für sie gar nicht vorhanden wäre. Mit echtem Affeninstinkt kann sie Gesundes von Schädlichem unter- scheiden, und nachdem sie schon lange keine tropische Frucht mehr gesehen hatte, ergriff sie ohne weiteres einen ihr dargebotenen Apfel und verzehrte ihn ohne Zögern."
"Jn Belize wurde es ihr gestattet, die Stadt nach Belieben einige Tage lang zu durchstreifen. Eines Morgens, als ihr Herr die Straße entlang ging, hörte er über sich einen dumpfen Laut, der ihm, wegen der Aehnlichkeit mit der Stimme seines Affen, auffiel. Er blickte auf und sah Sally auf einem Erker sitzend, wie sie erfreut über das Wiedersehen ihres Herrn knurrte."
"Einmal, aber nur einmal, gerieth Sally in eine traurige Lage. Jhr Herr ging in seine Kajüte und fand sie dort ganz zusammengerollt auf einer Fußdecke sitzen. Er sprach ihr zu, das Thier erhob das Köpfchen, sah ihm ins Gesicht und sank wieder in ihre frühere, trübselige Stellung zurück. Komm Sally, sagte der Kapitän; aber Sally rührte sich nicht. Der Befehl wurde noch ein- oder zweimal wiederholt, aber ohne den gewöhnlichen Gehorsam zu finden. Ueberrascht durch diesen auffallenden Umstand ergriff der Herr sie am Arme und machte nun die befremdende Entdeckung, daß Sally ganz
[Abbildung]
Der Tschakmek (Ateles Chacmek).
berauscht und weit über eine "Anheiterung" hinaus war. Sie hatte gerade noch Bewußtsein genug, um ihren Herrn zu erkennen. Sehr krank war Sally diese Nacht und sehr moralisch-katzenjämmerlich am nächsten Tage."
"Der Grund dieses traurigen Ereignisses war folgender. Die Offiziere des Schiffes hatten ein kleines Mittagsessen veraustaltet, und da sie den Affen sehr gern sahen, hatten sie ihn so reichlich mit Mandeln, Rosinen und Früchten der verschiedeusten Art, mit Zwieback und eingemachten Oliven gefüttert, wie es ihm lange nicht vorgekommen war. Nun liebte er aber die Oliven ganz besonders, und da er sich reichlich an ihnen eine Güte gethan, so quälte ihn natürlicher Weise bald ein ungeheurer Durst. Als nun Brauntwein und Wasser herumgereicht ward, steckte Sally ihren Mund in einen der Humpen und leerte fast den ganzen Jnhalt zum großen Vergnügen der Offiziere".
"Jhr Herr setzte die Offiziere deshalb zur Rede, aber es war durchaus nicht nöthig, auch das arme Opfer zur Verantwortung zu ziehen. So gänzlich war dem guten Thiere der Branntwein zum Ekel geworden, daß es später nie wieder den Geschmack oder auch nur den Geruch desselben vertragen
Die Affen. Klammeraffen. Rollaffen.
für ſie gar nicht vorhanden wäre. Mit echtem Affeninſtinkt kann ſie Geſundes von Schädlichem unter- ſcheiden, und nachdem ſie ſchon lange keine tropiſche Frucht mehr geſehen hatte, ergriff ſie ohne weiteres einen ihr dargebotenen Apfel und verzehrte ihn ohne Zögern.‟
„Jn Belize wurde es ihr geſtattet, die Stadt nach Belieben einige Tage lang zu durchſtreifen. Eines Morgens, als ihr Herr die Straße entlang ging, hörte er über ſich einen dumpfen Laut, der ihm, wegen der Aehnlichkeit mit der Stimme ſeines Affen, auffiel. Er blickte auf und ſah Sally auf einem Erker ſitzend, wie ſie erfreut über das Wiederſehen ihres Herrn knurrte.‟
„Einmal, aber nur einmal, gerieth Sally in eine traurige Lage. Jhr Herr ging in ſeine Kajüte und fand ſie dort ganz zuſammengerollt auf einer Fußdecke ſitzen. Er ſprach ihr zu, das Thier erhob das Köpfchen, ſah ihm ins Geſicht und ſank wieder in ihre frühere, trübſelige Stellung zurück. Komm Sally, ſagte der Kapitän; aber Sally rührte ſich nicht. Der Befehl wurde noch ein- oder zweimal wiederholt, aber ohne den gewöhnlichen Gehorſam zu finden. Ueberraſcht durch dieſen auffallenden Umſtand ergriff der Herr ſie am Arme und machte nun die befremdende Entdeckung, daß Sally ganz
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Der Tſchakmek (Ateles Chacmek).
