und die in hinreichendem Reichthum vorhandene electrische Materie doch nur einen minder raschen Strom bilden konnte. Wenn man beide Enden einer sehr großplattigen Säule mit einem sehr dünnen Drathe berühren wollte, so würde der electrische Strom genau so aufgehalten werden, wie der Wasserstrom, der durch ein einziges Haarröhrchen hervordringt; bei diesem bewirkt ein höherer Wasser- stand, bei jenem bewirkt ein höherer Spannungsgrad der Electri- cität (eine Vermehrung der Plattenpaare,) eine Zunahme der Ge- schwindigkeit, aber die Größe des Wasservorraths hilft dort so wenig als hier die Größe der Platten. Eben diese gehinderte Leitung findet statt, wenn man mit unvollkommen befeuchteten Händen oder nur mit der Fingerspitze berührend die Electricität aufnimmt, und in diesen Fällen ist es also wahr, daß großplattige Säulen ohne Nutzen angewendet werden; dagegen wenn man mit großen Metallstücken, die man mit der nassen Hand recht umfaßt, die Pole der Säule berührt, oder wenn man die Hände in zwei mit gesäuertem Wasser gefüllte Gefäße untertaucht, und starke Leiter von beiden Polen der Säule in beide Gefäße taucht und abwechselnd wieder zurück- zieht, so bemerkt man den Vorzug der großplattigen Säulen.
Obgleich aber der vermehrte Widerstand in den die Schließung bewirkenden Leitern so sehr zu Verminderung der Wirkung bei- trägt, so kann man doch auch den Schlag der voltaischen Säule durch viele Personen, die sich mit nassen Händen anfassen, durch- leiten, wobei freilich der Schlag an Stärke verliert. Auch durch andre lange Leiter wird doch der Schlag nicht allzu sehr geschwächt, und Erman hat auf der Havel den Schlag durch 130 Fuß Drath und 130 Fuß Wasser nur wenig geschwächt empfunden, als er den einen Pol der Säule mit dem Wasser in Verbindung setzte, den andern mit einem langen Drathe versah, und dann isolirt in 130 Fuß Entfernung stehend den Drath und das Wasser zugleich berührte. Busse hat eine ähnliche Leitung 4000 Fuß weit an- gebracht.
Die Größe des Widerstandes bei der Hinüberleitung zum menschlichen Körper ist auch gewiß die Ursache, warum Säulen aus wenigen Plattenpaaren gar keine Empfindung geben, wenn auch die Platten noch so groß sind. Es ist nämlich eine gewisse Span- nung, (man darf wohl die, welche 20 bis 30 Plattenpaaren Zink
III. Z
und die in hinreichendem Reichthum vorhandene electriſche Materie doch nur einen minder raſchen Strom bilden konnte. Wenn man beide Enden einer ſehr großplattigen Saͤule mit einem ſehr duͤnnen Drathe beruͤhren wollte, ſo wuͤrde der electriſche Strom genau ſo aufgehalten werden, wie der Waſſerſtrom, der durch ein einziges Haarroͤhrchen hervordringt; bei dieſem bewirkt ein hoͤherer Waſſer- ſtand, bei jenem bewirkt ein hoͤherer Spannungsgrad der Electri- citaͤt (eine Vermehrung der Plattenpaare,) eine Zunahme der Ge- ſchwindigkeit, aber die Groͤße des Waſſervorraths hilft dort ſo wenig als hier die Groͤße der Platten. Eben dieſe gehinderte Leitung findet ſtatt, wenn man mit unvollkommen befeuchteten Haͤnden oder nur mit der Fingerſpitze beruͤhrend die Electricitaͤt aufnimmt, und in dieſen Faͤllen iſt es alſo wahr, daß großplattige Saͤulen ohne Nutzen angewendet werden; dagegen wenn man mit großen Metallſtuͤcken, die man mit der naſſen Hand recht umfaßt, die Pole der Saͤule beruͤhrt, oder wenn man die Haͤnde in zwei mit geſaͤuertem Waſſer gefuͤllte Gefaͤße untertaucht, und ſtarke Leiter von beiden Polen der Saͤule in beide Gefaͤße taucht und abwechſelnd wieder zuruͤck- zieht, ſo bemerkt man den Vorzug der großplattigen Saͤulen.
