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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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geht, beim Ueberschlagen von einem Leiter zum andern aber zerstö-
rende Wirkungen, Schmelzungen und zündende Funken hervor-
bringt. Diese Bemerkung ist durch alle spätern Beobachtungen
bestätigt worden. Wenn der Blitz in ein Gebäude einschlägt und
dieses nicht in Brand setzt, so kann man gewöhnlich die Spuren
der von ihm bewirkten Zerstörungen und dadurch den Weg, den er
genommen hat, leicht verfolgen, und findet immer, daß er nach
Metallen überzuschlagen und von dem Ende einer längern Me-
tallleitung zu einer andern zu gelangen, ein Bestreben zeigt. Ist
diese Metallleitung zu schwach, so geht er auf mehrern Wegen
fort und gelangt so zur Erde. Hat er, zum Beispiel, an den dün-
nen Metalldräthen, die in den Wänden den Kalk-Ueberzug fest-
halten, nicht genug Leitung gefunden, oder hat eine Unterbrechung
dieses Drathes ihn zum Ueberschlagen genöthigt, so sprengt er den
über den Dräthen liegenden Kalk ab; muß er durch Holz dringen,
um eine Metallleitung wieder zu erreichen, so zertrümmert er dieses
auf eine oft wunderbar scheinende und von der größesten Kraft
zeugende Weise.

Indem nun Franklin die wichtige Eigenschaft der electri-
schen Materie, durch vollkommen leitende Körper ohne alle sicht-
baren Zeichen durchzugehen, in Erwägung zog, so machte er den
Schluß, daß auch der Blitz, wenn er einem guten Leiter von den
höchsten Theilen des Gebäudes bis zur Erde folge, ohne zerstörende
Wirkungen die Erde erreichen werde. Um aber die Meinung, daß
wirklich der Blitz ein großer electrischer Funke sei, völlig zu bestäti-
gen, wünschte er durch einen hoch in die Luft aufgestiegenen Dra-
chen Wirkungen der atmosphärischen Electricität auf die Erde her-
abzuleiten und zu beobachten. Er ließ daher im Juni 1752 an
einem Tage, wo Gewitter zu drohen schienen, einen Drachen stei-
gen, an dessen hänfener Schnur er zuerst die gegenseitige Abstoßung
einiger frei hängenden Fäden bemerkte, dann aber Funken aus
einem daran gehängten Schlüssel zog. Im folgenden Jahre hatte
er auf seinem Hause eine Stange angebracht, um die Wirkungen
der Gewitter-Electricität näher zu prüfen, wo er sich dann über-
zeugte, daß sie bald mit der positiven, bald mit der negativen Elec-
tricität übereinstimmte. In den letztern Versuchen waren ihm
unterdeß schon Dalibart und Delor in Frankreich zuvor-

U 2

geht, beim Ueberſchlagen von einem Leiter zum andern aber zerſtoͤ-
rende Wirkungen, Schmelzungen und zuͤndende Funken hervor-
bringt. Dieſe Bemerkung iſt durch alle ſpaͤtern Beobachtungen
beſtaͤtigt worden. Wenn der Blitz in ein Gebaͤude einſchlaͤgt und
dieſes nicht in Brand ſetzt, ſo kann man gewoͤhnlich die Spuren
der von ihm bewirkten Zerſtoͤrungen und dadurch den Weg, den er
genommen hat, leicht verfolgen, und findet immer, daß er nach
Metallen uͤberzuſchlagen und von dem Ende einer laͤngern Me-
tallleitung zu einer andern zu gelangen, ein Beſtreben zeigt. Iſt
dieſe Metallleitung zu ſchwach, ſo geht er auf mehrern Wegen
fort und gelangt ſo zur Erde. Hat er, zum Beiſpiel, an den duͤn-
nen Metalldraͤthen, die in den Waͤnden den Kalk-Ueberzug feſt-
halten, nicht genug Leitung gefunden, oder hat eine Unterbrechung
dieſes Drathes ihn zum Ueberſchlagen genoͤthigt, ſo ſprengt er den
uͤber den Draͤthen liegenden Kalk ab; muß er durch Holz dringen,
um eine Metallleitung wieder zu erreichen, ſo zertruͤmmert er dieſes
auf eine oft wunderbar ſcheinende und von der groͤßeſten Kraft
zeugende Weiſe.

