und als ausstrahlendes Licht, wo kein naher Leiter Veranlassung zu einem Funken giebt; beide Erscheinungen gehen aber in einander über. Wenn man eine Spitze an einem Leiter anbringt und die- sen mit positiver Electricität ladet, so zeigt sich ein ausströmender Lichtbüschel, der seine Strahlen nach allen Seiten aussendet, sich aber, wenn ein Leiter genähert wird, gegen diesen zu wendet. Ein negativ geladener Leiter zeigt zwar an der Spitze ein Leuchten, ein Sternchen, aber nur ein sehr schwach sichtbares Ausströmen nach den Seiten. Eben diese Erscheinungen finden bei stärkeren La- dungen auch da statt, wo der Leiter sich nicht in Spitzen endigt, an den Theilen, welche als Kugeln von kleinerem Durchmesser oder überhaupt als stark gekrümmt hervortreten.
Nähert sich ein leitender Körper dem geladenen Leiter, so wissen Sie, daß wir in jedem Falle zwei entgegengesetzt electrisirte Körper einander gegenüber haben, da der dem geladenen Leiter genäherte leitende Körper an seinem zugekehrten Ende in desto höherem Grade die entgegengesetzte Electricität annimmt, je stärker jene Ladung ist. Hier also werden beide Electricitäten mächtig gegen einander gezogen, und durchbrechen endlich, in entgegen- gesetzten Richtungen übergehend, die Luft. Wenn man starke Maschinen anwendet und ihre Funken im Dunkeln beobachtet, so sieht man bei Annäherung eines abgerundeten Leiters gegen eine nicht zu kleine Kugel an dem geladenen positiven Leiter, daß von der positiven Seite her ein Licht auszugehen anfängt, welches sich zum Bläulichen hin neigt, daß dieses Licht bei langsamer Annähe- rung des andern Leiters zunimmt, daß bei einer hinreichenden Nähe ein weißer Lichtschein, weniger strahlend, sondern eine gleich- förmige gerundete Form zeigend, aus dem negativen Körper her- vorbricht, und daß dann auch fast sogleich der Funke überschlägt, wobei jene beiden Erscheinungen ihre Bestimmtheit verlieren. Diese Erscheinung habe ich oft wahrgenommen, aber es scheint bei dem Uebergehen des Funkens von einer Menge einzelner Umstände abzu- hängen, und die Beschreibungen, die man von den Licht-Erschei- nungen giebt, bieten mannigfaltige Verschiedenheiten dar.
Die Frage, ob nur ein Funke und ob dieser von dem positiv geladenen Körper ausgehe, ist noch immer nicht entschieden. Läßt man kurze Funken überschlagen, so durchlaufen sie ihren ganzen
und als ausſtrahlendes Licht, wo kein naher Leiter Veranlaſſung zu einem Funken giebt; beide Erſcheinungen gehen aber in einander uͤber. Wenn man eine Spitze an einem Leiter anbringt und die- ſen mit poſitiver Electricitaͤt ladet, ſo zeigt ſich ein ausſtroͤmender Lichtbuͤſchel, der ſeine Strahlen nach allen Seiten ausſendet, ſich aber, wenn ein Leiter genaͤhert wird, gegen dieſen zu wendet. Ein negativ geladener Leiter zeigt zwar an der Spitze ein Leuchten, ein Sternchen, aber nur ein ſehr ſchwach ſichtbares Ausſtroͤmen nach den Seiten. Eben dieſe Erſcheinungen finden bei ſtaͤrkeren La- dungen auch da ſtatt, wo der Leiter ſich nicht in Spitzen endigt, an den Theilen, welche als Kugeln von kleinerem Durchmeſſer oder uͤberhaupt als ſtark gekruͤmmt hervortreten.
