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Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

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In dieser unter unsern Augen vorgehenden Nebelbildung zeigt
sich uns auch, wo nicht der einzige doch ein Hauptgrund der Wol-
kenbildung. So oft eine Mischung zweier Luftmassen, die nur
nicht allzu weit von dem Puncte größter Feuchtigkeit entfernt, aber
an Wärme erheblich verschieden sind, statt findet, schlägt sich Dunst
nieder, und so oft Luftmassen, die ziemlich mit Feuchtigkeit beladen
sind, an einem kälteren Körper vorbei gehen, entstehen Wolken.
Das Letztere scheint der Grund zu sein, warum Abends die Berg-
spitzen sich mit Wolken bedecken, die sich allmählig tiefer herabsen-
ken. Die Oberfläche des Berges nämlich kühlt sich mehr ab als
die in gleicher Höhe liegende Luftschichte, und indem nun die ziem-
lich feuchten Luftschichten durch die Oberfläche des Berges abgekühlt
werden, bedeckt sich der Berg mit einer Wolke. Eben das kann
auch am Tage statt finden, und da dann durch die Wolkenbedeckung
dem Berge die Erwärmung der Sonne entzogen wird, so muß aus
vermehrtem Wärme-Unterschiede die Wolkenbildung zunehmen.
Bei dieser Wolkenbildung ist oft die in gleicher Höhe liegende Luft-
schichte warm genug, um die Dämpfe wieder in elastischer Gestalt
aufzunehmen, und man sieht dann an der dem Winde ausgesetzten
Seite des Berges immer neue Wölkchen sich an die große Wolke
anlegen, diese vereinigen sich an der Spitze des Berges mit der
großen Wolke, und an der andern Seite trennen sich abgerissene
Wolkenflocken, die in der Luft zergehen; so erneuert sich die Wolke
unaufhörlich, während sie, ihrer Größe nach unverändert, auf dem
Berge zu ruhen scheint. Da diese Bedeckung der Berge mit Wol-
ken nur statt findet, wenn viele Feuchtigkeit in der Luft ist und viele
Feuchtigkeit in der Luft gewöhnlich Regen ankündigt, so ist der
Grund, warum jene Wolken auf Bergen Regen bedeuten, leicht
einzusehen. Berge, die mit Schnee und Eis bedeckt sind, müssen
vorzüglich leicht sich so mit Wolken bedecken *).

Ganz aus denselben Gründen erklärt sich die oft so schnell
eintretende und schnell wieder verschwindende Bedeckung des Him-

*) Das Tafeltuch auf dem Tafelberge am Vorgeb. d. g. Hoffn.
Barrows Reisen im südl. Africa. I. 51. Die Bedeckung des Ararat
mit Wolken, von Freygangs Reise nach d. Caucasus. S. 232.
S. meine Beitr. z. Meteorol. S. 342.

In dieſer unter unſern Augen vorgehenden Nebelbildung zeigt
ſich uns auch, wo nicht der einzige doch ein Hauptgrund der Wol-
kenbildung. So oft eine Miſchung zweier Luftmaſſen, die nur
nicht allzu weit von dem Puncte groͤßter Feuchtigkeit entfernt, aber
an Waͤrme erheblich verſchieden ſind, ſtatt findet, ſchlaͤgt ſich Dunſt
nieder, und ſo oft Luftmaſſen, die ziemlich mit Feuchtigkeit beladen
ſind, an einem kaͤlteren Koͤrper vorbei gehen, entſtehen Wolken.
Das Letztere ſcheint der Grund zu ſein, warum Abends die Berg-
ſpitzen ſich mit Wolken bedecken, die ſich allmaͤhlig tiefer herabſen-
ken. Die Oberflaͤche des Berges naͤmlich kuͤhlt ſich mehr ab als
die in gleicher Hoͤhe liegende Luftſchichte, und indem nun die ziem-
lich feuchten Luftſchichten durch die Oberflaͤche des Berges abgekuͤhlt
werden, bedeckt ſich der Berg mit einer Wolke. Eben das kann
auch am Tage ſtatt finden, und da dann durch die Wolkenbedeckung
dem Berge die Erwaͤrmung der Sonne entzogen wird, ſo muß aus
vermehrtem Waͤrme-Unterſchiede die Wolkenbildung zunehmen.
Bei dieſer Wolkenbildung iſt oft die in gleicher Hoͤhe liegende Luft-
ſchichte warm genug, um die Daͤmpfe wieder in elaſtiſcher Geſtalt
aufzunehmen, und man ſieht dann an der dem Winde ausgeſetzten
Seite des Berges immer neue Woͤlkchen ſich an die große Wolke
anlegen, dieſe vereinigen ſich an der Spitze des Berges mit der
großen Wolke, und an der andern Seite trennen ſich abgeriſſene
Wolkenflocken, die in der Luft zergehen; ſo erneuert ſich die Wolke
unaufhoͤrlich, waͤhrend ſie, ihrer Groͤße nach unveraͤndert, auf dem
Berge zu ruhen ſcheint. Da dieſe Bedeckung der Berge mit Wol-
ken nur ſtatt findet, wenn viele Feuchtigkeit in der Luft iſt und viele
Feuchtigkeit in der Luft gewoͤhnlich Regen ankuͤndigt, ſo iſt der
Grund, warum jene Wolken auf Bergen Regen bedeuten, leicht
einzuſehen. Berge, die mit Schnee und Eis bedeckt ſind, muͤſſen
vorzuͤglich leicht ſich ſo mit Wolken bedecken *).