Indem nun Franklin die wichtige Eigenſchaft der electri-
ſchen Materie, durch vollkommen leitende Koͤrper ohne alle ſicht-
baren Zeichen durchzugehen, in Erwaͤgung zog, ſo machte er den
Schluß, daß auch der Blitz, wenn er einem guten Leiter von den
hoͤchſten Theilen des Gebaͤudes bis zur Erde folge, ohne zerſtoͤrende
Wirkungen die Erde erreichen werde. Um aber die Meinung, daß
wirklich der Blitz ein großer electriſcher Funke ſei, voͤllig zu beſtaͤti-
gen, wuͤnſchte er durch einen hoch in die Luft aufgeſtiegenen Dra-
chen Wirkungen der atmoſphaͤriſchen Electricitaͤt auf die Erde her-
abzuleiten und zu beobachten. Er ließ daher im Juni 1752 an
einem Tage, wo Gewitter zu drohen ſchienen, einen Drachen ſtei-
gen, an deſſen haͤnfener Schnur er zuerſt die gegenſeitige Abſtoßung
einiger frei haͤngenden Faͤden bemerkte, dann aber Funken aus
einem daran gehaͤngten Schluͤſſel zog. Im folgenden Jahre hatte
er auf ſeinem Hauſe eine Stange angebracht, um die Wirkungen
der Gewitter-Electricitaͤt naͤher zu pruͤfen, wo er ſich dann uͤber-
zeugte, daß ſie bald mit der poſitiven, bald mit der negativen Elec-
tricitaͤt uͤbereinſtimmte. In den letztern Verſuchen waren ihm
unterdeß ſchon Dalibart und Delor in Frankreich zuvor-

U 2
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[307/0321] geht, beim Ueberſchlagen von einem Leiter zum andern aber zerſtoͤ- rende Wirkungen, Schmelzungen und zuͤndende Funken hervor- bringt. Dieſe Bemerkung iſt durch alle ſpaͤtern Beobachtungen beſtaͤtigt worden. Wenn der Blitz in ein Gebaͤude einſchlaͤgt und dieſes nicht in Brand ſetzt, ſo kann man gewoͤhnlich die Spuren der von ihm bewirkten Zerſtoͤrungen und dadurch den Weg, den er genommen hat, leicht verfolgen, und findet immer, daß er nach Metallen uͤberzuſchlagen und von dem Ende einer laͤngern Me- tallleitung zu einer andern zu gelangen, ein Beſtreben zeigt. Iſt dieſe Metallleitung zu ſchwach, ſo geht er auf mehrern Wegen fort und gelangt ſo zur Erde. Hat er, zum Beiſpiel, an den duͤn- nen Metalldraͤthen, die in den Waͤnden den Kalk-Ueberzug feſt- halten, nicht genug Leitung gefunden, oder hat eine Unterbrechung dieſes Drathes ihn zum Ueberſchlagen genoͤthigt, ſo ſprengt er den uͤber den Draͤthen liegenden Kalk ab; muß er durch Holz dringen, um eine Metallleitung wieder zu erreichen, ſo zertruͤmmert er dieſes auf eine oft wunderbar ſcheinende und von der groͤßeſten Kraft zeugende Weiſe. Indem nun Franklin die wichtige Eigenſchaft der electri- ſchen Materie, durch vollkommen leitende Koͤrper ohne alle ſicht- baren Zeichen durchzugehen, in Erwaͤgung zog, ſo machte er den Schluß, daß auch der Blitz, wenn er einem guten Leiter von den hoͤchſten Theilen des Gebaͤudes bis zur Erde folge, ohne zerſtoͤrende Wirkungen die Erde erreichen werde. Um aber die Meinung, daß wirklich der Blitz ein großer electriſcher Funke ſei, voͤllig zu beſtaͤti- gen, wuͤnſchte er durch einen hoch in die Luft aufgeſtiegenen Dra- chen Wirkungen der atmoſphaͤriſchen Electricitaͤt auf die Erde her- abzuleiten und zu beobachten. Er ließ daher im Juni 1752 an einem Tage, wo Gewitter zu drohen ſchienen, einen Drachen ſtei- gen, an deſſen haͤnfener Schnur er zuerſt die gegenſeitige Abſtoßung einiger frei haͤngenden Faͤden bemerkte, dann aber Funken aus einem daran gehaͤngten Schluͤſſel zog. Im folgenden Jahre hatte er auf ſeinem Hauſe eine Stange angebracht, um die Wirkungen der Gewitter-Electricitaͤt naͤher zu pruͤfen, wo er ſich dann uͤber- zeugte, daß ſie bald mit der poſitiven, bald mit der negativen Elec- tricitaͤt uͤbereinſtimmte. In den letztern Verſuchen waren ihm unterdeß ſchon Dalibart und Delor in Frankreich zuvor- U 2

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/321>, abgerufen am 22.11.2024.