Obgleich aber der vermehrte Widerſtand in den die Schließung bewirkenden Leitern ſo ſehr zu Verminderung der Wirkung bei- traͤgt, ſo kann man doch auch den Schlag der voltaiſchen Saͤule durch viele Perſonen, die ſich mit naſſen Haͤnden anfaſſen, durch- leiten, wobei freilich der Schlag an Staͤrke verliert. Auch durch andre lange Leiter wird doch der Schlag nicht allzu ſehr geſchwaͤcht, und Erman hat auf der Havel den Schlag durch 130 Fuß Drath und 130 Fuß Waſſer nur wenig geſchwaͤcht empfunden, als er den einen Pol der Saͤule mit dem Waſſer in Verbindung ſetzte, den andern mit einem langen Drathe verſah, und dann iſolirt in 130 Fuß Entfernung ſtehend den Drath und das Waſſer zugleich beruͤhrte. Buſſe hat eine aͤhnliche Leitung 4000 Fuß weit an- gebracht.
Die Groͤße des Widerſtandes bei der Hinuͤberleitung zum menſchlichen Koͤrper iſt auch gewiß die Urſache, warum Saͤulen aus wenigen Plattenpaaren gar keine Empfindung geben, wenn auch die Platten noch ſo groß ſind. Es iſt naͤmlich eine gewiſſe Span- nung, (man darf wohl die, welche 20 bis 30 Plattenpaaren Zink
III. Z
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0367"n="353"/>
und die in hinreichendem Reichthum vorhandene electriſche Materie<lb/>
doch nur einen minder raſchen Strom bilden konnte. Wenn man<lb/>
beide Enden einer ſehr großplattigen Saͤule mit einem ſehr duͤnnen<lb/>
Drathe beruͤhren wollte, ſo wuͤrde der electriſche Strom genau ſo<lb/>
aufgehalten werden, wie der Waſſerſtrom, der durch ein einziges<lb/>
Haarroͤhrchen hervordringt; bei dieſem bewirkt ein hoͤherer Waſſer-<lb/>ſtand, bei jenem bewirkt ein hoͤherer Spannungsgrad der Electri-<lb/>
citaͤt (eine Vermehrung der Plattenpaare,) eine Zunahme der Ge-<lb/>ſchwindigkeit, aber die Groͤße des Waſſervorraths hilft dort ſo wenig<lb/>
als hier die Groͤße der Platten. Eben dieſe gehinderte Leitung findet<lb/>ſtatt, wenn man mit unvollkommen befeuchteten Haͤnden oder nur<lb/>
mit der Fingerſpitze beruͤhrend die Electricitaͤt aufnimmt, und in<lb/>
dieſen Faͤllen iſt es alſo wahr, daß großplattige Saͤulen ohne Nutzen<lb/>
angewendet werden; dagegen wenn man mit großen Metallſtuͤcken,<lb/>
die man mit der naſſen Hand recht umfaßt, die Pole der Saͤule<lb/>
beruͤhrt, oder wenn man die Haͤnde in zwei mit geſaͤuertem Waſſer<lb/>
gefuͤllte Gefaͤße untertaucht, und ſtarke Leiter von beiden Polen<lb/>
der Saͤule in beide Gefaͤße taucht und abwechſelnd wieder zuruͤck-<lb/>
zieht, ſo bemerkt man den Vorzug der großplattigen Saͤulen.</p><lb/><p>Obgleich aber der vermehrte Widerſtand in den die Schließung<lb/>
bewirkenden Leitern ſo ſehr zu Verminderung der Wirkung bei-<lb/>
traͤgt, ſo kann man doch auch den Schlag der voltaiſchen Saͤule<lb/>
durch viele Perſonen, die ſich mit naſſen Haͤnden anfaſſen, durch-<lb/>
leiten, wobei freilich der Schlag an Staͤrke verliert. Auch durch<lb/>
andre lange Leiter wird doch der Schlag nicht allzu ſehr geſchwaͤcht,<lb/>
und <hirendition="#g">Erman</hi> hat auf der Havel den Schlag durch 130 Fuß Drath<lb/>
und 130 Fuß Waſſer nur wenig geſchwaͤcht empfunden, als er<lb/>
den einen Pol der Saͤule mit dem Waſſer in Verbindung ſetzte,<lb/>