berauſcht und weit über eine „Anheiterung‟ hinaus war. Sie hatte gerade noch Bewußtſein genug, um ihren Herrn zu erkennen. Sehr krank war Sally dieſe Nacht und ſehr moraliſch-katzenjämmerlich am nächſten Tage.‟
„Der Grund dieſes traurigen Ereigniſſes war folgender. Die Offiziere des Schiffes hatten ein kleines Mittagseſſen verauſtaltet, und da ſie den Affen ſehr gern ſahen, hatten ſie ihn ſo reichlich mit Mandeln, Roſinen und Früchten der verſchiedeuſten Art, mit Zwieback und eingemachten Oliven gefüttert, wie es ihm lange nicht vorgekommen war. Nun liebte er aber die Oliven ganz beſonders, und da er ſich reichlich an ihnen eine Güte gethan, ſo quälte ihn natürlicher Weiſe bald ein ungeheurer Durſt. Als nun Brauntwein und Waſſer herumgereicht ward, ſteckte Sally ihren Mund in einen der Humpen und leerte faſt den ganzen Jnhalt zum großen Vergnügen der Offiziere‟.
„Jhr Herr ſetzte die Offiziere deshalb zur Rede, aber es war durchaus nicht nöthig, auch das arme Opfer zur Verantwortung zu ziehen. So gänzlich war dem guten Thiere der Branntwein zum Ekel geworden, daß es ſpäter nie wieder den Geſchmack oder auch nur den Geruch deſſelben vertragen
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Die Affen. Klammeraffen. Rollaffen.
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ſcheiden, und nachdem ſie ſchon lange keine tropiſche Frucht mehr geſehen hatte, ergriff ſie ohne
weiteres einen ihr dargebotenen Apfel und verzehrte ihn ohne Zögern.‟
„Jn Belize wurde es ihr geſtattet, die Stadt nach Belieben einige Tage lang zu durchſtreifen.
Eines Morgens, als ihr Herr die Straße entlang ging, hörte er über ſich einen dumpfen Laut, der ihm,
wegen der Aehnlichkeit mit der Stimme ſeines Affen, auffiel. Er blickte auf und ſah Sally auf einem
Erker ſitzend, wie ſie erfreut über das Wiederſehen ihres Herrn knurrte.‟
„Einmal, aber nur einmal, gerieth Sally in eine traurige Lage. Jhr Herr ging in ſeine Kajüte
und fand ſie dort ganz zuſammengerollt auf einer Fußdecke ſitzen. Er ſprach ihr zu, das Thier erhob
das Köpfchen, ſah ihm ins Geſicht und ſank wieder in ihre frühere, trübſelige Stellung zurück. Komm
Sally, ſagte der Kapitän; aber Sally rührte ſich nicht. Der Befehl wurde noch ein- oder zweimal
wiederholt, aber ohne den gewöhnlichen Gehorſam zu finden. Ueberraſcht durch dieſen auffallenden
Umſtand ergriff der Herr ſie am Arme und machte nun die befremdende Entdeckung, daß Sally ganz
[Abbildung Der Tſchakmek (Ateles Chacmek).]
berauſcht und weit über eine „Anheiterung‟ hinaus war. Sie hatte gerade noch Bewußtſein genug,
um ihren Herrn zu erkennen. Sehr krank war Sally dieſe Nacht und ſehr moraliſch-katzenjämmerlich
am nächſten Tage.‟
„Der Grund dieſes traurigen Ereigniſſes war folgender. Die Offiziere des Schiffes hatten ein
kleines Mittagseſſen verauſtaltet, und da ſie den Affen ſehr gern ſahen, hatten ſie ihn ſo reichlich mit
Mandeln, Roſinen und Früchten der verſchiedeuſten Art, mit Zwieback und eingemachten Oliven
gefüttert, wie es ihm lange nicht vorgekommen war. Nun liebte er aber die Oliven ganz beſonders,
und da er ſich reichlich an ihnen eine Güte gethan, ſo quälte ihn natürlicher Weiſe bald ein ungeheurer
Durſt. Als nun Brauntwein und Waſſer herumgereicht ward, ſteckte Sally ihren Mund in einen
der Humpen und leerte faſt den ganzen Jnhalt zum großen Vergnügen der Offiziere‟.
„Jhr Herr ſetzte die Offiziere deshalb zur Rede, aber es war durchaus nicht nöthig, auch das
arme Opfer zur Verantwortung zu ziehen. So gänzlich war dem guten Thiere der Branntwein zum
Ekel geworden, daß es ſpäter nie wieder den Geſchmack oder auch nur den Geruch deſſelben vertragen
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Brehm, Alfred Edmund: Illustrirtes Thierleben. Bd. 1. Hildburghausen, 1864, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brehm_thierleben01_1864/164>, abgerufen am 25.11.2024.
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