Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

dem andern Gefäße entstandene Dampf sich niederschlage und im-
mer neuer Verdampfung in jenem Gefäße Raum gebe. Auf diese
Weise kann man selbst bei sehr niedrigen Temperaturen destilliren,
was den Vortheil hat, theils sogar ohne allen künstlichen Wärme-
Aufwand den Zweck zu erreichen, theils da, wo große Hitze nach-
theilige Veränderungen hervorbringen könnte, diese zu vermeiden.

In schwächerm Maaße findet selbst im luftvollen Raume eine
Destillation auch bei geringer Wärme statt. Stellt man nämlich
die Kühlröhre A und das zum Aufnehmen des Destillats bestimmte
Gefäß B (Fig. 26.) in eine sehr stark abkühlende Eismischung, so
schlagen sich die bei gewöhnlicher Wärme in C erzeugten Dämpfe in
B und A nieder, und während sich in C immer neue Dämpfe bilden,
sammelt sich die übergegangene Flüssigkeit in dem Gefäße B.

Dampfkugel; Aeolipile. Dampfgebläse.

Wenn man Wasser in einem metallenen Gefäße, das oben
nur eine enge Röhre zum Auslassen des Dampfes hat, erhitzt; so
dringt der Dampf aus der Röhre mit bedeutender Gewalt, als
heißer Wind, hervor, und man hat also eine Windkugel oder
Aeolipile. Noch heftiger ist dieses Hervorbringen, wenn man
ein sehr starkes ganz geschlossenes, aber mit einem Hahne versehe-
nes, Gefäß, den Papinianischen Topf, so erhitzt, daß die Dämpfe
eine viel größere Hitze und Elasticität erlangen, als beim freien
Kochen; öffnet man nämlich da den an dem obern Theile des Ge-
fäßes angebrachten Hahn, so dringen die Dämpfe mit der größesten
Gewalt, so daß sie einen hoch hinaufgehenden Dampfstrahl bilden,
hervor. Damit man zugleich einen belehrenden Versuch mit dem
Papinianischen Topfe anstellen könne, ist es gut, ein in den Dampf-
raum reichendes Thermometer A und ein durch Compression der
Luft den Druck abmessendes Barometer B anzubringen (Fig. 27.).
Um aber vor dem Zersprengen des Topfes sicher zu sein, muß man
auch ein Sicherheitsventil C anbringen, das sich bei zu starkem
Drucke von selbst öffnet. Jene Dampfkugel läßt sich mit Wein-
geist gefüllt zum Gebläse, wenn dieses eine Flamme anfachen soll,
brauchen, wenn man den Weingeistdampf auf die Flamme zu strö-
men läßt, wo dann der Weingeistdampf selbst mit verbrennt. Mit
Weingeist giebt die Dampfkugel noch zu einem angenehmen Expe-

dem andern Gefaͤße entſtandene Dampf ſich niederſchlage und im-
mer neuer Verdampfung in jenem Gefaͤße Raum gebe. Auf dieſe
Weiſe kann man ſelbſt bei ſehr niedrigen Temperaturen deſtilliren,
was den Vortheil hat, theils ſogar ohne allen kuͤnſtlichen Waͤrme-
Aufwand den Zweck zu erreichen, theils da, wo große Hitze nach-
theilige Veraͤnderungen hervorbringen koͤnnte, dieſe zu vermeiden.

In ſchwaͤcherm Maaße findet ſelbſt im luftvollen Raume eine
Deſtillation auch bei geringer Waͤrme ſtatt. Stellt man naͤmlich
die Kuͤhlroͤhre A und das zum Aufnehmen des Deſtillats beſtimmte
Gefaͤß B (Fig. 26.) in eine ſehr ſtark abkuͤhlende Eismiſchung, ſo
ſchlagen ſich die bei gewoͤhnlicher Waͤrme in C erzeugten Daͤmpfe in
B und A nieder, und waͤhrend ſich in C immer neue Daͤmpfe bilden,
ſammelt ſich die uͤbergegangene Fluͤſſigkeit in dem Gefaͤße B.

Dampfkugel; Aeolipile. Dampfgeblaͤſe.