den andern mit einem langen Drathe verſah, und dann iſolirt in<lb/>
130 Fuß Entfernung ſtehend den Drath und das Waſſer zugleich<lb/>
beruͤhrte. <hirendition="#g">Buſſe</hi> hat eine aͤhnliche Leitung 4000 Fuß weit an-<lb/>
gebracht.</p><lb/><p>Die Groͤße des Widerſtandes bei der Hinuͤberleitung zum<lb/>
menſchlichen Koͤrper iſt auch gewiß die Urſache, warum Saͤulen aus<lb/>
wenigen Plattenpaaren gar keine Empfindung geben, wenn auch<lb/>
die Platten noch ſo groß ſind. Es iſt naͤmlich eine gewiſſe Span-<lb/>
nung, (man darf wohl die, welche 20 bis 30 Plattenpaaren Zink<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq"><hirendition="#b">III.</hi></hi> Z</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[353/0367]
und die in hinreichendem Reichthum vorhandene electriſche Materie
doch nur einen minder raſchen Strom bilden konnte. Wenn man
beide Enden einer ſehr großplattigen Saͤule mit einem ſehr duͤnnen
Drathe beruͤhren wollte, ſo wuͤrde der electriſche Strom genau ſo
aufgehalten werden, wie der Waſſerſtrom, der durch ein einziges
Haarroͤhrchen hervordringt; bei dieſem bewirkt ein hoͤherer Waſſer-
ſtand, bei jenem bewirkt ein hoͤherer Spannungsgrad der Electri-
citaͤt (eine Vermehrung der Plattenpaare,) eine Zunahme der Ge-
ſchwindigkeit, aber die Groͤße des Waſſervorraths hilft dort ſo wenig
als hier die Groͤße der Platten. Eben dieſe gehinderte Leitung findet
ſtatt, wenn man mit unvollkommen befeuchteten Haͤnden oder nur
mit der Fingerſpitze beruͤhrend die Electricitaͤt aufnimmt, und in
dieſen Faͤllen iſt es alſo wahr, daß großplattige Saͤulen ohne Nutzen
angewendet werden; dagegen wenn man mit großen Metallſtuͤcken,
die man mit der naſſen Hand recht umfaßt, die Pole der Saͤule
beruͤhrt, oder wenn man die Haͤnde in zwei mit geſaͤuertem Waſſer
gefuͤllte Gefaͤße untertaucht, und ſtarke Leiter von beiden Polen
der Saͤule in beide Gefaͤße taucht und abwechſelnd wieder zuruͤck-
zieht, ſo bemerkt man den Vorzug der großplattigen Saͤulen.
Obgleich aber der vermehrte Widerſtand in den die Schließung
bewirkenden Leitern ſo ſehr zu Verminderung der Wirkung bei-
traͤgt, ſo kann man doch auch den Schlag der voltaiſchen Saͤule
durch viele Perſonen, die ſich mit naſſen Haͤnden anfaſſen, durch-
leiten, wobei freilich der Schlag an Staͤrke verliert. Auch durch
andre lange Leiter wird doch der Schlag nicht allzu ſehr geſchwaͤcht,
und Erman hat auf der Havel den Schlag durch 130 Fuß Drath
und 130 Fuß Waſſer nur wenig geſchwaͤcht empfunden, als er
den einen Pol der Saͤule mit dem Waſſer in Verbindung ſetzte,
den andern mit einem langen Drathe verſah, und dann iſolirt in
130 Fuß Entfernung ſtehend den Drath und das Waſſer zugleich
beruͤhrte. Buſſe hat eine aͤhnliche Leitung 4000 Fuß weit an-
gebracht.
Die Groͤße des Widerſtandes bei der Hinuͤberleitung zum
menſchlichen Koͤrper iſt auch gewiß die Urſache, warum Saͤulen aus
wenigen Plattenpaaren gar keine Empfindung geben, wenn auch
die Platten noch ſo groß ſind. Es iſt naͤmlich eine gewiſſe Span-
nung, (man darf wohl die, welche 20 bis 30 Plattenpaaren Zink
III. Z
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/367>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.