Naͤhert ſich ein leitender Koͤrper dem geladenen Leiter, ſo wiſſen Sie, daß wir in jedem Falle zwei entgegengeſetzt electriſirte Koͤrper einander gegenuͤber haben, da der dem geladenen Leiter genaͤherte leitende Koͤrper an ſeinem zugekehrten Ende in deſto hoͤherem Grade die entgegengeſetzte Electricitaͤt annimmt, je ſtaͤrker jene Ladung iſt. Hier alſo werden beide Electricitaͤten maͤchtig gegen einander gezogen, und durchbrechen endlich, in entgegen- geſetzten Richtungen uͤbergehend, die Luft. Wenn man ſtarke Maſchinen anwendet und ihre Funken im Dunkeln beobachtet, ſo ſieht man bei Annaͤherung eines abgerundeten Leiters gegen eine nicht zu kleine Kugel an dem geladenen poſitiven Leiter, daß von der poſitiven Seite her ein Licht auszugehen anfaͤngt, welches ſich zum Blaͤulichen hin neigt, daß dieſes Licht bei langſamer Annaͤhe- rung des andern Leiters zunimmt, daß bei einer hinreichenden Naͤhe ein weißer Lichtſchein, weniger ſtrahlend, ſondern eine gleich- foͤrmige gerundete Form zeigend, aus dem negativen Koͤrper her- vorbricht, und daß dann auch faſt ſogleich der Funke uͤberſchlaͤgt, wobei jene beiden Erſcheinungen ihre Beſtimmtheit verlieren. Dieſe Erſcheinung habe ich oft wahrgenommen, aber es ſcheint bei dem Uebergehen des Funkens von einer Menge einzelner Umſtaͤnde abzu- haͤngen, und die Beſchreibungen, die man von den Licht-Erſchei- nungen giebt, bieten mannigfaltige Verſchiedenheiten dar.
Die Frage, ob nur ein Funke und ob dieſer von dem poſitiv geladenen Koͤrper ausgehe, iſt noch immer nicht entſchieden. Laͤßt man kurze Funken uͤberſchlagen, ſo durchlaufen ſie ihren ganzen
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0306"n="292"/>
und als ausſtrahlendes Licht, wo kein naher Leiter Veranlaſſung<lb/>
zu einem Funken giebt; beide Erſcheinungen gehen aber in einander<lb/>
uͤber. Wenn man eine Spitze an einem Leiter anbringt und die-<lb/>ſen mit poſitiver Electricitaͤt ladet, ſo zeigt ſich ein ausſtroͤmender<lb/>
Lichtbuͤſchel, der ſeine Strahlen nach allen Seiten ausſendet, ſich<lb/>
aber, wenn ein Leiter genaͤhert wird, gegen dieſen zu wendet. Ein<lb/>
negativ geladener Leiter zeigt zwar an der Spitze ein Leuchten, ein<lb/>
Sternchen, aber nur ein ſehr ſchwach ſichtbares Ausſtroͤmen nach<lb/>
den Seiten. Eben dieſe Erſcheinungen finden bei ſtaͤrkeren La-<lb/>
dungen auch da ſtatt, wo der Leiter ſich nicht in Spitzen endigt,<lb/>
an den Theilen, welche als Kugeln von kleinerem Durchmeſſer oder<lb/>
uͤberhaupt als ſtark gekruͤmmt hervortreten.</p><lb/><p>Naͤhert ſich ein leitender Koͤrper dem geladenen Leiter, ſo<lb/>
wiſſen Sie, daß wir in jedem Falle zwei entgegengeſetzt electriſirte<lb/>
Koͤrper einander gegenuͤber haben, da der dem geladenen Leiter<lb/>
genaͤherte leitende Koͤrper an ſeinem zugekehrten Ende in deſto<lb/>
hoͤherem Grade die entgegengeſetzte Electricitaͤt annimmt, je ſtaͤrker<lb/>
jene Ladung iſt. Hier alſo werden beide Electricitaͤten maͤchtig<lb/>
gegen einander gezogen, und durchbrechen endlich, in entgegen-<lb/>
geſetzten Richtungen uͤbergehend, die Luft. Wenn man ſtarke<lb/>
Maſchinen anwendet und ihre Funken im Dunkeln beobachtet, ſo<lb/>ſieht man bei Annaͤherung eines abgerundeten Leiters gegen eine<lb/>
nicht zu kleine Kugel an dem geladenen poſitiven Leiter, daß von<lb/>
der poſitiven Seite her ein Licht auszugehen anfaͤngt, welches ſich<lb/>
zum Blaͤulichen hin neigt, daß dieſes Licht bei langſamer Annaͤhe-<lb/>