Ganz aus denſelben Gruͤnden erklaͤrt ſich die oft ſo ſchnell
eintretende und ſchnell wieder verſchwindende Bedeckung des Him-

*) Das Tafeltuch auf dem Tafelberge am Vorgeb. d. g. Hoffn.
Barrows Reiſen im ſuͤdl. Africa. I. 51. Die Bedeckung des Ararat
mit Wolken, von Freygangs Reiſe nach d. Caucaſus. S. 232.
S. meine Beitr. z. Meteorol. S. 342.
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[157/0171] In dieſer unter unſern Augen vorgehenden Nebelbildung zeigt ſich uns auch, wo nicht der einzige doch ein Hauptgrund der Wol- kenbildung. So oft eine Miſchung zweier Luftmaſſen, die nur nicht allzu weit von dem Puncte groͤßter Feuchtigkeit entfernt, aber an Waͤrme erheblich verſchieden ſind, ſtatt findet, ſchlaͤgt ſich Dunſt nieder, und ſo oft Luftmaſſen, die ziemlich mit Feuchtigkeit beladen ſind, an einem kaͤlteren Koͤrper vorbei gehen, entſtehen Wolken. Das Letztere ſcheint der Grund zu ſein, warum Abends die Berg- ſpitzen ſich mit Wolken bedecken, die ſich allmaͤhlig tiefer herabſen- ken. Die Oberflaͤche des Berges naͤmlich kuͤhlt ſich mehr ab als die in gleicher Hoͤhe liegende Luftſchichte, und indem nun die ziem- lich feuchten Luftſchichten durch die Oberflaͤche des Berges abgekuͤhlt werden, bedeckt ſich der Berg mit einer Wolke. Eben das kann auch am Tage ſtatt finden, und da dann durch die Wolkenbedeckung dem Berge die Erwaͤrmung der Sonne entzogen wird, ſo muß aus vermehrtem Waͤrme-Unterſchiede die Wolkenbildung zunehmen. Bei dieſer Wolkenbildung iſt oft die in gleicher Hoͤhe liegende Luft- ſchichte warm genug, um die Daͤmpfe wieder in elaſtiſcher Geſtalt aufzunehmen, und man ſieht dann an der dem Winde ausgeſetzten Seite des Berges immer neue Woͤlkchen ſich an die große Wolke anlegen, dieſe vereinigen ſich an der Spitze des Berges mit der großen Wolke, und an der andern Seite trennen ſich abgeriſſene Wolkenflocken, die in der Luft zergehen; ſo erneuert ſich die Wolke unaufhoͤrlich, waͤhrend ſie, ihrer Groͤße nach unveraͤndert, auf dem Berge zu ruhen ſcheint. Da dieſe Bedeckung der Berge mit Wol- ken nur ſtatt findet, wenn viele Feuchtigkeit in der Luft iſt und viele Feuchtigkeit in der Luft gewoͤhnlich Regen ankuͤndigt, ſo iſt der Grund, warum jene Wolken auf Bergen Regen bedeuten, leicht einzuſehen. Berge, die mit Schnee und Eis bedeckt ſind, muͤſſen vorzuͤglich leicht ſich ſo mit Wolken bedecken *). Ganz aus denſelben Gruͤnden erklaͤrt ſich die oft ſo ſchnell eintretende und ſchnell wieder verſchwindende Bedeckung des Him- *) Das Tafeltuch auf dem Tafelberge am Vorgeb. d. g. Hoffn. Barrows Reiſen im ſuͤdl. Africa. I. 51. Die Bedeckung des Ararat mit Wolken, von Freygangs Reiſe nach d. Caucaſus. S. 232. S. meine Beitr. z. Meteorol. S. 342.

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Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/171>, abgerufen am 04.05.2024.