Wenn man Waſſer in einem metallenen Gefaͤße, das oben
nur eine enge Roͤhre zum Auslaſſen des Dampfes hat, erhitzt; ſo
dringt der Dampf aus der Roͤhre mit bedeutender Gewalt, als
heißer Wind, hervor, und man hat alſo eine Windkugel oder
Aeolipile. Noch heftiger iſt dieſes Hervorbringen, wenn man
ein ſehr ſtarkes ganz geſchloſſenes, aber mit einem Hahne verſehe-
nes, Gefaͤß, den Papinianiſchen Topf, ſo erhitzt, daß die Daͤmpfe
eine viel groͤßere Hitze und Elaſticitaͤt erlangen, als beim freien
Kochen; oͤffnet man naͤmlich da den an dem obern Theile des Ge-
faͤßes angebrachten Hahn, ſo dringen die Daͤmpfe mit der groͤßeſten
Gewalt, ſo daß ſie einen hoch hinaufgehenden Dampfſtrahl bilden,
hervor. Damit man zugleich einen belehrenden Verſuch mit dem
Papinianiſchen Topfe anſtellen koͤnne, iſt es gut, ein in den Dampf-
raum reichendes Thermometer A und ein durch Compreſſion der
Luft den Druck abmeſſendes Barometer B anzubringen (Fig. 27.).
Um aber vor dem Zerſprengen des Topfes ſicher zu ſein, muß man
auch ein Sicherheitsventil C anbringen, das ſich bei zu ſtarkem
Drucke von ſelbſt oͤffnet. Jene Dampfkugel laͤßt ſich mit Wein-
geiſt gefuͤllt zum Geblaͤſe, wenn dieſes eine Flamme anfachen ſoll,
brauchen, wenn man den Weingeiſtdampf auf die Flamme zu ſtroͤ-
men laͤßt, wo dann der Weingeiſtdampf ſelbſt mit verbrennt. Mit
Weingeiſt giebt die Dampfkugel noch zu einem angenehmen Expe-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0136" n="122"/>
dem andern Gefa&#x0364;ße ent&#x017F;tandene Dampf &#x017F;ich nieder&#x017F;chlage und im-<lb/>
mer neuer Verdampfung in jenem Gefa&#x0364;ße Raum gebe. Auf die&#x017F;e<lb/>
Wei&#x017F;e kann man &#x017F;elb&#x017F;t bei &#x017F;ehr niedrigen Temperaturen de&#x017F;tilliren,<lb/>
was den Vortheil hat, theils &#x017F;ogar ohne allen ku&#x0364;n&#x017F;tlichen Wa&#x0364;rme-<lb/>
Aufwand den Zweck zu erreichen, theils da, wo große Hitze nach-<lb/>
theilige Vera&#x0364;nderungen hervorbringen ko&#x0364;nnte, die&#x017F;e zu vermeiden.</p><lb/>
          <p>In &#x017F;chwa&#x0364;cherm Maaße findet &#x017F;elb&#x017F;t im luftvollen Raume eine<lb/>
De&#x017F;tillation auch bei geringer Wa&#x0364;rme &#x017F;tatt. Stellt man na&#x0364;mlich<lb/>
die Ku&#x0364;hlro&#x0364;hre <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">A</hi></hi> und das zum Aufnehmen des De&#x017F;tillats be&#x017F;timmte<lb/>
Gefa&#x0364;ß <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">B</hi></hi> (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Fig. 26.</hi></hi>) in eine &#x017F;ehr &#x017F;tark abku&#x0364;hlende Eismi&#x017F;chung, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;chlagen &#x017F;ich die bei gewo&#x0364;hnlicher Wa&#x0364;rme in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">C</hi></hi> erzeugten Da&#x0364;mpfe in<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">B</hi></hi> und <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">A</hi></hi> nieder, und wa&#x0364;hrend &#x017F;ich in <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">C</hi></hi> immer neue Da&#x0364;mpfe bilden,<lb/>
&#x017F;ammelt &#x017F;ich die u&#x0364;bergegangene Flu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igkeit in dem Gefa&#x0364;ße <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">B.</hi></hi></p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#g">Dampfkugel</hi>; <hi rendition="#g">Aeolipile</hi>. <hi rendition="#g">Dampfgebla&#x0364;&#x017F;e</hi>.</head><lb/>
          <p>Wenn man Wa&#x017F;&#x017F;er in einem metallenen Gefa&#x0364;ße, das oben<lb/>
nur eine enge Ro&#x0364;hre zum Ausla&#x017F;&#x017F;en des Dampfes hat, erhitzt; &#x017F;o<lb/>
dringt der Dampf aus der Ro&#x0364;hre mit bedeutender Gewalt, als<lb/>
heißer Wind, hervor, und man hat al&#x017F;o eine <hi rendition="#g">Windkugel</hi> oder<lb/><hi rendition="#g">Aeolipile</hi>. Noch heftiger i&#x017F;t die&#x017F;es Hervorbringen, wenn man<lb/>
ein &#x017F;ehr &#x017F;tarkes ganz ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enes, aber mit einem Hahne ver&#x017F;ehe-<lb/>
nes, Gefa&#x0364;ß, den Papiniani&#x017F;chen Topf, &#x017F;o erhitzt, daß die Da&#x0364;mpfe<lb/>