rung des andern Leiters zunimmt, daß bei einer hinreichenden<lb/>
Naͤhe ein weißer Lichtſchein, weniger ſtrahlend, ſondern eine gleich-<lb/>
foͤrmige gerundete Form zeigend, aus dem negativen Koͤrper her-<lb/>
vorbricht, und daß dann auch faſt ſogleich der Funke uͤberſchlaͤgt,<lb/>
wobei jene beiden Erſcheinungen ihre Beſtimmtheit verlieren. Dieſe<lb/>
Erſcheinung habe ich oft wahrgenommen, aber es ſcheint bei dem<lb/>
Uebergehen des Funkens von einer Menge einzelner Umſtaͤnde abzu-<lb/>
haͤngen, und die Beſchreibungen, die man von den Licht-Erſchei-<lb/>
nungen giebt, bieten mannigfaltige Verſchiedenheiten dar.</p><lb/><p>Die Frage, ob nur <hirendition="#g">ein</hi> Funke und ob dieſer von dem poſitiv<lb/>
geladenen Koͤrper ausgehe, iſt noch immer nicht entſchieden. Laͤßt<lb/>
man kurze Funken uͤberſchlagen, ſo durchlaufen ſie ihren ganzen<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[292/0306]
und als ausſtrahlendes Licht, wo kein naher Leiter Veranlaſſung
zu einem Funken giebt; beide Erſcheinungen gehen aber in einander
uͤber. Wenn man eine Spitze an einem Leiter anbringt und die-
ſen mit poſitiver Electricitaͤt ladet, ſo zeigt ſich ein ausſtroͤmender
Lichtbuͤſchel, der ſeine Strahlen nach allen Seiten ausſendet, ſich
aber, wenn ein Leiter genaͤhert wird, gegen dieſen zu wendet. Ein
negativ geladener Leiter zeigt zwar an der Spitze ein Leuchten, ein
Sternchen, aber nur ein ſehr ſchwach ſichtbares Ausſtroͤmen nach
den Seiten. Eben dieſe Erſcheinungen finden bei ſtaͤrkeren La-
dungen auch da ſtatt, wo der Leiter ſich nicht in Spitzen endigt,
an den Theilen, welche als Kugeln von kleinerem Durchmeſſer oder
uͤberhaupt als ſtark gekruͤmmt hervortreten.
Naͤhert ſich ein leitender Koͤrper dem geladenen Leiter, ſo
wiſſen Sie, daß wir in jedem Falle zwei entgegengeſetzt electriſirte
Koͤrper einander gegenuͤber haben, da der dem geladenen Leiter
genaͤherte leitende Koͤrper an ſeinem zugekehrten Ende in deſto
hoͤherem Grade die entgegengeſetzte Electricitaͤt annimmt, je ſtaͤrker
jene Ladung iſt. Hier alſo werden beide Electricitaͤten maͤchtig
gegen einander gezogen, und durchbrechen endlich, in entgegen-
geſetzten Richtungen uͤbergehend, die Luft. Wenn man ſtarke
Maſchinen anwendet und ihre Funken im Dunkeln beobachtet, ſo
ſieht man bei Annaͤherung eines abgerundeten Leiters gegen eine
nicht zu kleine Kugel an dem geladenen poſitiven Leiter, daß von
der poſitiven Seite her ein Licht auszugehen anfaͤngt, welches ſich
zum Blaͤulichen hin neigt, daß dieſes Licht bei langſamer Annaͤhe-
rung des andern Leiters zunimmt, daß bei einer hinreichenden
Naͤhe ein weißer Lichtſchein, weniger ſtrahlend, ſondern eine gleich-
foͤrmige gerundete Form zeigend, aus dem negativen Koͤrper her-
vorbricht, und daß dann auch faſt ſogleich der Funke uͤberſchlaͤgt,
wobei jene beiden Erſcheinungen ihre Beſtimmtheit verlieren. Dieſe
Erſcheinung habe ich oft wahrgenommen, aber es ſcheint bei dem
Uebergehen des Funkens von einer Menge einzelner Umſtaͤnde abzu-
haͤngen, und die Beſchreibungen, die man von den Licht-Erſchei-
nungen giebt, bieten mannigfaltige Verſchiedenheiten dar.
Die Frage, ob nur ein Funke und ob dieſer von dem poſitiv
geladenen Koͤrper ausgehe, iſt noch immer nicht entſchieden. Laͤßt
man kurze Funken uͤberſchlagen, ſo durchlaufen ſie ihren ganzen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/306>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.