werden. Unter sich leben sie höchst friedlich. -- Das Weibchen wirft zwei Junge, welche sich bald nach der Ge- burt an seiner Brust festklammern und von ihm mit herumgetragen, sehr geliebt und mit vielem Ver- gnügen beleckt und geputzt werden. -- Die Eingebornen jagen den Thieren nach, um das Fleisch zu erhalten, welches sie als wohlschmeckend rühmen, während die Europäer es höchst widerlich nennen.
Ueber gefangen gehaltene Flattermakis fehlen uns leider noch ausreichende Beobachtungen.
Flattermaki. Beſchreibung. Heimat. Nachtleben. Klettern und Flug. Weſen. Fortpflanzung.
die Aeſte hängen, den Leib nach unten, putzen und glätten ihr Fell und ſteigen endlich auf die Zweige hinauf. Jhre ſcharfen Krallen befähigen ſie zu gewandtem und ſicherem Klettern, und ſo können ſie ſich ſehr raſch durch das Gezweig bewegen. Auf dem Boden kriechen ſie mühſam und ſchwerfällig dahin. Sie ſteigen, ihrer Nahrung nachgehend, Früchte pflückend und Kerbthiere ſuchend, ganz ge- räuſchlos immer aufwärts, bis ſie den Wipfel eines Baumes erklommen haben, dann ſchweben ſie ſchief nach nach einer andern Baumkrone herab.
Während das Thier geht oder klettert iſt ſeine Flatterhaut leicht gefaltet zuſammen und an den Leib gelegt und hindert deshalb die Bewegung durchaus nicht; wenn es ſich des Fallſchirms bedienen will, läuft es auf eine Aſtſpitze hinaus, ſpringt von dort mit einem kräftigen Satze ab, ſtreckt in der Luft alle Glieder von ſich und ſchwebt nun langſam, ſchief von oben nach unten, über Zwiſchenräume, deren Weite nicht ſelten zweihundert Fuß betragen ſoll. Niemals erhebt ſich der Flattermaki während ſeines Schwebens über die Höhe, aus welcher er ſeinen Sprung begann, ſondern immer ſenkt er ſich in einer ſehr geneigten Ebene nach unten, und nur durch Klettern erreicht er von dort aus wiederum eine gewiſſe Höhe, alſo nie eine größere, als die eines Baumwipfels.
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Der gemeine oder rothe Flattermaki (Galeopithecus ruſus oder volans).
Alle Flattermakis ſind ganz harmloſe, ſanftmüthige und bei dem Reichthum ihrer Heimat voll- kommen unſchädliche Geſchöpfe. Sie vertheidigen ſich nicht einmal, wenn ſie angegriffen werden. Unter ſich leben ſie höchſt friedlich. — Das Weibchen wirft zwei Junge, welche ſich bald nach der Ge- burt an ſeiner Bruſt feſtklammern und von ihm mit herumgetragen, ſehr geliebt und mit vielem Ver- gnügen beleckt und geputzt werden. — Die Eingebornen jagen den Thieren nach, um das Fleiſch zu erhalten, welches ſie als wohlſchmeckend rühmen, während die Europäer es höchſt widerlich nennen.
Ueber gefangen gehaltene Flattermakis fehlen uns leider noch ausreichende Beobachtungen.
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Flattermaki. Beſchreibung. Heimat. Nachtleben. Klettern und Flug. Weſen. Fortpflanzung.
die Aeſte hängen, den Leib nach unten, putzen und glätten ihr Fell und ſteigen endlich auf die Zweige
hinauf. Jhre ſcharfen Krallen befähigen ſie zu gewandtem und ſicherem Klettern, und ſo können ſie
ſich ſehr raſch durch das Gezweig bewegen. Auf dem Boden kriechen ſie mühſam und ſchwerfällig
dahin. Sie ſteigen, ihrer Nahrung nachgehend, Früchte pflückend und Kerbthiere ſuchend, ganz ge-
räuſchlos immer aufwärts, bis ſie den Wipfel eines Baumes erklommen haben, dann ſchweben ſie
ſchief nach nach einer andern Baumkrone herab.
Während das Thier geht oder klettert iſt ſeine Flatterhaut leicht gefaltet zuſammen und an den
Leib gelegt und hindert deshalb die Bewegung durchaus nicht; wenn es ſich des Fallſchirms bedienen
will, läuft es auf eine Aſtſpitze hinaus, ſpringt von dort mit einem kräftigen Satze ab, ſtreckt in der
Luft alle Glieder von ſich und ſchwebt nun langſam, ſchief von oben nach unten, über Zwiſchenräume,
deren Weite nicht ſelten zweihundert Fuß betragen ſoll. Niemals erhebt ſich der Flattermaki während
ſeines Schwebens über die Höhe, aus welcher er ſeinen Sprung begann, ſondern immer ſenkt er ſich
in einer ſehr geneigten Ebene nach unten, und nur durch Klettern erreicht er von dort aus wiederum
eine gewiſſe Höhe, alſo nie eine größere, als die eines Baumwipfels.
[Abbildung Der gemeine oder rothe Flattermaki (Galeopithecus ruſus oder volans).]
Alle Flattermakis ſind ganz harmloſe, ſanftmüthige und bei dem Reichthum ihrer Heimat voll-
kommen unſchädliche Geſchöpfe. Sie vertheidigen ſich nicht einmal, wenn ſie angegriffen werden.
Unter ſich leben ſie höchſt friedlich. — Das Weibchen wirft zwei Junge, welche ſich bald nach der Ge-
burt an ſeiner Bruſt feſtklammern und von ihm mit herumgetragen, ſehr geliebt und mit vielem Ver-
gnügen beleckt und geputzt werden. — Die Eingebornen jagen den Thieren nach, um das Fleiſch zu
erhalten, welches ſie als wohlſchmeckend rühmen, während die Europäer es höchſt widerlich nennen.
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/210>, abgerufen am 23.11.2024.
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