eine viel gro&#x0364;ßere Hitze und Ela&#x017F;ticita&#x0364;t erlangen, als beim freien<lb/>
Kochen; o&#x0364;ffnet man na&#x0364;mlich da den an dem obern Theile des Ge-<lb/>
fa&#x0364;ßes angebrachten Hahn, &#x017F;o dringen die Da&#x0364;mpfe mit der gro&#x0364;ße&#x017F;ten<lb/>
Gewalt, &#x017F;o daß &#x017F;ie einen hoch hinaufgehenden Dampf&#x017F;trahl bilden,<lb/>
hervor. Damit man zugleich einen belehrenden Ver&#x017F;uch mit dem<lb/>
Papiniani&#x017F;chen Topfe an&#x017F;tellen ko&#x0364;nne, i&#x017F;t es gut, ein in den Dampf-<lb/>
raum reichendes Thermometer <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">A</hi></hi> und ein durch Compre&#x017F;&#x017F;ion der<lb/>
Luft den Druck abme&#x017F;&#x017F;endes Barometer <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">B</hi></hi> anzubringen (<hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">Fig. 27.</hi></hi>).<lb/>
Um aber vor dem Zer&#x017F;prengen des Topfes &#x017F;icher zu &#x017F;ein, muß man<lb/>
auch ein Sicherheitsventil <hi rendition="#aq"><hi rendition="#b">C</hi></hi> anbringen, das &#x017F;ich bei zu &#x017F;tarkem<lb/>
Drucke von &#x017F;elb&#x017F;t o&#x0364;ffnet. Jene Dampfkugel la&#x0364;ßt &#x017F;ich mit Wein-<lb/>
gei&#x017F;t gefu&#x0364;llt zum Gebla&#x0364;&#x017F;e, wenn die&#x017F;es eine Flamme anfachen &#x017F;oll,<lb/>
brauchen, wenn man den Weingei&#x017F;tdampf auf die Flamme zu &#x017F;tro&#x0364;-<lb/>
men la&#x0364;ßt, wo dann der Weingei&#x017F;tdampf &#x017F;elb&#x017F;t mit verbrennt. Mit<lb/>
Weingei&#x017F;t giebt die Dampfkugel noch zu einem angenehmen Expe-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[122/0136] dem andern Gefaͤße entſtandene Dampf ſich niederſchlage und im- mer neuer Verdampfung in jenem Gefaͤße Raum gebe. Auf dieſe Weiſe kann man ſelbſt bei ſehr niedrigen Temperaturen deſtilliren, was den Vortheil hat, theils ſogar ohne allen kuͤnſtlichen Waͤrme- Aufwand den Zweck zu erreichen, theils da, wo große Hitze nach- theilige Veraͤnderungen hervorbringen koͤnnte, dieſe zu vermeiden. In ſchwaͤcherm Maaße findet ſelbſt im luftvollen Raume eine Deſtillation auch bei geringer Waͤrme ſtatt. Stellt man naͤmlich die Kuͤhlroͤhre A und das zum Aufnehmen des Deſtillats beſtimmte Gefaͤß B (Fig. 26.) in eine ſehr ſtark abkuͤhlende Eismiſchung, ſo ſchlagen ſich die bei gewoͤhnlicher Waͤrme in C erzeugten Daͤmpfe in B und A nieder, und waͤhrend ſich in C immer neue Daͤmpfe bilden, ſammelt ſich die uͤbergegangene Fluͤſſigkeit in dem Gefaͤße B. Dampfkugel; Aeolipile. Dampfgeblaͤſe. Wenn man Waſſer in einem metallenen Gefaͤße, das oben nur eine enge Roͤhre zum Auslaſſen des Dampfes hat, erhitzt; ſo dringt der Dampf aus der Roͤhre mit bedeutender Gewalt, als heißer Wind, hervor, und man hat alſo eine Windkugel oder Aeolipile. Noch heftiger iſt dieſes Hervorbringen, wenn man ein ſehr ſtarkes ganz geſchloſſenes, aber mit einem Hahne verſehe- nes, Gefaͤß, den Papinianiſchen Topf, ſo erhitzt, daß die Daͤmpfe eine viel groͤßere Hitze und Elaſticitaͤt erlangen, als beim freien Kochen; oͤffnet man naͤmlich da den an dem obern Theile des Ge- faͤßes angebrachten Hahn, ſo dringen die Daͤmpfe mit der groͤßeſten Gewalt, ſo daß ſie einen hoch hinaufgehenden Dampfſtrahl bilden, hervor. Damit man zugleich einen belehrenden Verſuch mit dem Papinianiſchen Topfe anſtellen koͤnne, iſt es gut, ein in den Dampf- raum reichendes Thermometer A und ein durch Compreſſion der Luft den Druck abmeſſendes Barometer B anzubringen (Fig. 27.). Um aber vor dem Zerſprengen des Topfes ſicher zu ſein, muß man auch ein Sicherheitsventil C anbringen, das ſich bei zu ſtarkem Drucke von ſelbſt oͤffnet. Jene Dampfkugel laͤßt ſich mit Wein- geiſt gefuͤllt zum Geblaͤſe, wenn dieſes eine Flamme anfachen ſoll, brauchen, wenn man den Weingeiſtdampf auf die Flamme zu ſtroͤ- men laͤßt, wo dann der Weingeiſtdampf ſelbſt mit verbrennt. Mit Weingeiſt giebt die Dampfkugel noch zu einem angenehmen Expe-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/136
Zitationshilfe: Brandes, Heinrich Wilhelm: Vorlesungen über die Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1832, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brandes_naturlehre03_1832/136>, abgerufen am 13.10.2024.